
Medienmitteilung von PAN Europe:
Am 13. Juni stimmen die SchweizerInnen über die Zukunft ihrer Landwirtschaft ab. Eine kürzlich veröffentlichte wissenschaftliche Studie zeigt die Notwendigkeit einer Schweizer Landwirtschaft ohne den Einsatz von chemisch-synthetischen Pestiziden.
Bozen/Bologna/Brüssel/Hamburg/Wien – Die aktuelle Studie, veröffentlicht im Journal of Environmental Sciences Europe, ist weltweit eine der wenigen, die Abdrift von Agrargiften auf öffentlichen Plätzen untersuchte. Das Forscherteam aus Österreich (Universität für Bodenkultur/Wien), der Schweiz (Pesticide Action Network Europe), Italien (Ramazzini Institut in Bologna) und Deutschland (Pesticide Action Network Germany) bestätigt darin eine ganzjährige Pestizidbelastung von 96% der untersuchten Orte, darunter hauptsächlich Spielplätze.
Auf den untersuchten Plätzen wurden insgesamt 32 verschiedene Substanzen mit überwiegend hormonaktiver Wirkung aus der Agrarwirtschaft nachgewiesen. Der Co-Autor und Projektleiter Koen Hertoge (PAN Europe) sieht in der Studie einen elementaren Beitrag für mehr Sachlichkeit in der Abdrift-Diskussion, wie sie auch von der Politik gefordert wird: “Wir liefern wissenschaftliche Beweise dafür, dass Abdrift ein ernstzunehmendes Thema ist, das nicht ignoriert werden darf“.
In ihrer ersten Studie zur Abdrift hat das Forscherteam bereits das hohe Risiko einer Nicht-Zielflächen Kontamination beschrieben: „Überall dort, wo Agrarflächen und Wohngebiete eng verwoben sind, wie es im Wallis oder dem Schweizer Mittelland der Fall ist, kommt es laufend zur Kontaminierung von Nicht-Zielflächen,“ erläutert Caroline Linhart. „Diese Nicht-Zielflächen sind vor allem auch Privatgärten und biologische Anbauflächen,“ ergänzt Hertoge, „wodurch es nicht nur durch Abdrift bzw. Wind zum Kontakt mit den nachgewiesenen Agrargiften kommen kann, sondern auch über die Nahrungsaufnahme oder das Trinkwasser.“
In ihrer aktuell zweiten Studie, stellten die Forscher nun eine ganzjährige Mehrfachbelastung der öffentlichen Plätze mit Agrargiften fest. „Die Resultate der Studie weisen auf eine chronische Exposition der Bevölkerung hin, denn die Pestizidrückstände sind das ganze Jahr über auf den öffentlichen Plätzen nachzuweisen. Zusätzlich müssen wir davon ausgehen, dass diese Belastung bereits über Jahrzehnte besteht“, sagt Caroline Linhart. Die überwiegende Anzahl (76 %) der nachgewiesenen Stoffe zählt zu den hormonell aktiven Substanzen, auch EDCs genannt (Endocrine Disruptive Chemicals), für die eine klassische Dosis-Wirkungs-Beziehung nicht gilt: ihre Wirkung kann schon in geringsten Mengen schädlich sein, indem sie in den Hormonhaushalt eingreifen und somit zur Entwicklung von Krebsarten, Unfruchtbarkeit, Entwicklungsstörungen und Stoffwechselerkrankungen wie Diabetes beitragen.
Laut Johann Zaller, Professor an der Wiener Universität für Bodenkultur und Autor des Buches „Unser täglich Gift“ zeigen die vorliegenden Ergebnisse, „dass es den Pestizid-Anwendern offenbar nicht gelingt, die Spritzgifte auf die dafür vorgesehenen Flächen zu begrenzen.“
Die StudienautorInnen sehen dringenden Handlungsbedarf zur Verminderung der Pestizidrückstände um die Gesundheit der Bevölkerung, insbesondere der Kinder, zu schützen. „Das Ziel sollte daher eine Landwirtschaft ohne Einsatz von chemisch-synthetischen Pestiziden sein, so wie es die Schweizer Pestizidinitiative fordert“, erklären die ForscherInnen.
Die Schweizer Bevölkerung kann bereits am 13. Juni einen wichtigen Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung der Landwirtschaft liefern, denn eine sichere und gesunde Ernährung und Lebensweise ist nur durch eine pestizidfreie Landwirtschaft möglich.
Link Studie
„Year-round pesticide contamination of public sites near intensively managed agricultural areas in South Tyrol“ – Journal Environmental Sciences Europe
https://enveurope.springeropen.com/articles/10.1186/s12302-020-00446-y
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Schlagwörter: Abdrift, Agrargifte, Biolandbau, Caroline Linhart, Johann Zaller, Kinderspielplätze ganzjährig mit Agrargiften belastet, Koen Hertoge, Nicht-Zielflächen, PAN Europe, Pesticide Action Network Europe, Pesticide Action Network Germany, Pestizide, Pflanzenschutzmittel, Privatgärten, PSM, Ramazzini Institut, Trinkwasser, Universität für Bodenkultur Wien, Unser täglich Gift
13. Mai 2021 um 13:59 |
[…] Kinderspielplätze ganzjährig mit Agrargiften belastet […]