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Antibiotika-resistente Keime: grosser Handlungsbedarf!

9. November 2018

Eigentlich wissen wir es: Der Antibiotikaverbrauch muss bei Mensch und Tier massiv eingeschränkt werden. Doch auch die Versorgung mit überlebenswichtigen Antibiotika ist gefährdet.

Die Bauern

Die Schweizer Bauern setzen besonders viele Antibiotika ein, auch Reserveantibiotika, welche vielen Menschen das Leben retten könnten, wenn sie nicht in der Tierproduktion eingesetzt würden und somit Resistenzen gegen diese letzten Behandlungsmöglichkeiten verursachten. Reserveantibiotika – das ist eine alte Forderung von Fachleuten – sollten in der Tierproduktion verboten werden.

Diese Grafik aus dem Agrarbericht 2016 des Bundesamts für Landwirtschaft zeigt, dass die Schweizer Bauern für Euterbehandlungen mehr als die doppelte Menge Antibiotika einsetzten als jene in den 26 Vergleichsländer. Nur zwei Länder, nämlich Zypern und Litauen, verwenden mehr.

Diese Grafik aus dem Agrarbericht 2016 des Bundesamts für Landwirtschaft zeigt, dass die Schweizer Bauern für Euterbehandlungen mehr als die doppelte Menge Antibiotika einsetzten als jene in den 26 Vergleichsländer. Nur zwei Länder, nämlich Zypern und Litauen, verwenden mehr.

Die Menschen

Die Darmflora setzt sich aus Milliarden nützlicher, für die Gesundheit essentieller Bakterien zusammen. Dieses Mikrobiom wird durch eine Therapie mit Antibiotika oft weitestgehend zerstört.

Neuste Forschungsergebnisse zeigen, dass nach einer Antibiotika-Therapie zuerst krankmachende Keime auftauchen. Das Mikrobiom hatte sich in einer Studie an gesunden Männern nach einem halben Jahr fast vollständig erholt. Aber eben nur fast: „Einige empfindlichen Bakterienarten bleiben dauerhaft verschwunden“, sagt Sofia Forslund vom Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin (MDC) in Berlin. „Aufgrund des offenbar dauerhaften Verlusts einzelner Arten und der erhöhten Zahl der Resistenz-Gene zeige die Studie einmal mehr, wie wichtig es sei, Antibiotika mit Bedacht zu verabreichen.“

Die Pharma – obskure Lieferketten

Wie in anderen Branchen auch, produziert die Pharmaindustrie in Billigländern. Der reiche Westen exportiert schmutzige Prozesse in arme Länder. SRF berichtete am 8.11.18 über das grosse Problem: „Internationale Pharmakonzerne beziehen Antibiotika-Wirkstoffe aus Indien. Rund um viele lokale Fabriken sind grosse Mengen Antibiotika in der Umwelt. So entstehen gefährliche, resistente Keime, die sich global ausbreiten. Das Risiko einer Infektion steigt. …

… Die Supererreger aus Indien sind nicht nur in Schweizer Spitälern durch erkrankte Reisende angekommen, man findet sie auch in der Umwelt: Im Basler Abwasser entdeckten Mikrobiologinnen vor zwei Jahren erstmals sogenannte NDM-Resistenzen. «ND» steht für Neu Delhi, weil ein Keim mit dieser Resistenz erstmals dort gefunden wurde.“

Forschung wird kaum noch betrieben, da Krebsforschung offenbar gewinnversprechender ist. Die Lieferketten für Antibiotika aus China, via Indien sind undurchsichtig, aber am Schluss steht „Sandoz“, „Roche“ „Mepha“ usw. auf der Verpackung, ohne Hinweis auf die Herkunft.

Wohin in die Ferien?

Billigland? Bauernhof? … Oder vielleicht einfach ins Heidiland? Oder zuhause bleiben?

Schweizer Bauern spritzen rekordmässig Antibiotika, Beobachter vom 25.10.18

Neues Antibiotikaresistenz-Gen in Milch entdeckt, Medienmitteilung Universität Bern vom 26.4.17

Milchqualität und Rohmilchkäse haben ihren Antibiotika-Preis, Heidis Mist vom 2.1.16

Nutztiere: Antibiotika-Einsatz deutlich gesunken, Bauernzeitung 9.11.18

Recovery of gut microbiota of healthy adults following antibiotic exposure, Nature Microbiologyvolume 3, pages1255–1265 (2018)

Nach einer Antibiotika-Therapie: Darmflora regeneriert nicht vollständig, Laborpraxis vom 7.11.18

Pharma trägt dazu bei, dass Superkeime entstehen, SRF vom 8.11.18

Der unsichtbare Feind – Multiresistente Keime auf dem Vormarsch, SRF vom 8.11.18

Vom 12. bis 18. November 2018 findet die internationale Antibiotika-Awareness-Woche statt. Strategie Antibiotikaresistenten (StAR), Medieninformation Schweizerische Eidgenossenschaft vom 8.10.18

«Nutze sie richtig, es ist wichtig» – Bund startet Kampagne zum Umgang mit Antibiotika, Der Bundesrat, 9.11.18

9.11.18 HOME

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Was haben Paraquat, Schweizerhalle und Lachs im Rhein miteinander zu tun?

13. Juli 2015
Ludwig Tent: "Bäche und kleine Flüsse sind auch heute trotz der Erfolge der Abwasserreinigung noch weit von einem guten Zustand entfernt. Häufig genug sind die Anforderungen des standorttypischen Lebensraums nicht erfüllt. Dabei kommt gerade den kleinen Gewässerläufen, den “Kinderstuben” der größeren, eine besondere Bedeutung zu, da sie bis zu 80% der Fließstrecken im Einzugsgebiet inne haben." Copyright Ludwig Tent.

Ludwig Tent: „Bäche und kleine Flüsse sind auch heute trotz der Erfolge der Abwasserreinigung noch weit von einem guten Zustand entfernt. Häufig genug sind die Anforderungen des standorttypischen Lebensraums nicht erfüllt. Dabei kommt gerade den kleinen Gewässerläufen, den “Kinderstuben” der größeren, eine besondere Bedeutung zu, da sie bis zu 80% der Fließstrecken im Einzugsgebiet inne haben.“ Copyright Ludwig Tent.

Die Forschungsanstalt Wädenswil lehnte ein Gesuch der Maag AG (heute Syngenta) um Zulassung von Paraquat für die Schweiz in den 1980er Jahren aus toxikologischen und ökotoxikologischen Gründen ab. Nach dem Unfall von Schweizerhalle zog die Maag AG den Einspruch gegen diese Entscheidung zurück, siehe Paraquat Zulassung (Wikipedia). „… und mit Schweizerhalle begann das internationale vorweg laufende Gewässerschutzprojekt am Rhein Lachs 2000 (Wikipedia). Ohne das verheerende Sandoz wäre wohl im Gewässerschutz weiter klein oder gar nicht gewurschtelt worden…“, schreibt Ludwig Tent in einem Brief an Heidi; Tent ist frisch verrenteter ehemaliger Leiter der Abteilung Technischer Umweltschutz/Wohnraumschutz im Hamburger Bezirksamt Wandsbek, Dozent am Institut für Abwasserwirtschaft und Gewässerschutz der Technischen Universität Hamburg-Harburg und Blogger Osmerus‘ Blog. Mit der Edmund Siemers-Stiftung verbreitet er das Wissen über Bäche und kleine Flüsse.

„Rekordjahr 2015: Über 150 aufsteigende Lachse in Iffezheim beobachtet – Fischaufstieg bis in die Schweiz weiterhin wichtiges IKSR-Thema“, heisst der Titel der Pressemitteilung der Internationalen Kommission zum Schutz des Rheins vom 2.7.15.

Eine stabile Wildlachspopulation im Rhein und seinen Zuflüssen ist das Ziel des Folgeprogramms Lachs 2020. Geschichte und Informationen zum Lachs in der Schweiz beim Bundesamt für Umwelt (BAFU). Die IKSR hat ihre Visionen zu Lachs 2020 formuliert. Die dritte lautet: „Besatz mit Lachsen wird Selbstläufer. Pro Jahr werden etwa ein bis zwei Millionen junge Lachse im Einzugsgebiet des Rheins ausgesetzt. Ein Teil davon stammt von den erwachsenen Rückkehrern selbst ab.“

Ende gut, alles gut? NEIN!

Schon im Jahre 1997 hatte Ludwig Tent an einer internationalen Tagung in einer Diskussion darauf hingewiesen, dass nun – 3 Jahre vor „2000“ – zwar allerhand teure (ganz klar: nötige!) Durchgängigkeiten für Fische an etlichen Rhein-Wasserkraftwerken hergestellt waren, ABER der Zielort der Wanderer, das Laichbett/die Kinderstube überhaupt nicht! „Ihr müsst erst mal Forelle 2010 ankurbeln, bevor euer Lachs 2000 nachhaltig wirken kann!“ Tent, ein Mann der Tat, startete mitten in der Hansestadt Hamburg Forelle 2010 – Restrukturieren von Grossstadtbächen mit engagierten Bürgern. Jetzt, 18 Jahre nach seinem Spruch, wird Hamburg endlich soweit kommen, die Durchgängigkeit zwischen dem Stadtfluss Alster und der Elbe herzustellen.

Alles über lebendige Bäche und Renaturierung in Osmerus‘ Blog und im aus dem Dänischen übersetzten Buch Lebendige Bäche und Flüsse (Madsen & Tent, 2000).

Heidi meint: „Es muss nicht immer zuerst eine Katastrophe passieren bevor unsere Behörden handeln! Das gilt auch z.B. für Glyphosat, Pestizid-Cocktails in Schweizer Flüssen und Nitrat im Grundwasser.“

Fotomontage virtuelles (Jux-)Ortsschild Hamburg-Wandsbek. Copyright Ludwig Tent

Fotomontage virtuelles (Jux-)Ortsschild Hamburg-Wandsbek. Copyright Ludwig Tent

Nachtrag: Den jungen Lachsen auf der Spur, Moderne Methoden eröffnen neue Möglichkeiten, das Verhalten von Wanderfischen zu ergründen, von Lukas Denzler, NZZ vom 15.7.15.

13.7.15 HOME


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