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CH-Strategie: Biodiversität fördern und zerstören

18. Februar 2022

Agrarbericht 2021, Strukturverbesserungen. Bundesamt für Landwirtschaft. Klick für Vergrösserung.

Mit der einen Hand fördern die PolitikerInnen mit unseren Steuern die Artenvielfalt, mit der anderen zerstören sie diesen unentbehrlichen Schatz der Natur, und zwar obwohl sich die Schweiz im Rahmen der Biodiversitätskonvention verpflichtet hat, biodiversitätsschädigende Subventionen bis 2020 anzupassen oder abzuschaffen. Besonders zerstörerisch sind Verkehr, Landwirtschaft, Energieproduktion und Siedlungsentwicklung.

Allein der Bund hat im Jahr 2020 426 Millionen Franken Biodiversitätsbeiträge in Form von Direktzahlungen an die Bauern ausbezahlt und für den Bau von Wegen 32 Millionen Franken. Hinzu kommen Beiträge der Kantone, Gemeinden sowie von Privaten und NGOs. Der Ausbau von Erschliessungsstrassen schädigt – teilweise irreversibel – die betroffenen Lebensräume. Strassen erleichtern zudem den Zugang zu Gebieten, die extensiv bewirtschaftet werden – und dank besserer Zugänglichkeit intensiver bewirtschaftet werden können. Im Berggebiet, wo die Artenvielfalt (noch) höher ist als im Talgebiet, werden am meisten Güterstrassen subventioniert.

Die „Standardgüterstrassen“ in Graubünden sind breit, asphaltiert und mit Drainagen versehen. Diese Erschliessungsstrassen dienen in der Regel auch dem Tourismus und den nicht mehr landwirtschaftlich genutzten, umgenutzten Maiensässgebäuden.

Der Fall Güterstrassen Feldis

In einem Leserbrief in der Lokalzeitung pöschtli vom 17.2.22 schreibt ein Einwohner von Feldis GR: „Ist eine Melioration noch zeitgemäss?Und er stellt die Frage nach dem Nutzen der 20 Millionen Franken für ein paar Feld-, Wald- und Wiesenstrassen. Im Vergleich zum bleibenden Schaden durch den Verlust von Biodiversität sei dieser sehr, sehr klein. Zwar sind die Kosten gemäss der Interessengemeinschaft Biodiversität Feldis kleiner, d.h. geplant sind 8,4 Millionen Franken, wovon der Bund 49 Prozent übernimmt, der Kanton 36 Prozent, von den Restkosten soll die Gemeinde 1,1 Millionen Franken bezahlen, die Grundeigentümer 1,65 Millionen Franken.

Die kleine Gemeinde Feldis hatte mehrmals die Meliorationsabsichten abwenden können. Durch die Fusion mit Domleschg „konnte Feldis mit den überstimmenden Gemeindegliedern anderer Fraktionen die kantonale Meliorationshysterie nicht mehr abwenden“, heisst es weiter im pöstli-Leserbrief. So schnell wie möglich, so der Präsident der Meliorationskommission, selber Landwirt in Lantsch, sollen die Strassenpläne realisiert werden.

Strassenbau bedeute die Zerschneidung von Lebensräumen, mehr Verkehr, mehr Menschen in bislang mässig begangen Wald- und Wiesengebieten. Auch die etwa zehn landwirtschaftlichen Grossbetriebe von Scheid und weiterer Umgebung würden die artenreichen Wiesen gefährden: schwere Traktoren und Maschinen (Siloballen!), Überdüngung und intensive Bewirtschaftung.

Eine ausführliche Beschreibung dieses Projekts und der damit verbundenen Gefahren finden Sie hier: Melioration Feldis, Biodiversität Feldis.

Weitere Güterstrassen

Agrarbericht 2021, Strukturverbesserungen. Bundesamt für Landwirtschaft

Agrarbericht 2021, Strukturverbesserungen. Bundesamt für Landwirtschaft. Klick für Vergrösserung.

Besonders viele Strukturverbesserungsbeiträge fliessen Jahr für Jahr in den Kanton Graubünden. Er ist zwar gross und gebirgig, aber auch sehr aktiv im Strassenbau. Jeder Winkel muss mit breiten Strassen, Verbindungs-(Kantons-)strassen oder Güterstrassen erschlossen sein, d.h. das Ziel „dezentrale Besiedlung“ wird hier mehr als ernst genommen. Ist das Ziel noch zeitgerecht?

So ist auch die Gemeinde Schiers daran, für 9 Millionen Franken Güterstrassen zu erneuern. Die Nachbargemeinde Grüsch und Churwalden sind weitere aktuelle Beispiele, die Heidi gefunden hat. Die Patenschaft Berggemeinden unterstützt z.B. die Projekte Schiers und Grüsch.

Strassenbau ist wichtiger Wirtschaftszweig

Auszug aus dem Bericht zum Strassenbau und Strassenbauprogramm 2021 bis 2024:

Im Kanton Graubünden gibt es zahlreiche Bedürfnisse nach grossen Strassenbauprojekten und Umfahrungen zur Entlastung des Siedlungsgebiets vom Durchgangsverkehr. Diese Projekte verursachen im Vergleich zu üblichen Ausbauvorhaben wesentlich höhere Kosten. Angesichts des grossen Bedarfs an Umfahrungen und Grossprojekten ist der Einsatz der finanziellen Mittel auf lange Sicht darzustellen, um sachlich und politisch begründet festzulegen, wie viele dieser Bauvorhaben sich der Kanton Graubünden in Zukunft leisten kann.

Verlässliche Rahmenbedingungen

Die Anforderungen an die Verkehrsinfrastruktur in Bezug auf die Verfügbarkeit, den Komfort, die Sicherheit und die Umwelt nehmen stetig zu. Entsprechend erhöhen sich die Kosten für den Bau, den Betrieb und den Unterhalt der Kantonsstrassen laufend. Aufgrund der gestiegenen Anforderungen und der zunehmend komplizierteren Abläufe bei Verkehrsprojekten sind langfristig verlässliche Rahmenbedingungen umso bedeutender notwendig. Mit dem vorliegenden vierten Strassenbauprogramm für die Jahre 2021 bis 2024 wird die dafür erforderliche Transparenz geschaffen.

Hier finden Sie den ausführlichen Bericht:
Bericht zum Strassenbau und Strassenbauprogramm 2021 bis 2024.

Und die Gewässer?

Die breiten Strassen werden in Bäche entwässert, was Überschwemmungen fördert. Pneuabrieb, Salz und weitere Schadstoffe verschmutzen das Wasser. Die vorgeschriebenen Pufferstreifen von bewirtschafteten Flächen zu Strassen betragen lediglich 50 cm. Über Drainagen und Ablaufrinnen, die an Standardstrassen erstellt werden, kann leicht Gülle oder Mistwasser ausgewaschen bzw. abgeschwemmt werden, was zur Verschmutzung der Gewässer beiträgt.

Biodiversitätsschädigende Subventionen in der Schweiz. Gubler L, Ismail SA, Seidl I (2020), Swiss Academies Factsheet 15 (7). DOI: 10.5281/zenodo.3935430

Agrarbericht 2021, Biodiversitätsbeiträge

Agrarbericht 2021, Strukturverbesserungen

pöschtli, Seite 19, Lokalzeitung Thusis, 17.2.22

Interessengemeinschaft Biodiversität Feldis

Patenschaft Berggemeinden

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