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Gefahr für das Grundwasser: Güllen in Karstgebieten

10. Dezember 2022

Karstgebiete sind blau eingefärbt.

Karstgebiete sind blau eingefärbt.

25% der Schweizer Oberfläche sind Karstgebiete. Sie liefern das Trinkwasser für 20% der Haushalte. In der Nordwestschweiz ist der Anteil von Karstwasser am Trinkwasser relativ hoch.

Der Untergrund in Karstgebieten ist zerklüftet. Daher kann Wasser – und eben auch Gülle – rasch ins Grundwasser gelangen. Aus diesem Grunde wurden besondere Schutzzonen definiert. Stark heterogene Karst- oder Kluft-Grundwasserleiter müssen gemäss Gewässerschutzverordnung seit 2016 zusätzlich zu den Zonen S1 und S2 durch die Zonen Sh und Sm geschützt werden.

Güllen in Tramelan

beige Karsteinzugsgebiete, blau (teilweise von beige überdeckt) Karstwasservorkommen

beige Karsteinzugsgebiete, blau (teilweise von beige überdeckt) Karstwasservorkommen

Ein Gemeinderat von Tramelan güllt regelmässig im Winter. Manchmal auf Schnee, aktuell auf gefrorenen Boden. Heidi hat am 26.11.19 ausführlich darüber berichtet: Traumhafte Winterlandschaft im Berner Jura – doch was soll die Gülle auf dem Schnee? 

Gewässerschutz: Weshalb sind Bussen und Direktzahlungskürzungen so selten?

Wieso kann ein Bauer über längere Zeit so wirtschaften? Fällt das keinem Amt auf? Keinem Beamten, keinem guten Bauern, der hier durchfährt? Solche Missstände muss man abstellen!

Folgende Gründe können für die Missstände verantwortlich sein:

  • Niemand zeigt die Vergehen an.
  • Mangelnde Kenntnis der Gewässerschutzgesetzgebung.
  • Mangelnde Integration der Vorschriften im Unterricht der landwirtschaftlichen Schulen bzw. der Polizeischulen.
  • Der Bauer ist eine „wichtige“ Person, z.B. erzählte mir eine Beamtin, dass sie einen Bauern wegen Güllen zur Unzeit verzeigt hatte. Was sie nicht wusste, das war: Der Bauer ist Alt-Nationalrat. Dieser wusste sehr wohl sich zu wehren. Er ging zum Kollegen Regierungsrat und schwups war die Anzeige im Eimer und die Beamtin frustriert.
  • Ein weiteres Hindernis ist die Feststellungsverfügung. Ich habe dies ausführlich erklärt im Artikel Ein Teufelskreis behindert den Gewässerschutz-Vollzug: Die Feststellungsverfügung! Eine Feststellungsverfügung oder Strafanzeige ist eine aufwändige Angelegenheit. Mehrere Fälle können ein Amt regelrecht lahmlegen. Die Ressourcen der Kantone sind knapp, werden immer knapper, d.h. die BeamtInnen gehen solchen Fällen oft gar nicht erst nach.

Was sagt das Gesetz?

Die Chemikalien-Risikoreduktions-Verordnung (ChemRRV) verbietet in Anhang 2.6 klar das Ausbringen von Gülle auf Schnee. Wenn es nur ganz wenig Schnee gewesen wäre oder eine kleine Fläche, dann hätte man ein Auge zudrücken können.

3.2.1 Stickstoffhaltige und flüssige Dünger

1 Stickstoffhaltige Dünger dürfen nur zu Zeiten ausgebracht werden, in denen die Pflanzen den Stickstoff aufnehmen können. Erfordern besondere Bedürfnisse des Pflanzenbaus ausserhalb dieser Zeiten dennoch eine Düngung, so dürfen solche Dünger nur ausgebracht werden, wenn keine Beeinträchtigung der Gewässer zu befürchten ist.

2 Flüssige Dünger dürfen nur ausgebracht werden, wenn der Boden saug- und aufnahmefähig ist. Sie dürfen vor allem dann nicht ausgebracht werden, wenn der Boden wassergesättigt, gefroren, schneebedeckt oder ausgetrocknet ist.

Heidi empfiehlt: „Zuwiderhandlungen sofort der Polizei melden!“

Mottfeuer und Gülle in Tramelan. Heidis Mist 9.12.22

Traumhafte Winterlandschaft im Berner Jura – doch was soll die Gülle auf dem Schnee? Heidis Mist

SO: Trinkwasserquelle oder Güllesenke? Das ist die Frage! Heidis Mist 1.1.20

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10.12.22 HOME

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Traumhafte Winterlandschaft im Berner Jura – doch was soll die Gülle auf dem Schnee?

26. November 2019

Am Montag, 18.11.19 wanderten wir durch diese wunderbare Schneelandschaft. Copyright: Julian P.

Am Montag, 18.11.19 wanderten wir durch diese wunderbare Schneelandschaft. Copyright: Julian P.

Liebe Heidi

An unserem ersten Ferientag im Berner Jura schneite es. Wir verbrachten einen faulen Tag bei meinem Bruder. Am Montag lockte uns die Sonne hinaus. Wir wanderten in dieser Bilderbuchlandschaft.

Am Mittwoch, 20.11.19, sahen wir einen Bauern beim Güllen mit Schleppschlauch. Copyright: Julian P.

Am Mittwoch, 20.11.19, sahen wir einen Bauern beim Güllen mit Schleppschlauch. Copyright: Julian P.

Was wir dann aber am Mittwoch und Donnerstag sahen, das schauderte uns: Ein Bauer brachte mit dem Schleppschlauch Gülle aus. Einfach über den Schnee! Das ist doch verboten. Ich schicke dir die Bilder. Mein Bruder meinte nur: „Dieser Bauer macht das jedes Jahr.“ Am Sonntag war der Schnee dann weg.

Am Donnerstag, 21.11.19, war schon eine grosse Fläche gegüllt, als wir hier vorbeikamen. Der Bauer war wieder am

Am Donnerstag, 21.11.19, war schon eine grosse Fläche gegüllt, als wir hier vorbeikamen. Der Bauer war wieder am Güllen. Copyright: Julian P.

Gülle am 21.11.19. Copyright: Julian P.

Gülle am 21.11.19. Copyright: Julian P.

Ich schicke dir die Fotos. Kannst du sie veröffentlichen? Wir ärgerten uns sehr. Jetzt zahlen wir doch für „umweltschonende“ Landwirtschaft – oder nicht?

Wir hoffen, dass das Wetter diese Woche noch einigermassen gut ist damit wir mangelnde Bewegung nachholen können.

Freundliche Grüsse

Julian

Am Sonntag, 24.11.19, war der Schnee geschmolzen. Man sieht noch die Fahrspuren. Copyright: Julian P.

Am Sonntag, 24.11.19, war der Schnee geschmolzen. Man sieht noch die Fahrspuren. Copyright: Julian P.

Lieber Julian, liebe Maja

Das sind nicht gerade schöne Ferienfotos!

Ihr hättet sofort die Polizei rufen sollen. Einheimische machen das meist nicht aus Angst vor Reaktionen, dem Frieden zuliebe oder weil man aufeinander angewiesen ist. Besonders in abgelegenen Gebieten.

Checkliste Polizeischule Ostschweiz

Auf Heidis Mist findet ihr unter „Grundlagen Links“ die Checkliste „Gülleaustrag und Mistlagerung“ der Polizeischule Ostschweiz. Diese ist zur Einschätzung der Lage gut geeignet. Ihr könnt sie auch der Polizei zeigen, wenn diese den Fall nicht rapportieren will, was leider allzu oft geschieht. Je nach Kanton wollen auch die Ämter nur handeln, wenn sie eine Polizeimeldung erhalten. Gerne schiebt man auch den Schwarzen Peter herum.

Was sagt das Gesetz?

Die Chemikalien-Risikoreduktions-Verordnung (ChemRRV) verbietet in Anhang 2.6 klar das Ausbringen von Gülle auf Schnee. Wenn es nur ganz wenig Schnee gewesen wäre oder eine kleine Fläche, dann hätte man ein Auge zudrücken können.

3.2.1 Stickstoffhaltige und flüssige Dünger

1 Stickstoffhaltige Dünger dürfen nur zu Zeiten ausgebracht werden, in denen die Pflanzen den Stickstoff aufnehmen können.

2 Flüssige Dünger dürfen nur ausgebracht werden, wenn der Boden saug- und aufnahmefähig ist. Sie dürfen vor allem dann nicht ausgebracht werden, wenn der Boden wassergesättigt, gefroren, schneebedeckt oder ausgetrocknet ist.

Kürzlich hat mir ein Bauer geklagt, dass in seinem Kanton die ChemRRV nicht als „Gesetz“ anerkannt werde. Das fand ich dann schon ziemlich stark, obwohl ich einiges gewöhnt bin! Er klagte über Gülleaustrag auf Pufferstreifen, Ökoflächen und im Spätherbst auf Wintergetreide.

Karstgebiet: Risiko Gewässerverschmutzung hoch

Hinzu kommt, dass der Betrieb in einem Karstgebiet liegt, das heisst hier ist die Gefahr der Versickerung besonders gross. Sorgfältiges wirtschaften ist ein absolutes Muss. Durch Klüfte kann die Gülle unter Umständen leicht in Quellen oder ins Grundwasser gelangen. Daher muss Karstwasser in der Regel zur Verwendung als Trinkwasser einer einfachen Aufbereitung unterzogen werden (Filtration, Desinfektion, Belüftung). Zum besseren Schutz des Wasser in stark heterogenen Karstgebieten wurden die Grundwasserschutzzonen Sh und Sm geschaffen.

Grundwasserschutzzonen

Grundwasserschutzzonen

Freisetzung von Lachgas höher

Bei tiefen Temperaturen und wassergesättigtem Boden wird vermehrt Lachgas gebildet. Lachgas stammt grösstenteils aus der Landwirtschaft. Die Freisetzung kann reduziert werden, wenn die Düngung optimal an den Bedarf und den Standort angepasst wird. Im aktuellen Fall ist das eher ein Entsorgen von Gülle, denn eine Düngung! Lachgas ist ein Treibhausgas dessen Treibhauswirksamkeit 298-mal so gross ist wie die von CO2; es trägt somit zur Klimaerwärmung bei. Zudem ist Lachgas an der Zerstörung der Ozonschicht beteiligt.

Gemäss neuesten Nachrichten war der CO2-Ausstoss gesamthaft noch nie so hoch wie 2018.

Gewässerschutz: Weshalb sind Bussen und Direktzahlungskürzungen so selten?

Wieso kann ein Bauer über längere Zeit so wirtschaften? Fällt das keinem Amt auf? Keinem Beamten, keinem guten Bauern, der hier durchfährt? Sehen das nur Touristen wie ihr? Solche Missstände muss man abstellen!

Folgende Gründe können für die Missstände verantwortlich sein:

  • Niemand zeigt die Vergehen an.
  • Mangelnde Kenntnis der Gewässerschutzgesetzgebung.
  • Mangelnde Integration der Vorschriften im Unterricht der landwirtschaftlichen Schulen bzw. der Polizeischulen.
  • Der Bauer ist eine „wichtige“ Person, z.B. erzählte mir eine Beamtin, dass sie einen Bauern wegen Güllen zur Unzeit verzeigt hatte. Was sie nicht wusste, das war: Der Bauer ist Alt-Nationalrat. Dieser wusste sehr wohl sich zu wehren. Er ging zum Kollegen Regierungsrat und schwups war die Anzeige im Eimer und die Beamtin frustriert.
  • Ein weiteres Hindernis ist die Feststellungsverfügung. Ich habe dies ausführlich erklärt im Artikel Ein Teufelskreis behindert den Gewässerschutz-Vollzug: Die Feststellungsverfügung! Eine Feststellungsverfügung oder Strafanzeige ist eine aufwändige Angelegenheit. Mehrere Fälle können ein Amt regelrecht lahmlegen. Die Ressourcen der Kantone sind knapp, werden immer knapper, d.h. die BeamtInnen gehen solchen Fällen oft gar nicht erst nach.

Trotzdem werde ich den Fall dem zuständigen Amt melden, da diese Güllerei kein Einzelfal ist, sondern Jahr für Jahr vorkommt.

Ich wünsche euch noch eine ungetrübte Ferienwoche und grüsse herzlich

Heidi

Wegleitung Grunwasserschutz, Bundesamt für Umwelt

Grundwasser als Trinkwasser, Bundesamt für Umwelt

Nährstoffe und Verwendung von Düngern in der Landwirtschaft, Vollzugshilfe Bundesamt für Umwelt

Erläuterungen zur Hydrogeologischen Karte der Schweiz

Treibhausgase, Lachgas, Bayerisches Landesamt für Umwelt

Co2 auf Rekordwert, Schweizer Bauer 25.11.19

Ein Teufelskreis behindert den Gewässerschutz-Vollzug: Die Feststellungsverfügung!

5. September 2016

Gewässerverschmutzungen durch die Landwirtschaft sind nicht selten. Es fehlt an griffigen Vorgaben für den Vollzug.

Gewässerverschmutzungen durch die Landwirtschaft sind nicht selten. Es fehlt an griffigen Vorgaben für den Vollzug.

Die Kürzung von Direktzahlungen aufgrund von Widerhandlungen gegen die Gewässerschutzgesetzgebung ist ein aufwändiges Verfahren. Es braucht einen rechtskräftigen Entscheid einer Amtsstelle oder eines Gerichts. Anders sieht es beim Tierschutz aus. Bei Verstössen kann der Kontrolleur oder die Amtsstelle unmittelbar die Direktzahlungen kürzen. Seit der Einführung dieser Regelung ist der Vollzug immerhin markant besser geworden, denn Kürzungen tun den Bauern weh, sofern die Richtlinien sachgerecht ausgearbeitet wurden.

Wieso ist der Gewässerschutz schlechter gestellt? Es ist davon auszugehen, dass die Bauernlobby eben genau den Passus der Feststellungsverfügung bzw. des rechtskräftigen Entscheids einst mit der Absicht in die Richtlinie hinein gebracht hatte, damit wenig gekürzt wird. Die Auswirkungen von Tierschutzvergehen beschränken sich meist auf wenige leidende Tiere. Hingegen kann die Verschmutzung von Gewässern viele Wassertiere und ganze Ökosysteme treffen und auch uns Menschen direkt über das Trinkwasser. Mit der heutigen Regelung bleiben viele Vergehen unbestraft. Das darf nicht sein!

Der Teufelskreis

So wird der Vollzug behindert:

  1. Viele Kantone vergeben für die Kontrolle auf den Betrieben keine Gewässerschutz-Kürzungspunkte. Das führt dazu, dass die Kontrolleure auf dem Bauernhof nicht richtig hinschauen, da der Gewässerschutz keine Priorität hat … und andere Kontrollpunkte gibt es zuhauf!
  2. Nur offensichtliche Missstände werden dem zuständigen Amt eventuell gemeldet.
  3. Eine Feststellungsverfügung oder Strafanzeige ist eine aufwändige Angelegenheit. Mehrere Fälle können ein Amt regelrecht lahmlegen. Die Ressourcen der Kantone sind knapp, werden immer knapper, d.h. die BeamtInnen gehen solchen Fällen oft gar nicht erst nach.
  4. Dies führt dazu, dass in der Praxis kaum Direktzahlungen aufgrund von Widerhandlungen gegen die Gewässerschutzgesetzgebung gekürzt werden, auch wenn gravierende Missstände bestehen.
  5. Die Landwirte realisieren natürlich schnell, wo streng kontrolliert wird und welche Vergehen Konsequenzen haben, z.B. der Tierschutz, und welche nicht, d.h. der Gewässerschutz!
  6. Dies wiederum führt zu noch mehr Missständen auf den Betrieben und zu noch mehr Laisser-faire.

Was ist zu tun?

Heute funktioniert der Vollzug Gewässerschutz in der Landwirtschaft in vielen Kantonen schlecht oder überhaupt nicht, obwohl die Kantone von Gesetzes wegen die Verantwortung tragen. Dafür gibt es mehrere Ursachen. Je nach Kanton werden Aufgaben an untergeordnete Amtsstellen (Gemeinden) delegiert. Meist fehlen dort die Ressourcen, Fachkenntnisse und/oder der Wille zum Gesetzesvollzug. Eine grosse Hürde ist die Feststellungsverfügung. Will man Bäche, Flüsse … und Grundwasser besser schützen, dann müssen Voraussetzungen für einen effizienten Vollzug geschaffen werden.

  1. Der Gewässerschutz ist dem Tierschutz gleichzustellen, d.h. die Feststellungsverfügung ist abzuschaffen! Kontrolleure und Ämter sollen die Möglichkeit erhalten, Direktzahlungen ohne rechtskräftigen Entscheid zu kürzen.
  2. Der Bund muss klare und griffige Vorgaben für Kontrolle und Kürzungen formulieren.
  3. Der Bund muss seine Oberaufsicht gemäss Art. 46 des Gewässerschutzgesetzes wahrnehmen, d.h. von den Kantonen die Akzeptanz der eidgenössischen Gesetze fordern und einen einheitlichen Vollzug.

Auszug aus der Direktzahlungsverordnung (Stand 1.1.16)

2.11 Landwirtschaftsrelevante Vorschriften nach Gewässer-, Umwelt-, Natur- und Heimatschutzgesetzgebung

2.11.1
Bei Verstössen gegen die Vorschriften der Gewässer-, Umwelt-, Natur- und Heimatschutzgesetzgebung werden Beiträge gekürzt, wenn der Verstoss im Zusammenhang mit der Bewirtschaftung des Betriebs steht. Verstösse müssen mit einem rechtskräftigen Entscheid, mindestens mit einer Verfügung der zuständigen Vollzugsbehörde festgestellt worden sein …

Gewässerschutz: Gesetz ohne Zähne? Heidis Mist 28.10.10

Das BLW verteilt jedes Jahr fast 3 Milliarden Franken Steuergelder gutgläubig an die Bauern, Heidis Mist 14.6.11

Strukturen behindern Vollzug, Heidis Mist 15.6.10

Gemeinden: Den Letzten beissen die Hunde, Heidis Mist 2.9.11

5.8.16 HOME


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