Eigentlich wissen wir es: Der Antibiotikaverbrauch muss bei Mensch und Tier massiv eingeschränkt werden. Doch auch die Versorgung mit überlebenswichtigen Antibiotika ist gefährdet.
Die Bauern
Die Schweizer Bauern setzen besonders viele Antibiotika ein, auch Reserveantibiotika, welche vielen Menschen das Leben retten könnten, wenn sie nicht in der Tierproduktion eingesetzt würden und somit Resistenzen gegen diese letzten Behandlungsmöglichkeiten verursachten. Reserveantibiotika – das ist eine alte Forderung von Fachleuten – sollten in der Tierproduktion verboten werden.

Diese Grafik aus dem Agrarbericht 2016 des Bundesamts für Landwirtschaft zeigt, dass die Schweizer Bauern für Euterbehandlungen mehr als die doppelte Menge Antibiotika einsetzten als jene in den 26 Vergleichsländer. Nur zwei Länder, nämlich Zypern und Litauen, verwenden mehr.
Die Menschen
Die Darmflora setzt sich aus Milliarden nützlicher, für die Gesundheit essentieller Bakterien zusammen. Dieses Mikrobiom wird durch eine Therapie mit Antibiotika oft weitestgehend zerstört.
Neuste Forschungsergebnisse zeigen, dass nach einer Antibiotika-Therapie zuerst krankmachende Keime auftauchen. Das Mikrobiom hatte sich in einer Studie an gesunden Männern nach einem halben Jahr fast vollständig erholt. Aber eben nur fast: „Einige empfindlichen Bakterienarten bleiben dauerhaft verschwunden“, sagt Sofia Forslund vom Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin (MDC) in Berlin. „Aufgrund des offenbar dauerhaften Verlusts einzelner Arten und der erhöhten Zahl der Resistenz-Gene zeige die Studie einmal mehr, wie wichtig es sei, Antibiotika mit Bedacht zu verabreichen.“
Die Pharma – obskure Lieferketten
Wie in anderen Branchen auch, produziert die Pharmaindustrie in Billigländern. Der reiche Westen exportiert schmutzige Prozesse in arme Länder. SRF berichtete am 8.11.18 über das grosse Problem: „Internationale Pharmakonzerne beziehen Antibiotika-Wirkstoffe aus Indien. Rund um viele lokale Fabriken sind grosse Mengen Antibiotika in der Umwelt. So entstehen gefährliche, resistente Keime, die sich global ausbreiten. Das Risiko einer Infektion steigt. …
… Die Supererreger aus Indien sind nicht nur in Schweizer Spitälern durch erkrankte Reisende angekommen, man findet sie auch in der Umwelt: Im Basler Abwasser entdeckten Mikrobiologinnen vor zwei Jahren erstmals sogenannte NDM-Resistenzen. «ND» steht für Neu Delhi, weil ein Keim mit dieser Resistenz erstmals dort gefunden wurde.“
Forschung wird kaum noch betrieben, da Krebsforschung offenbar gewinnversprechender ist. Die Lieferketten für Antibiotika aus China, via Indien sind undurchsichtig, aber am Schluss steht „Sandoz“, „Roche“ „Mepha“ usw. auf der Verpackung, ohne Hinweis auf die Herkunft.
Wohin in die Ferien?
Billigland? Bauernhof? … Oder vielleicht einfach ins Heidiland? Oder zuhause bleiben?
Schweizer Bauern spritzen rekordmässig Antibiotika, Beobachter vom 25.10.18
Neues Antibiotikaresistenz-Gen in Milch entdeckt, Medienmitteilung Universität Bern vom 26.4.17
Milchqualität und Rohmilchkäse haben ihren Antibiotika-Preis, Heidis Mist vom 2.1.16
Nutztiere: Antibiotika-Einsatz deutlich gesunken, Bauernzeitung 9.11.18
Recovery of gut microbiota of healthy adults following antibiotic exposure, Nature Microbiologyvolume 3, pages1255–1265 (2018)
Nach einer Antibiotika-Therapie: Darmflora regeneriert nicht vollständig, Laborpraxis vom 7.11.18
Pharma trägt dazu bei, dass Superkeime entstehen, SRF vom 8.11.18
Der unsichtbare Feind – Multiresistente Keime auf dem Vormarsch, SRF vom 8.11.18
«Nutze sie richtig, es ist wichtig» – Bund startet Kampagne zum Umgang mit Antibiotika, Der Bundesrat, 9.11.18
9.11.18 HOME