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Suisse-Bilanz: Es war einmal ein 10%-Fehlerbereich …

28. Januar 2022
In der Schweiz sind Hofdünger im Überschuss vorhanden! Übrigens: In der EU muss die Gülle auf unbestelltem Ackerland innerhalb von 4 Stunden eingearbeitet werden, nicht so in der Schweiz.

In der Schweiz sind Hofdünger im Überschuss vorhanden! Übrigens: In der EU muss die Gülle auf unbestelltem Ackerland innerhalb von 4 Stunden eingearbeitet werden, nicht so in der Schweiz.

Einst wurde der Ökologische Leistungsausweis (ÖLN) geschaffen. Dieser sollte sicherstellen, dass die Schweizer Bauern ökologisch wirtschaften; er ist Voraussetzung für den Bezug von Direktzahlungen. Wer immer Kritik an den tatsächlichen Verhältnissen äussert, der/die hält zur Antwort: Die meisten Bauern erfüllen den ÖLN und halten sich an die Gesetze. Nur hapert es schon bei den Gesetzen und erst recht bei deren Vollzug durch die Kantone. Wir wissen es längst: Die landwirtschaftlichen Umweltziele werden nicht erreicht.

Löchrige Suisse-Bilanz

Seit die Suisse-Bilanz geschaffen wurde, weiss man, dass sie einem Emmentaler gleicht, viele Löcher hat. Kontrolleure wissen z.B., dass Futter oder Mineraldünger zugekauft werden, ohne dass Bauern diese deklarieren, aber sie haben keine Möglichkeit, dies zu beweisen. Und wenn zweimal monatlich der Futtermittellieferant zum Bergbauern hochfährt, dann ist vermutlich mehr Futter – sprich Dünger – auf dem Betrieb, als die Umwelt erträgt.

Freipass für regelmässige Überschüsse

Hinzu kommt, dass die Suisse-Bilanz den Bauern einen Fehlerbereich von 10% zugesteht. Wenn die Bilanz einmal um 10% überzogen wird, dann wird dies toleriert, denn im nächsten Jahr liegt die Bilanz vielleicht 10% unter dem Soll, durchschnittlich aber bei 100%. Ein Fehlerbereich ist eigentlich: plus oder minus 10%. So mindestens hatten die Fachleute diese Regelung ursprünglich gedacht.

In Wirklichkeit sind viele Böden überdüngt, Bäche, Flüsse und Grundwasser leiden unter den Nährstofflasten, welche man nicht wegreden kann. Und man weiss, dass beschissen wird, massiv beschissen wird!

Das BLW will es wissen

Die Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften (HAFL) hat im Jahr 2020 im Auftrag des Bundesamts für Landwirtschaft (BLW) die einzelbetriebliche Methodik der Suisse-Bilanz verwendet, um eine nationale Nährstoffbilanz für den gesamten Schweizer Landwirtschaftssektor zu berechnen. Damit wurde geprüft, ob die Stickstoff- und Phosphorbilanzen aus gesamtsektoraler Sicht eingehalten werden. Die Ergebnisse zeigen, dass der nationale Stickstoffsaldo die erlaubte Grenze von 110% des Pflanzenbedarfs bei fast allen berechneten Szenarien überschreitet. Dies ist ein Indiz dafür, dass in der Praxis nicht alle Nährstoffmengen korrekt deklariert werden.

Abschaffung 10%-Fehlerbereich

Das BLW möchte den 10%-Fehlerbereich, der von den Bauern als Freipass zu Überschüssen missbraucht wird, schon seit Jahren abschaffen. Im Agrarbericht 2021 schreibt es:

„Die Projektergebnisse unterstreichen die Wichtigkeit einer zukünftig griffigen Mitteilungspflicht beim Einsatz von Mineraldünger und Kraftfutter, aber auch bei der Zu- und Wegfuhr von Grundfutter. Diese Pflicht würde dazu beitragen, dass die effektiven Nährstoffmengen präzise erfasst werden und Saldo-Werte von über 110 % nicht mehr auftreten.

Die Studie zeigt weiter, dass mit einer zusätzlichen Reduktion des Spielraums bei den «ausgewählten Suisse Bilanz-Parametern» und/oder einer «Streichung der 10%-Toleranz» ein zusätzlicher, grosser Beitrag zur Reduktion der N- und P-Düngung und damit auch der Nährstoffüberschüsse geleistet werden kann. Die damit einhergehende Verknappung des Nährstoffangebots würde u.a. auch eine Substitution von importiertem Mineraldünger mit einheimischen Hofdünger bewirken und folglich zu einem effizienteren Umgang mit den Nährstoffen führen.“

Den vollständigen Bericht finden Sie hier:Stickstoffsaldo einer sektoralen Suisse Bilanz, Agrarbericht 2021

Heidis Frage: „Kommen wir mit Selbstdeklaration ans Ziel?“

Parlamentarische Initiative. BLW

19.4480 Interpellatio: Wie ambitioniert ist der bundesrätliche Stickstoff-Absenkpfad tatsächlich? Kathrin Bärtschy

Stickstoff in der Schweizer Landwirtschaft – Ziele und Massnahmen nicht umweltrechtskonform. Vision Landwirtschaft. Vision Landwirtschaft

Der ÖLN ist eine durchzogene Erfolgsgeschichte. Vision Landwirtschaft

Absenkpfade Nährstoff- und Pestizidemissionen. Agrarallianz

Fach-, Umwelt- und Konsumentenorganisationen begrüssen konkrete Zielvorgabe der Pestizid- und Nährstoffreduktion, Pro Natura 18.8.21

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Es stinkt: Landwirtschaft und Abwasser verschmutzen ALLE Flüsse in Grossbritannien

19. Juli 2021
George Monbiot

Aus dem Film „Rivercide“ von George Monbiot.

Umweltbehörde und Wasserbetriebe: „Wir sehen weniger Verschmutzung“; das bedeutet nicht, dass es weniger Verschmutzung gibt. Es bedeutet, dass man weniger sieht.

George Monbiot: „Unsere Flüsse und Meere werden von gierigen Unternehmen und nutzlosen Regierungen in offene Abwasserkanäle verwandelt.“

Monbiot ist ein britischer Journalist, Autor, Universitätsdozent, Umweltschützer und politischer Aktivist. Er schreibt eine Kolumne für The Guardian. In seinem neuesten Beitrag This Stinks berichtet er über die unglaublichen Versäumnisse von Regierung und Ämtern, von der Dezimierung der Umweltbehörde und deren Folgen. Hoffnung bringen Leute, welche die Verschmutzungen und Schäden sehen und in verschiedensten Formen aktiv werden, den Vollzug der Gesetze einfordern.

Immer mehr Leute wehren sich gegen die Verschmutzung der Flüsse und die Untätigkeit der Behörden. Aus dem Film Rivercide von George Monbiot.

Immer mehr Leute wehren sich gegen die Verschmutzung der Flüsse und die Untätigkeit der Behörden. Aus dem Film Rivercide von George Monbiot.

Monbiot hat eine erstaunliche Bilanz von Verschmutzung und Versagen zusammengetragen, die dazu geführt hat, dass sich Flüsse in ganz Grossbritannien in nur wenigen Jahren von blühenden Ökosystemen in offene Abwasserkanäle verwandelt haben. Der grösste Verschmutzer ist die Landwirtschaft, gefolgt von den (privatisierten) Kläranlagen. Als Livestream auf Youtube hat er Schuldige identifiziert und will sie zum Handeln drängen.

Im ganzen Land, wo Überwachung, Durchsetzung und Strafverfolgung zusammengebrochen sind, treten die Menschen am Ort auf den Plan, um die steigende Flut von Schmutz zu bekämpfen. Ein nationales Citizen Science (Bürgerwissenschaft) Projekt entsteht, bei dem Menschen im ganzen Land Proben nehmen und analysieren lassen, um dann Veränderungen zu fordern.

„Aber das ist keine Rechtfertigung für Camerons Traum von einer deregulierten „grossen Gesellschaft“, sagt Monbiot, „es ist ein Zeichen der Verzweiflung. Wir lieben unsere Flüsse. Wir wollen schwimmen und paddeln und die Enten füttern und angeln und Boot fahren, ohne uns Gedanken darüber machen zu müssen, was im Wasser ist. Wir sind nicht damit einverstanden, dass sie von rücksichtslosen Konzernen als billige Entsorgungsschächte benutzt werden, indem sie das regulatorische Versagen der Regierungen ausnutzen. Wir stimmen dem Tsunami der Scheisse nicht zu.“

Rivercide

In Grossbritannien wie auch in der Schweiz sind Hühnerfarmen wie Pilze aus dem Boden geschossen. Niemand hat in GR einen Überblick wie viele. Mit Hilfe von Citizen Science wurde in mühsamer Kleinarbeit eine Karte erstellt.  Der Mist wird im Übermass auf die Felder gebracht. Mit den zunehmend heftiger werdenden Niederschlägen wird Mist in Gewässer geschwemmt. In den Böden reichert sich Phosphor an, der dann im Laufe der Zeit aus dem Boden in die Gewässer sickert. Die Folge ist eine massive Verschmutzung der Flüsse. Aus Rivercide von George Monbiot.

In Grossbritannien wie auch in der Schweiz sind Hühnerfarmen wie Pilze aus dem Boden geschossen. Niemand hat in Grossbritannien einen Überblick wie viele. Mit Hilfe von Citizen Science wurde in mühsamer Kleinarbeit eine Karte erstellt.
Der Mist wird im Übermass auf die Felder gebracht. Mit den zunehmend heftiger werdenden Niederschlägen wird Mist in Gewässer geschwemmt. Und in den Böden reichert sich Phosphor an, der dann im Laufe der Zeit aus dem Boden in die Gewässer sickert. Die Folge ist eine massive Verschmutzung der Flüsse. Aus Rivercide von George Monbiot.

Ein Film wurde über Crowdfunding finanziert, mit der Hilfe von Freiwilligen gemacht und nutzt Bürgerwissenschaft, um Berichtslücken zu füllen. „Wenn sich etwas ändern soll, dann wird es nicht aus dem Zentrum kommen. Sie wird von den Rändern kommen“, so Monbiot. „Wir sind kein Ersatz für die Regierung, da wir keine Befugnisse haben. Aber wir können die Nachlässigkeit derer aufdecken, die behaupten, uns zu führen, und die Einhaltung der Gesetze einfordern. Sie mögen glücklich sein, sich im Dreck zu suhlen. Wir sind es nicht.“

In 60 actiongeladenen Minuten zeigt diese Live-Dokumentation wer Grossbritanniens Flüsse verschmutzt und warum niemand sie aufhält. Präsentiert vom Journalisten George Monbiot, unter der Regie von Franny Armstrong von The Age of Stupid und mit Live-Auftritten von Benjamin Zephaniah (Dichter) und Charlotte Church (Sängerin), ist Rivercide sowohl mutiger investigativer Journalismus als auch gutes Filmedrehen.

This Stinks. George Monbiot, The Guardian 13.7.21

Rivercide. Why are we not stopping them. youtube 14.7.21

Verschmutzung: Kein Fluss in England ist zum Baden sicher. Heidis Mist vom 3.8.19

Nur Bagger werden der Algen an bretonischen Küstenabschnitten noch Herr. Rod Ackermann, NZZ vom 17.7.21

Zum Beispiel: Wasser in Südfrankreich. Heidis Mist vom 16.7.21

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Auswirkungen des Klimawandels auf die Wasserwirtschaft der Schweiz

9. April 2021
Titelbild der Publikation "Auswirkungen des Klimawandels auf die Wasserwirtschaft der Schweiz". Copyright: Susanne Dubs Designerin FM, Magglingen

Titelbild der Publikation „Auswirkungen des Klimawandels auf die Wasserwirtschaft der Schweiz“. Copyright: Susanne Dubs Designerin FM, Magglingen

Die Studie Auswirkungen des Klimawandels auf die Wasserwirtschaft der Schweiz ist im Auftrag des Bundesamts für Umwelt (BAFU) im Rahmen des Projekts Hydro-CH2018 in Zusammenarbeit mit Wissenschaftern und Experten entstanden. Als Basis dienten das publizierte Wissen und die NCCS-Klimaszenarien CH2018 (National Centre for Climate Services). Ziel war es, einen fundierten Überblick über die potenziellen Auswirkungen des Klimawandels auf die Nutzungen der Schweizer Gewässer sowie auf Gewässerschutz und Hochwasserschutz vorzulegen.

Neben den klimatischen Veränderungen werden auch sozioökonomische Entwicklungen berücksichtigt. Ein weiterer Fokus sind wasserwirtschaftliche Zielkonflikte und Synergien, woraus wichtige Erkenntnisse für ein integriertes Wassermanagement abgeleitet werden können.

Eine zentrale Herausforderung bleiben Flächenkonflikte. Die Entwicklung des Landes hat auf die Gewässerräume wenig Rücksicht genommen: der Ausbau von Siedlungen, Verkehrswegen und Industriearealen hat Flächen besetzt, die als Hochwasserkorridore, aquatische Lebensräume und Trinkwasserschutzzonen unerlässlich sind. Auch die Landwirtschaft ist den Gewässern – vor allem in den dicht besiedelten Landesteilen – vielerorts zu nahe gekommen.

Diese Nähe und die hohe Produktionsintensität der Landwirtschaft – mit synthetischen Pflanzenschutzmitteln und substanziellen Futtermittelimporten – sind in der kleinräumigen Schweiz unvereinbar mit dem Ziel intakter Flüsse und Seen und unbelasteter Trinkwasserressourcen. Mit der Umstellung auf eine flächendeckend agroökologisch orientierte Wirtschaftsweise könnte die Schweiz weltweit zum Pionierland einer gewässer- und umweltverträglichen Landwirtschaft werden. 

Die Publikation (376 Seiten) kann in gedruckter Form zum Preis von CHF 30.– bei der Schweizerischen Hydrologischen Kommission (CHy) bestellt werden: sanja.hosi@scnat.ch. Sie kann auch kostenlos heruntergeladen werden.

Lanz, K. et al. (2021): Auswirkungen des Klimawandels auf die Wasserwirtschaft der Schweiz. Beiträge zur Hydrologie der Schweiz, Nr. 43, Bern

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BAFU-Maulkorb für Wasserschützer

27. Oktober 2020

Wir brauchen Wasserschützer!

Wir brauchen Wasserschützer!

Eigenartig, was sich alles tut rund um die Pestizidinitiativen. Das Bundesamt für Umwelt, genauer die Abteilung Wasser, hat es nicht geschafft, das Wasser ausreichend zu schützen. Das Grundwasser wird zwar untersucht, aber man weiss seit Jahrzehnten, dass die Qualität im Mittelland schlecht ist: zu viel Nitrat, Pestizide und ihre Abbauprodukte sowie allerlei weitere Chemikalien. Es wird gemessen, debattiert, aber allfällige Massnahmen der Ämter und der Politik reichen bei Weitem nicht aus, um die Lage wesentlich zu verbessern. Deshalb müssen sich Privatpersonen und Organisationen dafür einsetzen, damit das Grundwasser, die Flüsse und Bäche sowie das Trinkwasser sauberer werden und ein Blick in die Zukunft nicht hoffnungslos ist.

Viele von uns AktivistInnen arbeiten gratis, aber zahlen über die Steuern auch u.a. den Lohn des Leiters der BAFU-Abteilung Wasser, Stephan Müller. Ihm gefällt es gar nicht, dass Organisationen, welche Geld vom Bund erhalten, sich für ein JA zu den Pestizidinitiativen einsetzen. Bereits im Frühling ordnete er in einer Sitzung an, dass der Schweizerische Verein des Gas- und Wasserfachs (SVGW), der Verband Schweizer Abwasser- und Gewässerschutzfachleute (VSA) und das ETH-Wasserforschungsinstitut Eawag sich nicht mehr für die Trinkwasser- und die Pestizidinitiative stark machen dürfen. Es gehe nicht an, dass der Bundesrat die Nein-Parole beschliesse und gleichzeitig Verbände finanziere, die eine gegenteilige Parole vertreten. Damit nicht genug! Er drohte, den Verbänden den Geldhahn zuzudrehen. Der Eawag hatte bereits Bundesrat Parmelin einen Maulkorb verpasst.

Diese unglaubliche Geschichte können Sie ausführlich im K-Tipp Nr. 18 vom 28.10.20 lesen.

Heidis Frage: Wie steht es mit den subventionierten Bauern? Dreht man ihnen jetzt auch den Geldhahn zu, wenn sie nicht ab sofort schweigen? Zwar gibt es in diesem Lager JA- und NEIN-Stimmen, aber politisch agieren sie allemal, besonders die Branchenverbände!

 

Petition: Keine Zensur der Eawag durch den Bundesrat. Heidis Mist vom 14.11.19

Von Forschungsfreiheit und Forschungszwängen. Heidis Mist vom 12.11.19

Roman Wiget: Fristlose Kündigung, weil er sich für sauberes Wasser einsetzte. Heidis Mist vom 12.10.20

12.10.20

28.10.20 HOME

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Grundwasserqualität: Das Ziel nicht vergessen!

13. Januar 2019

Eigentlich ist es stockdunkel im Grundwasser. Heidi hat einen Lichtstrahl geschickt, damit Sie dieses Tierchen sehen. Es hat sich für den Anlass Goldschmuck angelegt, denn es weiss, was es wert ist im Reinigungsdienst des Grundwasssers und möchte auch, dass die Menschen dies estimieren. Das Bild ist keine naturwissenschaftlich korrekte Darstellung der Verhältnisse im Grundwasser.

Eigentlich ist es stockdunkel im Grundwasser. Heidi hat einen Lichtstrahl geschickt, damit Sie dieses Tierchen sehen. Es hat sich für den Anlass Goldschmuck angelegt, denn es weiss, was es wert ist im Reinigungsdienst des Grundwasssers und möchte auch, dass die Menschen dies estimieren. Das Bild ist keine naturwissenschaftlich korrekte Darstellung der Verhältnisse im Grundwasser.

Gesetz

Was hat man den Lebewesen im Grundwasser und uns BewohnerInnen der Schweiz in der Gewässerschutzverordnung versprochen? Im Anhang 1, Art. 1 Ökologische Ziele für Gewässer, 2 Unterirdische Gewässer, 3:

Die Grundwasserqualität soll so beschaffen sein, dass

  • a) die Temperaturverhältnisse naturnah sind;
  • b) im Wasser keine künstlichen, langlebigen Stoffe enthalten sind;
  • c) andere Stoffe, die Gewässer verunreinigen können und die durch menschliche Tätigkeit ins Wasser gelangen können:
    – in der Biozönose und in der unbelebten Materie des Grundwasserleiters nicht angereichert werden,
    – im Grundwasser nicht vorhanden sind, wenn sie dort natürlicherweise nicht vorkommen,
    – keine nachteiligen Einwirkungen auf die Nutzung des Grundwassers haben.

Wirklichkeit

Das Bundesamt für Umwelt (BAFU) zeigt mit Indikatoren den Zustand und die Entwicklung der Umwelt anhand ausgewählter Kenngrössen. Heidi hat Grundwasser nachgeschlagen:

Nitrat und Pflanzenschutzmittel stammen zum Grossteil aus der Landwirtschaft, die flüchtigen organischen Verbindungen (VOC) aus Kläranlagen; sie gelangen über Bäche und Flüsse ins Grundwasser. Bei den Pflanzenschutzmitteln und den VOC wagt das BAFU offenbar keine Prognose. Quelle: Indikatoren.

Schauen wir etwas genauer hin, zwar sind es nicht die allerneuesten Zahlen, aber die Verschmutzung dürfte kaum abgenommen haben, im Gegenteil!

Abseits der Acker- und Gemüsebaugebiete, Siedlungen und Strassen sieht die Lage besser aus, denn dort kommen weniger Schadstoffe in die Umwelt und es spielt der Verdünnungseffekt, der auch bei grossen Gewässern Intaktheit vortäuscht. Durch Abschmelzen von Gletschern gelangen auch längst verbotene Chemikalien in die Gewässer. Diese wurden einst über die Luft abgelagert, stammen zum Teil von weit entfernten Gebieten. Ein aktueller Blick in die globalen Windströmungen und die Verschmutzung mit Feinstaub (PM2.5) ist immer wieder interessant:

Worldwide air quality index (AQI) and PM2.5 air pollution

Nitrat im Grundwasser

  Quelle: BAFU Grundwasser

Pflanzenschutzmittel im Grundwasser

Abbauprodukte von Pflanzenschutzmitteln können giftiger sein als die Mittel selbst.

Quelle: BAFU Grundwasser

Weitere Stoffe

Im Grundwasser gefunden werden auch Arzneimittel und perfluorierte Chemikalien, beide aus Kläranlagen.

Perfluorierte Chemikalien (VOC) kommen in urbanen Gebieten an 14% der Messstellen in Konzentrationen über dem Grenzwert vor. Es handelt sich dabei v.a. um die flüchtigen halogenierten Kohlenwasserstoffe (FHKW) Tri- und Tetrachlorethen. Beide Chemikalien kommen z.B. als Lösungsmittel in der Textilreinigung und der metallverarbeitenden Industrie zum Einsatz.

Eine weitere, im Grundwasser häufig nachgewiesene Substanz ist Methyl-tert-butylether (MTBE), das seit Mitte der 80-er Jahre als Antiklopfmittel dem Benzin zugesetzt wird. MTBE ist gut wasserlöslich und im Untergrund relativ persistent, da es kaum an Bodenpartikel bindet und von Mikroorganismen schlecht abgebaut wird. MTBE findet in der organischen Chemie zunehmend Verwendung als Lösungsmittel sowie Extraktionsmittel (Wikipedia).

Über gesundheitliche Aspekte von MTBE ist wenig bekannt. Wahrscheinlich beeinflusst es das Nervensystem. Es kann Kopfschmerzen verursachen, Übelkeit, Schwindel, Reizung der Nase oder des Halses und Verwirrung (Agency for Toxic Substances and Disease Registry USA). Hauptsächliche Aufnahmequelle für Menschen sind: Abgase beim Autofahren und Tanken sowie verschmutztes Grundwasser. In kleinen Mengen ist MTBE auch in der Stadtluft enthalten oder in der Nähe von Autobahnen.

Quelle: BAFU Flüchtige organische Verbindungen

Grundwasserschutz mehr Theorie, denn Praxis

Das Grundwasser ist unsere wichtigste Trinkwasserquelle. Wir brauchen es auch zum Bewässern … Was würden Sie tun, wenn Sie im Bundesrat sässen? Was tun Sie als Bewohner der Schweiz? Vorbeugen ist besser und wesentlich kosteneffizienter als „heilen“.  Das Grundwasser wieder sauberzukriegen ist eine langwierige und teuere Angelegenheit und ob es gelingt? Das steht in den Sternen!

Soeben eingetroffen: Umwelt Schweiz 2018

Der Bericht des Bundesrates zur Umweltlage thematisiert ausführlich das Problem mit den Stickstoffüberschüssen. Schon 2011 schrieb das Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) eine Medieninformation mit dem Titel Stickstoff in Landwirtschaft und Umwelt: Eine Herausforderung. Eine der zwei besprochenen Studien wurde an der ETHZ unter der Leitung von Bernhard Lehmann erarbeitet. Die Links zu den Studien funktionieren zwar nicht mehr, aber wenn man die Titel in einer Suchmaschine eingibt, dann findet man sie.

Kurz nach Abschluss der ETHZ-Studie wurde Lehmann zum Direktor des BLW gewählt. „Was hat sich seither verbessert?“, frägt sich Heidi und meint: „Nichts Grundlegendes!“

Heidi hat die neuesten Ergebnisse zur Grundwasserverschmutzung nachgeschlagen (Seite 109): „Vor allem in Gebieten mit intensiver Landwirtschaft weist das Grundwasser zu viel Nitrat auf (BAFU 2019a) (-> Abbildung 32) sowie Spuren von Pflanzenschutzmitteln und deren Abbauprodukten (Reinhardt et al. 2017).“ Nichts weiteres über die Pflanzenschutzmittel! Heidi las zwischen den Zeilen und meint: „Man will den UnterstützerInnen der zwei Pestizid-Initiativen keine Argumente liefern.“

Der Bericht Reinhardt ist nur für AbonnentInnen von Aqua & Gas zugänglich. Heidi hat ihn aber gefunden und für Sie im Sinne des Öffentlichkeitsprinzips in der Linkliste aufgeführt: Monitoring von PSM-Rückständen im Grundwasser. Monitoring wird systematisch nur für relativ wenige Pestizide durchgeführt, denn es wäre zu teuer, alle mitsamt den Abbauprodukten zu analysieren. Ob man die problematischsten erwischt hat? Heidi kommt Atrazin in den Sinn, das von der Industrie als nicht Grundwasser-gängig propagiert wurde und noch heute im Grundwasser ist, samt Abbauprodukten. In zahlreichen Ländern ist das Herbizid immer noch erlaubt und wird von Syngenta eifrig produziert und verschickt. Attrazin ist wohl immer noch ein Kassenschlager.

Vor allem Abbauprodukte von Pestiziden treten in Konzentrationen über dem Grenzwert auf. Diese wurden im Zulassungsverfahren (BLW) als nicht relevant eingestuft. Jedoch sind gerade diese Stoffe sehr schwer abbaubar und werden daher noch lange im Grundwasser sein. Eine unabhängige Risikobewertung liegt nicht vor.

Aus dem Artikel Reinhardt:

Zitate:

… Im Vergleich zu den PSM-Wirkstoffen sind viele Metaboliten mobiler und zudem häufig langlebiger. So werden 11 PSM-Metaboliten (von 7 verschiedenen Wirkstoffen) an insgesamt rund 20% der Messstellen in Konzentrationen von mehr als 0,1 µg/l nachgewiesen (Tab. 4). An mehr als 50% der Messstellen treten PSM-Metaboliten im Grundwasser auf …

Unabhängig von ihrer Toxizität zählen PSM-Metaboliten zu den künstlichen langlebigen Substanzen, deren Eintrag ins Grundwasser im Sinn eines vorsorgenden Grundwasserschutzes verhindert bzw. minimiert werden sollte. Einmal ins Grundwasser gelangt, werden sie dort kaum oder nur sehr langsam abgebaut. Da sich das Grundwasser häufig erst innerhalb mehrerer Jahre bis Jahrzehnte erneuert und daher ein ausgesprochenes «Langzeitgedächtnis» besitzt, ist es besonders wichtig, frühzeitig und vorausschauend zu agieren …

Aktuell findet in Zusammenarbeit mit der Eawag erneut ein Target– und Suspect-Screening
statt, bei dem ausgewählte Messstellen auf knapp 200 PSM-Wirkstoffe und bis zu 1000 PSM-Metaboliten untersucht werden.“ …

Und all die Untersuchungen – auch Kantone sind dran – kosten. Wer bezahlt? Wir! „So kann es nicht weitergehen“, meint Heidi.

Weitere Informationen: Zustand des Grundwassers, BAFU

Umweltverschmutzung folgt nicht der Kuznets-Kurve! Heidis Mist vom 9.11.17

Das Grundwasser konsequent schützen, BAFU 2009

Das Grundwasser lebt, Heidis Mist vom 22.2.13

Umwelt Schweiz 2018, Bericht des Bundesrates

Monitoring von PSM-Rückständen im Grundwasser, Artikel Aqua & Gas 6/17

Stickstoff in Landwirtschaft und Umwelt: Eine Herausforderung, Medieninformation Bundesamt für Landwirtschaft vom 11.1.11

Stickstoff in Landwirtschaft und Umwelt: Eine Herausforderung, Heidis Mist vom 12.1.11

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Ist Rheines Wasser reines Wasser?

27. November 2014

Im Wasser des Rheins sind bereits in der Rheinschlucht Arzneimittel nachweisbar.

Im Wasser des Rheins sind bereits in der Rheinschlucht Arzneimittel nachweisbar.

Professor Andreas Fath von der Hochschule Furtwangen hat diesen Sommer den Rhein von der Quelle bis zur Mündung in die Nordsee durchschwommen und dabei zusammen mit seinem Team Wasserproben gesammelt. Diese wurden mit hochsensiblen Analysegeräten auf 600 verschiedene Inhaltsstoffe untersucht, Nachweisgrenze ein Nanogramm. Beteiligt am Projekt Rheines Wasser war auch Matthias Ruff von der Eawag, dem Wasserforschungsinstitut der ETHZ. Erste Ergebnisse wurden am 7. Hansgrohe Wassersymposium vom 13.11.14 vorgestellt.

Arzneimittel

Bereits ab Ilanz GR sind blutdrucksenkende Arzneimittel nachweisbar, ihre Konzentration steigt kontinuierlich bis zur Mündung in die Nordsee. Das Antibiotikum Sulfamethoxazol, welches gegen Harnweginfekte und Lungenentzündung eingesetzt wird, ist ab Chur im Rheinwasser zu finden, der Betablocker Metoprolol ab Konstanz, das Schmerzmittel Diclofenac ab Laufenburg.

Stoffe, die alle nutzen

In die Flüsse gelangen auch Stoffe, die von den Menschen in grossem Umfang verbraucht werden. Zum Beispiel künstliche Süssstoffe werden in Kläranlagen nicht vollständig abgebaut, weshalb Abbauprodukte wie Acesulfam und Sucralose ins Rheinwasser gelangen. Benzotriazol ist in Spülmaschinen-Tabs als Silberschutz enthalten, dient als Korrosionsschutz in Enteisungsmitteln usw. Diese Chemikalie ist relativ gut wasserlöslich und schwer abbaubar, passiert die Kläranlagen daher ziemlich unbeschadet und gelangt in grossen Mengen in Flüsse und Seen, also auch in den Rhein. Jeder „Abwasch“ im Geschirrspüler führt zu einer Gewässerverschmutzung.

Nitrat, Phosphor und Sauerstoff

Die Wasserproben der einzelnen Schwimmtage zeigen einen signifikanten Anstieg der Nitratkonzentration, was auf die steigende Menge von zufliessendem Gewässer (Oberflächenwasser und Nebenflüsse) zurückzuführen ist. „Trotz der guten Werte bei der Phosphat- und Sauerstoffkonzentration kann keine Entwarnung gegeben werden“, betonte Fath. Dies zeigt der Blick auf die Entwicklung des Chemischen Sauerstoffbedarfs (CSB-Wert). „Je weiter sich der Rhein von seiner Quelle entfernt, desto höher wird die Konzentration von organischen oxidierbaren Substanzen, begründet durch den Anstieg der Zuleitungen aus Industrie, Landwirtschaft, Kranken- und Pflegestationen und privaten Haushalten.“

Ziel: effizienter Gewässerschutz durch Forschung

„Unser langfristiges Ziel ist es, Systeme zu entwickeln, die in der Lage sind, diese Substanzen nah an ihrem Ursprungsort zu mineralisieren, um unsere Gewässer gar nicht erst zu belasten“, sagt Prof. Fath.

Sobald die detaillierten Forschungsergebnisse veröffentlicht sind, wird Heidi darüber berichten. Heidi meint: „Viele Stoffe sollten gar nicht erst in den Wasserkreislauf und somit ins Trinkwasser gelangen, denn der Aufwand, sie in Kläranlagen zu eliminieren ist gross oder (besonders bei neuen Stoffen) nicht möglich. Zurück bleibt immer ein Cocktail: Die Mischung macht das Gift!“

„Rheines Wasser“: Ergebnisse, Medieninformation der Hochschule Furtwangen vom 14.11.14.

Prof. Andreas Fath: Wie ein Fisch im Rhein unterwegs, Heidis Mist 14.8.14

27.11.14 HOME

Fischer fordern Tempo bei der Renaturierung von Flüssen und Bächen

3. Januar 2014

Die grössten Feinde der Groppen sind künstliche Uferverbauungen und begradigte Bäche und Flüsse.

Die grössten Feinde der Groppen sind künstliche Uferverbauungen und begradigte Bäche und Flüsse.

Die Groppe gehört in Deutschland und Österreich zu den gefährdeten Tierarten und wurde daher in die Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie aufgenommen. Der Schweizerische Fischereiverband (SFV) hat die Groppe zum Fisch des Jahres 2014 ernannt. „Wie kaum ein anderer Fisch reagiert die Groppe sensibel auf den Zustand der Bäche und Flüsse. Der Schweizerische Fischerei-Verband fordert deshalb: Mit der Renaturierung der Gewässer muss es in der Schweiz vorwärts gehen!“, weitere Informationen siehe Groppe – Botschafter für gesunde Flüsse und Bäche, Medieninformation des SFV vom 2.1.14. Gegen die vom Parlament beschlossene Renaturierung wehrt sich eine Allianz von Bauwirtschaft, Energieproduzenten und Bauern.

Extrem schlecht geht es dem Fisch des Jahres 2013, dem Roi du Doubs. Sein Verbreitungsgebiet von lediglich 10 Quadratkilometern besteht aus vier nicht miteinander verbundenen Bereichen. In einem davon, dem schweizerisch-französischen Doubs, wurden noch 52 Exemplare gezählt. Der „König des Doubs“ ist akut vom Aussterben bedroht. Kommt die in Strassburg beschlossene Rettungsaktion der Berner Konvention noch rechtzeitig? Ausführliche Informationen Rettung des Flusses Doubs: Berner Konvention empfiehlt entschlossenes Vorgehen, Mediencommuniqué Pro Natura, WWF, SFV vom 5.12.13.

Der Roi du Doubs hat offenbar nur wenig mit „König“ zu tun. Der SFV erklärt in seinem Newsletter vom 6.1.14 die Herkunft des Begriffs: Fisch des Jahres 2013… in letzter Minute gerettet? (Zur Zeit noch nicht im Newsletter-Archiv verfügbar.)

Mit dem Wasser macht man keine Kompromisse!, Heidis Mist, 11.6.13

Der Gewässerraum und die Bauern, Heidis Mist, 22.11.12

Wasserqualität des Doubs: Validierung eines Aktionsplans und erste Massnahmen, BAFU, 22.1.14

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