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Verbindung Covid-19 und Umwelt? Beispiel Landwirtschaft

27. September 2022
Tabelle 3. Liste der wichtigsten Coronaviren, die Tiere infizieren, welche für die Fleischproduktion gehalten werden.

Tabelle 3. Liste der wichtigsten Coronaviren, die Tiere infizieren, welche für die Fleischproduktion gehalten werden. Quelle: Khamassi Khbou et al., 202. Seite 24 des Berichts.

Die EU hat im Juli 2022 folgende Studie veröffentlicht: COVID-19 and the environment: Links, impacts and lessons learned. Zahlreiche wissenschaftliche Studien wurden einbezogen, siehe Liste der Originalpublikationen. Heidi hat die Einleitung und das Kapitel 2.2. Agriculture für Sie mithilfe von DeepL übersetzt.

Der Beitrag ist etwas lang. Doch Pandemien wurde von der Wissenschaft schon vor vielen Jahren angekündigt und – wir wissen – eine schwere hat weltweit bereits viel geschadet. Wann kommt die nächste? Die industrielle Landwirtschaft und die Massentierhaltung sind grosse Risiken, also lohnt sich ein Blick in diese EU-Studie. Lesen Sie mindestens die letzten, von Heidi fett markierten Abschnitte dieses Beitrags.

Einleitung

Seit Anfang 2020 hat die durch das Schwere Akute Respiratorische Syndrom Coronavirus 2 (SARS-CoV-2), bekannt als COVID-19 (erstmals Ende 2019 entdeckt), verursachte Krankheit die Gesellschaften weltweit schonungslos getroffen und massive Auswirkungen auf das Leben der Menschen: unsere Gesundheit, unsere Aktivitäten, unseren Lebensunterhalt, unsere Gesellschaften und Volkswirtschaften. Im Verlauf der Pandemie ist COVID-19 jedoch nicht die einzige Krise, mit der unsere menschlichen und planetarischen Systeme zu kämpfen haben.

Während sich die Pandemie ausbreitete, war die Welt gleichzeitig mit anderen Krisen konfrontiert: dem Verlust der biologischen Vielfalt, dem Verlust der Umweltgesundheit und dem raschen Klimawandel, der mit der Ressourcennutzung, der veränderten Flächennutzung und dem anhaltenden Ausstoss von Kohlenstoff in die Atmosphäre einhergeht. Die wachsende Weltbevölkerung und das Vordringen in Gebiete mit hoher biologischer und mikrobieller Vielfalt, oft auf der Suche nach Nahrungsmitteln, Mineralien oder für landwirtschaftliche Zwecke, haben dazu geführt, dass Lebensräume und Arten zunehmend unter Druck durch menschliche Aktivitäten geraten.

2.2 Landwirtschaft

Globales Bevölkerungswachstum, Urbanisierung und zunehmender Wohlstand in vielen Ländern haben zu einer Umstellung der Ernährung geführt – einschliesslich einer erhöhten Nachfrage nach tierischen Produkten und somit zu einer Ausweitung der Landwirtschaft, um diese Bedürfnisse zu befriedigen. Veränderungen in der Tierhaltung als Folge dieser gestiegenen Nachfrage gehen häufig auf Kosten der natürlichen Ökosysteme. Landnutzungsänderungen, die ein Eindringen in Lebensräume von Wildtieren bewirken, etwa durch die Anlage von Weiden, Plantagen oder Intensivtierhaltungen in der Nähe von Waldrändern, können den Erregerfluss von Wildtieren auf den Menschen direkt oder über andere Arten, wie z. B. Nutztiere, mit denen Menschen in engem Kontakt stehen, erhöhen; und die Viehzucht wurde in einigen Gebieten mit dem Auftreten von Infektionskrankheiten in Verbindung gebracht.

Die industrielle Landwirtschaft stellt ein besonderes Risiko für die Tierhaltung dar, weil die Nutztiere anfällig für Erreger von Wildtieren sind, die auf sie übertragen werden; nach jahrzehntelanger Zucht können Teile des Genoms der Tiere sehr homogen sein, so dass ganze Herden betroffen sein können (die genetische Vielfalt der Wirte bietet Schutz vor Krankheitserregern, da einige Individuen eine natürliche Resistenz aufweisen können). Intensive Nutztierhaltung bedeutet oft, dass eine grosse Anzahl immunsupprimierter Tiere in enger Nachbarschaft zueinander nahe beieinander gehalten werden, was die Anfälligkeit für das Auftreten und die Ausbreitung von Epidemien begünstigt. Industrielle landwirtschaftliche Praktiken, sowie der Transport von Schlachttieren – manchmal über weite Entfernungen – können dazu führen, dass von Wildtieren stammende Krankheitserreger sich recht schnell über grosse räumliche Distanzen ausbreiten.

Die Rolle von Haustieren bei der Übertragung von Coronaviren auf den Menschen bleibt unklar. Allerdings, während des SARS-CoV-Ausbruchs 2002-2003, wurde das Virus vermutlich von Fledermäusen über Zwischenwirte auf den Menschen übertragen. Obwohl dieser Zwischenwirt noch nicht identifiziert wurde, wurde festgestellt, dass auch Nutztiere infiziert waren und die Krankheit beim Umgang mit Tieren in landwirtschaftlichen Betrieben und bei der Fleischverarbeitung auf den Menschen übertragen wurde. Der Mensch kann SARS-CoV auch auf Tiere, einschliesslich Schweine, übertragen. In ähnlicher Weise zeigte der Erreger beim Ausbruch von 2017 des tödlichen akuten Schweinedurchfall-Syndroms, verursacht durch ein neuartiges Coronavirus – HKU2 – der in China 24’693 Ferkel in demselben Gebiet wie der SARS-Ausbruch tötete, bemerkenswerte Ähnlichkeit mit Coronavirus-Varianten, die in Abstrichen von Fledermäusen in dieser Region gefunden wurden.

Dies legt nahe, dass Fledermäuse Coronaviren auf Schweine übertragen, die dann möglicherweise Menschen infizieren könnten, die mit ihnen in Kontakt sind. Diese Studie unterstreicht die Bedeutung der Identifizierung der Coronavirus-Diversität und Verbreitung in Fledermäusen, um künftige Ausbrüche einzudämmen, die den Viehbestand, die öffentliche Gesundheit und das Wirtschaftswachstum bedrohen könnten.

Ein Merkmal von Coronaviren ist, dass sie, obwohl im Vergleich zu vielen RNA-Viren kleiner, eine relativ hohe Mutations- und Rekombinationsrate aufweisen, was bedeutet, dass sie auf andere Wirte und Arten übergehen können und anschliesssende Wirtsanpassung möglich ist. Wie bereits erwähnt, können Hufeisenfledermäuse als Reservoir für die meisten SARSr-CoVs  dienen (die Coronavirus-Typen, die zu SARS und COVID-19 beim Menschen führten). Andere Wildtierarten, wie z. B. Schuppentiere, könnten als Reservoir dienen und die Coronavirus-Stämme auf eine andere Art und Weise vermehren – diese sind jedoch weniger gut erforscht.

Rulli et al. (2021) untersuchten Hufeisenfledermäuse als Reservoir-Wirt für SARSr-CoVs, wobei die Verbreitung von Nutztieren in die Analyse einbezogen wurde. Die Wissenschaftler erforschten Schweine, aber nicht Geflügel, da das Coronavirus, das für das Syndrom der akuten Schweinediarrhöe verantwortlich ist, Schweine infiziert hat, aber es gibt bisher keine Hinweise dafür, dass diese Art von Coronaviren Vögel infizieren. SADS tauchte 2017 in China (Provinz Guangdong) auf; es wurde festgestellt, dass es genetisch dem Fledermaus-CoV HKU2 ähnlich ist. Die hohe Dichte an Schweinefarmen und Schlachthöfen in der Region Guangdong und die weite Verbreitung von Fledermausarten, erklären die artenübergreifende Übertragung.

Da Schweinefleisch ein weit verbreitetes Lebensmittel in nicht-muslimischen Ländern ist, können Schweine Zwischenwirt für das Auftreten neuer CoVs sein und somit in Zukunft ein grosses Problem für die öffentliche Gesundheit darstellen. Der enge Kontakt zwischen Menschen und Schweinen führte auch zum Ausbreitung der Schweinegrippeviren (H1N1 und H1N2) und des Nipah-Virus.

Die Zahl der Tiere, die von Menschen als Fleisch verzehrt und mit einem der vielen Coronaviren infiziert waren, ist recht umfangreich: Rinder, Büffel, Kamele, Pferde, Kaninchen, Schweine, Hühner, Delphine, Wale und Seehunde. Der europäische Viehbestand ist nicht von Coronavirus-Infektionen verschont geblieben: Bei Büffeln in Bulgarien und Italien wurde das bubalische Coronavirus festgestellt und das porcine epidemische Diarrhöe Virus bei Schweinen in Belgien und dem Vereinigten Königreich 1983 bzw. 1971. Nerzfarmen für Pelz in Dänemark, den Niederlanden und Spanien waren von COVID-19 betroffen.

Das Übergreifen von Infektionskrankheiten wie SARS, COVID-19 und SADS von Wildtieren auf Menschen erfordert wahrscheinlich die Koexistenz eines Wildtierreservoirs und des Menschen in der gleichen Umgebung – neben Zwischenwirten, insbesondere das Halten von Wildtieren als Nutztiere und Nutztieren, da sie in engerem Kontakt mit dem Menschen stehen. Ausserdem ist wahrscheinlich auch eine hohe Dichte der Wirte in den Regionen erforderlich – wie dies in Teilen Chinas der Fall ist.

Es ist möglich, dass mit dem Wachstum der menschlichen Bevölkerung und des Fleischkonsums die Gefahr der Übertragung neuartiger Viren zunimmt, wenn nicht Massnahmen ergriffen werden, um die Risiken in Hotspot-Gebieten zu verringern.

Obwohl kein eindeutiger Zusammenhang zwischen der Verbreitung von COVID-19 und landwirtschaftlichen Praktiken besteht, weist die Intergovernmental Science-Policy Platform on Biodiversity and Ecosystem Services (IPBES) darauf hin, dass ein grundlegender Wandel erforderlich ist, um die Arten von Produktion und Handel zu reduzieren, die zur Verbreitung des Virus und zur Übertragung über Zwischenwirte (z. B. nicht nachhaltiges Palmöl, exotische Holzernte, Produkte, die Minenabbau erfordern, Fleisch und andere Produkte der globalisierten Viehzucht).

Steuern oder Abgaben auf den Fleischkonsum, die Tierproduktion oder andere Formen des Konsums, die mit Spillover-Risiken verbunden sind, könnten eingeführt werden.

COVID-19 and the environment: Links, impacts and lessons learned. EU Commission Juli 2022

Socfin: Verluste im Süden, Gewinne in der Schweiz

21. Oktober 2021

Medienmitteilung von Brot für alle, Alliance Sud und dem Netzwerk Steuergerechtigkeit vom 20.10.21:

Der Luxemburger Agrarkonzern Socfin verschiebt Gewinne aus der Rohstoffproduktion in den Schweizer Tiefsteuerkanton Freiburg. Diese Steuervermeidung geht Hand in Hand mit Profitmaximierung auf Kosten der Bevölkerung in den betroffenen Regionen in Afrika und Asien. Ein Bericht von Brot für alle, Alliance Sud und des Netzwerks Steuergerechtigkeit zeigt erstmals auf, wie diese Praxis genau funktioniert. Mitverantwortlich dafür ist auch die Schweiz: Ihre Dumpingpolitik in der Konzernbesteuerung ist eine der Stützen dieses ungerechten Systems.

Der in Luxemburg registrierte Konzern Socfin besitzt in zehn Ländern Afrikas und Asiens Konzessionen für mehr als 380’000 Hektar Land, was fast der Fläche des Schweizer Ackerlandes entspricht. Auf 15 Plantagen produziert er Palmöl und Kautschuk und verkauft dieses auf den globalen Märkten. Die Struktur des Konzerns ist komplex. Klar ist jedoch, dass ein grosser Teil des Kautschuks über die in Freiburg ansässige Tochterfirma Sogescol FR gehandelt wird. Die ebenfalls in Freiburg domizilierte Socfinco FR kümmert sich derweil um das Management der Plantagen und stellt konzernintern Dienstleistungen zur Verfügung.

Socfin erzielte 2020 einen konsolidierten Gewinn von 29,3 Millionen Euro. Der Bericht analysierte die Gewinne pro Mitarbeiter:in in den verschiedenen Ländern und stellte eine sehr ungleiche Verteilung fest: In den afrikanischen Ländern, in denen Socfin tätig ist, machte der Konzern einen Profit von gut 1’600 Euro pro MitarbeiterIn. Ganz anders präsentiert sich das Bild bei den Schweizer Socfin-Töchtern. Sie verzeichneten im letzten Jahr einen Gewinn von 116’000 Euro pro MitarbeiterIn, also rund 70 Mal mehr als in Afrika. Zwischen 2014 und 2020 resultierte in der Schweiz sogar ein durchschnittlicher Gewinn pro MitarbeiterIn von mehr als 200’000 Euro.

Niedrige Steuern – hohe Gewinne

Wie kommen diese konzerninternen Differenzen bei der Verteilung der Gewinne zustande? Die Erklärung liefert laut dem Bericht von Brot für alle, Alliance Sud und des Netzwerks Steuergerechtigkeit ein Blick auf die Steuerraten der Länder, in denen Socfin tätig ist: Die Gewinne im Verhältnis zur Anzahl Beschäftigter sind am höchsten, wo die Steuern am niedrigsten sind. In den afrikanischen Ländern bewegt sich der Steuersatz zwischen 25 und 33 Prozent. In der Schweiz hingegen wird Socfin mit weniger als 14 Prozent besteuert. Dies ist ein typisches Muster für konzerninterne Gewinnverschiebungen mit dem Ziel, Steuern zu vermeiden.

Diese Praxis ist bei multinationalen Unternehmen weit verbreitet, und sie ist auch nicht zwangsläufig illegal. Sie ist aber in jedem Fall ungerecht, denn sie entzieht den Produktionsländern im Süden für deren Entwicklung dringend benötigte Steuereinnahmen und verstärkt so die globale Ungleichheit. Jährlich werden so rund 80 Milliarden Euro Gewinne aus Entwicklungsländern in Tiefsteuergebiete wie die Schweiz verschoben. Das sind weit mehr als die Hälfte der jährlichen globalen Ausgaben in der öffentlichen Entwicklungszusammenarbeit.

Wie die Gewinne in den Konzernen verschoben werden, ist für die Öffentlichkeit (wegen mangelnder Transparenz) und für die Steuerbehörden (wegen mangelndem Willen oder fehlender Ressourcen) meist schwer nachzuvollziehen. Im Falle von Socfin liegen indessen geographisch gegliederte Finanzberichte vor, die Aufschluss über Struktur und Inhalt der internen Transaktionen geben. Über konzerninterne Rechnungen für Handel, Beratung, Lizenzen oder andere Dienstleistungen landet ein grosser Teil der Einnahmen aus den in Afrika und Asien produzierten Gütern in der Schweiz. Ob die Höhe dieser intern verrechneten Kosten die OECD-Regeln für interne Transaktionen respektiert, wie Socfin dies geltend macht, können nur die Steuerbehörden aufgrund einer detaillierten Prüfung feststellen.

Schweiz muss transparenter werden

Die satten Gewinne in der Schweiz sind eine Seite der Medaille, die Situation auf den Plantagen im Süden die andere. Socfin profitiert dort von sehr vorteilhaften Landkonzessionen, während der Konzern die betroffene Bevölkerung nur ungenügend kompensiert, minimale Löhne für harte Arbeit zahlt und die versprochenen sozialen Investitionen nur unvollständig umsetzt. Trotz dieser für Socfin vorteilhaften Bedingungen schreiben einzelne Plantagen wie etwa die Kautschuk-Plantage LAC in Liberia gar anhaltende Verluste – laut dem Bericht ein weiterer Hinweis auf mögliche Gewinnverschiebungen aus Afrika in die Steueroase Schweiz.

Die Schweiz profitiert derweil massiv von solchen Gewinnverschiebungen: Fast 40 Prozent der Gewinnsteuereinnahmen der Kantone und des Bundes sind auf derartige Transaktionen zurückzuführen. Um den damit verbundenen Missständen zu begegnen, muss sie ihre Steuerpolitik dringend transparenter gestalten und so genannte «Rulings» (Steuerabkommen mit einzelnen Firmen) öffentlich machen. Das Gleiche gilt für die Länderberichte, die Konzerne in der Schweiz im Rahmen des internationalen Country-by-Country-Reportings der OECD erstellen müssen. Diese sind derzeit nur für Steuerbehörden einsehbar. Grundsätzlich muss die Schweiz ein internationales Unternehmenssteuersystem fördern, das Gewinne dort besteuert, wo sie erarbeitet wurden, und nicht dort, wo die Steuersätze am tiefsten sind.

Protestaktion in Freiburg

Am 20.10.21 forderte Brot für alle mit einer Protestaktion vor dem Sitz von Sogescol und Socfinco in Freiburg den Socfin-Konzern auf, Steuervermeidung und Gewinnverschiebungen innerhalb der Konzernstrukturen zu stoppen. Socfin soll zudem auf die Forderungen der lokalen Gemeinschaften eingehen, umstrittenes Land zurückgeben und dafür sorgen, dass allen ArbeiterInnen auf seinen Plantagen existenzsichernde Löhne gezahlt werden.

Bericht «Steueroptimierung auf Kosten der Ärmsten»

Brot für alle

Alliance Sud

Netzwerk Steuergerechtigkeit

Cultivating Fiscal Inequality: The Socfin Report

Plantation giant Socfin accused of dodging taxes in Africa. Ashoka Mukpo, Mongabay 21.10.21: „… Socfin’s founder, Adrien Hallet, learned how to cultivate rubber while working in the Congo during the brutal colonial rule of Belgian King Leopold II, later establishing the world’s first industrial oil palm plantation in Indonesia in 1911. Today, the company still has holdings dotted across West Africa, where it has been repeatedly accused of land grabbing and human rights abuses.“

In an email to Mongabay, Socfin refuted the report’s allegations, saying the company is in “strict compliance with the rules in force.”

21.10.21

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Katastrophale Megaprojekte zerstören die Lebensgrundlage: Wälder, Klima, Wasser und Boden

5. März 2021

Führende NGOs wie Greenpeace und WALHI schlagen mit einem neuen Bericht Alarm: Bis zu 2 Millionen Hektaren Torf- und Regenwälder könnten dem indonesische «Food Estate Program» zum Opfer fallen. Unter dem Vorwand der Ernährungssicherheit und Hungerbekämpfung soll grossflächig industrielle Landwirtschaft betrieben werden. Führende NGOs kritisieren, dass dieses Programm nur zu mehr Hunger führen wird. Auch mit verheerenden Folgen für die letzten intakten Wälder und das globale Klima. Sie befürchten, dass es zu grossflächigem Landraub durch Unternehmen kommen wird, die einzig an exportorientierten Anbauprodukten interessiert sind und den lokalen Gemeinden ihr Land und damit ihre Lebensgrundlage entziehen.

Bereits im Oktober 2020 wurde die gesetzliche Grundlage geschaffen, geschützten Wald in Landwirtschaftsland konvertieren zu können. Die verfügbaren Zahlen zu den Projekten sind sehr widersprüchlich, aber die von der Regierung publizierten sehen „Food Estate“-Projekte von 770’000 Hektaren in Zentralkalimantan (Borneo), zwei Millionen Hektaren in Papua (Neuguinea) und 32’000 Hektaren in Nord-Sumatra vor. Weitere Projekte dieser Grössenordnung sind in Planung.

Im Bericht der NGOs steht: Das 1996 initiierte Mega-Reis-Projekt in Kalimantan (Borneo) und das neuere Merauke Integrated Food and Energy Estate (MIFEE) in Papua hatten wenig mit der Ernährung der Indonesier zu tun und alles damit, die Kassen einer kleinen Handvoll korrupter Individuen zu füllen. Das  Nahrungsmittelhilfsprogramm wird von Indonesiens Verteidigungsminister Prabowo Subianto geleitet, der unter Suharto in die Entführung und Folter von 13 pro-demokratischen Aktivist*innen verwickelt war. Er besitzt weite Ländereien auf Kalimantan.

«Statt einer dringend nötigen Agrarreform, damit eine vielfältige auf Subsistenzwirtschaft basierte Landwirtschaft gefördert werden kann, die auch langfristig das bäuerliche Einkommen und die Ernährungssicherheit garantiert, wird auch auf rechtlicher Ebene der grosse Ausverkauf vorbereitet, kritisiert Uniterre-Sekretär Rudi Berli.» Bereits mit dem Omnibus-Gesetz im Herbst 2020 wurden viele Bestimmungen für globale Investoren ausser Kraft gesetzt, die den lokalen Gemeinschaften die Rechte an ihrem gewohnheitsmässigem Land zusichern. Gewichtige Investorengruppen wie Blackstone, Carlyle Group, BlackRock und JPMorgan sollen sich, gemäss dem Report, an den Projekten beteiligen oder mit der Regierung im Gespräch stehen.

Die Forderungen der NGOs

Finanzinstitutionen sollten keine Projekte unterstützen, welche die folgenden Prinzipien ignorieren:

  • Lokale und nationale Regierungen müssen sicherstellen, dass angemessene FPIC-Prozesse1 durchgeführt werden, die den traditionellen Gemeinschaften das volle Recht lassen, über die Nutzung ihres Landes und der traditionell genutzten Ressourcen in Wäldern, Flüssen und anderen Lebensräumen zu entscheiden.
  • Jedes Projekt sollte auf der vollen Anerkennung des traditionellen Landbesitzes basieren, als Mittel zur Sicherung der Ernährungssouveränität und -sicherheit der Menschen, basierend auf lokalem Gewohnheitswissen, und sollte die traditionelle Verwaltung durch die Gemeinschaften fördern.
  • Projekte sollten weder die Umsiedlung von Arbeiter*innen, Bäuerinnen und Bauern von außerhalb der Region fördern noch Transmigrationsprogramme anwenden.
  • Jeder Teil des Projekts sollte in einem transparenten und partizipativen Prozess definiert werden, der alle indigenen Völker und lokalen Gemeinschaften, die direkt und indirekt von den Projektaktivitäten betroffen sind, vollständig einbezieht. Diese Gemeinschaften müssen das volle Recht haben, jedes Projekt abzulehnen, von dem sie glauben, dass es ihre Lebensgrundlage oder ihren Lebensraum negativ beeinflusst.
  • Null-Toleranz gegenüber Gewalt, Vertreibungen, Einschüchterung, unangemessenem Druck oder Korruption sollte die Grundlage für jedes Projekt sein.
  • Keine Umwandlung oder Degradierung von Wäldern mit hohem Erhaltungswert (High Conservation Value Forests, HCV) und anderen Lebensräumen sowie vollständiger Schutz von Wäldern mit hohem Kohlenstoffgehalt (High Carbon Stock, HCS) und Torfgebieten jeglicher Tiefe.
  • Umweltrisikoprüfungen sollten auf transparente Weise unter Einbeziehung potenziell direkt und indirekt betroffener Gemeinden und Stakeholder durchgeführt werden und sollten auch soziale Risiken abdecken.
  • Projekte sollten die ökologische Wiederherstellung und Rehabilitierung von geschädigten und verlorenen Waldund Torfgebieten unter Berücksichtigung des Wissens und der Rechte indigener Völker und lokaler Gemeinschaften integrieren.

Das Komitee Stop Palmöl unterstützt die Forderungen der NGOs, welche einmal mehr zeigen, dass die Entwicklung in Indonesien nicht Richtung «Nachhaltigkeit» gehen. Im Gegenteil, den Einheimischen und Indigenen droht eine massive Verschlechterung der Besitz- und Ernährungssituation im Interesse weniger Investoren und Oligarchen.

Swallowing Indonesia’s forests, PDF

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