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Pestizideinsatz reduzieren: Wenn Nachbarn miteinander reden …

7. März 2023

Quelle: Nachbarschaftseffekte und die Umstellung zu pestizidfreien Weizenanbausystemen. Yanbing Wang, Niklas Möhring, Robert Finger, Agrarpolitik-Blog 7.3.23

„Wir untersuchen die räumliche Dimension der Umstellung zu pestizidfreien Weizenanbausystemen. Landwirte, deren Nachbarn auf pestizidfreien Weizenanbau umgestellt haben, stellen mit bis zu 18 Prozentpunkten höherer Wahrscheinlichkeit ebenfalls um, insbesondere, wenn Landwirte offen für den Austausch mit anderen sind. Eingesetzte Anreize (z.B. Direktzahlungen und Preiszuschläge) sind effizienter eingesetzt, wenn sie mit gezielter Investition in Netzwerke und lokalen Austausch kombiniert werden.“

Das ist die Einleitung eines Blog-Artikels von Robert Finger, Professor für Agrarökonomie und -politik an der Eidgenössischen Technischen Hochschule in Zürich. „Die Verringerung negativer Auswirkungen der landwirtschaftlichen Produktion auf die Umwelt und die menschliche Gesundheit ist eine grosse Herausforderung für den Agrarsektor. Die Schweiz und andere europäische Länder haben sich kürzlich ehrgeizige Ziele für die Reduzierung von Risiken durch den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln gesetzt (Finger 2021). Die Einführung nachhaltiger Pflanzenschutzstrategien steht im Mittelpunkt dieser Herausforderung. Essenziell ist dabei, dass neue Produktionsmethoden auch wirklich bei Landwirten ankommen und von diesen angenommen werden. Das Verständnis der Faktoren, die zu den Entscheidungen der Landwirte führen, ist daher von zentraler Bedeutung für eine Verbreitung nachhaltiger landwirtschaftlicher Systeme in grossem Massstab.“

Lesen Sie hier weiter: Nachbarschaftseffekte und die Umstellung zu pestizidfreien Weizenanbausystemen. Yanbing Wang, Niklas Möhring, Robert Finger, Agrarpolitik-Blog 7.3.23

P.S.: Ein Kritiker des pestizidfreien IP-Weizenanbaus hat Heidi diesen Beitrag auch geschickt. Je nach Unkrautdruck werden nach dem Anbau von pestizidfreiem Weizen Herbizide eingesetzt. Bei Direktsaat, Mulchsaat oder zur Bekämpfung von Problemunkräutern ist der Einsatz von Glyphosat zwischen der Ernte der Vorkultur und der Saat der Hauptkultur (IP-SUISSE Getreide PSM-frei) mittels Sonderbewilligung möglich. Antrag auf www.ipsuisse.ch oder auf der Geschäftsstelle.

Richtlinien Pflanzenbau, IP 3 Getreide ohne chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel (Getreide «pestizidfrei» / «PSM-frei»,)

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Antibiotikaeinsatz in der Landwirtschaft viel höher als berichtet wird

7. Februar 2023
ANTIBIOTIKAVERBRAUCH NACH LÄNDERN. Das Diagramm zeigt, dass China an der Spitze der Top 10 des Antibiotikaverbrauchs im Jahr 2020 nach Ländern steht. Copyright nature

ANTIBIOTIKAVERBRAUCH NACH LÄNDERN. Das Diagramm zeigt, dass China an der Spitze der Top 10 des Antibiotikaverbrauchs im Jahr 2020 nach Ländern steht. Copyright nature

Quelle: Antibiotic use in farming set to soar despite drug-resistance fears. Nature 6.2.23

Gemäss einer am 1.2.23 in PLOS Global Public Health veröffentlichten Studie von Wissenschaftlern der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich (ETHZ) zusammen mit der Freien Universität Brüssel steigt der Antibiotikaeinsatz in der Landwirtschaft trotz der Befürchtung einer Resistenz gegen Medikamente weiter an. Eine Analyse zeigt, dass der Einsatz von antimikrobiellen Medikamenten in der Landwirtschaft viel höher ist als berichtet wird.

Sara Reardon hat die Studie für Nature zusammengefasst. Nachfolgend ein Auszug:

Laut der Studie wird der Einsatz von Antibiotika in der Tierhaltung, der massgeblich zur Antibiotikaresistenz beiträgt, zwischen 2020 und 2030 voraussichtlich um 8% zunehmen – trotz der laufenden Bemühungen um eine Eindämmung des Einsatzes.

Es wird angenommen, dass der übermässige Einsatz von Antibiotika in der Landwirtschaft eine der Hauptursachen für die Zunahme von bakteriellen Infektionen beim Menschen ist, die nicht mit Antibiotika behandelt werden können. Obwohl Antibiotika zur Behandlung von Infektionen in der Viehzucht notwendig sein können, werden sie häufig eingesetzt, um das Wachstum der Tiere zu beschleunigen und Krankheiten bei Tieren in überfüllten, unhygienischen Ställen zu verhindern.

Viele Regierungen haben sich schwer getan, Vorschriften zur Verringerung des Antibiotikaeinsatzes zu erlassen oder durchzusetzen. Obwohl eine Reihe von Ländern, darunter die Vereinigten Staaten und grosse Teile Europas, die Verwendung von Antibiotika zur Wachstumsförderung verbieten, können die Hersteller beispielsweise einfach behaupten, dass sie die Medikamente zur Vorbeugung von Krankheiten einsetzen.

Unbrauchbare Daten

Forscher hatten auch Schwierigkeiten, die Menge der in bestimmten Ländern verwendeten Antibiotika zu berechnen, weil die meisten Länder ihre Daten über den Einsatz von Antibiotika in der Landwirtschaft nicht veröffentlichen, sagt der Mitautor der Studie, Thomas Van Boeckel, ein Raumepidemiologe an der Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH Zürich). Stattdessen geben viele die Daten an die Weltorganisation für Tiergesundheit (WOAH) weiter, die die Antibiotikadaten der Länder nach Kontinenten gruppiert, so dass die Forscher nur diese Daten einsehen können. Und etwa 40% der Länder melden ihren Antibiotikaeinsatz überhaupt nicht an die WOAH. „Die meisten Daten über den Antibiotikaeinsatz in der Welt sind unbrauchbar“, sagt van Boeckel.

Erhebung der Daten

Um den Antibiotikaeinsatz in 229 Ländern zu schätzen, arbeitete Van Boeckel mit Ranya Mulchandani, einer Epidemiologin an der ETH Zürich, und anderen Kollegen zusammen, um Daten von einzelnen Regierungen, Erhebungen in landwirtschaftlichen Betrieben und wissenschaftlichen Artikeln zu sammeln, die über den Einsatz von Antibiotika in der Tierhaltung berichteten. Diese Daten glichen sie mit Daten über den weltweiten Bestand an Nutztieren sowie über den Verkauf von Antibiotika in den 42 Ländern ab, die diese Daten veröffentlicht haben. Daraus extrapolierten sie die Trends für die übrigen 187 Länder.

Zunahme in Afrika am schnellsten

Das Team berechnete, dass der Antibiotikaverbrauch in Afrika wahrscheinlich doppelt so hoch ist wie von WOAH gemeldet, und dass der Verbrauch in Asien 50 % höher ist als gemeldet. Die Autoren führen dies auf die Tatsache zurück, dass viele Länder in diesen Regionen nicht auf die WOAH-Erhebungen antworten.

Unter Berücksichtigung dieser Faktoren schätzen die Autoren, dass bis zum Jahr 2030 weltweit etwa 107’500 Tonnen Antibiotika pro Jahr in der Tierhaltung eingesetzt werden, verglichen mit knapp 100’000 Tonnen im Jahr 2020. Der Antibiotikaverbrauch ist in Asien und insbesondere in China am höchsten – ein Trend, der sich bis 2030 fortsetzen dürfte. Die Forscher schätzen auch, dass der Antibiotikaverbrauch in Afrika am schnellsten zunehmen wird, und zwar um 25% zwischen 2020 und 2030, was auf die gestiegene Nachfrage nach Fleischprodukten zurückzuführen ist.

Mulchandani gibt jedoch zu bedenken, dass es sich bei den meisten der 42 Länder, die Daten zur Verfügung gestellt haben, um Länder mit hohem Einkommen handelt, was bedeutet, dass die Art und der Zweck des Antibiotikaeinsatzes möglicherweise nicht für alle Länder repräsentativ sind.

Lesen Sie die vollständige Zusammenfassung hier: Antibiotic use in farming set to soar despite drug-resistance fears. Nature 6.2.23

Originalpublikation: Global trends in antimicrobial use in food-producing animals: 2020 to 2030. Mulchandani, R., Wang, Y., Gilbert, M., & Van Boeckel, T. P. PLOS Glob. Public Health 3, e0001305 (2023).

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Schweizer Nationalpark: Vom totalen Schutz zu den Interessen von Wasserkraft, Forstwirtschaft, Jagd oder Tourismus

26. April 2022
Wandern im Schweizer Nationalpark.

Der Schweizer Nationalpark – nur Idylle?

Jemand schrieb Heidi: „Habe die Petition bereits unterschrieben. Für mich ist es schon ein Unding, dass überhaupt ein Kraftwerk im Nationalpark vorhanden ist und dann noch das Zollfreigebiet Livigno, welches massenhaft Motorverkehr durch den Nationalpark generiert und das auch nur wegen des Tunnels für das Kraftwerk. Ganz so eine Oase, wie er geschildert wird, ist der Nationalpark nicht, was nicht so überrascht, wenn man seine Entstehungsgeschichte und all die „faulen“ Kompromisse dazu kennt. Gut nachzulesen in «Wildnis schaffen» von ETH-Historiker Dr. Patrick Kupper.“

Das war der Anlass für Heidi, den folgenden Beitrag zu schreiben.

Vision: ohne menschlichen Einfluss

Naturforscher hatten die Idee eines Parks, der vor jedem menschlichen Einfluss geschützt weden sollte. Eine treibende Kraft war auch Prof. Carl Schröter, der an der Vorgängerorganisation der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich (ETHZ) lehrte und forschte. Er beschäftigte sich unter anderem mit Problemen der Land- und Forstwirtschaft zusammen mit Friedrich Gottfried Stebler, dem Gründer der landwirtschaftlichen Versuchsanstalt in Zürich. Er berichtete in der Neuen Zürcher Zeitung vom 2.11.1906 über die erste Sitzung der Naturschutzkommission und bemerkte über die Val S-charl das Folgende:

„Dieses Tal würde sich vortrefflich zu einem schweizerischen Nationalpark eignen, wo keine Axt und kein Schuss erklingen dürfte; es hat reiche Arven-, Lärchen- und Fichtenwälder, wilde Legföhrenbestände, eine schöne Alpenflora und, wenn man ein Stück des anstossenden Ofengebietes dazu nähme, ausgedehnte Bestände der hochstämmigen Bergföhre, in denen noch der Bär haust …“ Wildnis sollte wiederhergestellt werden.

Im «Bundesbeschluss betreffend einen Schweizerischen Nationalpark Unterengadin», den das eidgenössische Parlament im März 1914 guthiess, steht:

„Art. 1. Auf dem vertraglich näher bezeichneten Gebiete der Gemeinde Zernez wird ein schweizerischer Nationalpark errichtet, in dem die gesamte Tier- und Pflanzenwelt ganz ihrer freien natürlichen Entwicklung überlassen und vor jedem nicht im Zwecke des Nationalparkes liegenden menschlichen Einflüsse geschützt wird.

Der Nationalpark wird der wissenschaftlichen Beobachtung unterstellt.“

Der Mensch und seine Interessen

Im Laufe der Jahrzehnte gaben die strengen Bestimmungen und Beschränkungen immer wieder Anlass zu Diskussionen. Dem Anspruch des totalen Naturschutzes standen andere Interessen gegenüber, etwa Wasserkraft, Forstwirtschaft, Jagd oder Tourismus.

Manche Abstriche an der anfänglichen strikten Schutzidee mussten hingenommen werden. Der Mensch konnte nicht aus dem Park verbannt werden. Der Nationalpark musste sich ein Stück weit dem Wandel der Zeiten anpassen, durfte aber auch die ursprünglichen Grundsätze nicht aufgeben.

Dies war «ein schwieriger Balanceakt, der nicht immer gleich gut gelang», schreibt der Historiker Patrick Kupper in seinem Buch „Wildnis schaffen“. Es hätte wohl geholfen, die Grenze zwischen dem Park und seinem Umland nicht so scharf zu ziehen und den Nationalpark «als das anzuerkennen, was er im Grunde war: eine künstlich kreierte und aufrechterhaltene Wildnis».

Errichtung der Spöltalsperre

Robert Hainard schrieb in seinem Buch „Naturschutzgebiete der Schweiz“:

„Das hervorstechendste Ereignis der Geschichte des Parkes seit seiner Gründung ist zweifellos die Errichtung der Spöltalsperre, die 1962 begonnen und 1970 fertiggestellt wurde. Die Talsperre befindet sich zwar am Punt dell Gall, oberhalb des Parkes und das Kraftwerk unterhalb, aber das Verschwinden (eines grossen Teils) des Hauptbaches des Gebietes (sowie einiger anderer, die ebenfalls gefasst wurden) bedeutet eine wesentliche Verletzung der Unversehrtheit unseres grossen Gesamtschutzgebietes.

Ich will hier nicht auf die komplizierte Geschichte des Projektes eingehen, die abwechselnde Empörung und Resignation und den Schlusskampf, in den ich eng verwickelt war. Er endete am 6. und 7. Dezember 1958 mit der Abstimmung über den Antrag zum Schutz des Parkes und der Volksabstimmung über das Spöl-Abkommen (500 993 Ja für die Ratifizierung des Abkommens mit Italien und 165 556 Nein).

Wie es das tragische Geschick oft will, musste die Entscheidung 10 oder 20 Jahre vor dem Reifwerden des Problemes getroffen werden. Es ist wohl nicht allzu verwegen zu behaupten, dass das Ergebnis heute anders wäre.“

Die unerträglichen Forderungen des Fortschritts

Der Künstler und Naturforscher Robert Hainard hatte sich beim geplanten Spöl-Wasserkraftwerk im Schweizerischen Nationalpark auf die Seite der Gegner geschlagen. „Es wird ein Zeitpunkt kommen, an dem die Forderungen des Fortschritts für jeden unerträglich sein werden“, sagte er damals. Hainard war nicht gegen den technologischen Fortschritt (er fuhr mit einem 2 CV), aber er verachtete diejenigen, die „nach und nach unsere letzten wilden Ecken, ästhetische und wissenschaftliche Werte, Quellen der Freude und des moralischen Fortschritts, in wunderbar geradlinige und von allem Leben gesäuberte Kulturen und Kanäle verwandelten.“

Unfall 2013 im Vorzeigeprojekt

Mit dem Restwasser wird versucht, das Leben im Bach unterhalb der Staumauer zu gewährleisten. Doch dann fielen Messinstrumente aus. Die Engadiner Kraftwerke (EKW) merkten nicht, dass das Restwasser im Spöl versiegte. Parkwächter schlugen Alarm, worauf die EKW am Grunde der Staumauer Wasser abliessen. Dabei floss eine unkontrollierbare Menge Schlamm den Bach hinunter, bedeckte das Bachbett auf einer Länge von sechs Kilometern und Tausende Fische und andere Lebewesen verendeten. Fünf bis zehn Jahre werde es gehen, bis sich die Tierwelt wieder erhole, schätzte ein Wasserfachmann der Eawag, dem Wasserforschungsinstitut der ETH.

PCB-Teilsanierung genügt nicht

Bereits am 18.3.21 schrieben Pro Natura Graubünden, WWF Graubünden und Aqua Viva in einer gemeinsamen Medienmitteilung:

„Im Jahr 2016 sind bei Unterhaltsarbeiten an den Anlagen der Engadiner Kraftwerke AG (EKW) hochgiftige PCB in den Fluss Spöl im Schweizerischen Nationalpark gelangt. Dabei wurde dieser auf seiner gesamten Fliessstrecke bis zum Ausgleichsbecken Ova Spin verunreinigt. Algen, Moose, Fische und die Bachsedimente bis in eine Tiefe von 50 cm sind heute stark mit PCB belastet, das Wasser teilweise ebenfalls. Im vergangenen Herbst wurde im Nationalpark ein toter Uhu mit einer exorbitant hohen PCB-Belastung gefunden, was zeigt, dass das Gift bereits in die Nahrungskette der Wildtiere gelangt ist.“

Die drei Organisationen fordern eine möglichst vollständige Sanierung der PCB-Belastung sowohl im Spöl als auch in den Kraftwerksanlagen und legen Beschwerde ein gegen die Sanierungsverfügung des Kantons.

Petition unterschreiben!

Das Unglück ist geschehen, nun gilt es den Schaden sofort und gründlich zu sanieren, trotz Rechtsstreit betreffend Übernahme der Kosten.

Haben Sie die Petition an Bundesrätin Simonetta Sommaruga noch nicht unterschrieben? Hier geht’s zum Online-Formular, Name und E-Mail genügt!

Petition Keine halben Sachen im Schweizer Nationalpark! Saniert endlich den Spöl!

Les combats de Robert Hainard, écologiste avant l’heure. Le temps 28.12.20

Bilder Robert Hainard

Bundesbeschluss betreffend die Errichtung eines schweizerischen Nationalparkes im Unter-Engadin. Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft 3.4.14

Abkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Italienischen Republik über die Nutzbarmachung der Wasserkraft des Spöl. Abgeschlossen am 27. Mai 1957

Medieninformation ETHZ vom 14.3.12: «Wildnis schaffen – eine transnationale Geschichte des Schweizerischen Nationalparks», Patrick Kupper, Haupt-Verlag, 2012. ISBN 978-3-258-07719-2

Naturschutzgebiete der Schweiz. Robert Hainard, AVANTI-Verlag

Umweltgift PCB bedroht die Artenvielfalt im Nationalpark. Medienmitteilung Pro Natura Graubünden, WWF Graubünden und Aqua Viva 18.3.21

Künstlich fluten. Tagblatt 13.4.13

Petition „Keine halben Sachen im Schweizer Nationalpark! Saniert endlich den Spöl!“ Heidis Mist 20.4.22

Petition „Keine halben Sachen im Schweizer Nationalpark! Saniert endlich den Spöl!“ (2) Heidis Mist 21.4.22

26.4.22 HOME

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World Scientist against the war in Ukraine

2. März 2022

Scientists from the world’s leading universities condemn Russia’s criminal war against Ukraine.

The NRFU has collected links to the official position expressed by our colleagues around the world.

World scientists against the war in Ukraine. National Research Foundation of Ukraine (NRFU) 1.3.22

«Es handelt sich um einen historischen Bruch.». Eidgenössische Technische Hochschule Zürich 25.2.22

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Fehlgeleitete Tierproduktion: Das (wahre) Märchen vom Metzger und seinen Kälbern

17. August 2021
Kälber auf der Weide

Kälber auf der Weide

Eine alte Weisheit: “Wo die Sonne nicht hinkommt, kommt der Tierarzt hin!”

Diese Weisheit bläute Professor Hans Heusser den angehenden Agronomen der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich (ETHZ) von 1957 bis 1988 ein. In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts rühmten Bauern und Wissenschaftler Sonne+Auslauf. Der erste Chef des Schweizer Bauernverbands (SBV), Professor Ernst Laur, war in den 1920/30er Jahren gar ein richtiger Kämpfer für Sonne, freie Bewegung in Auslauf und auf der Weide! Unvorstellbar, dass seine Nachfolger, ob Melchior Ehrler oder Hansjörg Walter, sich je so geoutet hätten; Tierwohl- und Tiergesundheitsverbesserungen mussten zumeist gegen den SBV und seine Exponenten durchgesetzt werden. Hansuli Huber vom Schweizer Tierschutz (heute pensioniert) war ein unermüdlicher Kämpfer für mehr Tierwohl.

Weisses Kalbfleisch wird lanciert

Zwischen dem 1. und 2. Weltkrieg kamen einige Leute zu Geld und so sagte sich ein Metzger: „Ich könnte mehr Rendite aus dem Rindfleisch holen, wenn ich eine Spezialität anbieten würde.“ So setzte er sich, vermutlich noch etwas blutverschmiert vom letzten Töten einer Kuh, auf einen Hocker und überlegte. Zartes weisses Fleisch von einem Kälbchen könnte ich sicher teurer verkaufen und damit eine bessere Marge erzielen. Er bat einen Bauern um Hilfe. Dieser witterte ebenfalls mehr Gewinn. Der Bauer hatte eine Idee: „Ich füttere den Kälbchen nur noch Milch, kein Gras, dann ist vielleicht auch ihr Fleisch weiss statt rot und wir können das als Spezialität teuer verkaufen. Gesagt, getan!

Rasch gab es Nachahmer, auch in der Schweiz. Das Geschäft mit dem weissen Kalbfleisch funktionierte wunderbar. Man wusste, dass die Kälbchen eigentlich krank waren, an Blutarmut litten. Sie waren – und sind es teilweise heute noch – in dunklen Verschlägen untergebracht. Lange störte das niemanden. Immer lauter wurden aber Stimmen, die das schlecht fanden, denn die Kälbchen waren nicht nur krank, sie benötigten auch Antibiotika. Oft werden viele Kälber gemeinsam auf spezialisierten Betrieben gemästet. Weil die Tiere aus verschiedenen Bauernhöfen stammen, ist die Keimvielfalt gross und entsprechend auch die Krankheitsgefahr.

Immer noch werden viele Kälber auf Kälbermärkte gekarrt, wo sie sich ebenfalls mit Krankheitserregern ansteckten können. Hauptziel der Kälbermärkte ist nicht unbedingt das Verkaufen, denn oft sind die Tiere schon vorher verkauft, sondern das Generieren von Importkontingenten, einem ausgesprochen undurchsichtigen, aber offenbar lukrativen Geschäft.

Rosarotes Kalbfleisch wird erkämpft

Die Farbe muss stimmen!

Die Farbe muss stimmen! Copyright: Martin Scheeder, Hochschule für Agrar-, Forst- und
Lebensmittelwissenschaften der BFH/SUISAG

Vor etwa zehn Jahren wurde heftig um die Farbe des „optimalen“ Kalbfleisches gestritten, denn Hansuli Huber, damals noch beim Schweizer Tierschutz (STS), und Peter Zbinden, Beamter beim Bundesamt für Landwirtschaft (BLW), und nicht nur sie, fanden die blutarmen, krankheitsanfälligen, Antibiotika-fressenden Kälber gar nicht toll. Sie erkämpften das heute rosarote Kalbfleisch gegen viele Widerstände der Fleischproduktions-, Verarbeitungs- und Verkaufsindustrie. Es wurde ein strenges Klassifiziersystem geschaffen. Noch heute laufen Bauern Gefahr, beim Metzger Abzüge erdulden zu müssen, wenn das Kalbfleisch in den Augen des Metzgers zu rot ist. Die Farbe ist also wichtig, nicht in erster Linie der Geschmack oder die Gesundheit der Kälber!

Von Bruder-Kälbchen und Mutterkühen

Seit den frühen Siebzigerjahren wird in der Schweiz Mutterkuhhaltung für die Fleischproduktion praktiziert. Der Verein Mutterkuh Schweiz zählt heute knapp 6’000 Mitglieder, die zusammen über 100’000 Mutterkühe halten. Ihr Anteil am Rindviehbestand beträgt 15 Prozent. Ein starker Förderer dieser Haltungsform war der frühere Direkter des BLW, Hans Burger, der selbst einen Mutterkuhbetrieb besass. Er propagierte Mutterkühe für das Berggebiet und intensive Milchproduktion im Talgebiet. Heute sind beide Produktionsformen in Berg und Tal zu finden. Mutterkühe weiden auf besten Fruchtfolgeflächen, die eigentlich besser für den Acker- und Gemüsebau genutzt würden.

Die Mutterkühe sind auf Fleischproduktion gezüchtet, die Milchkühe auf Milchproduktion. Das ist schlecht für die Milchkuhkälbchen, die nicht zur Aufzucht benötigt werden. Sie sind eigentlich überflüssig, setzen schlecht Fleisch an und sind daher nicht besonders zum Mästen geeignet. Tierschützer klagen, dass es Bauern gibt, die daher die Kälbchen vernachlässigen, so dass sie bald einmal im Schlachthof landen. Etwa in Australien ist dies eher die Norm, denn die Ausnahme. Während das Töten der männlichen Kücken der Eierproduktionsrassen bei den Hühnern längst ein Medienthema ist, sind die „Mutterkuhkälbchen“ Jööööh, während die überflüssigen Milchkuhkälbchen der knochigen Mütter zwar oft dennoch gemästet werden, die Masteffizienz aber nicht optimal (unökologisch) ist und die Kälbchen Antibiotika benötigen. In der Regel werden ihnen Antibiotika prophylaktisch verabreicht.

Auseinanderdriftende Züchtung

Diese Hochleistungskühe bringen eine hohe Milchleistung.

Diese Hochleistungskühe bringen eine hohe Milchleistung.

Die Schweizer Milchviehzüchtung ist auf Höchstleistungen ausgerichtet, orientiert sich an den Superleistungen internationaler Züchtungserfolge. Nicht so die Graslandforschung. Sie fördert Wiesenbestände, die es ermöglichen, viel Milch und Fleisch aus Gras, Klee und Kräutern zu produzieren. Die beiden Forschungsrichtungen passen also nicht zusammen. Zum Glück gibt es Bauern, welche dem Grünland und Berggebiet angepasste Kühe die bessere Lösung finden.

Kalbfleisch: rosarot ohne Antibiotika. Heidis Mist vom 9.4.12

Schweizer Kälbermärkte: Drama in drei Akten – Erster Akt: Tränker. Heidis Mist vom 10.4.17

Schweizer Kälbermärkte: Drama in drei Akten – Zweiter Akt: Bankkälber. Heidis Mist vom 16.5.17

Schweizer Kälbermärkte: Drama in drei Akten – Dritter Akt: Fehlende Vernunft im Parlament. Heidis Mist vom 25.7.17

Swiss Quality Veal

Tarifblatt Micarna

Qualitätsaspekte von Kalbfleisch, Martin Scheeder, Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften der BFH / SUISAG

Wenn schon Milch, dann CH-Milch! Heidis Mist vom 1.2.13

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Roman Hüppi: Selbstversorgungsgrad neu denken!

8. Juli 2021
Copyright: Roman Hüppi

Copyright: Roman Hüppi

Der Selbstversorgungsgrad, wie er heute verstanden wird, ist ein gern zitiertes Relikt aus früheren Zeiten und wird politisch missbraucht. Eigentlich keine ernst zu nehmende Zahl, meint Heidi. Zudem gehen die Bauern von der irrigen Meinung aus, dass sie agrarpolitisch im Zentrum sind; sie haben heute auch weitgehend das Sagen WAS WIE produziert wird. Die Bauern sind zwar wichtig, aber übergeordnet sind die Ernährung der in der Schweiz lebenden Bevölkerung und die Umwelt. Wir haben ein Bundesamt für Landwirtschaft statt ein Bundesamt für Ernährung.

Es ist höchste Zeit, das wenig aussagekräftige Mass „Selbstversorgungsgrad“ zu überdenken. Genau dies hat Roman Hüppi von der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich (ETHZ), Nachhaltige Agrarökosysteme, getan. Er sagt: „Der Selbstversorgungsgrad beurteilt die Leistung des Agrarsektors im Licht der Ernährungssicherheit. Den aktuellen Herausforderungen der Landwirtschaft wird er aber nicht gerecht.“

Ein Update für den Selbstversorgungsgrad

Roman Hüppi: „… Ernährungssicherheit ist in der Schweiz seit jeher ein wichtiges Ziel. Für aktuelle Krisen ist der klassische Selbstversorgungsgrad meiner Ansicht nach aber eine zweifelhafte Referenz: Im Kontext von Klimawandel, Artensterben und ernährungsbedingten Volkskrankheiten ist seine Aussagekraft beschränkt. Für die anstehende Debatte schlage ich vor, diesen wichtigen Gradmesser der Landwirtschaft an heutige Herausforderungen anzupassen.

Gemäss Bund beträgt der Schweizer Brutto-​Selbstversorgungsgrad der letzten Jahre etwa 60 Prozent.1 Berücksichtigt man, dass rund ein Viertel der Tierproduktion auf importierten Futtermitteln (jährlich 1.4 Millionen Tonnen) beruht, sinkt der Netto-​Wert auf 50 Prozent. Die andere Hälfte importieren wir. Hoch selbstversorgend sind wir bei tierischen Nahrungsmitteln (Milchprodukte 115 %, Fleisch 80 %). Bei pflanzlichen Produkten ist die Schweiz mit 40 Prozent hingegen eher selbst-​unterversorgt. Gerechnet wird in Nahrungsenergie.

Diese Metrik entstand in der Not der Weltkriege und ist eindimensional auf die Produktion von Kalorien getrimmt. Aus Sicht der Versorgung macht es Sinn, möglichst viele Nahrungsmittel im Inland zu produzieren. Bis heute lässt sich jede weitere Intensivierung der Landwirtschaft mit dem steigenden Selbstversorgungsgrad legitimieren.“

Weitere Informationen und die folgenden Kapitel finden Sie im Zukunftsblog der ETH:

  • Auf Kalorienproduktion getrimmt
  • Selbstversorgend – dank importierter Energie
  • Wir ernähren uns nicht nur von Kalorien

Im Folgenden noch das letzte Kapitel:

Welche Landwirtschaft wollen wir?

„Für mich ist klar: Die Landwirtschaft von morgen muss nachhaltig sein und mehrere Funktionen erfüllen. Sie muss die Menschen sicher mit gesunden Nahrungsmitteln versorgen, das Klima und das Kulturland schützen und die Biodiversität bewahren.

Wir sollten den Selbstversorgungsgrad für diese multifunktionale Landwirtschaft neu denken. Damit wäre diese zentrale Kennzahl auch für heutige Krisen relevant. Und könnte helfen, produktive und ökologische Interessen in der Agrarpolitik zu vereinen.“

Referenzen

1 Agrarbericht 2020: Selbstversorgungsgrad https://www.agrarbericht.ch/de/markt/marktentwicklungen/selbstversorgungsgrad

2 Vision Landwirtschaft: Faktenblatt Nr. 5 (2015): Multifunktionale Landwirtschaft.

3 Guggenbühl 2017: https://www.infosperber.ch/wirtschaft/landwirtschaft/die-​minus-kalorien-der-schweizer-landwirtschaft/

Ein Update für den Selbstversorgungsgrad. Roman Hüppi, Zukunftsblog ETHZ vom 16.6.21

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Sehr geehrter Herr Agrarminister Parmelin

10. September 2019

Sehr geehrter Herr Agrarminister Parmelin

Sie sagten in einem Gespräch mit Agrarmedien: „Jetzt wird mit dem Finger auf die Bauern gezeigt, obwohl sie sich ans Gesetz gehalten haben“. Wenn dem tatsächlich so wäre, dann müsste man das Gesetz SOFORT massiv verschärfen.

Wie kommen Sie überhaupt auf die Idee zu sagen, dass die Gesetze eingehalten werden, wo doch – gerade im Gewässerschutz – kaum kontrolliert wird? Woher nehmen Sie diese Sicherheit bzw. die Fakten?

Die Gesetzesartikel zum Schutze der Gewässer sind gar nicht so schlecht, wenn man sie vollziehen würde. Dort hapert es stark, denn vieles, das kontrolliert werden sollte, wird gar nicht kontrolliert. DAFÜR gibt es kein Geld, denn gelenkt werden unsere Steuergelder bevorzugt in für die Bauern günstigere Kanäle. Und vieles lässt sich kaum oder nur mit viel Geld kontrollieren, so etwa der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln.

Sie reden von Anti-Landwirtschafts-Hysterie. Ich lese viele Berichte über den Zustand der Gewässer in den unterschiedlichsten Medien und kann Ihnen bezeugen, dass diese die Fakten aufzeigen. Das hat nichts mit Hysterie zu tun! Diese Zahlen werden seit Jahren publiziert, sogar in Ihrem jährlichen Agrarbericht, nur plant die Landwirtschaftspolitik an den Umweltverschmutzungen vorbei. Jetzt ist die Botschaft beim Volk angekommen!

So darf ich denn in diesem Zusammenhang mein Mitgefühl mit den tatsächlich umweltschonend wirtschaftenden Bauern ausdrücken, denn diese sind auch von den Negativschlagzeilen betroffen. Die übrigen machen einfach das, was man sie machen lässt, vieles ohne Kontrolle, auch wenn diese von Gesetzes wegen vorgeschrieben wäre.

NaNa, meine Cartoonistin, hat zum Thema „Gesetze einhalten“ einen exemplarischen Artikel im Blick gefunden. Darin steht:

Zu viel Nitrat bei 40 Prozent der Grundwassermessungen

Im Berner Oberland, in Schwyz, im Prättigau oder im Toggenburg sieht es nicht besser aus: Überall missachten Bauern immer wieder den Gewässerschutz. Und dies, obwohl seit 1991 mit dem Bundesgesetz über den Schutz der Gewässer geregelt wäre, wie und wann Bauern Mist und Gülle austragen dürfen. Und das Ergebnis ist beunruhigend: 80 Prozent des Trinkwassers wird aus Grundwasser gewonnen. Die Warnung im Bafu-Bericht: «Die Grundwasservorkommen weisen zunehmend Verunreinigungen auf, die mehrheitlich aus der Landwirtschaft stammen.» Konkret: Jede siebte Grundwassermessstelle wies mehr Nitrate aus als erlaubt. Im Mittelland sind es gar 40 Prozent der gemessenen Werte.

Kein Wunder, sagen Experten. Agrarwissenschaftlerin Marianne Bodenmann: «Seit Jahrzehnten forscht der Bund, wie ökologische Landwirtschaft betrieben werden kann – in der Praxis sind wir aber vielerorts nicht viel weitergekommen. Mir stinkt das!» Bodenmann war ehemalige Kommunikationschefin der Forschungsanstalt für Agrarökologie und Landbau in Reckenholz ZH – heute Teil von Agroscope. Sie weiss: «Das Problem sind in der Schweiz nicht die Gesetze. Diese sind gut. Das Problem ist vielmehr der Vollzug.» Kontrolliert werde in den wenigsten Kantonen, und häufig werden solche Aufgaben an die Gemeinden delegiert. «Diese haben aber kaum Kapazitäten dafür – oder möchten es sich gerade in ländlichen Regionen mit den Bauern nicht verscherzen», so Bodenmann. Quelle: Blick vom 26.8.19.

Wo bleibt der Integrierte Pflanzenschutz?

Zitat aus dem Aktionsplan, Seite 9: "... Erst als letzte Massnahme sollen chemische PSM zur Anwendung gelangen. Der Einsatz von chemischen PSM wird heute aber oftmals vorgezogen, da die Alternativen weniger wirtschaftlich, weniger effizient oder nicht vorhanden sind."

Zitat aus dem Aktionsplan, Seite 9: „… Erst als letzte Massnahme sollen chemische PSM zur Anwendung gelangen. Der Einsatz von chemischen PSM wird heute aber oftmals vorgezogen, da die Alternativen weniger wirtschaftlich, weniger effizient oder nicht vorhanden sind.“

Das Zitat aus dem Aktionsplan Pflanzenschutz habe ich im Oktober 2016 kopiert. Offenbar hat man beim Bundesamt für Landwirtschaft gemerkt, dass dieser Satz „ungünstig“ für die Bauern ist und hat ihn später unverfänglicher formuliert. Doch die Tatsache bleibt. Kontrollen sind fast inexistent und die Vorgaben der Integrierten Produktion werden oft nicht beachtet.

Indirekter Gegenvorschlag

Herr Agrarminister, Sie halten es für möglich, dass es doch noch zu einem indirekten Gegenvorschlag zu den Pestizidinitiativen kommen wird. Meine Frage: Haben die Bauern Angst? Sind Sie ob all der Umweltfakten verunsichert? Ich stelle fest, dass das „Volk“ nicht mehr alles glaubt, was aus Ihrer Küche kommt. Das hat mit Hysterie nichts zu tun, sondern basiert auf Tatsachen, die sich so einfach nicht wegwaschen lassen, auch nicht mit Palmöl-Seife.

Herr Agrarminister, Sie können bereits vermerken, dass ich einem indirekten Gegenvorschlag nicht zustimmen werde, sondern den beiden Pestizidinitiativen. Ich stufe mich nicht als hysterisch ein, sondern als klarsichtig.

Wie kommen Sie, Herr Agrarminister, auf die Idee zu sagen, dass die Bauern die Gesetze einhalten, wo doch der Gewässerschutz kaum kontrolliert wird?

Was werden Sie unternehmen, um die Qualität von Grund-, Trink- und Oberflächengewässern zu verbessern?

Und wie, Herr Agrarminister, erklären Sie der Schweizer Bevölkerung, dass der Metabolit Chlorothalonil R471811 in der EU als „relevant“ eingestuft wurde, in der Schweiz aber nicht? Das heisst er muss weder kontrolliert werden, noch gilt ein Grenzwert. Chlorothalonil R471811 darf bei uns, nicht aber in der EU, in beliebigen Konzentrationen im Trinkwasser vorkommen.

Herr Agrarminister, Sie sind auch für Forschung zuständig. Wieso ignorieren Sie wichtige Resultate? Weil Sie der Landwirtschaft näher stehen als dem Volk?

Auch wenn Sie den Beruf des Winzers an den Nagel gehängt haben, um Bundesrat zu werden, dürfen Sie in dieser neuen Position nicht Partikularinteressen der Landwirtschaft vertreten, sondern müssen jene des Volkes in Ihren Entscheiden berücksichtigen. Sie müssten die Zukunft im Auge haben, nicht kurzfristigen Profit. Das nützt auch den Bauern!

Freundliche Grüsse

Heidi

Hysterie bereitet Sorgen, LID vom 9.9.19

Das Ernährungssystem muss nachhaltiger werden!

27. November 2017

Wir sollten weniger Fleisch, und zwar drastisch viel weniger Fleisch konsumieren. Vor allem von Schweinen und Hühnern, die mit Kraftfutter gefüttert werden und besonders hohe negative Umweltwirkungen haben.

Wir sollten weniger Fleisch, und zwar drastisch viel weniger Fleisch konsumieren. Vor allem von Schweinen und Hühnern, die mit Kraftfutter gefüttert werden und besonders hohe negative Umweltwirkungen haben.

Die Politik, besonders die Agrarpolitik, ist in vielen Bereichen widersprüchlich. Und die Agrarpolitik kann das Problem der mangelnden Nachhaltigkeit nicht allein lösen, auch der Konsum muss angepasst werden. Einen hervorragenden Artikel zum Thema mit Blick in die Zukunft hat Adrian Müller für den Agrarpolitik-Blog geschrieben. Er bezieht sich auf zwei kürzlich veröffentlichte Studien, eine ist von Agroscope die andere vom Forschungsinstitut für biologischen Landbau. Hier geht’s zum Artikel:

Für die Schweiz oder für die ganze Welt – nachhaltige Landwirtschaft bedeutet vor allem auch nachhaltigen Konsum, Adrian Müller, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Umweltentscheidungen IED, ETH Zürich; und wissenschaftlicher Mitarbeiter am Forschungsinstitut für biologischen Landbau FiBL, Frick.

Beim Essen weniger Umwelt verzehren, Beatrix Mühlethaler, Infosperber vom 22.11.17
Albert Zimmermann, Thomas Nemecek, Tuija Waldvogel, Umwelt- und ressourcenschonende Ernährung: Detaillierte Analyse für die Schweiz, Agroscope Science 55, 2017, 170 S.
Der ausführliche Bericht kann heruntergeladen bzw. gelesen werden.

Muller, A., Schader, C., El-Hage Scialabba, N., Hecht, J., Isensee, A., Erb, K.-H., Smith, P., Klocke, K., Leiber, F., Stolze, M. and Niggli, U., 2017, Strategies for feeding the world more sustainably with organic agriculture, Nature Communications 8:1290 | DOI: 10.1038/s41467-017-01410-w

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Hans Rudolf Herren: Genügend und gesunde Nahrung für alle

21. Dezember 2016

Biovision hat ein vielfältiges Bauern-Informationsprogramm entwickelt, mit dem die LandwirtInnen mit lokal relevantem Wissen versorgt werden. Sie erhalten konkrete und praxisnahe Anleitungen zur Verbesserung der Erträge mit nachhaltigen Methoden. Im Bild The Organic Farmer Radio-Reporter John Cheburet, Kenia. Copyright: Peter Lüthi, Biovision

Biovision hat ein vielfältiges Bauern-Informationsprogramm entwickelt, mit dem die LandwirtInnen mit lokal relevantem Wissen versorgt werden. Sie erhalten konkrete und praxisnahe Anleitungen zur Verbesserung der Erträge mit nachhaltigen Methoden. Im Bild The Organic Farmer Radio-Reporter John Cheburet, Kenia. Copyright: Peter Lüthi, Biovision

Heidi: Wenn Sie jetzt keine Zeit haben, diesen langen Artikel zu lesen, dann beachten Sie bitte mindestens den letzten Absatz „Heidis Geschenk“. Vielen Dank!

Hans Rudolf Herren: „In einer Zeit, die geprägt ist von aggressivem Nationalismus, Profitgier, Intoleranz, wirtschaftlicher Unsicherheit und der Schwächung internationaler Institutionen mag eine Vision, deren Realisierung Weitsicht, weltweite Kooperation und die Bereitschaft zur Suffizienz erfordert, utopisch erscheinen. Doch wenn man an eine Sache glaubt, kann man Berge versetzen.“

Vision – Biovision

Die Vision: Eine Welt mit genügend und gesunder Nahrung für alle, produziert von gesunden Menschen in einer gesunden Umwelt.

Die Akteure: „… dafür braucht es uns alle. Helfen Sie mit! Danke.“

Die Institution: Mit dem Preisgeld des Welternährungspreises, den Herren 1995 als erster Schweizer erhielt, gründete er die Stiftung Biovision. Sie ist weltweit aktiv. Als einzige Schweizer Nichtregierungsorganisation (NGO) hat Biovision beim Wirtschafts- und Sozialrat der Vereinten Nationen (ECOSOC) einen generellen konsultativen Status.

In der Schweiz leistet Biovision z.B. mit der Wander-Ausstellung CLEVER seit Jahren Aufklärungsarbeit für nachhaltigen Konsum.

Vom Bauernsohn zum international gefragten Agrarexperten

Hans Rudolf Herren, Co-Präsident Weltlandwirtschaftsrat. Copyright: Peter Lüthi, Biovision.

Hans Rudolf Herren, Co-Präsident Weltlandwirtschaftsrat. Copyright: Peter Lüthi, Biovision.

Hans Rudolf Herren ist ein Bauernsohn. Sein Vater verwaltete die Domaine des Barges der Tabakdynastie Burger Söhne im Unterwallis. Mit hochgiftigen Insektizide und Fungiziden ist er aufgewachsen. Nachdem er die Walliser Landwirtschaftsschule Châteauneuf besucht und an der Eidgenössischen Technischen Hochschule in Zürich (ETHZ) Agraringenieur studiert hatte, schlug er mit seiner Dissertation beim Pionier der biologischen Schädlingsbekämpfung, Prof. Vittorio Delucchi, einen anderen Weg ein: Einsatz von natürlichen Feinden gegen schädliche Insekten statt Insektizide.

Herren und sein Team verhinderten eine grosse Hungersnot, indem sie mit ihrer Forschung zeigten, wie die in ganz Afrika grassierende Maniok-Schmierlaus mit Wespen und Marienkäfern erfolgreich bekämpft werden kann, ohne Chemie und für den Bauern kostenlos. Das war der Anfang einer Erfolgsgeschichte.

Von 1979 an wirkte Herren u.a. am Institute for Insect Physiology and Ecology (ICIPE) in Nairobi, dem er bis 2005 als Direktor vorstand. Seit 2005 ist er Präsident und CEO des Millennium Institutes in Arlington, Virginia (USA), das Politiker in über 40 Nationen bei der Umsetzung von Nachhaltigkeitszielen berät.

Mehr über seine Arbeit und die Preise, die er erhalten hat, auf Wikipedia.

Das Ernährungssystem der Erde ändern!

Die Erfahrung und das erworbene Wissen brachten Herren zur Einsicht, dass die Landwirtschaft, ja, das ganze Ernährungssystem der Erde grundlegend gewandelt werden muss. Sein hochgestecktes Ziel lautet:

Eine Welt ohne Hunger und Elend, in der alle Menschen gleiche Rechte geniessen, in Frieden miteinander und im Einklang mit der Natur leben. Die Grenzen, die unser Planet setzt, werden respektiert, Gewalt und Krieg geächtet. Die Bedürfnisse der kommenden Generationen stehen zuoberst auf der politischen Agenda, die natürlichen Lebensgrundlagen werden für sie regeneriert und bewahrt. Die Energieversorgung basiert zu 100% auf erneuerbaren Energieträgern.

So ernähren wir die Welt

In seinem Buch So ernähren wir die Welt beschreibt und analysiert Herren die Probleme, nennt Zahlen und zeigt Lösungen auf. Er versteht es, einfach und verständlich zu schreiben. Seine Vorschläge sind klar.

1. Hunger im Überfluss

Der Titel des ersten Kapitels deutet Probleme an: „Insgesamt isst heute etwa jeder zweite Mensch zu wenig, zu viel oder das Falsche … Ein Nahrungssystem, das einerseits zu viel und andererseits zu wenig gesunde und zugängliche Nahrung auf den Tisch bringt, kann kein Modell für die Zukunft sein…“ Ein paar Stichwörter: Verschwendung, zu viel Fleisch, zu arm für eine ausreichende Ernährung und das scheinbare Paradox: Nahrung ist zu billig.

2. Bedrohte Ressourcen

Unter den folgenden Untertiteln geht Herren auf die bedrohten Ressourcen ein und nennt Zahlen: Agrarland degradiert, Land Grabbing, Wassermangel, schwindende Biodiversität, Pestizide in der Umwelt und
Treibhausgase aus der Landwirtschaft.

Zum Beispiel 20% der Ackerflächen der Welt werden heute bewässert und 70% des globalen Süsswasserverbrauchs gehen auf das Konto der Landwirtschaft. Wasser wird zunehmend eine knappe Ressource der Nahrungsmittelproduktion.

3. Risiken des Klimawandels

Den Klimawandel und seine Folgen spricht Herren kurz an und schildert dann die fatalen Auswirkungen für Afrika. Ein kürzlich veröffentlichter Bericht der auf Risikoanalysen spezialisierten britischen Firma Maplecroft zeigt, dass Afrika die grösste Last trägt, obschon dieser Kontinent kaum an den Ursachen des Klimawandels beteiligt ist. Für 32 Länder wird ein extrem hohes Risiko für massive Schäden infolge des Klimawandels genannt. So gut wie alle befinden sich in Afrika und Südasien, siehe Climate Change and Environmental Risk Atlas 2015.

4. Die Vision

Diversität statt Uniformität ist Herrens Ansatz für eine ökologische Landwirtschaft. Darunter versteht er nicht nur die Arten- und Sortenvielfalt auf Betriebsebene, sondern auch die Diversität der Anbausysteme. Agrarökologie umfasst eine Vielfalt von landwirtschaftlichen Methoden, die an die jeweiligen lokalen Bedingungen angepasst sind und lokal weiterentwickelt werden. Gemeinsam ist diesen Systemen der Grundsatz der ökologischen, wirtschaftlichen und sozialen Nachhaltigkeit. Herren beschreibt Punkt für Punkt welche Landwirtschaft ihm vorschwebt.

5. Wie erreichen wir unser Ziel?

Es brauche einen fundamentalen Kurswechsel in der Landwirtschaftspolitik und eine Neuorientierung der Agrarforschung zur Verwirklichung seiner Vision. Die Gelder, welche wir für die Transformation des Ernährungssystems einsetzten, verhinderten aber viel höhere Kosten für die kommenden Generationen: Es sind Investitionen in die Zukunft.

Der Kurswechsel bedinge eine grundlegende Neuausrichtung der Agrarforschung und -technik. Herren formuliert für die Forschung wichtige neue Fragen. „Dazu benötigen wir rund um den Erdball Tausende von Institutionen wie das Schweizer Forschungsinstitut für Biologischen Landbau (FiBL). Es gibt nicht die moderne Landwirtschaft auf der Welt, sondern viele verschiedene.“

Herren schlägt auch einen besseren Informationsaustausch vor: „Wissen ist die einzige Ressource, die wächst, wenn man sie mit anderen teilt. Und sie muss wachsen … “ Der Wissenstransfer dürfe keine Einbahnstrasse sein: „Es gilt zu gewährleisten, dass das traditionelle und lokale Wissen, das ebenfalls für Innovationen genutzt werden kann, in die Agrarforschung einfliesst. Neue Partnerschaften zwischen Bauern, Forschern und Agrartechnikern können dies zum Vorteil aller gewährleisten.“

Im Folgenden sind die von Herren besprochenen Themen aufgeführt; die Titel allein schon deuten die Richtung an:

Auf Kleinbetriebe setzen
Faire Produzentenpreise
Ländliche Infrastruktur ausbauen
Position der Bäuerinnen stärken
Ökologischer Landbau
Landwirtschaftsböden schützen und regenerieren
Auf Pestizide verzichten
Wasser sparen
Biodiversität fördern
Landwirtschaftlicher Klimaschutz
Multifunktionalität
Verschwendung bekämpfen
Fairer Welthandel
Ernährungssouveränität
Neuausrichtung von Forschung und Technik
Wissen generieren und tauschen
Gentechnik bringt es nicht
Green Economy Report.

6. Neuer Lebensstil

Ein global nachhaltiges, Ressourcen schonendes und gesunde Nahrung anbietendes Ernährungssystem sei nicht nur die Aufgabe der BäuerInnen. Politik und Wirtschaft, besonders aber die KonsumentInnen seien gefordert, ihren Lebensstil zu ändern. Sie müssten etwa den Appetit auf Fleisch zügeln. Die chinesische Führung z.B. hat sich zum Ziel gesetzt, den Fleischkonsum im Land zu halbieren, d.h. auf 27 kg pro Jahr zu senken (Schweiz 51 kg).

Alles andere als nachhaltig sei auch unser Mobilitätsverhalten, welches sich unmittelbar auf die Welternährung auswirke, wenn auf Ackerböden Pflanzen für den Tank angebaut werden. Und wir sollten am Boden bleiben: „Jet-Set ist von gestern, wer seiner Zeit voraus sein will, bleibt am Boden …“

7. Weltagrarbericht und die Folgen

Die Weltbank und die Vereinten Nationen initiierten den Weltagrarbericht 2008, welcher den Titel Landwirtschaft am Scheideweg trägt. 400 Wissenschaftler aus der ganzen Welt arbeiteten über vier Jahren lang daran, Herren war Ko-Vorsitzender des Berichts. Darin wurde klar ein neues Paradigma gefordert: Wir können die Welt nur nachhaltig ernähren, wenn wir uns auf agrarökologische Methoden besinnen und mit der Natur und nicht gegen sie arbeiten. 58 Nationen unterzeichneten den Bericht, darunter auch die Schweiz, aber die Umsetzung der Vorschläge hat noch nirgends stattgefunden. (Kapitel 2. Bedrohte Ressourcen).

Nicht alle waren ob dem Bericht und dessen Botschaften erbaut, denn eine ökologische Landwirtschaft ist kein guter Kunde für Agrarkonzerne, die ihr Geld mit dem Verkauf von Saatgut für Hochertragssorten, Dünger und Pestiziden verdienen. Doch in vielen Ländern wird der Weltagrarbericht sehr ernst genommen. So lancierte etwa die Afrikanische Union eine Initiative zur Einführung der biologischen Landwirtschaft; sie wird bisher in acht Ländern umgesetzt.

Die UN-Welthandels- und Entwicklungskonferenz (UNCTAD) hat den Weltagrarbericht von Anfang an unterstützt. Wirkung entfaltet hat der Bericht auch bei der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) und der UNO-Generalversammlung im September 2015 sowie der Weltbank und dem Internationalen Institut für Ernährungspolitik (IFPRI).

Herrens Vision in der Praxis

Im zweiten Teil des Buches bespricht Herren verschiedene Projekte. Dieser Teil ist reich an Schwarzweiss-Fotos. Die Titel weisen auf den Erfolg der angewandten Methoden hin und regen zum Lesen an, z.B. Die Mango weint nicht mehr, Der heilige Berg grünt wieder, Ziel: 100% Bio (Bhutan) …

Weiter wie bisher ist keine Option.

Dieser Satz steht irgendwo im Buch. In Anbetracht der heutigen Beeinträchtigung der Lebensgrundlagen durch die Landbewirtschaftung ist eine Agrarwende zwingend. Das Buch gibt viele Anregungen und zeigt Lösungen auf für eine Landwirtschaft, welche nicht nur als „nachhaltig“ bezeichnet wird, sondern es auch wirklich ist.

So ernähren wir die Welt, Hans Rudolf Herren, Verlag rüffer & rub, Reihe „rüffer & rub visionär“

Vom Funken zum Feuer

Anne Rüffer, Verlegerin: „Den Funken einer Idee, einer Hoffnung, einer Vision weiterzutragen und damit ein Feuer des persönlichen Engagements zu entzünden, das ist die Absicht, die wir mit unserer neuen Reihe – wir nennen sie »rüffer & rub visionär« – verfolgen.“
Verlag rüffer & rub

Heidis Geschenk

Möchten Sie, liebe Leserin, lieber Leser, das ganze Buch lesen? Dann schreiben Sie Heidi an nachfolgende Adresse. Sie wird Ihnen ein Exemplar gratis zustellen; mit Obergrenze bei sehr sehr vielen Anfragen, dann würde das Los entscheiden. E-Mail: heidismist at bluewin.ch

Zu viel oder zu wenig Wasser: Damit haben die Kleinbauern in Subsahara-Afrika je länger, je mehr zu kämpfen. Regenmangel und Trockenzeiten können mit Wassertanks besser überstanden werden. Copyright: Peter Lüthi, Biovision.

Zu viel oder zu wenig Wasser: Damit haben die Kleinbauern in Subsahara-Afrika je länger, je mehr zu kämpfen. Regenmangel und Trockenzeiten können mit Wassertanks besser überstanden werden. Copyright: Peter Lüthi, Biovision.

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Weniger Pflanzenschutzmittel dank Ernteversicherung und besserer Spritztechnik

9. März 2016

Frankreich ist europäische Spitze beim Verbrauch von Pestiziden. Anfang 2015 setzten die Behörden ein ehrgeiziges Ziel: Reduktion des Pestizideinsatzes bis 2020 um 25% und bis 2025 um 50%.

Frankreich ist europäische Spitze beim Verbrauch von Pestiziden. Anfang 2015 setzten die Behörden ein ehrgeiziges Ziel: Reduktion des Pestizideinsatzes bis 2020 um 25% und bis 2025 um 50%.

In Frankreich ist der Einsatz von Chemie in der Landwirtschaft gross. Besonders im Rebbau werden Chemikalien in riesigen Mengen ausgebracht, denn sie sind billig und flexibel zu handhaben: 14% der Mittel auf nur 4% des Landwirtschaftslands! Die vielfältigen Belastungen der Umwelt durch die Landwirtschaft und die Allgemeinheit wurden ernst genommen. Die französischen Behörden schufen 2009 ein Gesetz, die Grenelle I (Grenelle de l’environnement). Ein Jahr später folgte die Grenelle II, in welcher das Umwelt-Engagement mit Verpflichtungen und Verboten konkretisiert wird.

Forschende der Université Grenoble Alpes wollten die Gründe kennen, welche ausschlaggebend sind für einen hohen Pestizideinsatz. Sie untersuchten von 2002 bis 2007 den Pflanzenschutzmittel-Verbrauch von 607 Weinbaubetrieben. Den höchsten Verbrauch stellten sie in den Regionen mit „appellation de qualité“ fest: Aquitaine, Burgund und Elsass. Im Jahre 2007 untersuchten sie in 106 Betrieben die Dosiermenge. Verglichen wurde die vom Winzer angegebene Dosierung mit der maximal erlaubten. 45% der Rebbetriebe arbeiten gemäss Eigendeklaration mit zu hohen Dosierungen, 10% überdosieren sogar stark, während 55% nie unerlaubt hohe Dosierungen anwenden.

Die Resultate:

  • Pestizidanwendungen sind negativ mit der Betriebsgrösse korreliert.
  • Hohe Umsätze und Gewinne sind mit intensiverem Pestizidgebrauch verbunden.
  • Berühmte Rebsorten werden mit mehr PSM geschützt.
  • Auch ungünstiges Klima fördert den PSM-Einsatz (Krankheiten).
  • Alte Sprühgeräte führen zu PSM-Überdosierung.


Reduktion des PSM-Verbrauchs im Rebbau

Die Studie zeigt zwei Wege zur Einschränkung von PSM im Rebbau auf. Erstens könnte eine Ernteversicherung Winzer zu umweltverträglicherem Handeln motivieren. Einsatz von PSM nur dann, wenn aufgrund der Bedingungen mit einem Schaden zu rechnen ist; tritt ein solcher trotzdem ein, dann zahlt die Versicherung den Verlust. Eine bessere Dosierung mittels modernstem Spritzmaterial ist ein zweiter Weg zur Senkung des PSM-Einsatzes; diesbezüglich besteht nicht nur in Frankreich, sondern auch in der Schweiz Handlungsbedarf. Beide Massnahmen sind rasch umsetzbar, meint Heidi.

Geoffroy Enjolras von der Université Grenoble Alpes ist vom 14. bis 16.3.16 Gast in der Gruppe Agricultural Economics and Policy der ETHZ . Er informiert am 14.3.16 über einen Teil seiner Forschung in diesem Bereich. Mehr Informationen zu gegebener Zeit unter diesem Link.

Weitere Informationen in Französisch: Les déterminants de l’us et de l’abus des pesticides : Les enseignements à retirer du secteur viticole français, Agrarpolitik Blog, 8.3.16

Aubert, M., et Enjolras, G. (2014), “The Determinants of Chemical Input Use in Agriculture: A Dynamic Analysis of the Wine Grape–Growing Sector in France”, Journal of Wine Economics, Vol. 9, N°1, pp. 75-99.

Aubert, M., et Enjolras, G. (2014), “Between the approved and the actual dose. A diagnosis of pesticide overdosing in French vineyards”, Review of Agricultural and Environmental Studies, Vol. 95, N°3, pp. 327-350

9.3.16 HOME


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