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Grundwasser: Widersprüchliche Politik

19. April 2014
Das meiste Wasser, welches wir trinken oder das unsere Brunnen speist, stammt aus dem Grundwasser.

Das meiste Wasser, welches wir trinken oder das unsere Brunnen speist, stammt aus dem Grundwasser.

Das Grundwasser lebt. Kleinstlebewesen – wie Bakterien und Krebse – bilden Lebensgemeinschaften, welche noch wenig erforscht sind. Ihre Vielfalt ist gross und typisch für einen Standort. Die Tierchen gelangen bei der Entnahme von Grundwasser in die Trinkwasserversorgung. Wer sie kennt, kann aufgrund der Artenzusammensetzung und Dichte auf die Qualität des Trinkwassers schliessen. Die Grundwasser-Lebensgemeinschaften sind auch Frühwarnsysteme für Veränderungen des Wasserhaushalts in Feuchtgebieten, denn wenn man feststellt, dass sich die oberirdischen Lebensgemeinschaften verändert haben, dann sind die Feuchtgebiete bereits nachhaltig geschädigt. Am 22. Mai 2014 findet das Landauer Fachtreffen Tiere im Trinkwasser statt, Universität Koblenz-Landau, Institut für Grundwasserökologie IGÖ GmbH; es richtet sich an Vertreter der Wasserwirtschaft, mehr über Grundwasserökologie.

Der Brunnenkrebs „Parabathynella badenwuerttembergensis“ lebt im Grundwasser; ein uraltes Tier aus einer Zeit, die über 200 Millionen Jahre zurückliegt. Foto: PD

Der Brunnenkrebs „Parabathynella badenwuerttembergensis“ lebt im Grundwasser; ein uraltes Tier aus einer Zeit, die über 200 Millionen Jahre zurückliegt. Foto: PD

Es ist daher nicht verwunderlich, dass in der Gewässerschutzverordnung (GSchV SR 814.201) nicht nur Vorschriften zum Schutz des Grundwassers enthalten sind, sondern in Anhang 1 (Art. 2) auch ökologische Ziele für unterirdische Gewässer formuliert wurden: Die Biozönose (der Lebensraum) unterirdischer Gewässer soll naturnah und standortgerecht sein sowie typisch für nicht oder nur schwach belastete Gewässer.

Der Druck auf das Grundwasser ist heute gross. Weil die Lebewesen im Grundwasser rasch auf Veränderungen ihres Lebensraums reagieren, stellt sich die Frage nach der Erreichbarkeit der Ziele bzw. der künftigen Qualität unseres Trinkwassers.

Die Politik fördert Wasserkraftwerke ... längst nicht alle Projekte sind sinnvoll. Historisches Wasserrad beim Rheinfall

Die Politik fördert Wasserkraftwerke … längst nicht alle Projekte sind sinnvoll. Historisches Wasserrad beim Rheinfall.

Zum Beispiel: Damit die wachsende Nachfrage nach Energie befriedigt werden kann (Wirtschaftswachstum und Energiewende!), wird der Ausbau der Wasserkraftwerke gefördert. Wenn Wasser in Druckstollen, statt in Gewässern fliesst, dann sickert auch weniger Wasser in den betreffenden Grundwasserstrom; das Niveau sinkt. Dies wiederum bewirkt weniger Wasser im Boden und, je nach Standort, leiden die darauf wachsenden Pflanzen an Wassermangel, d.h. landwirtschaftliche Kulturen oder Golfrasen … müssen (mit Grundwasser) bewässert werden, was die Kosten und den Wasserverbrauch erhöht sowie den Grundwasserspiegel weiter senkt. Der Klimaerwärmung wegen (Vermindern der Emission von Treibhausgasen) fördert die Politik den Stromverbrauch, z.B. durch Elektroautos. Auch Energieministerin Doris Leuthard, ist elektromobil. Und: Kommt das Fracking, eine weitere Gefahr für das Grundwasser? Schiefergas – Wissenswertes zum Hydraulic Fracturing (Fracking), EAWAG, April 2013. Am 22.11.13 wurde die Initiative „Keine Vergiftung unserer Böden durch Erdgasförderung“ lanciert: Stopp Fracking.

Mehr Einwohner - mehr Bauten. Höhere Ansprüche - grössere Wohn- und versiegelte Aussenflächen. Zunehmender Grundwasserverbrauch.

Mehr Einwohner – mehr Bauten. Höhere Ansprüche – grössere Wohn- und versiegelte Aussenflächen. Zunehmender Grundwasserverbrauch.

Weitere Beispiele der Veränderung des Grundwassers durch die Politik: Der Wasserverbrauch und somit das Heraufpumpen von Grundwasser nimmt mit dem Bevölkerungswachstum zu, auch mit der intensiven Tourismusförderung durch das Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) und die Kantone. Durch den grassierenden Bau von Häusern und Strassen (4,20 m breite Kantonsstrassen in die entlegendsten Berggebiete) fliesst mehr Niederschlagswasser direkt in Fliessgewässer statt über den Boden ins Grundwasser (wenn Land für den Gewässerraum benötigt wird, dann schreien die Bauern Zeter und Mordio, wenn es um Verbreiterung der Strassen für den Transport von Baumaterial, Futter, Vieh und Touristen geht, dann herrscht Stille; eine Stille wie man sie sonst kaum mehr in der Schweiz erleben kann). Allgemein sind Massnahmen gegen die Klimaerwärmung stark auf grünes Wirtschaftswachstum (Fotovoltaik, Gebäudeisolation, Energieeffizienz, Biogas usw.) und Freiwilligkeit ausgerichtet; Aufrufe zum Sparen bringen kaum Wählerstimmen.

Auch Coca Cola hat das Geschäft mit dem Leitungswasser entdeckt: Wasserdispenser und Cola-Kapseln.http://lebensraumwasser.com/2014/02/11/coca-cola-plant-den-vertrieb-von-wasserspendern/

Auch Coca Cola hat das Geschäft mit dem Leitungswasser entdeckt: Wasserdispenser und Cola-Kapseln. http://lebensraumwasser.com/2014/02/11/coca-cola-plant-den-vertrieb-von-wasserspendern/

Klimaerwärmung und Grundwasser? Wenn Gletscher schmelzen, die Schneefallgrenze in höhere Lagen klettert, weniger Schnee und Regen fällt, mehr Wasser verdunstet, mehr Wasser für Bewässerung, zum Durstlöschen, für wohltuendes Duschen … gebraucht wird, dann sinkt der Grundwasserspiegel und, nicht zu vergessen, auch das Grundwasser wird wärmer. Gelangt weiterhin die gleiche Menge an Schadstoffen ins Grundwasser, so nimmt ihre Konzentration zu, d.h. dort, wo die Verschmutzung heute schon hoch ist, müssen Trinkwasserfassungen geschlossen werden oder zumindest fallen hohe Aufbereitungskosten an.

Auch die Agrarpolitik hilft fleissig beim Anheizen des Klimas, indem sie einseitig die Tierproduktion mit den entsprechenden Treibhausgasen fördert; daran ändert auch die Abschaffung der Tierhalterbeiträge wenig. Gegen verbesserten Schutz des Trinkwassers vor Pestiziden haben sich die Bauern 1999 erfolgreich gewehrt, und beim Bundesamt für Landwirtschaft ist niemand bereit, dieses heisse Eisen aufzunehmen. So dürfen in der Grundwasserschutzzone S2, welche fast bis zur Entnahmestelle für Trinkwasser reicht, weiterhin Pestizide ausgebracht werden, obwohl der Bundesrat einmal die gute Absicht hatte, dies zu verbieten, siehe Bundesrat gewichtet Freiheit der Bauern höher als Trinkwasserqualität, Heidis Mist, 6.2.13. Brachliegende Felder im Winter bergen weitere Gefahren sowie Ausbringen von Düngern und Pflanzenschutzmitteln, vor allem wenn die Menge hoch ist oder der Zeitpunkt schlecht gewählt (z.B. im Kanton Graubünden werden regelmässig abgeerntete Felder, etwa Maisfelder, im Herbst mit Mist und/oder Gülle gedüngt, obwohl keine Pflanzen den Dünger aufnehmen können und der Mais erst im darauffolgenden Sommer die Nährstoffe aufnehmen könnte, ja könnte, denn dann ist ein grosser Teil ausgewaschen). Die Berglandwirtschaft wird noch stärker als bisher gefördert, obwohl die Energieffizienz sehr schlecht ist.

Gefahr der Grundwasserverschmutzung durch monatelange Lagerung von ungedecktem Mist im Feld in Graubünden, und zwar durch die Behörden offiziell toleriert!

Gefahr der Grundwasserverschmutzung durch monatelange Lagerung von ungedecktem Mist im Feld in Graubünden, und zwar durch die Behörden offiziell toleriert!

Weitere Gefahren sind Verkehr, Industrie, alte Deponien, Schadstoffe aus der Luft, welche durch den Boden sickern, Abwasser aus lecken Leitungen oder ungenügender Abwasserreinigung, undichten Güllegruben und nicht ordnungsgemäss gelagerter Mist (z.B. in den Kantonen Graubünden und Tessin werden die Hofdüngeranlagen auch heute noch nicht von Amtes wegen kontrolliert, obwohl das Gesetz dies schon lange vorschreibt), Abbau von Kies und Sand, unsachgemässe Tiefenbohrungen usw.

Gewisse Behörden sind – trotz der allgegenwärtigen Gefahren für das Grundwasser – offensichtlich nicht bereit, im Interesse der Bevölkerung und der Grundwasserlebewesen die Probleme zu lösen. Gesetze sind zum Teil vorhanden, doch der Vollzug funktioniert oft nicht. So gaukeln uns die Regierenden und ihre VerwalterInnen vor, dass sie den Durchblick hätten und uns vor Gefahren schützen wollten, doch in Tat und Wahrheit ziehen sie an jenen Fäden unseres vernetzten Systems besonders stark, die den Faktor Geld näher bringen, ohne allzu viele Gedanken an die allfälligen Folgen ihres Tuns zu verschwenden. Völlig überrascht stehen sie dann vor der Kamera, wenn „unerwartete“ Nebeneffekte „zuschlagen“, selbst dann, wenn vorausschauende Geister in den Ämtern davor gewarnt hatten. Was, wenn es ihnen mit dem herbeigewünschten Geld so erginge wie Midas mit dem Gold? Alles, was sie berühren wird zu Geld, auch das Essen …

Pete Seeger, Folksänger und Aktivist sang an seinem letzten Auftritt im vergangenen Herbst 2013 beim Farm Aid Festival zugunsten der amerikanischen bäuerlichen Familienbetriebe zusammen mit Wille Nelson und Neil Young das Lied von Woody Guthrie  This Land is Your Land; am Schluss des Lieds (2:25) sang er eine neue Strophe gegen die Fracking-Vorhaben im Bundesstaat New York:
New York is my home,
New York is your home
From the upstate highway to the ocean foam
With all kinds of people
Yes, we’re polychrome
New York was meant to be frack free.

Was Switzerland meant to be frack free?

Seien wir wachsam und aktiv, denn auf jene, die wir dafür bezahlen, dass sie uns schützen, ist kein Verlass! Heidi jedenfalls wird sich weiterhin für die Lebewesen im Grundwasser einsetzen.

Schema Grundwasserbildung, aus Wegleitung Grundwasserschutz BAFU

Schema Grundwasserbildung, aus Wegleitung Grundwasserschutz BAFU

Grundwasserschutz, Bundesamt für Umwelt (BAFU)

Gefahren für das Grundwasser, BAFU

Wegleitung Grundwasserschutz

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Bauernschlau oder unverfroren?

6. Januar 2012
DSC03121_Coopz

Die Kunst, alles ins richtige Licht zu stellen. Was immer sich verkaufen lässt, wird als ökologisch, fair und nachhaltig deklariert.

Wieso hat ein Bauer zuviel Mist und Gülle? Weil er mehr Tiere hält, als sein Boden Futter hergibt. In der Coopzeitung vom 3.1.12, Biogas: Gülle wird zu Strom, wird das Loblied auf zwei „findige“ Bauern gesungen, die nicht nur 2200 eierlegende Freilandhühner, 800 Schweine und 70 Mutterkühe (Betriebsbesichtigung GV Ehemalige Fricker) halten, sondern auch Strom produzieren. Gemäss Betriebspiegel Rütihof werden Brotgetreide und Raps angebaut, jedoch keine Futtergetreide (zu wenig rentabel), d.h. das Futter für Hühner und Schweine wird zugekauft. Das Gärsubstrat stammt fast ausschliesslich aus den zwei Bauernhöfen in Kaisten. Die Biogasanlage wird von den KonsumentInnen (und wahrscheinlich auch den Steuerzahlenden) finanziell unterstützt, denn der Coop Fonds für Nachhaltigkeit beteiligte sich am Bau der vorgestellten Biogas-Anlage mit kostendeckender Einspeisevergütung (KEV), Biogasanlage im Fricktal. Logisch eigentlich, dass man eine Lösung für ein Überschussproblem sucht, v.a. wenn die lukrative Lösung in aller Munde ist und als nachhaltig und innovativ gilt. Nebenbei gesagt, bäuerliche Biogas-Anlagen gibt es seit Jahrzehnten, nur wurden sie früher nicht so grosszügig unterstützt. Und die Güllenüberschüsse machten Schlagzeilen, als der Sempachersee wegen der „inneren Aufstockung“ mit Schweinen kippte und mit viel Steuergeldern zu neuem Leben erweckt werden musste. Im Moment zahlen wir an die Sanierung zahlreicher Gewässer, z.B. Baldeggersee (Expertenbericht), welcher der Pro Natura gehört. Und wir haben 2010 für Gewässersanierungen 8 Mio. Franken Direktzahlungen bezahlt, nicht inbegriffen sind kantonale und komunale Kosten. Diese Ausgaben werden im Agrarbericht des Bundesamt für Landwirtschaft jeweils unter „ökologische Direktzahlungen“ aufgeführt, verkleidet als „Gewässerschutzprojekte„.

Die Freude an der neuen Einnahmequelle Biogas wird etwas gedämpft. Der Bauer sagt: „Es braucht viel Knowhow und hat nicht mehr wirklich mit Landwirtschaft zu tun.“ Auch gebe es viele Vorschriften, und zig Amtsstellen hätten die Anlage abgenommen. Der Preis, den die KonsumentInnen für den so genannten Ökostrom zahlen beträgt 40 Rappen, d.h. das Doppelte des konventionellen Stroms. Der Erlös aus Biogas mache bis einen Drittel des bäuerlichen Einkommens aus, heisst es in der Coopzeitung. Die Bauern spinnen aber den Biogas-Faden weiter: Das umweltschädigende Methan wird der Gülle entzogen, deshalb überlegen die Bauern, ob sie in Zukunft auch CO2-Zertifikate verkaufen könnten. Heidi ist gespannt, ob der Bundesrat darauf einsteigt, zuzumuten wäre es ihm; die Autoimporteure werden mit den energieeffizienten Autos nachziehen, denn die Autos verursachen den grössten Teil der Treibhausgase! Die Geschichte ist aber noch nicht fertig. Heidi hat kürzlich einen Coop-Ferienprospekt aus dem Briefkasten genommen. Die Flugreisen kann man mit CO2-Zertifikaten ökologisieren: GgG = Geld gegen Gewissen. Im Klartext: Je mehr Futtermittel die Bauern importieren und je weiter die Leute in die Ferien fliegen, desto besser geht es …. wem? Den Bauern natürlich! Auch Heidi ist innovativ: Wie wär’s mit einem vom Bund eingerichteten Reisebüro im Hofladen?

In Deutschland wird die Biogas-Produktion schon länger stark gefördert und hat entsprechend zugelegt. Mais, Gras, Rüst- und Nahrungsmittelabfälle, Gülle, Mist, was auch immer, wird gerne einmal 60 km weit transportiert und verursacht Staus auf den Strassen. Die anfallenden Gärresten müssen zurück auf die Felder, also weiterer Transport. Nur erhält der Bauer nicht „sein“ Material zurück, was Probleme bei der Düngung bringt, auch die veränderte Zusammensetzung kann sich negativ auswirken. Mit den Gärresten fällt zudem Dünger an, der mit dem Kraftfutter importiert wurde. Mais ist düngerhungrig und verträgt als kleine Pflanze keine Konkurrenz, also ist der Dünger- und Herbizideeinsatz beträchtlich, wodurch vielerorts Grundwasser und Gewässer verschmutzt werden. Ein weiteres Problem ist die Bodenerosion. Mit all den offenen Fragen befasst sich jetzt die deutsche Agrarforschung. Wer bezahlt sie? Heidi lässt Ihre LeserInnen raten. Ein Kollege meinte kürzlich zur deutschen Biogas-Euphorie: „Ein agrarpolitischer Wahnsinn“. Es scheint so, dass der Wahnsinn längst bei uns Einzug gehalten hat, mit Pauken und Fanfaren. Transportiert wird mit steuerbefreitem Diesel und meist Fahrzeugen ohne Filter, weil der Bundesrat den Bauern die entsprechenden Kosten nicht zumuten will, uns den Feinstaub aber schon. Kreisläufe sind heute global und kompliziert, so dass man nicht mehr merkt, dass es keine Kreisläufe sind.

Nachtrag 7.1.12: Heidi hat eine Reklamation aus Zürich erhalten: Es gebe auch positive Beispiele, etwa die Biogas Zürich AG. Diese baue ein Vergärwerk und eine Biogas-Aufbereitungsanlage auf dem Areal des Klärwerks Werdhölzli. Ab 2013 werde die Entsorgung und Recycling Zürich (ERZ) den Bioabfall der Haushalte sammeln und dadurch einen wichtigen Beitrag zu den 2000-Watt-Zielen der Stadt Zürich leisten. Bravo!

7.1.12 HOME


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