„Naturland“ ist gefragt, dient zunehmend auch als Investition. Hauptverwendungen sind: landwirtschaftliche Produktion, Naturschutzgebiet zum Erhalt der Artenvielfalt, CO2-Zertifikate und Tourismus.
UN-Konvention über die biologische Vielfalt
Finanzierungsstreitigkeiten behindern den ehrgeizigen Plan zum Schutz der weltweiten Artenvielfalt. Wissenschaftler sind frustriert über die Fortschritte der Länder bei der Unterzeichnung eines neuen Abkommens zum Schutz der natürlichen Welt.
Regierungsvertreter aus aller Welt trafen sich vom 14. bis 29. März in Genf, um eine gemeinsame Basis für einen Entwurf des Abkommens zu finden, das als globaler Biodiversitätsrahmen für die Zeit nach 2020 dienen soll, aber die Diskussionen kamen ins Stocken, vor allem wegen der Finanzierung. Die Unterhändler sagen, dass sie sich nun vor dem mit Spannung erwarteten Biodiversitätsgipfel der Vereinten Nationen später im 2022, auf dem das Abkommen unterzeichnet werden sollte, erneut treffen müssen.
Der Rahmen sieht bisher vier allgemeine Ziele vor, darunter die Verlangsamung des Artensterbens, sowie 21 meist quantitative Ziele, wie etwa den Schutz von mindestens 30% der weltweiten Land- und Meeresflächen. Er ist Teil eines internationalen Vertrags, der als UN-Konvention über die biologische Vielfalt bekannt ist, und zielt darauf ab, die globale Krise der biologischen Vielfalt zu bewältigen, die dazu führen könnte, dass in den nächsten Jahrzehnten eine Million Pflanzen- und Tierarten aufgrund von Faktoren wie dem Klimawandel, menschliche Aktivität und Krankheiten aussterben.
Landrechte der Indogenen in Gefahr
Wenn Naturland für Projekte ausgeschieden wird, dann oft ohne Rücksicht auf jene Menschen, die in und von diesem Naturland leben. „Ein rassistisches und koloniales Naturschutzmodell, das Menschen und ihre Rechte als entbehrlich ansieht, wird niemals seine Ziele erreichen,“ schreibt Caroline Pearce, Direktorin von Survival International. „Staatliche und nichtstaatliche Geldgeber müssen sofort alle Finanzierungen für diese Festungsschutzprojekte einstellen – einschliesslich des Plans, 30% der Erde bis 2030 als „geschützt“ auszuweisen – und stattdessen die Landrechte indigener Völker anerkennen, was ein weitaus wirksamerer Weg zum Schutz der Umwelt ist. Andernfalls werden sie sich weiterhin an solchen Gräueltaten mitschuldig machen.“
Mit „solchen Gräueltaten“ meint Pearce die Vorkommnisse im Kahuzi-Biega-Nationalpark in der Demokratischen Republik Kongo, die da sind Gruppenvergewaltigung, Folter und Mord durch Parkwächter und Soldaten. Ein neuer Bericht der Minority Rights Group dokumentiert eine dreijährige Kampagne der gewaltsamen Zwangsvertreibung der indigenen Batwa von Kahuzi-Biega. Der Bericht, To Purge the Forest by Force: Organized violence against Batwa in Kahuzi-Biega National Park wurde vom investigativen Journalisten Robert Flummerfelt, Pulitzer Center, verfasst.
Das Forschungsteam der Minority Rights Group hat die Aussagen von mehr als 550 Personen zusammengetragen. Sie berichten, dass die paramilitärischen Wächter des Kahuzi-Biega-Nationalparks zusammen mit Soldaten der kongolesischen Armee gross angelegte Angriffe auf die im Park lebenden Batwa-Gemeinschaften verübt haben. Die Kampagne umfasste drei Wellen gewalttätiger Angriffe: im Juli bis August 2019, im Juli 2021 und im November bis Dezember 2021.
Die kolonialen Wurzeln des Kahuzi-Biega-Nationalparks
Der Kahuzi-Biega-Nationalpark liegt im Osten der Demokratischen Republik Kongo und wurde 1970 von Adrien Deschryver, einem belgischen Naturschützer und Sohn des letzten belgischen Kolonialministers, gegründet. Deschryver bat die Batwa-Gemeinschaften, ihn bei der Erforschung der dort lebenden Gorillas durch den Wald zu führen.
Das Forschungsteam der Minority Rights Group sprach mit einem älteren Mutwa-Mann (Mutwa ist die Singularform von Batwa), der ein Kind war, als Deschryver in den Wald kam. Der Älteste sagte,
„Dieser weisse Mann kam und bat uns um Hilfe: Er wollte die Tiere sehen; er wollte, dass wir ihm verschiedene Orte im Wald zeigen. Er tat so, als sei er ein Freund der Gemeinschaft, und wir vertrauten ihm. Dann ging er weg, kehrte nach Europa zurück und nutzte die Informationen, die wir ihm gegeben hatten, um zu planen, uns zu vertreiben. Als er in den Wald zurückkehrte, kam er mit Soldaten und sagte uns, dass unser Haus jetzt dem Staat gehöre und wir es verlassen müssten. Wir weinten und sagten zu ihm: Wir waren es, die euch diesen Wald gezeigt haben! Aber die Soldaten zwangen uns hinaus.“
Projekte müssen die Rechte der Indigenen respektieren
Häufig wird indigenen Völkern Land für landwirtschaftliche Nutzung weggenommen. Heute sind es vermehrt auch Natur- und Klimaschutzprojekte. CO2-Zertifikate werden für Urwälder verkauft, ohne dass die Bewohner davon etwas wissen. Sie werden dann aus ihrem Gebiet vertrieben oder gezwungen die festgeschriebenen Regelungen einzuhalten, was ein Überleben im Urwald schwierig gestalten kann.
Indigene gehören genauso zu einem Gebiet wie die Pflanzen und Tiere, die darin gedeihen. Sie bewirtschaften etwa einen Urwald seit Generationen so, dass er heute als schützenswert eingestuft wird. Nur ist das Land, auf dem sie leben, meist in keinem Grundbruch festgeschrieben, weshalb man es ihnen so einfach wegnehmen kann. Vielerorts beginnen die Indogenen aber sich zu wehren.
Funding battles stymie ambitious plan to protect global biodiversity. Nature 31.3.22
Gang rape, torture, and murder by park guards and soldiers at Kahuzi-Biega National Park in the Democratic Republic of Congo. Chris Lang, REDD-Monitor
Dank Aktivisten geplatzt: Sabah-Kohlenstoff-Cowboy-Deal. Heidis Mist 19.2.22
Der neue Goldrausch: Emissionshandel. Heidis Mist 27.1.22
Papua-Neuguinea: Illegale CO2-Zertifikate. Heidis Mist 26.10.21
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