20’000 Hektaren Moorland wurden im Kanton Zürich trockengelegt. Jetzt möchte man 3 Hektaren wiederherstellen. Wie kam es zu diesem Projekt? Der Acker ist häufig vernässt, erneute Drainage und Erdaufschüttung wären nötig. Weil das Land in einer Waldlichtung liegt und kein Wasser aus landwirtschaftlich bewirtschafteten Flächen zufliesst, ist es hervorragend dazu geeignet, in ein artenreiches Moor zurückverwandelt zu werden. Die Fachstelle für Naturschutz nahm diese seltene Gelegenheit wahr und schlug vor, die Ackererde abzutragen und damit ein gleich grosses Stück minderwertiges Kulturland zur Fruchtfolgefläche aufzuwerten. Der Bauer willigte gegen Entschädigung in den Handel ein, nicht gerne zwar, aber immerhin. Doch dem Zürcher Bauernverband gefiel das gar nicht, er mobilisierte Bauern gegen das Vorhaben: Mit Mistgabeln und Traktoren gegen die Baudirektion, Tagesanzeiger vom 16.7.13.
Wir wissen es, die Biodiversität nimmt in erschreckendem Mass ab: Biodiversität in der Abwärtsspirale, NZZ vom 15.5.13. Internationale Gremien schlagen eine neue Strategie vor: Rote Biotop-Liste statt Rote Arten-Liste. Solche Projekte haben also höchste Priorität. Fachleute warnten vor Jahrzehnten, dass das Ausschütten von Ökobeiträgen im Giesskannenprinzip den Artenschwund nicht aufhalten könne, man müsse gezielt dort Artenschutz betreiben, wo es sich lohne, und für Qualität zahlen, nicht für irgendwelche Flächen, denn das nütze wenig. Mit der neuen Agrarpolitik wird ein bisschen geschräubelt, aber nicht wirklich auf die Probleme eingegangen. Klar, die Bauern wehren sich, und wie! Häufig mit Erfolg im Parlament. Nicht ganz alle.
Zum Beispiel Thomas schwärmt von „seinen“ Schmetterlingen, richtet Nistgelegenheiten für Vögel ein und lässt die Blumenwiese mit Orchideen am Waldrand 5 m breit stehen. Er studiert zusammen mit Anna die neuesten Entwicklungen im ökologischen Landbau und optimiert die Produktion. Solche Bauern sollte man fördern und endlich mit dem Verschwenden von Steuergeldern für unwirksame Massnahmen aufhören.
Was man auch weiss: In den letzten zehn Jahren wurden im Kanton Zürich 1500 Hektaren neu überbaut. Die VertreterInnen des ZBVs im Kantonsrat stimmen regelmässig für die Bauvorhaben in der freien Landschaft (die Bauern profitieren vom Landverkauf). Sie beklagen den Verlust von Fruchtfolgefläche, leisten aber dem Landverschleiss Vorschub.
19.7.13 HOME
Schlagwörter: Artenschwund, Baudirektion, Biodiversität, Biodiversität in der Abwärtsspirale, Biotopschutz, Drainage, Fachstelle für Naturschutz, Fruchtfolgeflächen, Giesskannenprinzip, Kanton Zürich, Mit Mistgabeln und Traktoren gegen die Baudirektion, Moor, Zürcher Bauernverband
19. Juli 2013 um 08:56 |
Liebe “Heidi”
Super Beitrag, Danke! Heute zudem im Tagi eine ganze Seite Leserbriefe ausschliesslich zu diesem Thema und ausschliesslich kritische (also willkommene) Stellungnahmen. Und ein Kommentar, dass sie lange nicht alle Zuschriften abdrucken können. Bin gespannt, ob in Deinem Blog nun eine Diskussion entfacht wird? Hast Du Kontakt zu Andreas Hasler von Pro natura Zürich? Ich würde Deinen Blog gerne etwas steuen.
Lieben Gruss Christine
19. Juli 2013 um 11:41
Danke für die Blumen! Nein, ich kenne A.H. nicht. Natürlich freue ich mich über Werbung. Ich schreibe ja, um gelesen zu werden.
Grüsse aus den Bergen
Heidi
19. Juli 2013 um 09:44 |
Die Reaktion des Zürcher Bauernverbandes im Tagi wundert einem nicht. Entweder wollen die Landwirte heutzutage effizient wirtschaften oder dann den Grund und Boden zu Geld machen. Aber das ist nicht nur im Tal so. Beispiel aus der Berglandwirtschaft: Auf dem Schamserberg gibt es eine Hochebene auf rund 2000 Metern, wo zurzeit Heuernte ist. Gemäht werden hektarenweise gut gedüngte Wiesen, wo vorwiegend Blacken wachsen. Vor gut zehn Jahren waren es noch Blumenwiesen und mit Steinblöcken durchsetzte Trockenstandorte. Wer dort wandert, findet immer wieder Misthaufen, nicht selten nahe bei Bächen, zum Beispiel oberhalb des Abflusses des Libi-Sees. Später im Sommer stinkt es von der vielen Gülle aus den Bioställen, die dort ausgebracht werden muss. Und den Touristen wird diese Intensivlandwirtschaft nach wie vor als traditionelles extensiv genutztes Kulturland „verkauft“.
E.B.
19. Juli 2013 um 11:38
Liebe Emma
In Bundesbern glaubt man, den Biodiversitätsschwund mit höheren Beiträgen ins Berggebiet kompensieren zu können. Das ist eine massive Fehleinschätzung. Aufgrund meiner Beobachtungen nehme ich das Gegenteil an. Zum Beispiel Steilhänge. Mit hohen „Anreizen“ (ein Reizwort für Heidi) werden sie gefördert. Was machen die Bauern? Sie behalten Ziegen oder Schafe auf dem Heimbetrieb. Diese fressen den sommerlang das Gras tief weg. Allfällige noch vorhandene Blumen verschwinden, Erosion setzt ein.
Ich würde gerne deine Misthaufen veröffentlichen, hast du Fotos?
Bio: Wenn die Bauern Ausnahmebewilligungen für Tier- oder Gewässerschutz haben, dann ist Bio diesbezüglich nicht besser als die übrige Bauernwelt.