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Wenn Vollzugsbehörden delinquieren…

10. August 2015
Arbeiter spritzt Herbizid in die Wasserablaufrinne an der Strasse Weesen - Amden (SG), Copyright Ruedi Hasler, Rapperswil.

Arbeiter spritzt Herbizid in die Wasserablaufrinne an der Strasse Weesen – Amden (SG), Copyright Ruedi Hasler, Rapperswil.

Auf der Strasse von Weesen nach Amden (Kanton St. Gallen) beobachtete Ruedi Hasler aus Rapperswil am 4.8.15 einen Arbeiter beim Spritzen von Herbizid am Strassenrand (Name von Heidi geändert). Er bespritzte das Grün in den Wasserrinnen und allgemein den Bewuchs an den Strassenrändern, besonders mit Herbizid versah er die Natursteinmauern. Vor einigen Jahren, so Hasler, seien die Herbizide noch bis weit in die Wiesen hinein angewendet worden.

Hasler war mit der Familie unterwegs zur Ausstellung „Chrut und Uchrut“ über Kräuterpfarrer Johann Künzle, der vor 125 Jahren als Pfarrer nach Amden gekommen war. „Im Gedenkjahr des Kräuterexperten macht es einen besonders schlechten Eindruck, wenn gleichenorts illegal Herbizide gegen Uchrut gespritzt werden“, meint Hasler.

Die Anwendung von Pestiziden an Strassenrändern und auf Plätzen ist nach wie vor weit verbreitet. Christian Meienberger, Geschäftsführer von Pro Natura St. Gallen-Appenzell sagte gegenüber dem Tagblatt „Würden wir bei jedem Verstoss Anzeige erstatten, müssten wir pro Woche mehrere Leute anzeigen.“, siehe Pestizide haben Hochsaison, Tagblatt vom 16.6.15. Pro Natura setzt auf Aufklärung. Das Problem ist laut Meienberger, dass die Giftstoffe am Strassenrand nicht abgebaut, sondern vom Regenwasser davongetragen werden und so ins Grundwasser und in Fliessgewässer gelangen.

Anlässlich eines informellen Treffens beklagte sich Heidi kürzlich bei einer Fachperson des Amts für Umwelt SG (AFU) über die vielen Pufferstreifenverletzungen an Gewässern. „Verantwortlich sind die Gemeinden“, war die Reaktion. Das AFU fühlt sich nicht zuständig, dies obwohl die Kantone für den Vollzug der Gewässerschutzgesetzgebung verantwortlich sind. Sie delegieren die Verantwortung den Gemeinden, damit ist die Sache erledigt.

Heidi meint einmal mehr: Unser Gewässerschutz-Vollzugssystem funktioniert nicht, denn viele Gemeinden haben weder die Ressourcen, das Fachwissen noch den Willen zum Handeln. Ist es Aufgabe von Privaten oder Naturschutzorganisationen, den Gesetzesvollzug einzufordern? NEIN!

Bahnhofplatz Landquart: Design verlockt zum Gifteinsatz, Heidis Mist, 16.9.14.

Mit Gift gegen Unkraut am Strassenrand, Heidis Mist, 13.7.14

Verwendungsverbote für Unkrautvertilgungsmittel
auf und an Strassen, Wegen, Plätzen, Terrassen und Dächern
, BAFU, August 2013.

Broschüre Ratgeber Pestizidfreie Kommunen, Der Bund

In der Schweiz sind die Bussen für Widerhandlungen gegen die Gewässerschutzgesetzgebung klein, nicht so in Niedersachsen. Copyright Dr. Stefan Lamprecht, Landwirtschaftskammer Niedersachsen. Vollständiger Vortrag siehe: http://www.lbeg.niedersachsen.de/aktuelles/veranstaltungen/tagung-spurenstoffe-in-boden-und-grundwasser-130492.html

In der Schweiz sind die Bussen für Widerhandlungen gegen die Gewässerschutzgesetzgebung klein, nicht so in Niedersachsen. Copyright Dr. Stefan Lamprecht, Landwirtschaftskammer Niedersachsen. Vollständiger Vortrag siehe: http://www.lbeg.niedersachsen.de/aktuelles/veranstaltungen/tagung-spurenstoffe-in-boden-und-grundwasser-130492.html

Nachtrag 1: Antwort des Amts für Umwelt (AFU) St. Gallen vom 19.8.15: „Bei der betreffenden Strasse handelt es sich um eine Kantonsstrasse, bei der eine Einzelstockbehandlung angewendet wurde. Diese Einzelstockbehandlungen sind nach Anhang 2.5 Ziff. 1.2 Abs. 4 ChemRRV bei National- und Kantonsstrassen erlaubt, sofern die Problempflanzen nicht mit anderen Massnahmen erfolgreich bekämpft werden können.
Besten Dank für die Kenntnisnahme.“

Der Fotograf sieht das anders und meint: „Tatsache ist, dass alles Grüne abgespritzt wurde. Ich glaube nicht, dass das alles Problemunkräuter waren, wenn überhaupt!! Es wäre interessant zu wissen, welche anderen Massnahmen sie vorher ausgeführt haben, um festzustellen, dass nur noch mit einer Herbizidbehandlung die Problemunkräuter bekämpft werden können! Und weiter oben, wo die Strasse durch Landwirtschaftsland führt, wird auch alles abgespritzt, was grün ist. Selbst mit viel Fantasie kann man dem nicht Einzelstockbehandlung sagen und vor allem sind es kaum Problemunkräuter!!!“

Heidi meint: „Wenn Aussage gegen Aussage steht, dann gewinnen in der Regel die Ämter. Es ist zu hoffen, dass die aktuelle Praxis trotzdem geändert wird, zum Wohle der Umwelt.“

Nachtrag 2: Heidi stellte dem AFU am 20.8.15 noch drei Fragen:

  1. Um welche Problempflanzen handelt es sich? Mein Informant, ein profunder Pflanzenkenner, ortete „auf Anhieb“ keine solchen bzw. keine so grossen, welche den behandelten Flächen entsprochen hätten.
  2. Welche Bekämpfungsmassnahmen scheiterten?
  3. Hat die Gemeinde eine Bewilligung für die flächige Anwendung von Herbiziden an Nicht-National- und -Kantonsstrassen?

Das AFU verwies Heidi an das kantonale Tiefbauamt. Dieses leitete „zuständigkeitshalber“ die Anfrage zur Beantwortung an das Strassenkreisinspektorat Schmerikon weiter. Heidi wartet jetzt geduldig auf eine Antwort.

Nachtrag 3: Am 2.10.15 traf die Antwort aus Schmerikon ein. Der Kanton St. Gallen halte sich an die Gesetze und verwende Herbizide nur für Einzelstockbekämpfung dort, wo es grosse Probleme gebe. Die Strasse von Weesen nach Amden sei steil und stark besonnt, weshalb z.B. Dornengewächse wie Brombeer gut gediehen. Direkt am Strasssenrand sind sie für Velofahrer nicht nur ein Ärgernis, sondern auch eine Gefahr. So viel wie möglich werde mechanisch bekämpft. Ausführlich erklärte ihr der Fachmann am Telefon die zahlreichen Probleme und Behandlungsmethoden … und lud sie zu einem Augenschein nach Schmerikon ein.

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Erfolgreiches EU-Projekt Mittelmeer-Diät

29. Januar 2015
Vergleich zwischen der Schweizer Lebensmittelpyramide und der mediterranen.

Vergleich zwischen der Schweizer Lebensmittelpyramide und der mediterranen.

Die Eidgenössische Ernährungskommission empfiehlt uns, weniger Fleisch zu essen, und die Schweizerische Gesellschaft für Ernährung erarbeitete im August 2013 folgende Empfehlung: „Ich kaufe überwiegend pflanzliche Lebensmittel.“ Nur kam es nie zur Veröffentlichung dieses Slogans, weil offenbar „sehr unterschiedliche Rückmeldungen eintrafen“, siehe Ernährungsplattform (ERPLA) des BAG zum Thema Nachhaltigkeit, Vegi-Info 2013-4. Es ist eben immer noch so, dass an wichtigen Schaltstellen des Bundesamts für Gesundheit LobbyistInnen der Bauern und von Proviande sitzen. Das wird auch deutlich beim Vergleich der zwei Lebensmittelpyramiden. Besonders krass ist der Unterschied zwischen den Subventionsschwerpunkten und den Ernährungsempfehlungen des Bundes. Im Bundesamt für Landwirtschaft, das den Sektor regulieren sollte, gehen besonders viele Lobbyisten ein und aus. Wen wundert’s, dass die frühere Proviande PR-Frau Regula Kennel (Schweizer Fleisch – alles andere ist Beilage) jetzt in der Geschäftsleitung des Bundesamts für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen sitzt, als Leiterin Kommunikation?

In Grossbritannien und den USA haben gesundheitliche Überlegungen bereits zum Rückgang des Konsums von rotem und verarbeitetem Fleisch geführt, The real cost of meat, New Scientist 24.1.15.

Absolut gesicherte Ergebnisse über gesunde Ernährung gibt es kaum, jedoch klare Hinweise: Viele Früchte und viel Gemüse, moderat Fleisch, wenig Zucker, Salz, Fett und Alkohol. Wenn Sie nichts von Gesundheits- und Ethik-Empfehlungen halten, dann gibt es einen Punkt, so hofft Heidi, der Sie überzeugen muss: Die Umwelt. Denn, so kann es nicht mehr lange weitergehen, weder bei uns in der Schweiz, noch weltweit. Ein schon alter, aber eindrücklicher Film: The Hidden Costs of Hamburgers, Center for Investigative Reporting, youtube. Soeben ist der Umweltbericht des Bundesrats erschienen: Bundesrat verabschiedet den Schweizer Umweltbericht. Zitat: „… Über den Import trägt die Schweiz zunehmend zur Übernutzung der weltweiten natürlichen Ressourcen bei… „

Während wir SchweizerInnen weiterhin die Produktion von tierischen Nahrungsmitteln massiv subventionieren (inkl. Export an Reiche im Ausland), dies auch wenn wir tierische Produkte nur mit Mass konsumieren, entwickeln Mittelmeerländer eine gesunde und nachhaltige Ernährungsphilosophie. Sie entspricht nicht der ursprünglichen oder aktuellen Ernährungsweise all dieser unterschiedlichen Völker, es ist ein moderner Konsens von Wissenschaftlern dieser Region.

Der erste Teil des EU-Projekt Mittelmeer-Ernährung und Förderung der traditionellen Lebensmittel (Mediterranean Diet and Enhancement of Traditional Foodstuff – MedDiet) ist erfolgreich verlaufen, wie Med-Diet NEWS am 28.1.15 berichtet: The MedDiet Project Begins a Second Phase of Activities After a Successful First Year. Das Projektziel ist: Fördern des Bewusstseins für den Wert und die Philosophie der Mittelmeer-Küche. 13 Partner aus 6 Ländern nehmen teil (Ägypten, Griechenland, Italien, Libanon, Spanien und Tunesien).

Das MedDiet-Team hat auf der Basis von internationalen wissenschaftlichen Erkenntnissen ein Wissenssystem entwickelt, welches den KonsumentInnen hilft, sich gesund und nachhaltig zu ernähren. Die interaktive Mittelmeer-Lebensmittelpyramide ist ein Teil davon. Man kann diese hinterfragen. Der Anteil des Olivenöls dürfte für unsere Verhältnisse zu hoch sein. Heidi empfiehlt zudem, auch Rapsöl zu verwenden, das ein günstigeres Fettsäuremuster hat und in der Schweiz produziert wird, Empfehlung Kantonsspital Winterthur. In der mediterranen Ernährung ist Fleisch eine gelegentliche Beilage. Präsentiert werden diese Informationen sowie Nachrichten, Fotos, Videos, Newsletter auf http://www.med-diet.eu.

Öffentlichkeitsarbeit ist ein wichtiger Teil des Projekts, besonders Schulen, Gemeinden und Städte werden informiert. Eine Arbeitsgruppe hat einen Anforderungskatalog für ein „MedDiet Quality Label“ für Restaurants erarbeitet.

Was können wir daraus lernen? Die Grundprinzipien des Essens (Pyramide), saisonal und regional einkaufen sowie gemeinsam essen. Eine Illusion in einer Zeit von Mobilität, Handy und Globalisierung? Das liegt am persönlichen Lifestyle und an der Politik!

Mediterrane Ernährung, Nutzen und wissenschaftliche Grundlagen, Pharmazeutische Zeitung online.

Mediterranean diet, UNESCO Weltkulturerbe

Rezepte zur Mediterranen Küche gibt es viele, Google-Suche

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Das Märchen von der Gülle-auf-Schnee-Bewilligung

20. Februar 2013
Güllegruben drohen zu bersten, Mistlager sind voll oder gar nicht vorhanden. Mist auf abgeerntetem Maisfeld: Ausdruck von Misswirtschaft

Güllegruben drohen zu bersten, Mistlager sind voll oder gar nicht vorhanden. Mist auf abgeerntetem Maisfeld: Ausdruck von Misswirtschaft.

Nun sind sie wieder voll, die Güllegruben! Der winterliche Aufschrei hallt durch die Schweizer Medienlandschaft. Eine Naturkatastrophe? Nein, zu kleine Güllegruben. Ein kluger Ostschweizer Bauer sagte Heidi: „Ich kann ruhig schlafen, ich habe die Lagerkapazität ausgebaut, dafür gab’s Geld.“ Andere taten das nicht, bauten zu klein oder stockten den Tierbestand auf, bauten einen Laufhof (höhere Direktzahlungen) ohne die Lagerkapazität anzupassen, das rächt sich. Übrigens, in der Ostschweiz waren Güllegruben schon Anfang Februar voll: Trotz Verbot wird die Gülle ausgefahren, SRF, Regionaljournal, 4.2.13.

Den Ostschweizer Bauern steht die Gülle bis zum Hals:  „…Die Behörden könnten bald gezwungen sein, Ausnahmebewilligungen zu erteilen…“ tönt es heute bei SRF, Regionaljournal, 20.2.13. Keine Behörde kann eine Bewilligung, auch keine Ausnahmebewilligung, für einen Gesetzesverstoss erteilen. Würde sie das tatsächlich tun, dann müsste Strafanzeige gegen diese Behörde erstattet werden. Die Beratung der Bauern in einem Notfall ist wichtig zur Begrenzung des Schadens für die Umwelt, was sich meist auch günstig auf die Höhe der Strafen und Bussen auswirkt. Wieso reden alle Behörden von Bewilligungen? Vielleicht um die Bauern vor Anzeigen zu schützen und zu vertuschen, dass sie Art. 28 der Gewässerschutzverordnung nicht vollziehen, nämlich die Kontrolle der Lagereinrichtungen für Hofdünger. Manche Kantone glauben an die Selbstdeklaration der Bauern!

In der EU ist ein Lagervolumen für 6 Monate vorgeschrieben; wenn trotzdem ein Problem auftritt, dann muss umgelagert werden bis zu einer Entfernung von 20 km. Bei uns beträgt die minimale Vorschrift für günstige Lagen gemäss Gewässerschutzgesetz 3 Monate, die Kantone können je nach Bedingungen längere Lagervorschriften anordnen. Gemäss der Vollzugshilfe Baulicher Umweltschutz in der Landwirtschaft sollten die Lagerkapazität mindestens 5 Monate betragen, siehe auch 24. Dezember 2012: Güllen. Wenn es aus verschiedenen Kantonen jetzt tönt: Bei uns sind 5 Monate Vorschrift, dann ist dies nur die halbe Wahrheit, denn das gilt in der Regel nur für Neubauten. Und wer kontrolliert’s? In vielen Kantonen niemand, besonders dort, wo die Gemeinden verantwortlich sind, siehe Gemeinden: Den Letzten beissen die Hunde, Heidis Mist.

Heidi verweist auf ihren Grundlagen-Link AG Wintergülle-Planung und Notfall

Manchmal erhält Heidi eigenartige Fragen wie: „Dürfen Bauern nachts das Feld güllen?“ Auch treffen zur Zeit täglich mehrere Meldungen über Gülle und Mist auf Schnee ein.

20.2.13 HOME

Strukturen behindern Vollzug

15. Juni 2010
Vielfalt

Vielfältige Landschaften, vielfältige politische Strukturen. Landschaft oberhalb Klosters

Es gibt viele Gesetzte, Verordnungen und Weisungen zur Landwirtschaft auf Bundesebene, so dass man vor lauter Bäumen den Wald kaum sieht. Der Vollzug liegt bei den Kantonen, welche diese Grundlagen vielfältig interpretieren und den Vollzug mehr oder weniger ernst nehmen. Der Kanton Graubünden mit seinen 190’000 Einwohnern und der grossen Fläche ist weiter eingeteilt in 11 Bezirke, 39 Kreis und 180 Gemeinden. Die durchschnittliche Gemeindegrösse (ohne Chur) beträgt 880 Einwohner. Die Einwohnerzahl vieler Gemeinden liegt unter 100. In der kleinsten Gemeinde wohnen gut 20 Leute.  Diese Strukturen erschweren den Vollzug. Und wo jeder jeden kennt oder nahe verwandschaftliche Beziehungen bestehen, da sind Vorschriften oft Papiertiger, da herrscht ein bisschen wilder Westen im Osten. Zudem ist die Verantwortung für den Gewässerschutz in der Landwirtschaft im Amt für Landwirtschaft und Geoinformation angesiedelt, nicht etwa im Amt für Natur und Umwelt.

In der UFA-REVUE 1 von 2008 war von einer Arbeitsgruppe (vom Verband Schweizer Abwasser- und Gewässerschutzfachleute koordiniert) die Rede, welche fordert, dass Hofdüngeranlagen einheitlich kontrolliert werden. „Zurzeit gibt es noch grosse Unterschiede, ob und wie die Kantone ihren Auftrag erfüllen. Nach Gewässerschutzgesetz muss regelmässig überprüft werden, ob der vorgeschriebene Lagerplatz vorhanden ist, die Anlagen funktionieren und ob alles ordnungsgemäss betrieben wird.“ heisst es in den Kurz-News Pflanzenbau. Aufgrund von Gesprächen mit Landwirten und eigenen Beobachtungen wäre eine solche unabhängige Kontrolle im Kanton Graubünden gut für das Grundwasser und die Fische im Wasser.

15.6.10   HOME


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