
Wenn die Tiere im Laufhof sind, muss die Rohrkrümmung im Laufhofschacht so gerichtet sein, dass das Abwasser in das Güllelager fliesst. Nach dem Abtransport der Tiere auf die Alp und der Reinigung des Laufhofs wird die Rohrkrümmung verstellt, damit das Niederschlagswasser in den Bach fliesst, direkt oder auf Umwegen. So wenigstens will es die Theorie. 3 verschiedene Bau-Varianten Bündner Laufhofschacht.
Wer im Internet „Laufhofschacht“ sucht, der/die landet bestenfalls auf Heidis Mist, denn das ist eine echte Bündner Spezialität, nirgendwo sonst zu finden. Der dauernd zugängliche Laufhof bietet den Tieren frische Luft und Sonnenschein, was zu ihrem Wohlbefinden wesentlich beiträgt. Florence Nightingale erkannte diese positive Wirkung auf die Gesundheit bzw. auf ihre Kranken. In Zeiten der Antibiotika-Resistenz von Krankheitskeimen erinnern sich Fachleute neuerdings an ihre Entdeckung. Der Energiesparmassnahmen wegen sind die Empfehlungen von Florence Nightingale nicht einfach umzusetzen, etwa häufiges Lüften der Krankenzimmer. Ein Teil der Schweizer Nutztiere hat das Privileg Laufhof: Die Tiere können jederzeit an die frische Luft.
Zurück zu den Bündner Laufhofschächten! In der übrigen Schweiz entwässert der Laufhof in die Güllegrube oder, wenn längere Zeit keine Tiere im Stall sind, nach der Reinigung flächig in die angrenzende Wiese.
Nicht so in Graubünden! Es gibt die Laufhofschächte mit Weiche „Güllegrube“ oder „Bach“, siehe Fotomontage. Sie sind gang und gäbe, das weiss der Geissenpeter zu berichten, und er muss es ja wissen, denn er ist Kontrolleur, siehe Das BLW verteilt jedes Jahr fast 3 Milliarden Franken Steuergelder gutgläubig an die Bauern. Er sieht kein Problem, denn neun Zehntel der Bauern würden sich an die Regeln halten und die Weiche lediglich im Sommer auf Bach stellen, wenn die Tiere auf der Alp sind. „Das sind nur die offiziell entdeckten Widerhandlungen!“ meint Heidi, denn wer sieht schon, wenn die Weiche „aus Versehen“ in die falsche Richtung weist? In langen Wintern ist die Versuchung gross, der Weiche einen Schubs Richtung Bach zu geben, desgleichen wenn die Güllegrube zu klein ist (in Graubünden gibt es noch keine Kontrolle der Hofdüngeranlagen).
Die Integration des Laufhofschachts in die Hofentwässerung ist vielfältig. Nicht immer führt der Ablauf direkt zum Bach (Variante 1 Fotomontage). Der Bauer plant die Ableitung z.B. zusammen mit Dachabwasser, also führt das Rohr zum Meteorwasserschacht; von dort gelangt das Laufhofabwasser zusammen mit dem Dachabwasser in den Bach (Variante 2 Fotomontage). Im Herbst, nach der Rückkehr der Tiere von der Alp, gibt es plötzlich viel Arbeit, wer denkt da zuerst ans Umstellen des Laufhofschachts. Wenn es regnet, wird das Laufhofabwasser mit dem Dachabwasser verdünnt und hinterlässt kaum Spuren. Sollte es trotzdem ein bisschen schäumen, dann fällt der Verdacht zuerst auf andere Quellen, etwa Lärchennadeln. Denn „Lärchenbächlein“ schäumen, das hat Heidi im Zusammenhang mit Hofabwässern gelernt; dummerweise auch dann, wenn weit und breit keine Lärche wächst. Bevor der Verdacht auf allfällige andere Verschmutzungsquellen fällt, ist das Ganze vergessen.
Eine weitere Variante ist das Ableiten des Sommer-Laufhofabwassers (statt direkt in den Bach oder über einen Meteorwasserschacht) in den Mistsickerschacht, von dort in den Meteorwasserschacht und dann in den Bach, frei nach dem Motto „The solution to pollution is dilution“. Diese Variante ist gar nicht so abwegig, wenn man bedenkt, dass das direkte Ableiten von Mistsickerwasser in Bäche immer noch einigermassen (wie stark?) verbreitet ist. Es dürfte die kostensparendste Variante sein, siehe Variante 3 auf der Fotomontage. Aber Achtung: heute offiziell verboten. Doch wer erwischt wird kann sich meist herausreden, kommt mit einer kleinen Busse auf Bewährung weg.
Zu hoffen ist, dass die tierfreundlichen Laufhöfe wegen der Laufhofschächte nicht in Verruf geraten. Obwohl diese Bündner Spezialität relativ neu ist, wäre es für den Schutz der Gewässer und den Ruf des Tierschutzes besser, wenn die Laufhofschächte der gewässerschutzkonformen Lösung der „übrigen Schweiz“ weichen müssten, bevor sie definitiv zur Tradition werden. Traditionen sind schwer zu bekämpfen, davon kann Heidi ein Liedlein singen: Misthaufen im Feld, Misthaufen im Feld … !
6.2.14 HOME
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