Am Samstag, 27. März 2010, sah ich zufällig, dass das Bächlein neben unserem Garten braun war. Ein Augenschein mit dem Litermass zeigte, dass dicke Gülle hinunter floss. Übrigens roch ich die Gülle nicht, sie war offenbar mit einem Güllenzusatz versehen, der den Gestank unterdrückt. Diesmal war klar: Polizei. Ich war so gestresst, dass ich vergass, ein Foto zu machen. Doch das dürfte die Polizei erledigt haben. Als ich mich ein bisschen erholt hatte, beschloss ich, wenigstens die Milch zu fotografieren, die zweimal täglich nach dem Melken hinunter floss.
Nachdem wir vor vier Jahren die Kanalisation erhalten hatten und kein Abwasser mehr durch das Bächlein fliessen sollte, sah ich immer wieder Dreckwasser (wenigstens solange das Gras klein war). Manchmal hörte ich plötzlich das Rauschen des Bächleins, schlagartig kam mehr Wasser. Als ich einmal weisses Wasser sah, informierte ich die Gemeinde. Kaum waren der Beamte und ich beim Bächlein angelangt, kam der Bauer hinzu, anerbot sich, Milch im Milchzimmer in den Ablauf zu schütten. Es wurde klar, dass das Milchzimmer-Abwasser meines Nachbars direkt ins Bächlein floss (statt in die Güllengrube, wie üblich). Ich fragte mich, wieso der Bauer auf diese Idee kam. Offenbar kannte er diesen illegalen Ablauf, hatte er doch den Stall dazumal geplant und gebaut. Bei späteren Dreckwasser-Reklamationen riet man mir, im Schacht oben nachzuschauen woher das Wasser kommt. Fast immer war Tauwetter, viel Wasser floss in den Bächen, und immer war Wochenende oder Feiertag, das letzte Mal, als ich Schmutzwasser bemerkte, und das fünf Tage lang, war Weihnachten 2009. So ist denn alles mögliche Abwasser weitere vier Jahre lang über das Bächlein Richtung Nordsee geflossen. Doch jetzt war Schluss damit: Am übernächsten Arbeitstag kam die Polizei wieder und das Amt für Landwirtschaft, das Amt für Natur und Umwelt sowie die Gemeinde. Später fuhr ein Bagger vor: Die direkte Leitung ins Bächlein wurde ausgegraben. Dabei hatte das Landwirtschaftsamt in Chur nach dem „Güllen-Winter“ 2007/8 (Gülle-Schock im November 2007 und Gülle-Schock im Februar 2008) versichert, eine „nachhaltige Lösung“ gefunden zu haben. Diese Lösung kenne ich allerdings nicht.
In der Nachbar-Gemeinde hatte ein Landwirt ein paar Tage zuvor ebenfalls Gülle in den Bach geleitet. Und von einem Politiker weiss ich, dass sein Nachbar vor einiger Zeit dasselbe getan hatte. Das Umweltbewusstsein einiger Bauern ist klein. Liegt es an mangelnder Bildung? Oder ist es einfach Rücksichtslosigkeit?
Nachtrag: Im Herbst 2011 entdeckte ich, dass das Milchzimmerabwasser offenbar immer noch zweimal täglich ins Bächlein floss. Mit oder ohne „Bewilligung“ der Behörden? Die Gemeinde ordnete im Frühling 2012 das Zubetonieren dieser Ableitung an und das Ableiten des Abwassers in die Güllegrube. Doch auch nach dem Termin floss immer noch Milchzimmerabwasser Richtung Nordsee, jetzt aber zeitverschoben und nicht mehr regelmässig. Nach einer zweiten Intervention der Gemeinde sah ich es selten. Das heisst aber noch lange nicht, dass tatsächlich kein Abwasser mehr abgeleitet wurde. Im Zweifelsfall für den Angeklagten!
14.6.10 HOME
Schlagwörter: Bach, Gülle, Gewässerschutz, Nordsee, Rhein
Kommentar verfassen