Die Rolle von Motten bei der Bestäubung wurde bisher übersehen. Die meisten Studien, die sich mit Pflanzen und Insektenbestäubern befassten, konzentrierten sich auf eine kleine Anzahl von Bienenarten, was bedeutet, dass die Beobachtungen fast ausschliesslich tagsüber stattfanden.
Mit 15 Zeitrafferkameras haben Jamie Alison von der Universität Aarhus in Dänemark und seine Kollegen einen ganzen Sommer lang 24 Stunden am Tag aufgezeichnet, was auf einer Wiese in den Schweizer Alpen passiert. Das Team hat herausgefunden, dass 34 Prozent der Besuche beim Rotklee (Trifolium pratense) auf Motten zurückzuführen sind. Solche Pflanzen produzierten zudem mehr Samen. Der Grosse Gelbe Feuerfalter (Noctua pronuba) war der Nachtfalter, der hauptsächlich für die Blütenbesuche verantwortlich war.
In mehr als einem Jahrhundert Forschung über die Bestäubung von Rotklee wurde dieser Beitrag jedoch bisher nicht erwähnt.
Alison sagt: „Dies ist nur eine einzige Pflanzenart, aber sie war bereits Gegenstand zahlreicher Untersuchungen. Wir glauben, dass wir die ersten sind, die den nächtlichen Besuch von Rotklee sorgfältig aufzeichnen, und wir sehen den Besuch von Motten. Ich würde wetten, dass die Motten Hunderte von weniger bekannten Blumenarten in ganz Europa bestäuben.“
Moths complement bumblebee pollination of red clover: a case for day-and-night insect surveillance. Jamie Alison et al. Biology Letters, DOI: 10.1098/rsbl.2022.0187
Bestäubung von Rotklee in Städten besser
Blütenpflanzen werden in Städten besser bestäubt als im Umland. Das haben Untersuchungen von Wissenschaftlern des Deutschen Zentrums für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv), der Universität Halle-Wittenberg und des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung (UFZ) mit Rotklee-Topfpflanzen gezeigt. Der Schweizer Bauer berichtete am 6.2.20 darüber. Der letzte Absatz lautet:
Vermutlich kämen die Bienen aber auch mit den gesamten Lebensbedingungen dort besser zurecht als andere Insektengruppen. „Ich war wirklich erschüttert, wie durchgehend schlecht die Bestäubungsleistung im Agrarland war“, erklärte Studienleiter Prof. Robert Paxton. Aus anderen Studien sei bekannt, dass gerade Wildbienen besonders anfällig für Pflanzenschutzmittel seien. Das könnte nach Ansicht des Wissenschaftlers auch erklären, weshalb deren Vielfalt auf dem Land geringer sei als in der Stadt, wo Insektizide kaum eine Rolle spielten.
Kunstlicht: Gefahr für Nachtbestäuber
Heidi berichtete am 23.11.17 über Auswirkungen von Kunstlicht: Gefahr für Nachtbestäuber, Gesundheit, Vegetation, Zugvögel … Mangelnde Bestäubung und entsprechend geringere Erträge haben viele Ursachen. Pestizide sind eine, aber auch Lichtsmog kann sich negativ auswirken. Zwischen 2012 und 2016 nahm der beleuchtete Aussenraum um 2% pro Jahr zu. Wissenschaftler sagen, dass der Verlust an Nacht in vielen Ländern negative Konsequenzen für Flora, Fauna und das Wohlbefinden der Menschen habe.
Eine in Nature veröffentlichte Studie zeigt, dass Kunstlicht die Bestäubung durch nachtaktive Insekten reduziert.
Artificial light at night as a new threat to pollination, Nature, 10.8.17.