Liebe Heidi
Unsere Klimaaktivisten in Ehren, aber vor lauter CO2, scheint man zu vergessen, dass wir uns gegenwärtig in einem anderen, in einem akuten medizinischen Notstand befinden, der jeden von uns jederzeit treffen und letal sein kann. Es geht um Antibiotikaresistenz, ein Thema das mich, wie Du weisst, seit einigen Jahren beschäftigt.
Heute sind leider sogar die letzten Reserveantibiotika vielfach nicht mehr wirksam. Das sind jene Antibiotika, die eigentlich für den Mensch reserviert und nicht in der Massentierhaltung angewendet werden sollten und somit die Resistenzen fördern.
Das Wohl der Tiere geht vor – wen kümmern Menschenleben? Anscheinend ist das Usanz in der radikalen Tierschützer Szene, in der Viehzucht und bei gewissen Veterinären. Für Patienten ist das schlimmster psychischer Horror, wenn dieser Missbrauch von Reserveantibiotika ihre letzte Hoffnung zerstört, die resistenten Keime zu bekämpfen.
Es macht zornig, wenn man bedenkt, dass hier und heute, im 21. Jahrhundert, wieder Beine amputiert werden müssen, wie vor der Erfindung von Penizillin, oder man muss sogar damit rechnen, nach einer banalen Operation, an einer banalen Infektion zu sterben.
Wo sind unsere ‚AntiResist‘ Proteste, damit die Politik und Pharma endlich fürschi machen, nicht Alibiübungen aufgleisen, schon wieder ein NFS Projekt, mit einigen mickrigen Millionen dotiert, wo doch sofort Milliarden investiert werden sollten und wo wirklich Grund besteht, den Notstand auszurufen.
Für den Klimawandel protestieren Tausende, Konferenzen werden abgehalten: Ein weltweites Getöse! Und was ist mit der Antibiotikaresistenz?
Versteh mich nicht falsch. Ich will nicht das Eine gegen das Andere ausspielen. Es erschreckt eben, wie wirklich erlebte (nicht ‚modellierte‘), anthropogen verursachte Unheilbarkeit, imminent tödliche Gefahren, inklusive mögliches Gift und auch resistente Keime in unserem Trinkwasser, fast nonchalant achselzuckend anscheinend als ‚risk of doing business‘ toleriert werden – mit löblichen Ausnahmen, wie die periodischen TV Programme, auch im Schweizer Fernsehen, die aufrütteln wollen und eigentlich das Volk auf die Strasse treiben sollten.
Beste Grüsse
Max
Killerkeime: Wenn Antibiotika nicht mehr wirken. ZDF
NFS AntiResist, Heiminstitution:Universität Basel
Lieber Max
Vielen Dank für deinen Brief und den Hinweis auf das neue Nationalfonds-Projekt NFS AntiResist. Du hattest mich schon im März 2013 auf das erste Antibiotika-Projekt NFP 49 aufmerksam gemacht, worauf ich den Artikel Antibiotika CH: studieren, zusammensitzen, strategieren schrieb.
Was die Entscheidungsträgern in der Schweiz gut gemacht haben, darf hier auch einmal erwähnt werden: Die Schweiz war eines der ersten Länder, welche Antibiotika im Futter als Leistungsförderer verboten haben, und zwar schon 1999, wo doch dies heute noch stark verbreitet ist, besonders in Nord- und Südamerika.
Über Antibiotika in der Landwirtschaft hat Eveline Dudda für den Landwirtschaftlichen Informationsdienst (LID) ein Dossier erarbeitet. Du findest im Schweizer Bauer vom 28.11.18 ausführliche Informationen.
Es gibt auch gute Beispiele. So dürfen im Biolandbau keine Antibiotika prophylaktisch eingesetzt werden. Im konventionellen sind diese weiterhin erlaubt, neu ist lediglich, dass der Tierarzt sie verschreiben muss. Im Biolandbau ist zudem der Einsatz von Reserveantibiotika stark eingeschränkt.
Mehrere Institutionen haben im Frühling 2019 ein ausführliches Merkblatt herausgegeben zur Verminderung und Optimierung des Einsatzes von Antibiotika in der Tierhaltung. Vieles kann getan werden, wenn der Wille da ist. Ich hoffe, dass die oft unverbindlichen Empfehlungen beachtet werden und auch der Vollzug des Tierschutzgesetztes ernsthaft in allen Kantonen kontrolliert wird. Nicht nur beim Gewässerschutz gibt es unschöne Mängel, auch im Tierschutz!
Du siehst also, es läuft auch in der Landwirtschaft einiges, noch wesentlich mehr ist nötig!
Herzliche Grüsse
Heidi
NEUE WEISUNG ZUM EINSATZ VON ANTIBIOTIKA, Bio Suisse
Eingeschränkter Einsatz von Antibiotika, Bio Suisse per 1.1.16
Kampf gegen Antibiotika-Resistenzen: Verminderung und Optimierung des Antibiotikaeinsatzes in der Tierhaltung, Merkblatt Agridea April 2019
Antibiotika CH: studieren, zusammensitzen, strategieren, Heidis Mist 3.3.13
Alle Artikel von Heidi mit dem Stichwort „Antibiotika“
22.12.19 HOME
Schlagwörter: agridea, Antibiotika, Antibiotika in der Tierhaltung, antibiotikaresistente Keime, Bio Suisse, Biolandbau, Eveline Dudda, NFS AntiResist, prophylaktisch, Reserveantibiotika, Tierschutzgesetz
22. Dezember 2019 um 15:57 |
Heidi hatte geschrieben, dass im Biolandbau seit 1.1.16 keine Antibiotika mehr prophylaktisch eingesetzt werden dürfen. Richtig ist: Im Biolandbau durften vermutlich schon immer keine Antibiotika prophylaktisch eingesetzt werden. Die Reserveantibiotika wurden per 1.1.16 eingeschränkt. Danke, liebe Kollegin, für die Korrektur!
23. Dezember 2019 um 08:34 |
Ich finde es sehr, sehr erfreulich wie sich Max und Heidi für unsere Gesundheit und unsere Umwelt einsetzen. Wenn ich unverbindliche Empfehlungen höre muss ich leider passen, denn wirksam sind nur griffige Gesetze, die durchgesetzt und auch kontrolliert werden. Bleibt am Ball und herzlichen Dank!
23. Dezember 2019 um 08:52
Voraussetzung für minimalen Antibiotikaeinsatz sind resistente Rassen (nicht Hochleistungskühe) und eine tierfreundliche Haltung. Oft mangelt es auch an Hygiene. Ich schrieb bereits im November 2014: „… Eine Fachkommission des Bundes fordert nun, dass in der Schweizer Nahrungsmittelproduktion ganz auf Antibiotika verzichtet werden soll…“ heisst es im interessanten Beitrag Krankheitsrisiko Antibiotika, SRF 23.11.14.
Hier findet man alle Artikel von Heidi mit dem Stichwort „Antibiotika“
https://heidismist.wordpress.com/?s=Antibiotika
Wir bleiben dran!
Alles Gute für 2020 und herzliche Grüsse
Heidi
23. Dezember 2019 um 18:39 |
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