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Berlin: Gutes Essen für alle – statt Profite für wenige

22. Januar 2023
Demo in Berlin: Wir haben es satt!

Demo in Berlin: Wir haben es satt!

Während der Agrarmesse Grüne Woche kamen Landwirte aus ganz Deutschland zum Protest nach Berlin. Sie liessen riesige Schweine über die Strasse rollen und grosse Insekten schwebten in der Luft. Auf der Grünen Woche präsentieren bis zum 29.1.23 etwa 1’400 Aussteller aus Landwirtschaft und Lebensmittelindustrie in den Berliner Messehallen ihre Produkte. Zudem fand die international grösste Agrarministerkonferenz statt, anlässlich welcher 64 Staaten eine gemeinsame Erklärung unterzeichneten, um den Welthunger stärker zu bekämpfen.

Gestern, also am 21.1.23, fand die traditionelle Demo „Wir haben es satt!“ statt mit dem Motto „Gutes Essen für alle – statt Profite für wenige“. Zahlreiche Organisationen unterstützen die Veranstaltung, darunter die Umweltverbände BUND und Nabu, Landwirtschaftsorganisationen wie AbL und Bioland, ausserdem Greenpeace, Misereor und Fridays for Future. Das Bündnis „Wir haben es satt“ schrieb: „Trotz eisiger Kälte waren wir mit 10’000 Menschen für die sozial gerechte Agrarwende auf der Strasse!“

Nachfolgend die Forderungen:

Zusammenstehen für eine bäuerliche und ökologischere Landwirtschaft, für Klima-, Tier- und Umweltschutz, für globale Gerechtigkeit und gesundes Essen für alle

Viel zu wenig Regen, trockene Böden und schlechte Ernten – die Klimakrise wird auch bei uns immer bedrohlicher. Die Wachstumslogik und politische Fehlentscheidungen sind verantwortlich für das Überhitzen des Planeten und das dramatische Artensterben. Viele Höfe müssen dichtmachen, während weiter grosse Tierfabriken genehmigt werden. Weltweit wächst der Hunger und auch hierzulande wissen viele Menschen nicht mehr, wie sie ihren Kühlschrank füllen sollen.

Wir kämpfen für die sozial-ökologische Transformation. Sie ist die Antwort auf die vielfältigen Krisen. Klar ist: Ohne Agrar- und Ernährungswende verfehlen wir krachend das 1,5-Grad-Ziel und damit globale Klimagerechtigkeit. Alle Menschen müssen sich gesunde Lebensmittel leisten können. Bauernhöfe, Bäckereien und das Lebensmittelhandwerk brauchen faire Preise.

Wir haben Konzerne satt, die mit dem Hunger in der Welt ihr Geschäft machen! Investmentfonds verdienen an der Spekulation mit steigenden Nahrungsmittelpreisen. Agrar-, Lebensmittel- und Düngerkonzerne wie Cargill, Unilever oder Yara vermelden in der Krise horrende Profite. Supermarktketten mit massiver Marktmacht drehen an den Preisschrauben. Konzerne wie Bayer wollen Agro-Gentechnik auf unsere Äcker und Teller bringen. Das alles haben wir satt!

Essen ist politisch – für eine gerechte Agrar- und Sozialpolitik!

Wir schätzen die Arbeit aller, die uns mit gesunden und hochwertigen Lebensmitteln versorgen. Gerade in Krisenzeiten sind wir solidarisch und kämpfen für eine gerechte Gesellschaft: mit vielen Bauernhöfen, die ländliche Räume lebendig halten. Mit einer flächengebundenen, artgerechten Haltung von weniger Tieren. Mit fairen, regionalen Versorgungsketten und mehr pflanzlicher Ernährung. Mit gesundem Essen, einer gerechten Verteilung des Wohlstands und einem guten Leben ohne Krieg und Ausgrenzung für alle Menschen weltweit.

Es gibt genug Nahrung, doch sie wird ungerecht verteilt oder verschwendet. Viel zu viel Essen landet als Futter im Trog, Agrosprit im Tank oder Abfall im Müll. Künftig muss gelten: Teller statt Trog und Tank – Lebensmittelverschwendung stoppen! So schützen wir das Klima und alle werden satt.

Für die sozial gerechte Agrar- und Ernährungswende gehen wir im Januar mit Tausenden – pandemiegerecht und entschlossen – auf die Strasse. Zu wenig, zu langsam – das ist die Bilanz von einem Jahr Ampel-Koalition. Agrarminister Özdemir muss den Umbau der Landwirtschaft beschleunigen und Finanzminister Lindner die notwendigen Mittel freigeben. BäuerInnen und Gesellschaft wollen den Umbau, aber Klima-, Tier- und Naturschutz müssen sich für die Höfe lohnen. Der russische Angriffskrieg darf nicht gegen eine nachhaltige Landwirtschaft ausgespielt werden. Dafür erhöhen wir zum Auftakt der weltgrössten Agrarmesse „Grüne Woche“ im Berliner Regierungsviertel den Druck. Wir haben die Krisenprofite satt – für eine globale Agrarwende und gutes Essen für alle!

Wir fordern die sozial-ökologische Transformation:

  • Höfesterben stoppen
    faire ErzeugerInnenpreise durchsetzen und Bauernhöfe beim klima- und artgerechten Umbau unterstützen!
  • Krisengewinne besteuern
    Übergewinnsteuer auch für Agrar- und Lebensmittelkonzerne und viel mehr Unterstützung für Menschen mit wenig Geld!
  • Klimakrise und Artensterben bekämpfen
    durch Mehrwertsteuersenkung mehr Pflanzliches auf die Teller bringen und pestizidfreie Lebensräume für Insekten sichern!
  • Bäuerliche Tierhaltung erhalten
    mit weniger Tieren, die dafür artgerecht gehalten werden!
  • Hunger beenden und Agro-Gentechnik stoppen
    Spekulationsverbot für Lebensmittel, gerechter Handel und gutes, gentechnikfreies Essen für alle!

Wir haben Agrarindustrie satt!

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Ist die Gentechnik eine kostspielige Ablenkung?

8. September 2022
Ein Buch über die Geschichte der Gentechnik

Ein Buch über die Geschichte der Gentechnik

Quelle: The Genetic Age review: Is genetic engineering a costly distraction? Michael Marshall, New Scientist No 3401 27.8.22

Rückblick auf das Genetische Zeitalter: Ist die Gentechnik eine kostspielige Ablenkung?

Matthew Cobbs neuestes Buch ist eine beunruhigende Geschichte der Gentechnik, die die Frage aufwirft, ob sie das Geld – oder das Risiko – wert ist.

Seit mehr als 50 Jahren haben Biologen Organismen auf immer präzisere Weise gentechnisch verändert. Von den frühen, groben Methoden der 1960er und 1970er Jahre bis hin zum modernen „Gen-Editing“, das durch die CRISPR-Technologie veranschaulicht wird, hat die Gentechnik grosse Hoffnungen und schreckliche Ängste ausgelöst.

In seinem verstörenden und lesenswerten Buch The Genetic Age: Our perilous quest to edit life erzählt der Biologe und Wissenschaftshistoriker Matthew Cobb, Zoologie-Professor an der University of Manchester, die Geschichte dieses Bereichs. Cobb konzentriert sich auf die Anwendungen der Gentechnik mit den grössten Auswirkungen, insbesondere auf diejenigen, die das grösste Risiko darstellen – oder als solches wahrgenommen werden. Dabei macht er auf drei Bereiche der aktuellen Forschung aufmerksam, die besonders besorgniserregend sind.

Der erste ist das Keimbahn-Editing beim Menschen, bei dem die DNA eines Menschen so verändert wird, dass die Änderungen an seine Nachkommen weitergegeben werden können. Das zweite ist das Konzept des Gene Drive, einer „genetischen Kettenreaktion“, die ein bestimmtes Merkmal in einer Population verbreiten und so ein Ökosystem umgestalten kann. Das dritte Konzept ist die Gain-of-Function-Forschung, bei der Mikrobiologen in dem Bestreben, Pandemien zu verhindern, gefährlichere Versionen von Krankheitserregern herstellen, um vorherzusagen, wie sie sich in der Natur entwickeln könnten.

Er findet eine gewisse Beruhigung: insbesondere, dass Genetiker die einzige Gruppe von Wissenschaftlern sind, die Moratorien für ihre eigene Arbeit verhängt haben, während die Risiken bewertet wurden. Ausserdem erwiesen sich viele Bedenken als weitgehend unbegründet – gentechnisch veränderte Lebensmittel sind nicht von Natur aus schlecht für den Menschen – oder konnten durch Sicherheitsverfahren und -vorschriften in den Griff bekommen werden.

Cobb stellt jedoch auch eine gewisse Hybris fest, die sich durch das Feld zieht. Viele Praktiker sind zu sehr in clevere technische Lösungen verliebt und können nicht widerstehen, sie umzusetzen, ohne abzuwägen, ob die Vorteile das Risiko wert sind. Er zitiert eine Zeile aus Jurassic Park: „Ihre Wissenschaftler waren so sehr damit beschäftigt, ob sie es können, dass sie nicht darüber nachgedacht haben, ob sie es sollten.“

Abschliessend wirft Cobb die Frage nach den Prioritäten auf. Ist das alles die beste Verwendung des Geldes? Die Befürworter wollen Millionen ausgeben, um eine Handvoll Menschen vor einer einzigen genetischen Krankheit zu bewahren, aber dieses Geld könnte Millionen von Menschen vor allgemeineren Bedrohungen wie schmutzigem Wasser bewahren. Skizzenhafte Pläne zur Nachbildung ausgestorbener Tiere wie Mammuts verschlingen Ressourcen, die für die Erhaltung bedrohter Arten verwendet werden könnten.

Wie sich herausstellt, wird die Gentechnik die Welt wahrscheinlich nicht untergehen lassen – aber vieles davon könnte eine ablenkende Geldverschwendung sein.

Matthew Cobb stellt jede Phase der Entdeckung, der Erwartung und der Angst in den Kontext von mehr als fünfzig Jahren der Versuche, die natürliche Welt zu beherrschen, und verwebt die Geschichten von Wissenschaft, Geschichte und Kultur, um ein neues Licht auf unsere Zukunft zu werfen. Mit den Kräften, die uns heute zur Verfügung stehen, ist es eine Zukunft, die kaum vorstellbar ist – aber eine, die wir selbst gestalten werden.

The Genetic Age – Our Perilous Quest To Edit Life. Matthew Cobb Orell Füssli

Pestizide in Argentinien: „Wir wurden vergiftet und wir werden weiterkämpfen.“

30. Mai 2022

Der Deutschlandfunk berichtet: „Während in Europa immer mehr Pestizide verboten werden, machen deutsche Firmen mit ihnen in Argentinien gute Geschäfte. Als Kinder an Krebs starben, haben sich die Mütter des Ortes Ituzaingó zusammengeschlossen, um gegen die Anbaumethoden zu kämpfen.“ Nach einem jahrelangen Kampf erreichten die Frauen vor Gericht, dass Pestizide nur zweieinhalb Kilometer entfernt von Wohnhäusern eingesetzt werden dürfen.

In der Schweiz ist kein Abstand zu Wohnzonen vorgeschrieben. Aus dem Helikopter dürfen die meisten Pestizide bis 30 m an Wohnzonen versprüht werden, für einzelne besonders gefährliche sind lächerliche 60 m Pufferstreifen Pflicht.

Jährlich werden in Argentinien über 200  Millionen Liter Glyphosat versprüht, das ist der höchste Verbrauch pro Einwohner weltweit. 84 Prozent der Soja-Produktion gehen in den Export: als Bohne, Schrot, Öl oder Biodiesel. Während Sojabohnen und Soyaöl nach China exportiert werden, landet der Sojaschrot in Europa in den Futtertrögen der Massentierhaltung.

Marcos Filardi, Menschenrechtsanwalt und Mitglied des Lehrstuhls für Ernährungssouveränität der Universität von Buenos Aires kritisiert diese Landwirtschaft, die sich seit den 1990er Jahren in Argentinien etabliert hat. Sie hängt von genmanipuliertem Saatgut und Pestiziden ab und begann mit zwei Versprechen:

  1. Diese Technologie sei notwendig, um den Hunger in der Welt zu bekämpfen und Argentinien müsse dazu einen Beitrag leisten. Das sei ein Mythos, denn der Hunger hat weltweit zugenommen.
  2. Der Einsatz von Pestiziden würde abnehmen. Aber er habe seit 1996 um 1’500 Prozent zugenommen.

Lesen Sie den vollständigen Beitrag hier: Sojaanbau in Argentinien: „Wir wurden vergiftet“. Deutschlandfunk Kultur 24.5.22

30.5.22 HOME

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