
Informationen zum mangelnden Vollzug Tierschutz, Schweizer Tierschutz STS, undatiert
Gestern abend hat Heidi sich die vielen Meldungen im elektronischen Postfach vorgenommen und ist beim 2. Tierschutzbericht 2011 des Bundesamt für Veterinärwesen (BVET) hängen geblieben. Zwar führte die ihn ankündigende Medieninformation vom 3.10.12 nicht direkt zum Bericht, aber wer suchet, die findet. Seite 8 hat Heidi folgenden Satz gelesen:
«Die alten Ställe, in denen das Vieh lange Wintermonate ohne viel Tageslicht und ohne frische Luft verbrachte, sind zum Glück heute nur noch Kindheitserinnerungen und das ist gut so. Die Nutztiere werden heute gut gehalten. Die Haltevorschriften entsprechen einem Vier-Sterne-Hotel mit Fitnesscenter. Aber wir müssen aufpassen, dass wir nicht dem helvetischen Perfektionismus verfallen, denn die Gesellschaft möchte heute in Bezug auf das Tierwohl die Sterne vom Himmel holen, egal ob für Kühe oder für Wellensittiche. Wenn das so weiter geht, könnte den Bauern die Tierhaltung langsam verleiden.» Pierre-François Veillon, Nationalrat und Ingenieur-Agronom / Direktor eines landwirtschaftlichen Treuhandbüros.
Gut geht’s vielen Schweizer Nutztieren, aber lange nicht allen, wie das im Tierschutzbericht 2011 hingestellt wird. Etwa der Schlussbericht Auditprogramm BLK Tierschutz zeigt zum Teil gravierende Mängel beim Vollzug auf. Die alten dunklen Rindviehställe sind selten geworden, aber in verschiedenen Gebieten der Schweiz durchaus noch in Betrieb, häufig praktisch ohne oder mit seltenem Winterauslauf (Bauern kontrollieren Bauern). Als Nationalrat Pierre-Francois Veillon ein Kind war, da durfte das Rindvieh zweimal täglich zur Tränke ins Freie, während dieses Vergnügen den heutigen Bewohner dieser Ställe selten zugestanden wird, im von Heidi beobachteten Extremfall sind das mehr als 3 Monate dunkles Verlies. Schafe sind weniger privilegiert als das Rindvieh; wo sind sie im Winter, und wer beaufsichtigt sie im Sommer? Und ein Blick in das Tierschutz-Kontrollhandbuch Mastgeflügel zeigt, dass das Leben der „Poulets“ nicht mit einem Aufenthalt im Vier-Stern-Hotel zu vergleichen ist, was auch nicht zu erwarten ist in Anbetracht der Tatsache, dass ein Grossteil der heute üblichen Zuchtrassen schnellwachsend ist, also aus einem Küken in 30-40 Tagen ein Poulet wird. Kein Wunder, dass die Schlachtreifen nicht mehr so sicher auf den Beinen stehen!
Die grafisch perfekt aufgemachte Farbbroschüre mit vielen grossen Fotos liefert Informationen und vertuscht gleichzeitig Missstände. Wieso hat die Schweiz mehrheitlich tierfreundliche Ställe? Weil KAG und Schweizer Tierschutz (STS) über Jahrzehnte massiv Druck aufsetzten und die Bevölkerung über die misslichen Zustände wie Käfighaltung der Hühner informierten. Auch heute ist Druck durchaus nötig, siehe Heidis Bericht Kalbfleisch: rosarot ohne Antibiotika. Mit 84 Prozent JA-Stimmen war das Schweizer Volk 1973 für einen umfassenden Tierschutz. Acht Jahre später traten Tierschutzgesetz und -verordnung in Kraft mit langen Übergangsfristen. Doch der Vollzug liess auf sich warten, die Fristen verstrichen weitgehend ungenutzt. Warum? Zitat aus dem Schwarzbuch „Vollzugs-Notstand im Tierschutz“ des STS: „Für die Durchsetzung des Gesetzes sind die Kantone verantwortlich. Der Bund hat zwar die Oberaufsicht, aber die Hände sind ihm weitgehend gebunden…“ Das kommt Heidi irgendwie bekannt vor! Der damalige freiburgische Kantonstierarzt brachte es auf den Punkt: Er denke nicht daran, das Gesetz zu vollziehen. Diesen Unsinn mache er nicht mit. Glücklicherweise seien die Kantone ihre eigenen Herren. Die Tierschutzvertreter seien halt Fanatiker. Tatsächlich? Im Schwarzbuch beginnen vier Titel mit „Unwahrheit Nr.“.
Der Schutz der Tiere durch Gesetze ist heute gut, es fehlt aber teilweise am Wille, diesen durchzusetzen. Wir haben als KonsumentInnen die Möglichkeit zu denken, zu handeln, zu wählen, abzustimmen, die Zukunft zu gestalten… wenn wir wollen. Und, wenn den Bauern, wie Pierre-François Veillon befürchtet, die Tierhaltung langsam verleidet, wäre das angesichts der Milchseen und Fleischberge, der entsprechenden Exporte und des Klimas weiter nicht so schlimm. Je länger sich Heidi mit den Nutztieren befasst, desto mehr ist ihr der Konsum der aus den Fressmaschinen resultierenden Produkte verleidet.
Die Kühe im Kanton Graubünden merken wenig von der Winterauslauf-Vorschrift, Vgt, VN 09-2. In diesem Artikel gibt es auch Bilder von alten dunklen Ställen – wie sie Heidi auch kennt – und unzulänglichen Mistlagern.
8.11.12 HOME
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