Ein Leser schrieb Heidi aufgrund ihres Artikels Es geschah am Mittwoch: stechiger Güllegestank wie noch nie!
„Auch wir leiden ungefähr einen Monat im Frühling jedes Jahr unter Güllegestank. Meine Fragen:
- Gibt es kein Menschenrecht auf REINE Atemluft?
- Gibt es Grenzwerte für Ammoniak in der Atemluft?
- Könnte ich mit den propagierten Ammoniakmessstreifen eine Klage einreichen und diese als Beweismittel einsetzen?“
Saubere Luft als Menschenrecht wird häufig zitiert, denn v.a. in Grossstädten ist die Luft meist schlecht. Im Immisonsschutzbericht von Sachsen-Anhalt steht: „Saubere Luft ist ein Menschenrecht. Dort, wo die Luft mit Schadstoffen belastet ist, soll sie sauberer werden und wo sie eine hohe Qualität aufweist, soll keine Verschlechterung eintreten.“
Agrarbericht 2020 über Ammoniakemissionen
Der grösste Anteil des Ammoniaks aus der Landwirtschaft entweicht im Stall/Laufhof und bei der Gülleausbringung (je zwischen 32 und 35%). Die Entwicklung des Tierbestandes hat einen grossen Einfluss auf die Ammoniakemissionen. Dieser ist aber seit 25 Jahren konstant hoch, demzufolge auch die Ammoniakemissionen!
Der Bundesrat hat Massnahmen beschlossen
Das Umweltziel „Ammoniakemissionen“ ist längst nicht erreicht. Der Bundesrat hat u.a das Folgende beschlossen: Nachdem Verfahren zur emissionsarmen Ausbringung von Hofdüngern während über zehn Jahren vom Bund finanziell gefördert worden sind, gilt es heute als Stand der Technik. Der Bundesrat hat beschlossen, solche Verfahren – zusammen mit der dauerhaften Abdeckung von Güllelagern – ab dem 1. Januar 2022 in der Luftreinhalte-Verordnung und in der Direktzahlungsverordnung zur Pflicht zu machen (vgl. Website BLW).
In der EU gelten seit 1.1.16 strengere Richtlinien für das Ausbringen von Gülle (Gülle ausbringen: Diese Techniken sind weiter erlaubt.) und wenn Hofdünger auf Äcker ausgebracht werden, dann müssen sie innert vier Stunden eingearbeitet werden. So hinkt die Schweiz mit Umweltmassnahmen in der Landwirtschaft oft viele Jahre hinter der EU her.
Statt Grenzwert „Critical Level/Load“
Die Luftreinhalte-Verordnung (LRV) legt keinen Immissionsgrenzwert für Ammoniak fest, jedoch wird der Critical Level der United Nations Economic Commission for Europe (UN/ECE) in der Praxis einem Immissionsgrenzwert gleichgesetzt. Er definiert die kritische Konzentration bzw. Dosis eines Schadstoffes in der Atmosphäre. Überschreitet er den Grenzwert, können bei Pflanzen, Tieren oder Menschen nachteilige Effekte auftreten. Die entsprechenden Werte für Wälder, Moore usw vielerorts überschritten, dies aufgrund des hohen Tierbestandes siehe Es geschah am Mittwoch: stechiger Güllegestank wie noch nie!
Zwei Beispiele für „Critical Level“ Ammoniak:
1 μg NH3/m3 für empfindliche Moose und Flechten
3 μg NH3/m3 für höhere Pflanzen
Für Menschen habe ich keinen Critical Level bzw. Load gefunden, obwohl in entsprechenden Publikationen die Gefahr für die menschliche Gesundheit fast immer erwähnt ist. Die SUVA nennt aber einen MAK-Wert für Ammoniak am Arbeitsplatz: MAK 1 = 20 ppm, MAK 2 = 14 mg/m3.
Es dürfte schwierig sein, Bauern mit einer eigenen Messung einzuklagen, obwohl saubere Luft ein Menschenrecht ist. Was du machen kannst, das ist mithilfe deiner Messungresultate Massnahmen zur Emissionssenkung zu verlangen. Die Beratung sollte hier aktiv werden. Viele Faktoren spielen eine Rolle, etwa auch Temperatur. Hilfreiche Informationen gibt es hier von Agrofutura: Wissenstransfer Ammoniak.
Viele Informationen zu Ammoniak auf Wikipedia
Immissionsschutzbericht 2019: Gute Luftqualität im Land. Landesamt für Umweltschutz Sachsen-Anhalt, 29.10.20
Ammoniakemissionen. Agrarbericht 2020
Gülle ausbringen: Diese Techniken sind weiter erlaubt. Agrarheute14.1.21
Es geschah am Mittwoch: stechiger Güllegestank wie noch nie! Heidis Mist vom 5.3.21
7.3.21 HOME