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Pestizidreduktion in Apfelplantagen und Einfluss des Klimawandels

5. März 2023
Quelle: Johann G. Zaller et al., Science of the Total Environment.

Johann G. Zaller et al., Science of the Total Environment.

Quelle: Potential to reduce pesticides in intensive apple production through management practices could be challenged by climatic extremes. Johann G. Zaller et al., Science of the Environmental

Johann G. Zaller und weitere Wissenschaftler der Universität für Bodenkultur (BOKU) Wien, des Umweltforschungsinstituts von Global2000/Friends of the Earth Österreich sowie der Universidad de Extremadura, Badajoz, Spanien, haben den Pestizideinsatz und die Anbaumethoden auf 2’549 kommerziellen Apfelplantagen analysiert. Eine wichtige Schlussfolgerung ist: Das Potenzial zur Verringerung von Pestiziden im intensiven Apfelanbau durch Bewirtschaftungspraktiken könnte durch klimatische Extreme in Frage gestellt werden.

Zusammenhänge erkennen

Äpfel sind das am dritthäufigsten produzierte Obst der Welt, aber ihre Produktion ist oft pestizidintensiv. Das Ziel der Wissenschaftler war es, anhand der Aufzeichnungen von Landwirten in Österreich zwischen 2010 und 2016 Möglichkeiten zur Pestizidreduktion zu identifizieren. Sie untersuchten wie der Pestizideinsatz mit der Betriebsführung, den Apfelsorten und den meteorologischen Parametern zusammenhing und wie er sich auf die Erträge und die Toxizität für Honigbienen auswirkte.

Eingesetzte Pestizide

Auf den Apfelfeldern wurden pro Saison 29,5 Pestizidanwendungen mit einer Aufwandmenge von 56,7 kg pro Hektar durchgeführt, die insgesamt 228 Pestizidprodukte mit 80 Wirkstoffen umfassten. Im Laufe der Jahre entfielen 71% der ausgebrachten Pestizidmengen auf Fungizide, 15% auf Insektizide und 8% auf Herbizide. Die am häufigsten verwendeten Fungizide waren Schwefel (52%), gefolgt von Captan (16%) und Dithianon (11%). Von den Insektiziden wurden Paraffinöl (75%) und Chlorpyrifos/Chlorpyrifos-Methyl (6% zusammen) am häufigsten eingesetzt, bei den Herbiziden Glyphosat (54%), CPA (20%) und Pendimethalin (12%).

Was beeinflusste den Pestizideinsatz?

Der Pestizideinsatz stieg mit zunehmender Häufigkeit der Bodenbearbeitung und Düngung, zunehmender Feldgrösse, steigenden Temperaturen im Frühjahr und trockeneren Sommerbedingungen. Der Pestizideinsatz nahm mit zunehmender Anzahl der Sommertage mit Höchsttemperaturen über 30°C und der Anzahl der warmen, feuchten Tage ab. Die Apfelerträge standen in einem signifikant positiven Zusammenhang mit der Anzahl der Hitzetage, der feuchtwarmen Nächte und der Häufigkeit der Pestizidbehandlungen, wurden aber nicht von der Häufigkeit der Düngung und der Bodenbearbeitung beeinflusst.

Die Toxizität für Honigbienen stand nicht im Zusammenhang mit dem Einsatz von Insektiziden. Pestizideinsatz und Ertrag standen in signifikantem Zusammenhang mit den Apfelsorten.

Die Analyse der Wissenschaftler zeigt, dass der Pestizideinsatz in den untersuchten Apfelbetrieben durch weniger Düngung und Bodenbearbeitung reduziert werden kann, auch weil die Erträge um mehr als 50% über dem europäischen Durchschnitt lagen. Wetterextreme im Zusammenhang mit dem Klimawandel, wie z. B. trockenere Sommer, könnten jedoch Pläne zur Verringerung des Pestizideinsatzes in Frage stellen.

Was ist für die Pestizidreduktion wichtig?

Insgesamt ergab diese Analyse eines der umfassendsten Datensätze kommerzieller Apfelbetriebe mehrere wichtige Erkenntnisse, die für die Reduzierung des Pestizideinsatzes von Bedeutung sind.

  • Erstens hatten die Häufigkeit der Bodenbearbeitung und Düngung sowie die angebauten Apfelsorten einen erheblichen Einfluss auf die Intensität des Pestizideinsatzes.
  • Zweitens unterschieden sich die Apfelbetriebe erheblich in ihrer Pestizidintensität, selbst wenn sie in derselben Region lagen, was darauf hindeutet, dass Pläne zur Verringerung des Pestizideinsatzes auch Verhaltensaspekte berücksichtigen müssen.
  • Drittens wurden meteorologische Parameter, die mit dem Klimawandel zusammenhängen, mit der Pestizidintensität in Verbindung gebracht, was darauf hindeutet, dass regionalisierte Klimawandelmodelle in Verbindung mit einfachen Mengen- und Risikominderungszielen einbezogen werden sollten.

Pestizid-Aufzeichnungen sollten veröffentlicht werden

Analysen wie die hier gezeigten können nur mit qualitativ hochwertigen Daten zum Pestizideinsatz durchgeführt werden, die derzeit in Europa, anders als beispielsweise in Kalifornien, nicht veröffentlicht werden. Da alle Apfelbauern verpflichtet sind, Aufzeichnungen über die auf dem Feld ausgebrachten Pestizide zu führen, wäre es wichtig und relativ einfach, diese Daten zu sammeln, um den Ursprung der Umweltverschmutzung wissenschaftlich zu untersuchen und die Reduktionsziele zu validieren. Solche Analysen und Erfahrungen könnten dann auf andere pestizidintensive Apfelanbaugebiete in der Welt übertragen werden, wo die Datenlage noch schlechter ist.

Risiko für Umwelt und Menschen senken

Die Etablierung eines systematischen und standardisierten Pestizidmonitorings würde es ermöglichen, Zusammenhänge mit der Wirksamkeit von Minderungsmassnahmen zu erkennen und würde das europäische Green-Deal-Ziel erleichtern, den Pestizideinsatz und die Risiken bis 2030 um 50% und den Düngereinsatz um 20% zu reduzieren. Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass sowohl die Reduzierung des Düngemittel- als auch des Pestizideinsatzes unter Beibehaltung der durchschnittlichen Apfelerträge machbar erscheint.

Inwieweit und wo Aspekte des Klimawandels eingreifen, muss weiter untersucht werden. Darüber hinaus würde eine Reduzierung des Pestizideinsatzes nicht nur das Risiko für die Umwelt, sondern auch für die Menschen in Regionen mit intensivem Apfelanbau auf dem Weg zu einer nachhaltigeren Landwirtschaft und einem nachhaltigeren Lebensmittelsystem verringern.

Potential to reduce pesticides in intensive apple production through management practices could be challenged by climatic extremes. Johann G. Zaller et al., Science of the Environmental

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Pestizide in der Luft: potentielle Gefahr für die Artenvielfalt und den Menschen

21. Juni 2022
bb. 4. Prozentualer Beitrag zur humantoxikologischen Einstufung von Fungiziden (30 Wirkstoffe), Herbiziden (24 a.i.) und Insektiziden (13 a.i.), die mit Passivsammlern (nur PUF) nachgewiesen wurden. Es wurden nur eindeutige Klassifizierungen berücksichtigt. Die Interpretation der Gefahren für die menschliche Gesundheit basiert auf der Pesticide Properties Database (Lewis et al., 2016) und der EU-Pestiziddatenbank (EC, 2021a).

https://heidismist.files.wordpress.com/2022/06/pestizide_luft_mensch.jpg Abb. 4. Prozentualer Beitrag zur humantoxikologischen Einstufung von Fungiziden (30 Wirkstoffe), Herbiziden (24 a.i.) und Insektiziden (13 a.i.), die mit Passivsammlern (nur PUF) nachgewiesen wurden. Es wurden nur eindeutige Klassifizierungen berücksichtigt. Die Interpretation der Gefahren für die menschliche Gesundheit basiert auf der Pesticide Properties Database (Lewis et al., 2016) und der EU-Pestiziddatenbank (EC, 2021a).

Quelle: Pesticides in ambient air, influenced by surrounding land use and weather, pose a potential threat to biodiversity and humans. Science of The Total Environment.

Ein Forschungsteam um Johann G. Zaller der Universität für Bodenkultur Wien hat zusammen mit Wissenschaftlern von TIEM Integrierte Umweltüberwachung und der Medizinischen Universität Wien das Vorkommen von Pestiziden in der Luft untersucht. Sie stellten eine weit verbreitete Luftverschmutzung durch Pestizide fest, was darauf hindeutet, dass die derzeitigen Umweltverträglichkeitsprüfungen, Feldanwendungstechniken, Schutzmassnahmen und Vorschriften nicht ausreichen, um die Umwelt und den Menschen vor einer potenziell schädlichen Exposition zu schützen.

Analyse von Zusammenhängen

Es ist nur wenig darüber bekannt, wie Anzahl und Konzentration von Pestizidrückständen in der Luft durch die Landnutzung, Wechselwirkungen mit meteorologischen Parametern oder durch substanzspezifische chemisch-physikalische Eigenschaften beeinflusst werden und welche potenziellen toxikologischen Gefahren dies für Nichtzielorganismen, einschliesslich des Menschen, mit sich bringen könnte.

Die Wissenschaftler installierten passive Luftsammler (Polyurethan-PUF- und Polyester-PEF-Filtermatrizen) in 15 Regionen mit unterschiedlicher Landnutzung in Ostösterreich für bis zu 8 Monate. Die Proben wurden mittels Gaschromatographie/Massenspektrometrie auf 566 Substanzen untersucht. Es wurden Zusammenhänge zwischen Häufigkeit und Konzentrationen von Pestiziden, Landnutzung, meteorologischen Parametern, Stoffeigenschaften und Jahreszeit analysiert.

67 Wirkstoffe gefunden

Gefunden wurden insgesamt 67 Pestizidwirkstoffe (24 Herbizide, 30 Fungizide, 13 Insektizide) mit 10 bis 53 Pestiziden pro Standort. Die Herbizide Metolachlor, Pendimethalin, Prosulfocarb, Terbuthylazin und das Fungizid HCB wurden in allen PUF-Probenehmern gefunden, Glyphosat in allen PEF-Probenehmern; Chlorpyrifos-ethyl war das am häufigsten vorkommende Insektizid, das in 93% der Probenehmer gefunden wurde. Die höchsten Konzentrationen wiesen das Herbizid Prosulfocarb (725 ± 1218 ng Probe−1), das Fungizid Folpet (412 ± 465 ng Probe−1) und das Insektizid Chlorpyrifos-ethyl (110 ± 98 ng Probe−1) auf.

Pestizide auch in Nationalparks und Stadtzentrum

Anzahl und Konzentration der Pestizide nahmen mit zunehmendem Anteil an Ackerland in der Umgebung zu. Pestizide wurden jedoch auch in zwei Nationalparks (10 und 33 Pestizide) oder einem Stadtzentrum (17 Pestizide) gefunden. Die Anzahl und Konzentration der Pestizide änderte sich zwischen den Jahreszeiten und korrelierte mit der Landnutzung, der Temperatur, der Strahlung und dem Wind, wurde aber nicht von der Flüchtigkeit der Substanzen beeinflusst.

Hohes Toxizitätspotential für Menschen

Die potenzielle ökotoxikologische Belastung von Säugetieren, Vögeln, Regenwürmern, Fischen und Honigbienen stieg mit zunehmender Pestizidzahl und -konzentration. Das Humantoxizitätspotenzial der nachgewiesenen Pestizide war hoch, wobei durchschnittlich 54% akut toxisch, 39% reproduktionstoxisch, 24% kanzerogen und 10% endokrinschädigend waren.

Mehrere dieser Pestizide stellen möglicherweise ein toxikologisches Risiko für Organismen, einschliessich des Menschen, dar, aber die Auswirkungen einer solchen Kontamination sind nicht gut bekannt. Ein Aspekt, der in der wissenschaftlichen und öffentlichen Debatte selten angesprochen wird, ist die Tatsache, dass die in Luftproben gefundenen Pestizide auch in privaten Gärten, Naturschutzgebieten oder auf Feldern von Biobetrieben abgelagert sein können.

Schutz ungenügend

Die Ergebnisse deuten auch darauf hin, dass die regulatorischen Leitlinien zur Exposition von Anwendern, Arbeitnehmern, Anwohnern und Umstehenden (EFSA, 2014) unzureichend sind. Daher empfehlen die ForscherInnen eine allgemeine Verringerung der Pestizidexposition, wie sie in der europäischen „Form-to-Fork“-Strategie für nachhaltige Landwirtschaft vorgesehen ist.

Ausbringpraxis muss verbessert werden

Eine Voraussetzung für weitere Forschung wäre die systematische Überwachung von Pestiziden in der Luft und anderen Medien, wie sie bereits für die Pestizidüberwachung von Lebensmitteln besteht (EPRS, 2018). Insgesamt zeigen die Ergebnisse, dass die Ausbringungspraxis von Pestiziden als Vorsichtsmassnahme verbessert werden sollte, um die Gesundheit von Mensch und Umwelt vor unkontrollierter Pestizidexposition zu schützen.

Pestizide in der Luft, die von der Landnutzung und dem Wetter in der Umgebung beeinflusst werden, sind eine potenzielle Gefahr für die biologische Vielfalt und den Menschen.

Pesticides in ambient air, influenced by surrounding land use and weather, pose a potential threat to biodiversity and humans. Johann G.Zallera,, MarenKruse-Plaßb, UlrichSchlechtriemenc, EdithGrubera, MariaPeera, ImranNadeemd, HerbertFormayerd, Hans-PeterHuttere, LukasLandlera. Science of The Total Environment, Volume 838, Part 2, 10 September 2022, 156012

Pestizide in der Schweizer Luft

Greenpeace hat von Mai bis November 2019 an vier Standorten Pestizid-Untersuchung mit Passivsammlern gemacht.

Insgesamt wurden pro Standort und Messzeitraum 213 Pestizidwirkstoffe und Metaboliten analysiert. Als Standorte wurden biologisch bewirtschaftete Betriebe in unterschiedlichen Schweizer Gegenden ausgewählt. An Standort A im Wallis wird Obst- und Weinbau betrieben, an Standort B in der Nordwestschweiz Ackerbau, an Standort C im Mittelland ebenfalls Ackerbau und an Standort D in der Ostschweiz Obstbau. An allen Standorten war sowohl im Sommer als auch im Herbst eine mehrfache Belastung mit Pestiziden festzustellen. Dabei war Standort A der am stärksten belastete und Standort B der am wenigsten belastete.

Insgesamt konnten 25 verschiedene Pestizidwirkstoffe bzw. Metaboliten nachgewiesen werden. Am häufigsten wurden die Fungizide Folpet, Captan, Chlorothalonil und Cyprodinil, die Herbizide Terbuthylazin, Metolachlor und Pendimethalin sowie das Insektizid Chlorpyrifos nachgewiesen.

Auch längst verbotene Pestizide

Es wurden 13 unterschiedliche Fungizid-Wirkstoffe nachgewiesen, sieben Herbizid-Wirkstoffe sowie drei verschiedene Insektizide bzw. Akarizide, darunter der Wirkstoff Brompropylat, der seit 2010 nicht mehr zugelassen ist. Ausserdem wurden zwei Metaboliten gefunden: AMPA, ein Abbauprodukt von Glyphosat, sowie 4,4′-DDE, ein Abbauprodukt des längst nicht mehr zugelassenen DDT, das aber so persistent ist, dass es in der Umwelt nach wie vor präsent und sehr weit verbreitet ist.

Diese explorative Untersuchung zeigt, dass es in der Schweiz – wie in anderen Ländern auch – ein Problem mit der Verfrachtung von Pestiziden gibt. Eine grösser angelegte Untersuchung mit mehreren Standorten und häufigeren Probenentnahmen über die gesamte Spritzsaison hinweg scheint angebracht, um die Belastung im Zeitverlauf feststellen zu können.

Abdrift-Massnahmen ungenügend

Dass Pestizide nicht auf der Fläche bleiben, auf der sie ausgebracht wurden, ist ein bekanntes Problem. In der Schweiz gibt es deshalb auch Massnahmen, die die Abdrift von Pestiziden verringern sollen. Diese sind in den «Weisungen betreffend die Massnahmen zur Reduktion der Risiken bei der Anwendung von Pflanzenschutzmitteln» festgehalten (BLW 2020). Allerdings gelten die Weisungen nur für bestimmte Pestizide. Die vorliegende explorative Untersuchung gibt deutliche Hinweise darauf, dass die darin festgehaltenen Massnahmen nicht ausreichend sind, um die Verfrachtung von Pestiziden durch die Luft zu vermeiden.

Diese Untersuchung zeigt, dass es auch in der Schweiz ein Problem mit der Verfrachtung von Pestiziden gibt. Eine grösser angelegte Untersuchung mit noch mehr Standorten, einer grösseren Anzahl an Wirkstoffen und häufigeren Probenentnahmen über die gesamte Spritzsaison hinweg, würde eine Feststellung der Belastung über einen Zeitverlauf ermöglichen und erscheint sinnvoll. Bisher gibt es in der Schweiz keine systematische Untersuchung der Verfrachtung von Pestiziden durch die Luft.

Pestizide in der Schweizer Luft. Greenpeace 11.11.20

21.6.22 HOME

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Werden neue Gentech-Pflanzen den Pestizideinsatz verringern?

21. Mai 2022
GLOBAL 2000 und Friends of the Earth Europe

GLOBAL 2000 und Friends of the Earth Europe

Zitate aus der Medienmitteilung von GLOBAL 2000 Wien vom 12.5.22:

Die Konsultation zum EU-Gentechnikrecht läuft. In der Befragung schwingt der Wunschtraum der Pestizidreduktion durch Neue Gentechnik (NGT)-Pflanzen in der Landwirtschaft mit. Die österreichische Umweltschutzorganisation GLOBAL 2000 und Friends of the Earth Europe fassen in einem Report die Belege zusammen: Alte wie neue Gentechnik-Pflanzen werden den Pestizideinsatz nicht verringern.

“Ein Blick nach Südamerika zeigt: Der Herbizideinsatz vervielfachte sich in den letzten 25 Jahren auf den Gentechnik-Feldern und machte mittelfristig mehr und stärkere Pestizide notwendig. Aber auch gegen diese Herbizide entwickeln die ‘Super-Unkräuter’ Resistenzen und verbreiten sich weiter. So nimmt der Gentechnik-Pestizid-Teufelskreis seinen Lauf”, skizziert Brigitte Reisenberger, Gentechniksprecherin von GLOBAL 2000.

Geschäftsmodell: patentiertes Saatgut + Pestizid

Die grossen Biotech-Konzerne und Gentechnik-Lobbyisten geben an, dass sich die neuen gentechnisch veränderten Pflanzen von denen der ersten Generation unterscheiden und sie den Einsatz von Pestiziden verringern werden. Aber auch hier deuten die Belege in eine andere Richtung. Viele Neue Gentechnik-Pflanzen, die sich derzeit in der Entwicklungspipeline befinden, zielen genau wie die alte Gentechnik auf Herbizidtoleranz ab.

Eine Untersuchung des JRC (Joint Research Center) der EU auf Grundlage von Informationen der Gentechnik-EntwicklerInnen ergab: Herbizidtoleranz ist mit 6 von 16 Pflanzen die grösste Merkmalsgruppe Neuer Gentechnik-Pflanzen, die kurz vor der Kommerzialisierung stehen. ”Dies ist nicht überraschend, da das Geschäftsmodell vieler Saatgut- und Chemieunternehmen ist, patentiertes Gentechnik-Saatgut von herbizidtoleranten Pflanzen und die dazugehörigen Pestizide gleich im Doppelpack zu verkaufen. Vor allem grosse Konzerne profitieren davon, wenn LandwirtInnen in diesem Teufelskreis der Pestizide verbleiben – denn Bayer, Corteva, Syngenta und BASF sind nicht nur grosse Gentechnik-Produzenten, sondern beherrschen zugleich auch die globalen Pestizidmärkte“, so Brigitte Reisenberger.

Mangelhafte Konsultation zu EU-Gentechnikrecht

In der öffentlichen Konsultation zum EU-Gentechnikrecht suggeriert die Europäische Kommission, dass Neue Gentechnik-Pflanzen zur Reduktion von Pestiziden beitragen würden. “Belege liefert die Europäische Kommission hierfür nicht, sondern wiederholt im Fragebogen vage Nachhaltigkeitsversprechungen der Biotech-Industrie, ohne diese systematisch zu überprüfen”, kritisiert Brigitte Reisenberger. Die Verfolgung der Gentechnik zur Pestizidreduktion lenkt von zukunftsweisenden umwelt- und biodiversitätsfreundlichen Ansätzen ab. Agrarökologische und biologische Landwirtschaft sind systembasiert, nicht auf isolierte genetische Merkmale ausgerichtet und halten die Bäuerinnen und Bauern nicht in der Abhängigkeit von chemisch-synthetischen Pestiziden.

Entwicklungsstadien Gentechnik-Pflanzen

Heidi hat aus dem Bericht der EU Current and future market applications of new genomic techniques. Joint Research Centre (European Commission) zwei Abbildungen kopiert, um die Bedeutung der Entwicklung und der Techniken zu veranschaulichen sowie die Schlussfolgerungen.

Abbildung 3. NGTs, die in den in der Datenbank identifizierten Pflanzen verwendet werden.

Copyright: Joint Research Centre (European Commission)

Copyright: Joint Research Centre (European Commission)

Abbildung 6. NGT-produzierte Pflanzen in den vier Entwicklungsstadien (kommerziell, vorkommerziell, fortgeschrittene Forschung und Entwicklung und frühe Forschung und Entwicklung), nach Pflanzengruppen.

Copyright: Joint Research Centre (European Commission)

Copyright: Joint Research Centre (European Commission)

Vergleich Kulturen NGT-Forschung / Pestizideinsatz in der Schweizer Landwirtschaft

Im Agrarbericht 2020 werden die in der Schweizer Landwirtschaft eingesetzten Pestizidmengen und Anwendungen pro Kultur 2009-2018 aufgeführt. Ein Vergleich der NGT-Forschung, siehe Figure 6 oben im Bericht des Joint Research Centre (European Commission), und des Pestizideinsatzes pro Kultur in der Schweiz zeigt, dass die aktuelle NGT-Forschung, zumindest im nächsten Jahrzehnt unser Pestizidproblem nicht lösen kann. Weitaus am meisten geforscht wird für neue NGT-Getreidesorten. In der Schweiz ist der Pestizideinsatz in Getreide gering, dies trotz nicht optimalen Klimabedingungen für Getreide. Hingegen kaum NGT-Forschung gibt es für Bäume, wo doch der schweizerische Kernobstbau Spitzenreiter ist im Einsatz von Pestiziden zusammen mit den Reben. Auch im Steinobstanbau wird viel gespritzt.

Das Spritzproblem im Rebberg haben innovative Weinbauern mit den Piwi-Sorten gelöst. Bundesrat Parmelin und seine MitarbeiterInnen haben denn auch den Betrieb Lenz am 29.3.22 besucht. Offensichtlich interessiert sich zumindest das Bundesamt für Landwirtschaft für diese Rebsorten, die keine Pestizide benötigen. Noch immer werden bei Neupflanzungen anfällige alte Sorten gesetzt, wo man doch im Weinbau den Pestizid-Einsatz auf Null senken könnte. Das Pestizidproblem im Rebbau ist uralt, Piwi-Sorten gibt es schon lange, aber was der Bauer nicht kennt … Schade eigentlich für die Umwelt und unsere Gesundheit!

Für die gesunde Ernährung besonders wichtig sind Früchte und Gemüse; hier wird nur wenig geforscht auf der Ebene der NGTs. Für die grossen Züchter dürften sie nicht interessant sein wegen der Vielfalt. Kommerziell gewinnbringend sind wohl eher die eintönigen riesigen Getreidemonokulturen und Maisfelder.

Agrarbericht 2020, Kapitel Umwelt

Agrarbericht 2020, Kapitel Umwelt

Schlussfolgerungen Joint Research Centre

Die NGT der Gruppe 1, insbesondere die auf CRISPR basierenden, werden in der Agrar- und Ernährungswirtschaft aktiv und zunehmend eingesetzt, Industrie und Medizin bei allen untersuchten Organismen (Pflanzen, Pilze, Tiere, Mikroorganismen und menschliche Zellen). Dank seiner Flexibilität, Erschwinglichkeit und einfachen Anwendung eröffnet CRISPR zahlreiche neue Möglichkeiten in Bezug auf die Organismen, in denen es eingesetzt werden kann, und die Eigenschaften, die damit erzielt werden können, und es erreicht auch viele Akteure weltweit.

Für diese Studie wurde ein umfangreicher Datensatz gesammelt, der einen sehr guten Überblick über die  derzeitige und potenzielle Nutzung von NGTs für kommerzielle Zwecke. Derzeit werden weltweit nur wenige Anwendungen vermarktet (ein Pflanzenprodukt, ein Mikroorganismus für die Freisetzung in die Umwelt und mehrere Mikroorganismen für die geschlossene Produktion kommerzieller Moleküle), aber es gibt etwa 30 identifizierte Anwendungen (bei Pflanzen, Tieren und Mikroorganismen), die sich in einem vorkommerziellen Stadium befinden und kurzfristig (innerhalb von 5 Jahren) auf den Markt kommen könnten.

Wenn die in dieser Studie identifizierten Anwendungen, die sich in einem fortgeschrittenen FuE-Stadium befinden in einem Jahrzehnt kommerziell werden, könnten bis 2030 über hundert Pflanzen und mehrere Dutzend Tiere und medizinische Anwendungen auf dem Markt sein. Man kann mit Sicherheit sagen, dass die meisten dieser bis 2030 kommerzialisierten Anwendungen auf Techniken der Gruppe 1 (CRISPR) und einige auf Techniken der Gruppe 2 beruhen. Der Reifegrad von Anwendungen der Gruppen 3 und 4 sind im Hinblick auf die kommerzielle Freigabe weniger ausgereift.

Ein Sektor von besonderem Interesse ist die Nutzung von Mikroorganismen für industrielle Zwecke, wo NGT-Anwendungen nicht ausgesondert werden können (wie bei Pflanzen, Tieren oder klinischen Versuchen), weil die NGTs bereits aufgegriffen werden und in den routinemässigen genetischen Werkzeugkasten zur Stammesverbesserung aufgenommen und eingebettet werden. Es scheint, dass die Verwendung von NGTs bereits in vielen Fällen eine Realität sind, was wahrscheinlich durch die Verwendung von Mikroorganismen in geschlossenen Systemen und die Tatsache erleichtert wird, dass das Endprodukt nicht das Ziel ist. In der Bioökonomie ist es sehr wahrscheinlich, dass sich NGTs schneller durchsetzen werden als Mikroorganismen, die industrielle biobasierte Moleküle (z. B. Biokraftstoffe) produzieren.

Der Bereich der pharmazeutischen und kosmetischen Produkte, die aus Mikroorganismen gewonnen werden, stellt eine Datenlücke in dieser Studie dar, aber wir glauben, dass es sich auch um einen ein sehr wichtiger Anwendungsbereich für NGTs in Produkten handelt, die möglicherweise bereits auf dem Markt sind. Im medizinischen Bereich gibt es vielversprechende Anwendungen von CRISPR-gestützten Techniken und anderen NGTs zur Bekämpfung von Krankheiten zu bekämpfen, und in vielen Fällen haben die Anwendungen bereits Patienten erreicht, in Phase I und Phase I/II der klinischen Versuche. Dank der Flexibilität von CRISPR/Cas, sowohl in Bezug auf die Sequenzspezifität als auch in Bezug auf verschiedene Verwendungszwecke wird es bereits bei der Suche nach Lösungen für den schnellen Nachweis von COVID-19 und auch bei einigen therapeutischen Optionen gegen diese Krankheit eingesetzt.

Unsere Datenbank der NGT-Anwendungen weist auf die Vereinigten Staaten und China als die häufigsten Herkunftsländer, insbesondere in den marktnahen Phasen. Die EU, insbesondere Deutschland und Frankreich, ist ebenfalls aktiv. Dank der Flexibilität und Erschwinglichkeit von NGTs (insbesondere CRISPR) sind auch mehrere Entwicklungsländer in diesem Bereich aktiv, vor allem im Agrarsektor.

Hier finden Sie die ausführlichen Informationen:

Report analysiert Gentechnik-Pestizid-Teufelskreis in Landwirtschaft – GLOBAL 2000: Neue Gentechnik-Pflanzen werden Pestizideinsatz nicht verringern. GLOBAL 2000 12.5.21

Der Gentechnik-Pestizid-Teufelskreis. Friends of the Earth Europe, GLOBAL 2000, Mai 2022

Neue Gentechnik: Echter Klimaschutz sieht anders aus! GLOBAL 2000, 14.3.22

Neue Gentechnik-Pflanzen in der Entwicklungs-Pipeline. GLOBAL 2000 7.4.22

Current and future market applications of new genomic techniques. Joint Research Centre (European Commission) 19.4.21

Agrarbericht 2020, Umwelt, Pflanzenschutzmittel

Gelassene Stimmung mit Bundesrat Parmelin. Weingut Lenz 29.3.22

Laute Lobby für einen stillen Frühling. Heidis Mist 15.5.22

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Werbung: „AdeSectin ist seit mehr als 20 Jahren die Schweizer Lösung gegen Spinnen“

23. Januar 2022

Wasserspinne. Quelle: Film von Otto Hahn Geliebt und gefürchtet: Spinnen

Heidi liebt Spinnen!

Wikipedia: „Die Wasserspinne (Argyroneta aquatica) oder auch Silberspinne ist die einzige Spinnenart, die nicht an Land, sondern unter Wasser lebt. Ihr Verbreitungsgebiet erstreckt sich von den Britischen Inseln im Westen bis nach Japan im Osten. Die Tiere bevorzugen saubere Seen oder langsam fliessende Gewässer. Da die Wasserqualität vielerorts durch Gülle und Pestizide aus der Landwirtschaft beeinträchtigt ist, ist der Bestand stark rückläufig. Sie steht auf der Roten Liste der gefährdeten Arten in der Kategorie Stark gefährdet.“

Geliebt und gefürchtet: Spinnen

Über zwei Jahre lag Otto Hahn mit der Kamera auf der Lauer und hat einheimische Spinnen in ihrem natürlichen Lebensraum beobachtet. Ihm gelangen faszinierende Aufnahmen von der Balz, der Paarung, der Brutpflege, der Häutung und vom Netzbau. Der Film zeigt die ausserordentlich grosse Formenvielfalt dieser Tiergruppe und belegt ihre bedeutende Rolle als Insektenfresser im Naturhaushalt.

Geliebt und gefürchtet: Spinnen. SWR, Planet Schule

AdeSectin tötet Spinnen

Werbung: „Sie kennen das Problem: Überall, wo sich Mücken und andere Insekten tummeln, weben Spinnen ihre klebrigen Netze. Vor allem Lichtquellen im Freien sind ein grosser Anziehungspunkt für Mücken und andere fliegende Insekten. Kaum sauber geputzt, ist schon wieder alles voller Spinnweben. Ein ewiges Ärgernis! Das muss nicht sein – einfach AdeSectin aufsprühen, und der Ärger ist vorbei.

… AdeSectin ist seit mehr als 20 Jahren die Schweizer Lösung gegen Spinnen …“

Delthametrin

Der Wirkstoff von AdeSectin ist das Insektizid Delthametrin, ein Nervengift aus der Gruppe der Pyrethroide. AdeSectin ist an vielen Orten erhältlich: Drogerien, Apotheken, Hauswartbedarf, Coopvitality, Galaxus, Landi, Online-Shops usw.

Wikipedia: „Als Pflanzenschutzmittel ist ein Deltamethrin-haltiges Präparat in Deutschland und Österreich beim Anbau von Getreide, Raps, Rüben und Kartoffeln sowie auf Wiesen gegen verschiedene „beißende“ Insekten zugelassen. In der Schweiz sind mehrere Präparate zugelassen, das Anwendungsspektrum ist noch etwas breiter und umfasst unter anderem auch die Verwendung gegen Borkenkäfer bei geschlagenem Holz.

Es fällt immer wieder auf, dass die Schweiz Pestizide „grosszügiger“ zulässt als die Nachbarländer und auch besonders schädliche später verbietet.

Was ist im Sicherheitsdatenblatt geschrieben?

Adesectin_Sicherheitsdatenblatt, PDF

Gefahrenhinswiese
H302: Gesundheitsschädlich bei Verschlucken.
H317: Kann allergische Hautreaktionen verursachen.
H410: Sehr giftig für Wasserorganismen mit langfristiger Wirkung.

Sicherheitshinweise
P102: Darf nicht in die Hände von Kindern gelangen.
P273: Freisetzung in die Umwelt vermeiden.
P280e: Schutzhandschuhe/Augenschutz tragen.
P301a: BEI VERSCHLUCKEN: Mund mit Wasser ausspülen und
reichlich Wasser nachtrinken.
P302a: BEI BERÜHRUNG MIT DER HAUT: sofort mit viel
Wasser abwaschen.
P305a: BEI BERÜHRUNG MIT DEN AUGEN: Sofort mit viel
Wasser, auch unter den Augenlidern, ausspülen.
P501: Inhalt/Behälter einer anerkannten Abfallentsorgungsanlage
zuführen.

Verpackungen < 125 ml
Achtung
H302: Gesundheitsschädlich bei Verschlucken.
H317: Kann allergische Hautreaktionen verursachen.
P101: Ist ärztlicher Rat erforderlich, Verpackung oder
Kennzeichnungsetikett bereithalten.
P102: Darf nicht in die Hände von Kindern gelangen.
P262: Nicht in die Augen, auf die Haut oder auf die Kleidung
gelangen lassen.

Erstaunlich ist daher das Werbe-Video aus welchem Heidi folgendes Bild kopiert hat:

Adesectin-Spritzen ohne Handschuhe. Quelle: Werbe-Film.

Adesectin-Spritzen ohne Handschuhe. Quelle: Werbe-Film.

 

"Hinterlassen Sie bei Ihren Besuchern einen perfekten Eindruck mit einem sauberen Haus ... Quelle: Werbefilm AdeSectin.

„Hinterlassen Sie bei Ihren Besuchern einen perfekten Eindruck mit einem sauberen Haus …“ Quelle: Werbefilm AdeSectin.

Deltamethrin, Wikipedia

Pflanzenschutzmittelverzeichnis, Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV), Deltamethrin

AdeSectin – Langzeitschutz vor lästigen Spinnweben, Video. adesectin.ch

Spinnenphobie bei der Schweizerischen Südostbahn? Fausta Borsani, ohneGift 25.9.21

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Chlorothalonil tötet Pilze … und schädigt Bienen und Hummel

19. Mai 2021
Copyright: Wanyi Zhu et al. 2014

Copyright: Wanyi Zhu et al. 2014

Bienen und Hummel erbringen lebenswichtige Bestäubungsleistungen für die Mehrzahl der blühenden Pflanzen sowohl in natürlichen als auch in landwirtschaftlichen Systemen. Pestizide sind eine Ursache der Schädigung von Insekten. Selbst Fungizide, die im Allgemeinen als sicher für Bienen gelten, können nachweislich die Entwicklung von Honigbienen stören und das Verhalten von Hummeln beeinträchtigen.

Fungizid beeinträchtigt Hummelkolonie

Es ist jedoch wenig darüber bekannt, wie Fungizide das Wachstum von Hummelvölkern beeinflussen können. WissenschaftlerInnen der Universität Wisconsin und des United States Department of Agriculture Madison untersuchten die Auswirkungen von feldrelevanten Mengen des Fungizids Chlorothalonil auf Kolonien einer einheimischen Hummelart (Bombus impatiens). Hummelvölker, die dem Fungizid ausgesetzt waren, produzierten weniger Arbeiterinnen, hatten eine geringere Gesamtbiomasse an Bienen und leichtere Königinnen als die Kontrollkolonien. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass Fungizide, in diesem Fall Chlorothalonil, den Erfolg dieser Hummelkolonien negativ beeinflussen.

Toxizität von Pestiziden für Honigbienenlarven

Forschende an der Pennsylvania State University untersuchten die chronische orale Toxizität der vier am häufigsten in Pollen und Wachs nachgewiesenen Pestizide – Fluvalinat, Coumaphos, Chlorothalonil und Chlorpyrifos – für Honigbienenlarven. Alle Pestizide lösten einen signifikanten Anstieg der Larvensterblichkeit im Vergleich zu unbehandelten Larven um mehr als das Zweifache aus, mit einem starken Anstieg nach drei Tagen der Exposition.

Unter diesen vier Pestiziden waren die Honigbienenlarven im Vergleich zu den erwachsenen Tieren am empfindlichsten gegenüber Chlorothalonil. Die WissenschaftlerI testeten auch den üblichen „inerten“ Inhaltsstoff N-Methyl-2-Pyrrolidon in sieben Konzentrationen und dokumentierten seine hohe Toxizität für Bienenlarven. Sie zeigten, dass eine chronische Nahrungsexposition gegenüber einem Fungizid, Pestizidmischungen und einem Formulierungslösungsmittel das Potenzial hat, sich auf Honigbienenpopulationen auszuwirken, und dass dies weitere Untersuchungen nötig macht.

Diese Studien wurden bereits 2014 bzw. 2015 veröffentlicht und es gibt viele ähnliche Studien. Trotzdem werden die Bestäuber zu wenig geschützt.

Four Common Pesticides, Their Mixtures and a Formulation Solvent in the Hive Environment Have High Oral Toxicity to Honey Bee Larvae. Published: January 8, 2014, https://doi.org/10.1371/journal.pone.0077547

Colonies of Bumble Bees (Bombus impatiens) Produce Fewer Workers, Less Bee Biomass, and Have Smaller Mother Queens Following Fungicide Exposure. Insects 2015, 6(2), 478-488; https://doi.org/10.3390/insects6020478

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Pestizide: Wasserpilze zu wenig geschützt

25. Februar 2015

Laub in Bächen liefert Energie und Nährstoffe für Wasserorganismen. Auch in angrenzende Landökosysteme liefern Bäche viel Energie und Nährstoffe, z.B. über den Schlupf von Insektenlarven, die ihrerseits Futter für Amphibien oder Fledermäuse sind. Das Foto zeigt den Hainbach bei Frankweiler zur Zeit des Laubfalls. Foto: Jochen Zubrod, Universität Koblenz-Landau

Laub in Bächen liefert Energie und Nährstoffe für Wasserorganismen. Auch in angrenzende Landökosysteme liefern Bäche viel Energie und Nährstoffe, z.B. über den Schlupf von Insektenlarven, die ihrerseits Futter für Amphibien oder Fledermäuse sind. Das Foto zeigt den Hainbach bei Frankweiler zur Zeit des Laubfalls. Foto: Jochen Zubrod, Universität Koblenz-Landau

“Gewässer sind häufig stärker belastet als vorhergesagt… Das Verfahren zur Zulassung von Pflanzenschutzmitteln in der EU bedarf einer Überarbeitung…“ das forderte die Universität Koblenz-Landau vor mehr als einem Jahr aufgrund einer Studie mit Fungiziden, siehe Pflanzenschutzmittel-Risikobewertung in der EU praxisfern – In der Schweiz? Heidis Mist 12.12.13. Ähnlich alarmierend waren die Resultate einer Insektizid-Studie derselben Universität, siehe Medieninformation vom 8.8.12. Die Prüfung von Pflanzenschutzmitteln ist aufwändig, weshalb sich die Schweizer Zulassungsbehörde grösstenteils auf Angaben der Hersteller und Prüfresultate der EU stützt.

Pilze: Basis der Nahrungskette

Pilze haben in Bachökosystemen die zentrale ökologische Rolle, eingetragenes Laubmaterial „vorzuverdauen“ und dadurch die enthaltene Energie sowie die enthaltenen Nährstoffe für andere Wasserorganismen wie Insektenlarven oder Kleinkrebse verfügbar zu machen. Diese wiederum dienen unter anderem Fischen als Nahrung.

Auch in angrenzende Landökosysteme liefern Bäche Energie und Nährstoffe, beispielsweise über den Schlupf von Insektenlarven, die ihrerseits Futter für Amphibien oder Fledermäuse sind. Werden die an der Basis der Nahrungskette stehenden Pilze gefährdet, kann sich dies daher über die ökologischen Ebenen hinweg auswirken.

Fungizide gefährden Wasserökosystem

In der Landwirtschaft eingesetzte Fungizide gefährden diese Pilze, was weitreichende ökologische Folgen haben könnte. Das zeigen zwei neue Studien des Instituts für Umweltwissenschaften der Universität Koblenz-Landau. Untersucht wurden synthetische (künstlich erzeugte) Pilzbekämpfungsmittel (Azoxystrobin, Carbendazim, Cyprodinil, Quinoxyfen und Tebuconazol) sowie die anorganischen Fungizide Kupfer und Schwefel, die zu den ältesten Fungiziden zählen; beide werden auch in der ökologischen Landwirtschaft eingesetzt.

Kupfer und Tebuconazol bereits in sehr niedrigen Konzentrationen schädlich

Die Landauer Forscher konnten zum einen zeigen, dass die untersuchten Fungizide Zusammensetzung und Wachstum der Pilzgemeinschaften auf Laub verändern können. Zudem wiesen sie nach, dass besonders Kupfer und Tebuconazol bereits bei sehr niedrigen Konzentrationen die Abbauleistung der Pilze beeinträchtigen. Tebuconazol gehört zu einer Wirkstoffgruppe, die ein Fünftel aller in Europa zugelassenen Fungizide umfasst.

Wirkung von Fungiziden auf Wasserpilze bisher weitestgehend ignoriert

„Die Ergebnisse der Studie zeigen eindeutig, dass die aktuelle Risikobewertung von Fungiziden in Europa Konzentrationen im Gewässer zulässt, die für aquatische Pilze nicht als sicher einzustufen sind“, erklärt Jochen Zubrod, der Erstautor der beiden Studien. „Obwohl aquatische Pilze für Bachökosysteme von grundlegender Bedeutung sind, wurde ihre Beeinflussung durch Fungizide bislang von Wissenschaft wie auch von regulatorischer Seite weitestgehend ignoriert“, so Zubrod weiter.

Neue Testsysteme für PSM-Zulassungsverfahren nötig

Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit hatte bereits 2013 – als Reaktion auf eine frühere Landauer Studie – vorgeschlagen, geeignetere Testverfahren während des Zulassungsverfahrens von Fungiziden zu nutzen. Bislang ist das aber nicht verpflichtend und wird daher auch nicht praktiziert. Zum Schutze des Gewässerökosystems müssten während des Zulassungsverfahrens für Pilzbekämpfungsmittel zwingend geeignetere Testsysteme zum Einsatz kommen.

EU-Zulassungsverfahren für Fungizide schützt Schlüsselorganismen in Bachökosystemen nicht ausreichend, Medieninformation der Universität Koblenz-Landau vom 25.2.15

Postwendender Kommentar eines Gewässerschützers zur Medieninformation: „Leider interessiert das wirklich Wichtige so gut wie niemanden … Kommt den Leuten offenbar zu kleinfitzelig vor – dabei sind gerade DAS die Lebensgrundlagen.“

Die Studien:

Synthetische Fungizide

Die Studie „Does the current fungicide risk assessment provide sufficient protection for key drivers in aquatic ecosystem functioning?”, Jochen P. Zubrod, Dominic Englert, Alexander Feckler, Natalia Koksharova, Marco Konschak, Rebecca Bundschuh, Nadja Schnetzer, Katja Englert, Ralf Schulz, Mirco Bundschuh wurde publiziert in Environmental Science & Technology. Sie ist online abrufbar unter:
http://pubs.acs.org/doi/abs/10.1021/es5050453

Anorganische Fungizide

Die Studie „Inorganic fungicides as routinely applied in organic and conventional agriculture can increase palatability but reduce microbial decomposition of leaf litter”, Jochen P. Zubrod, Alexander Feckler, Dominic Englert, Natalia Koksharova, Ricki R. Rosenfeldt, Frank Seitz, Ralf Schulz, Mirco Bundschuh wurde publiziert in Journal of Applied Ecology. Sie ist online abrufbar unter:
http://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1111/1365-2664.12393/abstract

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Reldan 22 in der Schweiz erlaubt, in Deutschland (noch) verboten

24. Juni 2014

Das Insektizid Reldan 22 wird z.B. im Getreideanbau gegen das Getreidehähnchen eingesetzt. Es ist ein breit wirksames Insektizid. Einsatzgebiete: Kernobst- und Rebbau, Getreide, Raps, Gewächshauskulturen, Zierpflanzenanbau und gegen den Buchsbaumzünsler.

Das Insektizid Reldan 22 wird z.B. im Getreideanbau gegen das Getreidehähnchen eingesetzt. Es ist ein breit wirksames Insektizid. Einsatzgebiete: Kernobst- und Rebbau, Getreide, Raps, Gewächshauskulturen, Zierpflanzenanbau und gegen den Buchsbaumzünsler.

„Die Aufregung war groß, als Angelika Leistikow, Leiterin des NABU-Arbeitskreises Hornissenschutz, erfuhr, dass auf Grünlandflächen in der Nähe von Wipperfürth-Thier und Wipperfeld (Nordrhein-Westfalen) ein Insektizid zu Versuchszwecken ausgebracht werden sollte. Das Insektizid RELDAN 22, mit dem Wirkstoff Chlorpyrifos-methyl ist derzeit in Deutschland für die normale Anwendung in der Landwirtschaft offenbar nicht zugelassen. Das soll sich jetzt ändern: Ein Forschungsinstitut aus Leverkusen sollte – im Auftrag eines global agierenden Pestizid-Unternehmens – im Oberbergischen testen, wie das Insektizid auf verschiedene Mäusearten wirkt… Laut technischem Datenblatt für RELDAN 22 führt eine Dampfphase des Giftstoffes dazu, dass auch nicht bespritzte Randflächen kontaminiert werden… Im ursprünglich geplanten Testgebiet sind die Giftversuche nach jetzigem Stand gestoppt, denn im Wasserschutzgebiet ist Giftausbringung verboten…“, NABU Oberberg ist besorgt wegen des Insektizid-Versuchs bei Wipperfürth, Oberberg-Nachrichten vom 23.6.14.

In der Schweiz ist Reldan 22 für verschiedene Kulturen zugelassen: Kernobst, Reben, Gewächshaus, Getreide, Raps, Buchsbäume, Zierpflanzen. Reldan 22 ist gemäss den Angaben im Pflanzenschutzmittelverzeichnis gefährlich für Bienen und sehr giftig für Wasserorganismen. Das Insektizid wirkt gegen Schädlinge wie Käfer, Läuse, Falter, Wanzen, Zikaden, Wespen, Mücken, Thripse… Heidi nimmt daher an, dass Reldan 22 sehr viele unterschiedliche Insekten tötet, nicht nur die Schädlinge, welche die Bauern vernichten möchten.

Werden die 13 Auflagen und Bemerkungen zum Produkt eingehalten? Zum Beispiel der Abstand zu Oberflächengewässern für Obstkulturen, Reben, Buchsbäume und Zierpflanzen von 50 m? Oder 20 m bei Getreide und Raps? Wie immer gibt es Ausnahmen: „… Ausnahmen gemäss den Weisungen des BLW„. „Wo findet man diese Weisungen?, frägt sich Heidi. Eine regelmässige amtliche Kontrolle gibt es nicht.

Für Obst- und Weinbau gilt: „… Darf nicht mit blühenden oder Honigtau aufweisenden Pflanzen (z.B. Kulturen, Einsaaten, Unkräutern, Nachbarkulturen, Hecken) in Kontakt kommen. Blühende Einsaaten oder Unkräuter sind vor der Behandlung zu entfernen (am Vortag mähen/mulchen). “ Übrige Kulturen ohne Gewächshaus: „Darf nicht mit blühenden oder Honigtau aufweisenden Pflanzen (z.B. Kulturen, Einsaaten, Unkräutern, Nachbarkulturen, Hecken) in Kontakt kommen.“ Diese Forderungen sind einmal mehr praxisfremd, auch beim besten Willen der Bauern nicht korrekt umsetzbar. Schon der kleinste Windstoss stösst die gute Absicht um.

NABU Oberberg traut den Behörden nicht und ist besorgt … Heidi meint: Auch in der Schweiz muss man den Behörden genau auf die Finger schauen. Haben Sie schon einmal im Pflanzenschutzmittelverzeichnis geblättert?

Grüne sehen Kreis in der Pflicht, Bergische Landeszeitung vom 22.6.14. Danke Grünwolf für den Hinweis.

Larven des Rapsglanzkäfers

Larven des Rapsglanzkäfers

Nachtrag: Reldan 22 ist gemäss Hersteller in Deutschland für die Bekämpfung des Rapsglanzkäpfers zugelassen. Der Feldversuch sei im Hinblick auf eine Neuzulassung geplant. Heidi hat dieses Produkt aber im Deutschen Pflanzenschutzmittel-Verzeichnis nicht gefunden, siehe Raps/Rapsglanzkäfer. Der Wupperverband, der die zweitgrößte Trinkwassertalsperre Deutschlands betreibt, erfuhr durch eine Anfrage der Bergischen Zeitung vom geplanten Versuch und intervenierte beim Auftraggeber der Studie, der dann den Auftrag zurück zog, Bergische Landeszeitung, Pestizid-Versuch ist gestoppt, 18.6.14.

Medieninformation des Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit vom 3.4.7, BVL wirkt an Strategie zur Bekämpfung resistenter Rapsglanzkäfer mit: „… Beide Mittel sind daher nur im Fall einer drohenden Gefahr eines starken Befalls nach einem Warndiensthinweis durch die amtlichen Dienste der Länder anzuwenden… Im Mittelpunkt steht dabei die Einhaltung der Bienenschutzverordnung, da sowohl Ultracid 40 wie Reldan 22 bienengefährlich sind. Verstöße gegen diese Verordnung können mit bis zu 50.000 Euro geahndet werden. Das BVL hat ferner daran erinnert, dass gemäß dieser Verordnung ein Bestand bereits dann als blühend zu verstehen ist, wenn in diesem nur eine blühende Pflanze, egal welcher Art, aufzufinden ist.

Eine Sonderbewilligung wurde erteilt, siehe Kleine Anfrage an den Deutschen Bundestag und Antwort der Bundesregierung, Auswirkungen der Bekämpfungsmethoden des Rapsglanzkäfers auf die Bienen und die Imkerei, 28.3.7. Resistenzbildung ist ein uraltes Problem!

Nachtrag 19.7.14: Flächen für Gift-Test ein Irrtum? Bergische Landeszeitung vom 18.7.14. „Nach der Gemeinde Lindlar hat nun auch die Gemeinde Kürten bei den Aufsichtsbehörden interveniert und Aufklärung verlangt. Dabei wurde offenbar klar, dass die Flächen nahe der Großen Dhünn-Talsperre praktisch „aus Versehen“ für den Versuch vorgesehen worden sind … Das Bundesamt hatte nach Darstellung der beiden Verwaltungen in Lindlar und Kürten die Genehmigung erteilt und gemäß Gesetz dem Pflanzenschutzdienst NRW mitgeteilt. Die betroffenen Gemeinden erfuhren zunächst nichts davon: Eine Hinweispflicht gegenüber Kommunen besteht nicht.

24.6.14 HOME

Pflanzenschutzmittel-Risikobewertung in der EU praxisfern – In der Schweiz?

12. Dezember 2013

Die Risiken von Pflanzenschutzmitteln werden in der Schweiz nach ähnlichen Kriterien bewertet wie in der EU. Sind diese also ebenfalls praxisfern?

Die Risiken von Pflanzenschutzmitteln werden in der Schweiz nach ähnlichen Kriterien bewertet wie in der EU. Sind diese also ebenfalls praxisfern?

„Gewässer sind häufig stärker belastet als vorhergesagt.“ steht in der Medieninformation der Universität Koblenz-Landau vom 11.12.13. Weiter heisst es: „Das Verfahren zur Zulassung von Pflanzenschutzmitteln in der EU bedarf einer Überarbeitung. Dies bestätigt eine aktuelle Untersuchung des Instituts für Umweltwissenschaften Landau. Demnach ist die in Gewässern nachgewiesene Menge an Mitteln gegen Pilzbefall (Fungizide) oft deutlich höher als die aktuellen Berechnungsmodelle im Zulassungsprozess vorhersagen. Bereits im vergangenen Jahr zeigte eine Studie des Instituts ein ähnlich alarmierendes Ergebnis bei Mitteln gegen Insektenbefall (Insektizide).“

Vollständige Medieninformation
Studie: Bestehende Risikobewertung für Pflanzenschutzmittel in der EU ist praxisfern, Institut für Umweltwissenschaften Landau, Universität Koblenz-Landau, 11.12.13

Wissenschaftliche Studie:
Fungicide Field Concentrations Exceed FOCUS Surface Water Predictions: Urgent Need of Model Improvement, Anja Knäbel, Karsten Meyer, Jörg Rapp, Ralf Schulz, Environmental Science & Technology, American Chemical Society; nur Abstract gratis zugänglich.

In der Gemeinde Mals in Österreich werden die Bürger darüber abstimmen können, ob weiterhin bestimmte Pestizid-Klassen in der Landwirtschaft verwendet werden dürfen oder nicht. Die Promotoren der Anti-Pestizid-Voksabstimmung sind der Meinung, dass Pestizide gefährlich sind. Sie stehen unter anderem im Verdacht, Krebs auszulösen.
Pestizid-Gegner zeigen sich erfreut, Südtirol online, 11.12.13; Quelle Grünwolf

12.12.13 HOME


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