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Heidis Alp-Orakel zu Chlorothalonil …

11. Oktober 2022
BAFU: Chlorothalonil-Metaboliten im Grundwasser. Abgerufen am 10.10.22

BAFU: Chlorothalonil-Metaboliten im Grundwasser. Abgerufen am 10.10.22

Heidi ist erstaunt, dass sich die Geschäftsprüfungskommission des Nationalrates (GPK) plötzlich besorgt über den Zustand des Grundwassers zeigt. Bereits am 30.6.22 verschickte sie offenbar eine Medieninformation Grundwasserschutz: Angesichts der Vollzugsdefizite erwartet die GPK-N aktiveres Eingreifen des Bundesrates. Und im 10vor10 SRF vom 4.10.22 Bundesrat will besserer Schutz des Grundwassers werden die Pestizide, die (fehlenden) Schutzzonen, das Vollzugsdefizit bei den Kantonen und die mangelnde Oberaufsicht des BAFUs … angesprochen.

Die Überschreitungen der Nitrat-Werte, besonders im Mittelland, sind seit Jahrzehnten bekannt, die Konzentration von Pestiziden und ihrer Abbauprodukte kennt man auch schon lange. Doch Chlorothalonil hat mit den vielen Höchstwertüberschreitungen die Diskussionen über die Pestizidverschmutzungen erst recht entfacht.

Heidi hat das Alp-Orakel gefragt: „Was meinst du, was hat die GPK dazu bewegt, plötzlich mehr Grundwasserschutz zu fordern?“

Alp-Orakel:

Chlorothalonil: Entscheid Bundesverwaltungsgericht

Syngenta hat das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) eingeklagt, da dieses Chlorothalonil als „wahrscheinlich krebserregend“ und seine Metaboliten als „toxikologisch relevant“ eingestuft hatte, analog zur EU. In einem Zwischenentscheid hat das Bundesverwaltungsgericht vorläufig dem BLV untersagt, die Abbauprodukte öffentlich als „relevant“ zu bezeichnen. Was zu grosser Verunsicherung bei den Trinkwasserversorgern geführt hat: „Muss ich jetzt sanieren oder nicht?“

Viele Trinkwasserversorger haben ein ernsthaftes Problem mit Höchstwertüberschreitungen. Diese sind zum Teil massiv. Werden die Abbauprodukte vom Bundesverwaltungsgericht als „relevant“ bezeichnet, dann müssen die Trinkwasserversorger tief in die Tasche greifen, damit ihr Trinkwasser innert nützlicher Frist wieder rechtskonform wird. Es steht also viel Geld auf dem Spiel. Einige Trinkwasserversorger haben bereits gehandelt, viele aber warten zu. Dies verärgert die Kunden, denn es ist ihnen nicht einfach egal, ob sie Wasser trinken oder Wasser mit Chlorothalonil und seinen Metaboliten drin.

Das Bundesverwaltungsgericht hat die Akten beisammen. Der Entscheid wird demnächst erwartet, sicher noch dieses Jahr. Aufgrund der wissenschaftlichen Publikationen zu Chlorothalonil & Co. wage ich, dein Alp-Orakel, eine Prognose: Die Metaboliten werden als „relevant“ eingestuft werden. Sauberes Trinkwasser ist wichtig, daher MUSS es so kommen. Ich bin aber NUR ein Orakel und kann mich täuschen. Ich meine aber, dass es so nicht weitergehen kann. Schlimmstenfalls müsste das Urteil ans Bundesgericht weitergezogen werden.

Ich vermute, dass die GPK auch ein „relevant“ für die Chlorothalonil-Metaboliten befürchtet und daher energisch für mehr Trinkwasserschutz wirbt – ENDLICH!

Vernachlässigte Zuströmbereiche

Die GPK pocht auf den Grundwasserschutzzonen, die längst überall hätten ausgeschieden werden sollen, d.h. ab 1972. Damit lenkt sie von einem weiteren Problem ab, nämlich den Zuströmbereichen, die zwar einmal definiert wurden im Art. 29 der Gewässerschutzverordnung, aber jetzt ist das Parlament daran, etwas anderes zu basteln. Das folgende Vorgehen ist durchaus üblich: Man stellte fest, dass die alte Regelung nicht umgesetzt wird, also versucht man eine neue Regelung. Das ist kein sauberes Handeln, denn man müsste zumindest abklären wieso die Regelung NICHT funktioniert. Im Moment findet ein Hickhack im Parlament statt. Die 20.3625 Motion: Wirksamer Trinkwasserschutz durch Bestimmung der Zuströmbereiche von Roberto Zanetti vom 16.6.20 wurde vom Bundesrat am 2.9.20 zur Ablehnung empfohlen, aber dann vom Stände- und Nationalrat mit kleinen Änderungen gutgeheissen.

Bis zu einer definitiven Regelung wird es noch Jahre dauern und der Vollzug wird weitere Jahre beanspruchen. Diese Prognose kann ich, dein Alp-Orakel, mit grosser Sicherheit aussprechen.

Vorschläge GPK

Ich, dein Alp-Orakel, wage noch eine weitere Aussage: Es wird für die Umsetzung der vorgeschlagenen Massnahmen viel länger dauern als von der GPK gefordert.

BAFU: Chlorothalonil-Metaboliten im Grundwasser, abgerufen am 10.10.22

Hohe Krankheitslast und Kosten durch PFAS

29. Juli 2022

Am 21.3.22 schrieb der Verband Schweizer Abwasser- und Gewässerschutzfachleute (VSA) im Rahmen des Weltwassertags 2022: „Grundwasser – ein unsichtbarer Schatz … Zunehmend Sorge bereiten die so genannten Per- und Polyfluorierte Alkylverbindungen (PFAS). Diese PFAS sind in Outdoor- und Arbeitskleidung, Papier und Pizzakartons, Teppichen, Schmiermitteln, sowie Baustoffe und Löschschäumen enthalten. PFAS sind kaum abbaubar und manche gefährden die Gesundheit.“

Interpellation im Kanton Solothurn

Bereits am 8.3.22 hatte Marlene Fischer im Kanton Solothurn eine Interpellation zu den Per- und Polyfluorierte Alkylsubstanzen eingereicht: „… Das Auftreten von PFAS im Grundwasser der Schweiz wurde im Rahmen einer Pilotstudie der Nationalen Grundwasserbeobachtung NAQUA (2007-2008) analysiert. An 21 der 49 beprobten Messstellen wurden PFAS nachgewiesen. Die betroffenen Grundwassermessstellen lagen oft in der Nähe von Flüssen – denn PFAS können durch die üblichen Abwasserreinigungsverfahren nicht abgebaut werden, gelangen via Kläranlage in Flüsse und schliesslich ins Grundwasser. Jedoch gibt es Möglichkeiten, PFAS durch Aktivkohlefilterung grösstenteils aus dem Abwasser zu entfernen.“

Aus der Stellungnahme des Regierungsrates: „… Das Beispiel der hier genannten PFAS unterstreicht die grundsätzliche Bedeutung langlebiger Mikroverunreinigungen für die Sicherung der Wasserversorgung. Die Chemisierung unserer Umwelt gepaart mit der grossen Vielzahl verschiedener Substanzen, die in unsere Umwelt und speziell den Wasserkreislauf gelangen, erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass Einzelsubstanzen oder deren Kombinationen neu beurteilt werden und Risiken für die menschliche Gesundheit plötzlich nicht mehr auszuschliessen sind …“

Interpellation im Nationalrat

Auch im Nationalrat waren die PFAS kürzlich ein Thema: 21.3873 Interpellation von Ursula Schneider Schüttel vom 17.6.21: Welche in der Schweiz zugelassenen Wirkstoffe und Abbauprodukte gelten als „forever-chemicals“? „… Die Umweltorganisation „ohneGift“ hat an mehreren Standorten in der Schweiz die Konzentration von Trifluoracetat (TFA) im Seewasser und im daraus gewonnenen Trinkwasser gemessen. Wie gefährlich das „forever-chemical“ ist – es baut sich weder in der Umwelt, noch in Lebewesen ab -, ob es krebserregend ist oder wie es mit anderen chemischen Rückständen reagiert (Cocktail-Effekt), ist weitgehend unklar …“

In seiner Antwort schreibt der Bundesrat u.a. „Der Begriff „forever chemicals“ wird umgangssprachlich für per- und polyfluorierte Alkylverbindungen (PFAS) verwendet, zu welchen auch das Trifluoracetat (TFA) zählt … Das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) stuft TFA als einen sogenannten toxikologisch nicht-relevanten Metaboliten (Abbauprodukt) von Pflanzenschutzmitteln (PSM) ein … Aufgrund der Ergebnisse der Risikobeurteilung bei der Zulassung von PSM erwartet das BLW keine Konzentrationen von TFA über 10 Mikrogramm pro Liter im Grund- oder Trinkwasser. Das Auftreten von TFA als Abbauprodukt schliesst also eine Zulassung nicht generell aus …“

Studie zur Krankheitslast und den Kosten von PFAS

Ein Forscherteam des Department of Pediatrics, NYU Grossman School of Medicine, New York, USA hat die Krankheitslast und der Kosten der Exposition gegenüber Per- und Polyfluoralkylsubstanzen in den Vereinigten Staaten untersucht und kommt zu folgendem Ergebnis:

„In der vorliegenden Studie werden die jährliche Krankheitslast und die damit verbundenen sozialen Kosten der gegenwärtigen jährlichen Exposition gegenüber langkettigen PFAS mit mindestens 5,52 Milliarden Dollar beziffert, wobei unsere Sensitivitätsanalysen sogar bis zu 62,6 Milliarden Dollar ergeben. Regulierungsmassnahmen zur Begrenzung der laufenden Verwendung von PFAS und zur Sanierung kontaminierter Wasservorräte können erhebliche wirtschaftliche Vorteile bringen.“

Im Weiteren schreiben Vladislav Obsekov et al.: „Immer mehr Beweise bestätigen den Beitrag von Per- und Polyfluoralkylsubstanzen (PFAS) zur Krankheitslast und Behinderung über die gesamte Lebensspanne. Angesichts der Tatsache, dass politische Entscheidungsträger die hohen Kosten für die Sanierung und den Ersatz von PFAS durch sicherere Alternativen in Verbraucherprodukten als Hindernisse für die Bewältigung nachteiliger gesundheitlicher Folgen im Zusammenhang mit PFAS-Belastungen anführen, ist es wichtig, die Kosten der Untätigkeit zu dokumentieren, selbst wenn Unsicherheiten bestehen. Daher haben wir die Krankheitslast und die damit verbundenen wirtschaftlichen Kosten aufgrund von PFAS-Altlasten in den USA im Jahr 2018 quantifiziert.

Wir nutzten systematische Übersichten und verwendeten, wann immer möglich, meta-analytische Inputs, identifizierten zuvor veröffentlichte Expositions-Wirkungs-Beziehungen und berechneten die PFOA- und PFOS-bedingten Zunahmen bei 13 Erkrankungen. Diese Zuwächse wurden dann auf Zensusdaten angewandt, um die gesamten jährlichen PFOA- und PFOS-zuordenbaren Krankheitsfälle zu bestimmen, aus denen wir die wirtschaftlichen Kosten aufgrund von medizinischer Versorgung und Produktivitätsverlusten unter Verwendung zuvor veröffentlichter Daten zu den Krankheitskosten berechneten.

Obwohl weitere Arbeiten erforderlich sind, um die Wahrscheinlichkeit eines ursächlichen Zusammenhangs zu bewerten und die Auswirkungen der breiteren Kategorie von PFAS mit grösserer Sicherheit festzustellen, bestätigen die Ergebnisse erneut, dass Massnahmen des öffentlichen Gesundheitswesens und der Politik nach wie vor erforderlich sind, um die Exposition gegenüber PFOA und PFOS und ihre endokrinschädigenden Auswirkungen zu verringern.

Diese Studie zeigt die grossen potenziellen wirtschaftlichen Auswirkungen der Untätigkeit der Behörden.“

Obsekov, V., Kahn, L.G. & Trasande, L. Leveraging Systematic Reviews to Explore Disease Burden and Costs of Per- and Polyfluoroalkyl Substance Exposures in the United States. Expo Health (2022).

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PFAS: stabil und überall, auch im Skiwachs und Wasser

28. September 2021
Skigebiet Jakobshorn Davos: Noch liegt kein Schnee, aber es ist zu vermuten, dass Boden und Wasser PFAS aus Skiwachs enthalten..

Skigebiet Jakobshorn Davos: Noch liegt kein Schnee, aber Heidi vermutet, dass Boden und Wasser PFAS aus Skiwachs enthalten.

Perfluorierte Chemikalien (PFAS) werden aufgrund ihrer chemischen Stabilität und ihrer wasser- und fettabweisenden Eigenschaften in industriellen Prozessen verwendet und sind Bestandteil zahlreicher Produkte des täglichen Lebens wie Pfannen und wasserabstossende Kleider. Persistenz und Mobilität mehrerer PFAS haben zur weltweiten Verbreitung dieser Substanzen in der Umwelt geführt. Man bezeichnet sie daher als „forever“-Chemikalien, die „everywhere“ sind, auch in Eisbären. BBC hat heute einen ausführlichen Beitrag zum Thema veröffentlicht: The race to replace persistent chemicals in our homes.

Wir sind uns gar nicht bewusst, wie durchsetzt unser Alltag mit PFAS ist. Und wieder einmal ist die Analytik im Verzug. Das ist mit ein Grund, wieso in Trinkwasser in der Schweiz nur ein Höchstwert für PFOS, PFHxS und PFOA gilt. In der EU sind es mehr, doch die können das gar nicht zweckmässig messen.

Nur ein kleiner Teil der schier unfassbare Zahl der schädlichen Substanzen, die laufend in die Umwelt gelangen, sind bekannt, geschweige denn erforscht. Um PFAS geht es auch im Film Dark Water, wie es auch vielen nicht bewusst ist, dass es beim Film Erin Brokovich um Chrom VI geht, das erst vor wenigen Jahren auf dem Radar der Behörden in Europa erschien.

Warum kein Verbot von PFAS im Skiwachs?

In den Engadinerseen waren Fische mit PFAS belastet. Deren Ursprung fand man im Skiwachs. Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) hat daher ein Infomationsblatt „Gesundheitliche Gefahren durch per- und polyfluorierte Alkylverbindungen in Skiwachs“ herausgegeben. Die Fédération Internationale de Ski (FIS) hat die Verwendung von Fluorverbindungen im Spitzensport ab der Wintersaison 2020/2021 verboten. Jedoch existiert in der Schweiz noch kein allgemeines Verbot PFAS-haltiger Skiwachse.

Aufgrund bereits verbotener Verbindungen, verwenden einige Skiwachsproduzenten noch nicht regulierte PFAS für ihre Produkte, wie kurzkettigere Fluorverbindungen, jedoch stellen auch diese PFAS eine Gefahr für die Gesundheit und Umwelt dar. Die effektivste Massnahme, um mögliche Expositionen zu vermeiden,
ist deshalb die Verwendung von Skiwachs ohne fluorierte Verbindungen.

Fazit des BAG

  • Die Verwendung von fluorierten Skiwachsen, kann zur Aufnahme von PFAS in den Körper führen, insbesondere über die Atemwege.
  • PFAS akkumulieren im Organismus und verbleiben über Jahre im Körper.
  • Die langfristigen gesundheitlichen Gefahren durch PFAS sind noch nicht ausreichend charakterisiert; bereits heute ist unbestritten, dass sie einen negativen Einfluss auf den Cholesterolwert, das Immunsystem und die menschliche Entwicklung haben können.
  • Nebst den gesundheitlichen Risiken, tragen PFAS zur Verschmutzung der Umwelt bei, da diese Stoffe nicht abgebaut werden und sich teilweise in der Nahrungskette anreichern.
  • Vermeidung unnötiger PFAS Exposition durch die Verwendung PFAS-freier Skiwachse. PFAS-haltige Skiwachse/Skiwachsreste müssen via Sammelstellen oder Entsorgungshöfen entsorgt werden

Weshalb PFAS in Skiwachs?

Um die Gleiteigenschaften auf der Schneeunterlage zu verbessern, werden Langlaufskis, Alpinskis und Snowboards mit Wachsen behandelt. Oft verwenden Leute die Wachsprodukte, ohne sich dem Gesundheitsrisiko durch die eingeatmeten Dämpfe und Rauch bewusst zu sein. Beim Erhitzen oder Aufsprühen der Wachse entweicht eine Vielzahl von Chemikalien. Die Stoffe können über die Atemwege in den Körper gelangen. Insbesondere per- und polyfluorierte Alkylverbindungen reichern sich im Körper an und können sich langzeitig negativ auf die Gesundheit auswirken.

PFAS im Grundwasser

Pilotstudie der Nationalen Grundwasserbeobachtung NAQUA 2007/8

Pilotstudie der Nationalen Grundwasserbeobachtung NAQUA 2007/8

Im Rahmen einer Pilotstudie der Nationalen Grundwasserbeobachtung NAQUA wurden perfluorierte Chemikalien in den Jahren 2007 und 2008 an 21 der 49 beprobten TREND-Messstellen im Grundwasser nachgewiesen. Die Konzentrationen waren in der Regel gering. Mit Ausnahme einer Messstelle lagen die Konzentrationen unter 100 ng/l, an gut der Hälfte der Messstellen unter 10 ng/l. Wie aus gut informierter Quelle zu erfahren ist, sind die PFAS Bestandteil des diesjährigen NAQUA-Programms.

Mit „klimafreundlichen“ Kältemitteln vom Regen in die Traufe

Vollständig fluorierte Kältemittel sind klimaschädlich, weshalb sie z.B. durch kurzlebige (teil)fluorierte Stoffe mit niedrigerem Treibhauspotential ersetzt werden. Doch auch diese sind nicht die ideale Lösung. Wie eine Studie im Auftrag des Deutschen Umweltbundesamtes (UBA) zeigt, tragen sie zum Anstieg von Trifluoressigsäure in Regenwasser bei. Das UBA fordert deshalb den Wechsel zu natürlichen Kältemitteln wie Kohlenwasserstoffe.

Chemikalien in der Umwelt sind eines der drei Hauptprobleme, welche die Menschheit aktuell zu lösen hat: Klimawandel, Bevölkerungswachstum und Chemikalien.

Per- und polyfluorierte Alkylverbindungen, Wikipedia

The race to replace persistent chemicals in our homes. Christine Ro, BBC vom 28.9.21

Verordnung des EDI über Trinkwasser sowie Wasser in öffentlich zugänglichen Bädern und Duschanlagen

«Vergiften Langläufer unsere Fische?» 20minuten vom 14.1.21

Giftige Spuren im Schnee. Zeit online vom 25.1.21

«Dark Waters»: Vergiftete Wasser sind tief. SRF vom 15.10.20

Erin Brokovich – Eine wahre Geschithe. Wikipedia

Perfluorierte Chemikalien im Grundwasser. Bundesamt für Umwelt (BAFU)

Trifluoressigsäure in Regenwasser – Mit „klimafreundlichen“ Kältemitteln vom Regen in die Traufe. Martin Ittershaben, Laborpraxis vom 8.5.21

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Anilin: Wenig, wenig weiss man über Abbauprodukte von Pesti- und Bioziden

5. September 2020
<strong>Aniline</strong> (Also known as: phenylamine; cyanol; benzamine; benzidam. PPDB: Pesticide Properties DataBase. University of Hertfordshire. Stand 9.8.20 Neben gesicherten Daten zu Gesundheitsrisiken, gibt es ein Fragezeichen zur Krebsverursachung, keine Daten über hormonale Wirkung, Auswirkungen auf Fortpflanzung und Entwicklung usw.

Aniline (Also known as: phenylamine; cyanol; benzamine; benzidam. PPDB: Pesticide Properties DataBase. University of Hertfordshire. Stand 9.8.20. Neben gesicherten Daten zu Gesundheitsrisiken, gibt es ein Fragezeichen zur Krebsverursachung, keine Daten über hormonale Wirkung, Auswirkungen auf Fortpflanzung und Entwicklung usw.

Diuron ist ein für den Menschen und die Gewässerorganismen sehr gesundheitsschädigendes Pestizid. Heidi hat darüber berichtet im Artikel Pestizide: Wieso müssen wir uns informieren? In der Schweiz ist es sowohl als Pflanzenschutzmittel wie auch als Biozid zugelassen.

In Deutschland ist Diuron seit etwa 20 Jahren als Pflanzenschutzmittel verboten, seither sind die Grenzwertüberschreitungen im Grundwasser zurückgegangen. Bundesumweltamt: „Im Zeitraum von 1990 bis 1995 zu 1996 bis 2000 stieg die Zahl der Messstellen, an denen der Diurongehalt den Grenzwert von 0,1 µg/l überstieg, von 57 auf 67 an. In den folgenden Zeiträumen von 2001 bis 2005, von 2006 bis 2008 und von 2009 bis 2012 ging die Zahl der belasteten Messstellen auf 42, 37 bzw. 31 zurück.“

Das Gift darf auch in Deutschland noch zum Schutz von Fassaden verwendet werden. Das Bundesumweltamt sucht aber intensiv nach Alternativen.

Als Heidi ihren Artikel Pestizide: Wieso müssen wir uns informieren? vom 11.8.20 schrieb, wusste sie nicht, wieso die Abbauprodukte von Diuron nicht im Rahmen der Nationalen Grundwasserbeobachtung (NAQUA) untersucht werden, findet man doch im Grundwasser Diuron. Ihre Fragen dazu wurden postwendend von der Eawag beantwortet, aber nicht ebenso postwendend von Heidi veröffentlicht. Die Zeit vergeht mit A wie Aktualität, jetzt aber weiter zu Anilin & Co., den Metaboliten von Diuron!

Diuron und seine Metaboliten

Juliane Hollender, Abteilungsleiterin Umweltchemie der Eawag, antwortete wie folgt auf Heidis Fragen:

Welche Bedeutung hat Diuron in der Schweiz (Einsatz)?

Diuron wird als Pflanzenschutzmittel verkauft, im Durchschnitt 5 bis 10 Tonnen pro Jahr zwischen 2005 und 2015. Diese Produkt ist also nicht unbedeutend. Als Biozid wird es zum Teil auch in der Industrie eingesetzt. Wir finden es häufig in Kläranlagenabflüssen, d.h. es scheint eine Bedeutung als Biozid zu haben.

Gibt es Untersuchungen über die Abbauprodukte von Diuron im Grundwasser oder in Oberflächengewässern?

In einer Mesocosmenstudie (Knauert et al., 2008) haben wir die Bildung der Abbauprodukte (3,4-dichlorophenyl)-3-methylurea (DCPMU) und 3,4-dichlorphenyl-urea (DCPU) untersucht und DSPMU in einer Konzentration von bis zu 15% des zugesetzten Diurons gefunden, DCPU nicht. Es wurden allerdings recht hohe Konzentrationen von Diuron eingesetzt (5 Mikrogramm pro Liter), bei einem Screening in Oberflächengewässern (Kern et al., 2009) haben wir keine Abbauprodukte von Diuron gefunden (36 wurden gescreent, allerdings meist ohne Referenzstandards).

Wieso wurden/werden die Abbauprodukte in NAQUA nicht untersucht?

Im Grundwasserscreening (Kiefer et al., 2019) haben wir nach Diuron, DCPM, DCPU (alle mit Referenzsubstanz) und dem Abbauprodukt Dichloranilin (ziemlich toxisch) gescreent. Wir haben nur Diuron ein paar Mal in sehr geringen Konzentrationen (< 10 ng/L) gefunden.

Ich denke in NAQUA werden die Abbauprodukte nicht untersucht, da aus der Literatur bekannt ist, dass sie nicht in erhöhten Konzentrationen gefunden werden. Das haben wir mit unserer Studie zumindest für die bekannten Abbauprodukte bestätigt.

Biozide auf verputzten Fassaden

In der Schweiz werden jährlich schätzungsweise 10 bis 30 Tonnen Biozide auf Fassaden verwendet. Um ihre Wirksamkeit zu entfalten, müssen biozide Wirkstoffe wasserlöslich und an der Oberfläche verfügbar sein. Aus diesem Grund werden die Wirkstoffe mit dem Regenwasser leicht ausgewaschen und gelangen in Böden, Oberflächengewässer und Grundwasser. In Gewässern können diese Wirkstoffe aquatische Lebewesen schädigen. Einige Wirkstoffe sind sehr langlebig, andere dagegen bauen sich in der Umwelt sehr schnell ab. Quelle: Verputzte Fassaden. Bundesamt für Umwelt, 5.5.20

Mögliche Risiken für die Gesundheit?

3,4-Dichloranilin (3,4-DCA) ist ein Abbauprodukt von Herbiziden auf Anilinbasis wie Diuron. Einige Aromatische Amine (AA), insbesondere von Pestiziden abgeleitete AA, sind in Böden und im Grundwasser persistent und sind potenziell toxisch. Diese Verbindungen können sich in der Umwelt anreichern, wo sie schädliche Auswirkungen haben. Dies gilt insbesondere für 3,4-Dichloranilin (3,4-DCA).

In einem internen Forschungsprojekt innerhalb der Abteilung Pestizidsicherheit des Deutschen Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) in den Jahren 2017-18 wurden Pestizidwirkstoffe identifiziert, die das Potenzial haben, Anilin und seine Derivate zu bilden. Ziel dieses Projekts war es, die kumulative Verbraucherexposition gegenüber Metaboliten von Anilin und Anilinderivaten zu quantifizieren und die Ergebnisse im Hinblick auf mögliche Risiken für die menschliche Gesundheit zu bewerten.

Für die identifizierten Pestizide wurden alle relevanten Metabolismusstudien (Ratte, Vieh, Pflanze) und Studien über die Art der Rückstände während der Verarbeitung ausgewertet und Daten über eine Teilmenge relevanter Pestizide (Pflanze, Vieh) zur Aufnahme in die MetaPath-Datenbank eingegeben. MetaPath ist eine internationale Datenbank über Pestizidmetabolismus.

Im Rahmen des Projektes 2020 bis 2021 soll die Datenbasis von MetaPath für Anilin und den Abbauprodukte deutlich verbreitert werden.

Das BfR ist die zuständige Behörde der Bundesrepublik Deutschland, die für die Erstellung von Gutachten und Stellungnahmen zur Lebens- und Futtermittelsicherheit sowie zur Sicherheit von Stoffen und Produkten zuständig ist. Im Rahmen seiner Aufgaben liefert die Abteilung Pestizidsicherheit des BfR Risikobewertungen von Pestiziden für die menschliche Gesundheit im Rahmen der Verordnungen (EG) Nr. 1107/2009 und (EG) 396/2005.

Grundwasserbeschaffenheit. Umweltbundesamt. 21.10.19

Biozide in Gebäudefassaden – ökotoxikologische Effekte, Auswaschung und Belastungsabschätzung für Gewässer. Environmental Sciences Europe, 13.1.9

Gedämmte Hauswände enthalten lebensgefährliche Biozide. Welt 3.2.19

Pesticide-Derived Aromatic Amines and Their Biotransformation. ResearcheGate September 2011

MetaPath – Incorporation of Pesticide Residue Data (MetaPath). Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR)

Aniline (Also known as: phenylamine; cyanol; benzamine; benzidam. PPDB: Pesticide Properties DataBase. University of Hertfordshire

Medical Definition of Aniline. MedicineNet

DCMU, andere Namen: 3-(3,4-Dichlorphenyl)-1,1-dimethylharnstoff, Diuron®, Karmex, Wikipedia

Diuron. Stoffbewertung – CoRAP. European Chemical Agency

5.9.20 HOME

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Pestizide: Wieso müssen wir uns informieren?

11. August 2020
Herbizid Alce, Pflanzenschutzmittelverzeichnis des Bundesamts für Landwirtschaft, Stand 5.8.20: Bewilligung beendet: Ausverkaufsfrist: 31.12.2019, Aufbrauchsfrist: 31.12.2020

Herbizid Alce mit den Wirkstoffen Glyphosat, Diuron und Terbuthylazin. Pflanzenschutzmittelverzeichnis des Bundesamts für Landwirtschaft, Stand 5.8.20: Bewilligung beendet: Ausverkaufsfrist: 31.12.2019, Aufbrauchsfrist: 31.12.2020

In der Schweiz sind Bewilligungen für Pflanzenschutzmittel zeitlich nicht begrenzt. Das Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) untersucht in der Gezielten Überprüfung (GÜ) gewisse Produkte, ändert Anforderungen wie Abstand zu Gewässern oder verbietet einzelne Produkte ganz, wie das Herbizid Alce per 31.12.20. Viele negativen Auswirkungen werden erst im Laufe der Anwendung in der Praxis bekannt. Diffuse Schäden sind kaum erforschbar wie Störung des Bodenlebens und der Gesundheit.

In der Schweiz ist weiterhin ein Produkt mit dem Wirkstoff Diuron zugelassen: Diuron 80 für Kernobst und Ertragsreben. Diuron darf auch in einigen Staaten der EU eingesetzt werden, ist aber in Deutschland und Österreich nicht zugelassen. In der EU läuft eine Neubewertung des Herbizids aufgrund folgender Bedenken: Potentiell als Hormon wirkende Substanz, weitere expositions-/risikobasierte Bedenken und weit verbreitete Verwendung.

Diuron und seine schädlichen Abbauprodukte

Diuron 80, Pflanzenschutzmittelverzeichnis des Bundesamts für Landwirtschaft, Stand 5.8.20.

Diuron 80, Pflanzenschutzmittelverzeichnis des Bundesamts für Landwirtschaft, Stand 5.8.20.

Im Schweizer Grundwasser wird Diuron gefunden. Über allfällige Abbauprodukte schweigt der NAQUA-Bericht vom August 2019. Möglicherweise wurden sie nicht untersucht, denn es gibt viele Pestizide und Abbauprodukte, so dass schon aus Kostengründen nur „risikobasierend“ geforscht wird, also die am häufigsten zu erwartenden Stoffe ausgewählt werden.

3,4-Dichloranilin (3,4-DCA) ist ein Abbauprodukt von Herbiziden auf Anilinbasis wie Diuron. Aromatische Amine (AA) sind eine wichtige und breit gefächerte Klasse von Schadstoffen, darunter Industrieprodukte, Medikamente, Verbrennungsprodukte, Pestizide oder Farbstoffe. Einige AA, insbesondere von Pestiziden abgeleitete AA, sind in Böden und im Grundwasser persistent und sind potenziell toxisch. Diese Verbindungen können sich in der Umwelt anreichern, wo sie schädliche Auswirkungen haben. Dies gilt insbesondere für 3,4-Dichloranilin (3,4-DCA).

Diuron 80 im CH-Pflanzenschutzmittelverzeichnis

Heidi hat einzelne Textstellen rot markiert.

Auflagen und Bemerkungen:

  1. Die Aufwandmenge bezieht sich auf die effektiv zu behandelnde Fläche.
  2. SPe 3: Zum Schutz von Gewässerorganismen vor den Folgen von Drift eine unbehandelte Pufferzone von 20 m zu Oberflächengewässern einhalten. Zum Schutz vor den Folgen einer Abschwemmung eine mit einer geschlossenen Pflanzendecke bewachsene Pufferzone von mindestens 6 m einhalten. Reduktion der Distanz aufgrund von Drift und Ausnahmen gemäss den Weisungen des BLW.
  3. Beim Gebrauch einer Hand- oder Rückenspritze ist ein Spritzschirm zu verwenden.
  4. Nur als Reihenbehandlung.
  5. Mind. 4-jährige Anlage.
  6. Ansetzen der Spritzbrühe: Schutzhandschuhe + Schutzanzug + Atemschutzmaske (P2) tragen. Ausbringen der Spritzbrühe: Schutzhandschuhe + Schutzanzug tragen. Technische Schutzvorrichtungen während des Ausbringens (z.B. geschlossene Traktorkabine) können die vorgeschriebene persönliche Schutzausrüstung ersetzen, wenn gewährleistet ist, dass sie einen vergleichbaren oder höheren Schutz bieten.

Gefahrenkennzeichnungen:

  • Darf nicht in die Hände von Kindern gelangen.
  • EUH401 Zur Vermeidung von Risiken für Mensch und Umwelt die Gebrauchsanleitung einhalten.
  • H302 Gesundheitsschädlich bei Verschlucken.
  • H351 Kann vermutlich Krebs erzeugen.
  • H373 Kann die Organe schädigen bei längerer oder wiederholter Exposition.
  • H410 Sehr giftig für Wasserorganismen mit langfristiger Wirkung.
  • SP 1 Mittel und/oder dessen Behälter nicht in Gewässer gelangen lassen.

Solche und weitere Gefahrenkennzeichnungen wie „H360FD Kann die Fruchtbarkeit beeinträchtigen. Kann das Kind im Mutterleib schädigen“ findet man immer wieder im Verzeichnis der zugelassenen Pflanzenschutzmittel des BLW.

Die verschiedenen Namen von Diuron

Wikipedia: „DCMU ist ein Phenylharnstoff-Derivat, das als Herbizid verwendet wird und die Photosynthese von Pflanzen hemmt. Es wurde 1954 von der Firma Bayer unter dem Handelsnamen Diuron als Unkrautbekämpfungsmittel eingeführt und wird zur völligen Beseitigung von Pflanzen verwendet (Breitbandherbizid). Es wird zum Schutz von Holz und Mauerwerk und als Beschichtungsmittel eingesetzt.“ DCMU heisst auch:

  • 3-(3,4-Dichlorphenyl)-1,1-dimethylharnstoff
  • Diuron®
  • Karmex

Wieso müssen wir das wissen?

Zitat aus dem Buch Storms of My Grandchildren des Klimawandelforschers der ersten Stunde, James Hansen, übersetzt von Heidi: „Denn – auf die Behörden, welche wir dafür bezahlen, dass sie uns schützen, ist kein Verlass.“ Das lässt sich auch auf Pestizide übertragen! Hansen schreibt übrigens gerade ein neues Buch mit dem Namen „Sophie’s Planet“; es kann bis Kapitel 18 auf seiner Homepage gelesen werden.

Thiacloprid: Schläft die Schweiz? Oder will sie nicht? Heidis Mist vom 17.11.19

Zustand und Entwicklung Grundwasser Schweiz. NAQUA-Bericht 2019, Bundesamt für Umwelt (BAFU)

Diuron. Stoffbewertung – CoRAP. European Chemical Agency

Pesticide-Derived Aromatic Amines and Their Biotransformation. ResearcheGate September 2011

DCMU, andere Namen: 3-(3,4-Dichlorphenyl)-1,1-dimethylharnstoff, Diuron®, Karmex, Wikipedia

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Chlorothalonil-Verbot: Was soll das bedeuten ….?

13. Dezember 2019
Folie von Ronald Kozel, Miriam Reinhardt BAFU, Sektion Hydrogeologie, SVGW-Fachtagung „Umgang mit nicht geregelten Fremdstoffen im Trinkwasser“ vom 9.3.12

Folie von Ronald Kozel, Miriam Reinhardt BAFU, Sektion Hydrogeologie, SVGW-Fachtagung „Umgang mit nicht geregelten Fremdstoffen im Trinkwasser“ vom 9.3.12

Die Schweiz hat Chlorothalonil per 1.1.2020 verboten. Ende gut, alles gut?

In der Medieninformation des Bundesamts für Landwirtschaft (BLW) vom 12.12.19 steht: „Zudem teilt das BLV die Einschätzung der EU-Kommission, dass Chlorothalonil als wahrscheinlich krebserregend eingestuft werden muss. Somit sind auch alle Grundwassermetaboliten als relevant anzusehen.“ Bisher haben BLW und BLV (Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen), nicht alle Metaboliten von Chlorothalonil als „relevant“ eingestuft, während die EU alle Metaboliten als relevant eingestuft hatte. Zum Beispiel R 471811 ist auch heute noch auf der Liste Relevanz von Pflanzenschutzmittel-Metaboliten im Grund- und Trinkwasser als „nicht relevant“ aufgeführt. Warum?

Chlorothalonil-Metabolit R 471811

Heidi hat bei der Eawag nachgeschlagen und folgenden Text gefunden: „Ins Visier der Forschenden geraten sind insbesondere Metaboliten von Chlorothalonil, einem Mittel, das gegen Pilzbefall im Getreide-, Gemüse-, Wein- und Zierpflanzenbau eingesetzt wird. Ein Chlorothalonil-Metabolit wurden in sämtlichen 31 Proben gefunden, teils in Konzentrationen bis zu 25mal über dem Anforderungswert für Pestizide im Grundwasser in der Gewässerschutzverordnung und für Trinkwasser im Lebensmittelrecht.“

Frage: Um welchen Metaboliten von Chlorothalonil handelt es sich? Die Antwort dazu findet man in der verlinkten Publikation von Karin Kiefer et al., Seite 16 unter Conclusions: „Chlorothalonil TPs were widely present in groundwater. Chlorothalonil TP R471811 was detected in all samples, even in aquifers with low anthropogenic impact. In 20 out of 31 samples, concentrations exceeded 100 ng/L. The human-toxicological risk needs to be assessed as well as the fate in drinking water treatment.“

New Relevant Pesticide Transformation Products in Groundwater Detected Using Target and Suspect Screening for Agricultural and Urban Micropollutants with LC-HRMS. Water Research, Volume 165, 15 November 2019, 114972

Nun stellt sich die Frage: Wo im Trinkwasser ist der Chlorothalonil-Metabolit R 471811 zu finden? Müssen weitere Trinkwasserfassungen geschlossen werden? Oder ist den VerfasserInnen der BLW-Medieninformation ein Fehler unterlaufen? Oder beharrt das BLW darauf, dass R 471811 für die Schweiz „nicht relevant“ ist?

Wasserversorger kritisierten 2012 die hohen Grenzwerte für „nicht geregelte Fremdstoffe“

Unter dem Titel „Grundwasser: Gefährden neue Grenzwerte das Vorsorgeprinzip?“ berichtete Heidi am 10.3.13 über die SVGW-Fachtagung „Umgang mit nicht geregelten Fremdstoffen im Trinkwasser“ vom 9.3.12. Roman Wiget von der Seeländischen Wasserversorgung forderte daher von den involvierten Bundesämtern eine klare Bekennung zum Vorsorgeprinzip und von den Kantonen eine konsequente Umsetzung der Gewässerschutzgesetzgebung, welche ab Konzentrationen über 100 ng/L geeignete und griffige Massnahmen gegen Pflanzenschutzmittel und andere Fremdstoffe verlangt. „Auch wenn einige Pestizide und Herbizide keine direkte Gesundheitsgefährdung darstellen, sie gehören definitiv nicht ins Trinkwasser“, so auch die Haltung des Branchenverbands der Schweizerischen Trinkwasserversorger, des SVGW.

Die Folien aller Beiträge finden Sie hier: SVGW-Fachtagung „Umgang mit nicht geregelten Fremdstoffen im Trinkwasser“.

Folie von Daniel Hartmann, Sybille Kilchmann BAFU, Sektion Grundwasserschutz. Umgang mit nicht geregelten Fremdstoffen im Trinkwasser SVGW Wasserfachtagung, Olten, 9. März 2012

Folie von Daniel Hartmann, Sybille Kilchmann BAFU, Sektion Grundwasserschutz. Umgang mit nicht geregelten Fremdstoffen im Trinkwasser SVGW Wasserfachtagung, Olten, 9. März 2012

Grundwasserbeobachtung NAQUA: Sankt Exkrementia

18. August 2019

In der Schweiz auch:
Heilige Güllerina / Sainte Lisiere / Santa Puzzata / Sontga Mierda
Ein Eintrag ins Lexikon der Heiligen ist beantragt. ZUVIEL Fleisch-und Milch-Konsum – ZUVIEL Tiere – ZUVIEL Gülle und Mist.

Leserbrief

Liebe Heidi

Du hast es ja immer wieder und immer wieder gesagt! Jetzt schreiben alle darüber. Ich schicke dir ein paar Links.

Die Reaktion des SBV ist aufschlussreich: schiebt alles auf die Grenzwerte (Behörden) und kein Wort zum Nitrat.

Darüber hinaus weist der Bauernverband darauf hin, dass die sogenannten Metaboliten, Wirkstoffe aus Pflanzenschutzmitteln oder Abbauprodukte davon, bis vor kurzem von den Schweizer Behörden punkto Verschmutzung als «nicht relevant» eingestuft worden seien.

Und der Wald?

Beste Grüsse

Magdalena

Linkliste

BAFU – Grundwasser in der Schweiz ist unter Druck
Bern, 15.08.2019 – In der Schweiz sind wir es gewohnt, dass aus Grundwasser qualitativ einwandfreies Trinkwasser in ausreichender Menge gewonnen werden kann. Dies ist heute jedoch nicht mehr selbstverständlich, denn die Grundwasservorkommen weisen zunehmend Verunreinigungen auf, die mehrheitlich aus der Landwirtschaft stammen. Zu diesem Schluss gelangt der Bericht der Nationalen Grundwasserbeobachtung NAQUA, den das Bundesamt für Umwelt (BAFU) am 15. August 2019 veröffentlicht hat.

Zustand und Entwicklung Grundwasser Schweiz, BAFU.

Das Schweizer Grundwasser ist mit Pestiziden und Dünger belastet, Angelika Hardegger, NZZ vom 14.8.19

Kritischer Grundwasser-Bericht: Die Bauern wehren sich, NZZ vom 15.8.19

Waldökosysteme: Zu viel Stickstoff ist ungesund: 95 % der Schweizer Wälder sind heute mit Stickstoff überdüngt. Das bringt Bäume und Waldökosysteme gleichermassen aus dem Gleichgewicht (d.h. auch im Moor, in der Magerwiese …).

Bafu ortet Nitratüberschüsse und Pflanzenschutz-Rückstände im Grundwasser, Adrian Krebs, Bauernzeitung vom 15.8.19

SBV: Sauberes Trinkwasser ist gemeinsames Anliegen, LID vom 15.8.19: Die grösste Belastung stammt gemäss Bericht vom Nitrat. Natürlicherweise wäre die Nitratkonzentration im Grundwasser im Bereich von wenigen Milligramm pro Liter. An 15 Prozent der Messtellen wurden 2014 Konzentrationen von über 25 mg/l nachgewiesen. An 2 Prozent der Messtellen wurde auch der Höchstwert der Lebensmittelgesetzgebung von 40 mg/l nicht eingehalten. Die hohen Nitratwerte stammen hauptsächlich vom Hof- und Mineraldünger.

Die Bauern haben Angst … SBV-Nebelpetarde Grundwasser

7. Juni 2019
Das verallgemeinernde "SBV-Sauberkeitszertifikat" für das Grundwasser "bedenkenlos geniessbar" beruht nicht auf Tatsachen. Es klammert in unverantwortlicher Weise die Pestizid-Metaboliten und das Nitrat aus. Heidi meint: "Das entspricht nicht den Fakten, ist, einfach ausgedrückt, eine Lüge. Bild aus Umweltindikatoren Bafu.

Das verallgemeinernde „SBV-Sauberkeitszertifikat“ für das Grundwasser „bedenkenlos geniessbar“ beruht nicht auf Tatsachen. Es klammert in unverantwortlicher Weise die Daten über Pestizid-Metaboliten und das Nitrat aus. Heidi meint: „Das entspricht nicht den Fakten, ist, einfach ausgedrückt, eine Lüge.“ Bild aus Umweltindikatoren Bafu.

Heidi staunte nicht schlecht, als sie die Medieninformation des Schweizer Bauernverbands (SBV) vom 4.6.19 las. Zitate:

„Der Schweizer Bauernverband propagiert den Verzicht auf vier Wirkstoffe, die am häufigsten im Grundwasser gefunden werden. Diese überschreiten den Anforderungswert in den seltensten Fällen, so dass das Wasser sowieso bedenkenlos geniessbar ist …

… Der SBV beschäftigt sich auch mit der Situation beim Grundwasser. Dort ist die Ausgangslage bereits sehr gut: Aktuell halten 98 Prozent der Grundwasserfassstellen den extrem tiefen Anforderungswert von maximal 0.0000001g/l Rückständen ein …

… Gemäss den Analysen der nationalen Grundwasserbeobachtung (NAQUA) findet man in den Proben meist die vier gleichen Wirkstoffe aus der Landwirtschaft respektive deren Metaboliten: Bentazon, Chloridazon, Fluopicolid und S-Metolachlor, die breit im Ackerbau, z.B. bei Mais, Kartoffeln oder Zuckerrüben, zum Einsatz kommen …“

Ein paar Fakten:

  • Bentazon: Das EU-Parlament entschied sich gegen Bentazon. Aus diesem Grund liefen in Deutschland und Österreich die Zulassungen Bentazon-haltiger Pflanzenschutzmittel aus (Bentazon/Wikipedia). In der Schweiz ist Bentazon zugelassen.
  • Chloridazon: In der EU ist die Zulassung am 31.12.18 ausgelaufen. In der Schweiz fordern Wasserversorger seit 2012 ein Verbot von Chloridazon. Das Bundesamt für Landwirtschaft hat das Pestizide in Anhang 10 der Pflanzenschutzmittelverordnung verschoben, d.h. es wird im Hinblick auf ein Verbot geprüft; je nach Interesse der chemischen Industrie an diesem Wirkstoff kann es aber noch lange dauern bis er verboten wird.

Vor allem Abbauprodukte von Pestiziden treten im Grundwasser in Konzentrationen über dem Grenzwert auf. Diese wurden im Zulassungsverfahren des Bundesamts für Landwirtschaft (BLW) als nicht relevant eingestuft. Jedoch sind gerade diese Stoffe sehr schwer abbaubar und werden daher noch lange im Grundwasser sein. Eine unabhängige Risikobewertung liegt nicht vor.

Aus dem Artikel Reinhardt:

Heidi empfiehlt Ihren LeserInnen, den Bericht des Bundesrates zur Umweltlage Umwelt Schweiz 2018 zu lesen. Darin wird betr. Pestizide auf den Bericht Reinhardt et al. 2017 verwiesen.

Zitate:

… Im Vergleich zu den PSM-Wirkstoffen sind viele Metaboliten mobiler und zudem häufig langlebiger. So werden 11 PSM-Metaboliten (von 7 verschiedenen Wirkstoffen) an insgesamt rund 20% der Messstellen in Konzentrationen von mehr als 0,1 µg/l nachgewiesen (Tab. 4). An mehr als 50% der Messstellen treten PSM-Metaboliten im Grundwasser auf …

Unabhängig von ihrer Toxizität zählen PSM-Metaboliten zu den künstlichen langlebigen Substanzen, deren Eintrag ins Grundwasser im Sinn eines vorsorgenden Grundwasserschutzes verhindert bzw. minimiert werden sollte. Einmal ins Grundwasser gelangt, werden sie dort kaum oder nur sehr langsam abgebaut. Da sich das Grundwasser häufig erst innerhalb mehrerer Jahre bis Jahrzehnte erneuert und daher ein ausgesprochenes «Langzeitgedächtnis» besitzt, ist es besonders wichtig, frühzeitig und vorausschauend zu agieren …

Lesen Sie auch Heidis Bericht über die Ziele Grundwasserqualität mit zahlreichen ernüchternden Fakten und Links:

Grundwasserqualität: Das Ziel nicht vergessen! Heidis Mist vom 13.1.19

Die kurze Medieninformation des SBV wurde nach einem beliebten Schema verfasst:

  • So tun, also ob man die Probleme im Griff hätte.
  • Mehr versprechen als vorgeschrieben, dies aber unverbindlich.
  • Nicht alles sagen (beschönigen).
  • Unrealistische Ziele nennen.
  • Auf Umweltverschmutzer ausserhalb der Landwirtschaft zeigen.

Verzicht auf problematische Pflanzenschutzmittel, Medienmitteilung des Schweizer Bauernverbands vom 4.6.19

Bund erwägt Verbot für Rüben-Pestizid, Tages Anzeiger vom 3.4.19

Bericht Reinhardt: Monitoring von PSM-Rückständen im Grundwasser, Artikel Aqua & Gas 6/17

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Ernährungssicherheit ohne sauberes Wasser?

26. Januar 2016

Wann werden die Bauern merken, dass Ernährungssicherheit ohne sauberes Wasser kein sinnvolles Ziel ist?

Sauberes Schweizer Wasser für die Menschen, die Wasserwelt und unsere Wild- und Nutztiere!

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 Kernindikator Pflanzenschutzmittel im Grundwasser, Stand 26.1.16, Quelle: http://www.bafu.admin.ch/umwelt/indikatoren/08605/08685/index.html?lang=de

Kernindikator Pflanzenschutzmittel im Grundwasser, Stand 26.1.16, Quelle:
http://www.bafu.admin.ch/umwelt/indikatoren/08605/08685/index.html?lang=de

 

Die roten Punkte bedeuten: Der Anforderungswert gemäss Gewässerschutzverordnung, Anhang 2 ist überschritten, die Behörden müssen handeln.

Die aktuellen Daten sind hier abrufbar.

 

Nitrat im Grundwasser, Stand 28.1.16: Die roten Punkte bedeuten: Der Anforderungswert von 25 mg/l gemäss Gewässerschutzverordnung, Anhang 2 ist überschritten, die Behörden müssen handeln. Violett bedeutet: Sogar der Toleranzwert für Trinkwasser von 40 mg/l gemäss Fremd- und Inhaltsstoffverordnung ist überschritten.

Die aktuellen Daten sind hier abrufbar.

26.1.16 HOME

Gilt ein Gesetz auch für Bauern?

27. Februar 2015

Grundwasser

„Jetzt bin ich wieder einmal stolz auf meinen Kanton!“ Mit diesen Worten stürmte der Geissenpeter zur Tür herein, „wo du doch dauernd Schlechtes über meine Heimat schreibst. Was würde Johanna Spyri denken?“ Heidi richtete den Timer für das Brot im Ofen, denn Peters Benehmen kündigte ein langes Gespräch an.

„Ich habe endlich die Beilage Hofdünger der UFA-Revue vom Dezember 2014 gelesen. Im Artikel Richtig planen – bessere Wirkung von Gaël Monnerat steht beim Untertitel Vorgehen (siehe Seite 51) «… Der Vollzug obliegt den Kantonen: Sie organisieren die Kontrollen und bewilligen Notausträge bei ungünstigen Wetter- und Bodenverhältnissen. Die Bewilligungspraxis unterscheidet sich von Kanton zu Kanton, so ist entweder die Gemeinde, der Bezirk oder der Kanton zuständig… Die zuständigen Stellen entlassen den Landwirt, wenn es zu einer Gewässerverschmutzung kommt, jedoch nicht aus seiner Verantwortung. Werden Quellen oder Wasserläufe verschmutzt, ist der Bauer für die entstandenen Schäden verantwortlich. » Und wenn das Grundwasser verschmutzt wird?“

Peter fuhr fort: „Siehst du, nicht einmal die UFA-Revue ist richtig informiert! Die Behörden im Kanton Graubünden haben schon längst erkannt, dass sie keine Bewilligungen für gesetzeswidriges Handeln ausstellen dürfen. Zwar brauchte es deine Erläuterung des Sachverhalts, aber – immerhin – sie haben es eingesehen. Und die ewig gestrigen Unterländer? Sie wissen heute noch nicht, dass ein Gesetz ein Gesetz ist. Du hast doch schon darüber geschrieben? Bitte, bitte bring einen Link zu den entsprechenden Artikeln an!“

Heidi weiss: „Wenn ein Bauer z.B. Gülle auf Schnee ausbringt und angezeigt wird, dann muss er mit einer Busse und Kürzung der Direktzahlungen rechnen, und zwar auch dann, wenn kein Gewässer sichtbar verschmutzt wird. Etwa das Versickern ins Grundwasser sieht niemand! Die Vorschriften über das Ausbringen von Düngern in der Chemikalien-Risikoreduktions-Verordnung (Anhang 2.6, Ziffer 3.2.1) gelten nicht nur für Bauern, sondern wurden extra der Bauern wegen verfasst, um das Risiko von Grundwasser- und Gewässerverschmutzungen zu senken.“

Peter ergänzte: „Wo genügend Lagerraum für Gülle und Mist vorhanden ist und das Hofdünger-Management stimmt, da gibt es auch kaum echte Notfälle.“

Gerne erfüllt Heidi den Wunsch des Geissenpeters. Im Moment erhält sie sowieso viele Anfragen zum Thema:
Gülle im Bach – was tun?
Wann ist es im Kanton Luzern im Winter erlaubt zu güllen?
Gülle im Winter auf Schnee erlaubt?
Darf man bei Regen Gülle fahren?
Darf man Mist auf Schnee ausbringen?

Das Märchen von der Gülle-auf-Schnee-Bewilligung

Gülle-Schock Mitte Februar 2008

4. Newsletter Grundwasserschutz: Januar 2014: Jedes Jahr im Winter stellen sich Landwirte, Fischereiaufseher, Behörden, Bürgerinnen und Bürger dieselbe Frage aufs Neue: Darf jetzt Gülle ausgebracht werden oder nicht? BAFU 16.12.13

Gülleanwendung im Winterhalbjahr, BAFU, Abteilung Wasser, im Dezember 2013

27.2.15 HOME


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