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Überschreiten PFAS eine planetare Grenze?

15. August 2022
Quelle: Outside the Safe Operating Space of a New Planetary Boundary for Per- and Polyfluoroalkyl Substances (PFAS)

Quelle: Outside the Safe Operating Space of a New Planetary Boundary for Per- and Polyfluoroalkyl Substances (PFAS)

Quelle: Outside the Safe Operating Space of a New Planetary Boundary for Per- and Polyfluoroalkyl Substances (PFAS). Ian T. Cousins,, Jana H. Johansson, Matthew E. Salter, Bo Sha, and Martin Scheringer. ACS Publications 2.8.22. Übersetzt von Heidi mithilfe von DeepL.

Es wird die Hypothese aufgestellt, dass die Umweltverschmutzung durch Per- und Polyfluoralkylsubstanzen (PFAS) eine separate planetarische Grenze definiert und dass diese Grenze überschritten wurde. Diese Hypothese wird durch den Vergleich der Werte von vier ausgewählten Perfluoralkylsäuren (PFAAs), d.h. Perfluoroctansulfonsäure (PFOS), Perfluoroctansäure (PFOA), Perfluorohexansulfonsäure (PFHxS) und Perfluorononansäure (PFNA) in Regenwasser, Böden und Oberflächengewässer mit kürzlich vorgeschlagenen Richtwerten getestet.

Grenzwerte oft weit überschritten

Auf der Grundlage der vier betrachteten PFAAs kommt man zu dem Schluss, dass die PFOA- und PFOS-Konzentrationen im Regenwasser oft weit über den von der US-Umweltschutzbehörde (EPA) empfohlenen Werten für die lebenslange Trinkwasserversorgung liegen und die Summe der oben genannten vier PFAAs (Σ4 PFAS) im Regenwasser oft über den dänischen Trinkwassergrenzwerten liegt, die ebenfalls auf Σ4 PFAS basieren; die PFOS-Werte im Regenwasser liegen häufig über der Umweltqualitätsnorm für Oberflächengewässer im Binnenland der Europäischen Union; und die atmosphärische Ablagerung führt auch dazu, dass die Böden weltweit ubiquitär kontaminiert sind und häufig über den vorgeschlagenen niederländischen Richtwerten liegen.

PFAS rasch einschränken!

Daraus wird der Schluss gezogen, dass die globale Verbreitung dieser vier PFAA in der Atmosphäre dazu geführt hat, dass die planetarische Grenze für chemische Verschmutzung überschritten wurde. Die PFAA-Konzentrationen in der Atmosphäre sind aufgrund der hohen Persistenz der PFAA und ihrer Fähigkeit, in der Hydrosphäre, einschliesslich der aus den Ozeanen emittierten Gischt-Aerosole, kontinuierlich zu zirkulieren, besonders schlecht reversibel.

Aufgrund der geringen Reversibilität der Umweltexposition gegenüber PFAS und der damit verbundenen Auswirkungen ist es von entscheidender Bedeutung, dass die Verwendung und Emission von PFAS rasch eingeschränkt wird.

Grosse Investitionen nötig

Schliesslich kommt die Forschergruppe zum Schluss, dass PFAS eine neue planetarische Grenze definieren, die überschritten wurde, da die PFAS-Konzentrationen in den Umweltmedien überall über den Richtwerten liegen. Unabhängig davon, ob man der Schlussfolgerung zustimmt, dass die planetarische Grenze für PFAS überschritten ist oder nicht, ist es dennoch höchst problematisch, dass überall auf der Erde, wo sich Menschen aufhalten, die kürzlich vorgeschlagenen Gesundheitsempfehlungen nicht ohne grosse Investitionen in fortschrittliche Reinigungstechnologie erreicht werden können.

Obwohl PFOS und PFOA von einem der grössten Hersteller (3M) bereits vor 20 Jahren aus dem Verkehr gezogen wurden, wird es noch Jahrzehnte dauern, bis die Konzentrationen in Gewässern und Niederschlägen an Land die niedrigen Werte von Pikogramm pro Liter erreichen.

Nur die Spitze des Eisbergs – Tausende von PFAS

Darüber hinaus sind die mit PFOS, PFOA oder Σ4-PFAA verbundenen Probleme wahrscheinlich nur die Spitze des Eisbergs, da es viele Tausende von PFAS gibt und die mit den meisten von ihnen verbundenen Risiken unbekannt sind.

Angesichts der Auswirkungen des chemischen Fussabdrucks der Menschheit auf die Gesundheit des Planeten ist es von grosser Bedeutung, eine weitere Eskalation des Problems der grossflächigen und langfristigen Exposition der Umwelt und des Menschen gegenüber PFAS zu vermeiden, indem die Verwendung von PFAS so weit wie möglich rasch eingeschränkt wird.

Verwendung von PFAS

Quelle: PFAS Wikipedia

Die Verbindungen werden in der Textilindustrie zur Herstellung wasserabweisender, atmungsaktiver Textilien und in der Papierindustrie zur Herstellung von schmutz-, fett- und wasserabweisenden Papieren verwendet. Weitere Einsatzgebiete sind die Fotoindustrie, die Herstellung von Feuerlöschmitteln, die Luftfahrt und die Galvanische Industrie. Sie können auch Bestandteil von Schmier- und Imprägniermitteln sein. Bei der Herstellung der Fluorpolymere PTFE (Polytetrafluorethylen, „Teflon“) und PVDF (Polyvinylidenfluorid) wird PFOA als Emulgator eingesetzt. Bei dieser Anwendung tritt PFOA als Prozessemission und als Verunreinigung in Endprodukten auf. PFAS sind unter anderem ein Bestandteil von Skiwachs.

Im bluesign-System, welches für eine nachhaltige Herstellung von Textilien eintritt und umweltbelastende Stoffe aus dem Fertigungsprozess ausschliesst, sind zahlreiche PFAS in der Negativliste enthalten, darunter Perfluoralkylsulfonate, Perfluorcarboxylate und Fluortelomerverbindungen.

Zumindest in den USA enthalten viele Kosmetika schädliche PFAS.

Heidi meint: „Das Zulassungsverfahren muss dringend geändert werden, und zwar ohne Rücksicht auf den Druck der Industrie! Entscheidend ist der Schutz unserer Gesundheit und unseres Lebensraums, nicht der Profit der Industrie.“

Outside the Safe Operating Space of a New Planetary Boundary for Per- and Polyfluoroalkyl Substances (PFAS). Ian T. Cousins,, Jana H. Johansson, Matthew E. Salter, Bo Sha, and Martin Scheringer. ACS Publications 2.8.22

Belastet mit PFAS Weltweit fallen mit dem Regen Chemikalien vom Himmel. SRF 11.8.22

PFAS: stabil und überall, auch im Skiwachs und Wasser. Heidis Mist 28.9.21

PFAS: Die versteckte Gefahr auf Ihrem Gestell. Heidis Mist 29.9.21

Hohe Krankheitslast und Kosten durch PFAS. Heidis Mist 29.7.22

Zum Unesco Welttag des Audiovisuellen Kulturerbes vom 20.10.21: Aus der Geschichte von Flachs und Baumwolle

18. Oktober 2021
Fabrikant Huldreich Ottiker, Besitzer der damaligen Weberei Ottiker in der Waldau, erwarb die Liegenschaft "Feldegg" im Jahre 1882, baute sie um und nannte sie fortan "Lindengut". Das Lindengut ging später in den Besitz der Habis Textil AG über. Anlässlich ihres 125-jährigen Jubiläums schenkte die Firma, damals die grösste Arbeitgeberin von Flawil, unter der Führung von Inhaber Rolf Schiess das Lindengut der neu errichteten "Stiftung Lindengut" als Ort der Begegnung und für kulturelle Zwecke, insbesondere für die Einrichtung eines Ortsmuseums.

Fabrikant Huldreich Ottiker, Besitzer der damaligen Weberei Ottiker in der Waldau, erwarb die Liegenschaft „Feldegg“ im Jahre 1882, baute sie um und nannte sie fortan „Lindengut“. Das Lindengut ging später in den Besitz der Habis Textil AG über. Anlässlich ihres 125-jährigen Jubiläums schenkte die Firma, damals die grösste Arbeitgeberin von Flawil, unter der Führung von Inhaber Rolf Schiess das Lindengut der neu errichteten „Stiftung Lindengut“ als Ort der Begegnung und für kulturelle Zwecke, insbesondere für die Einrichtung eines Ortsmuseums.

Zitat aus Der landwirtschaftliche Pflanzenbau, 1965, von Rudolf Koblet, damals Professor für Pflanzenbau an der Eidgenössischen Technischen Hochschule in Zürich (ETHZ):

Der Flachs (Linum usitatissimum L.) zählt seit der Zeit der Pfahlbauer zu den Ackergewächsen unseres Landes. Die Leinwandweberei, die vom 13. Jahrhundert an in St. Gallen und in seinem Hinterland blühte, stützte sich zum Teil auf den einheimischen Flachsbau, ebenso die im 18. Jahrundert stark hervortretende Heimindustrie der Berner Landschaft. Als Folge des Umschwungs zugunsten der Baumwolle war die flachsverarbeitende Industrie in der Ostschweiz schon in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts fast völlig verschwunden …“

Dieser Umschwung erfolgte schlagartig. Grund dafür waren die neuen Transportmöglichkeiten. Zudem war Leinwand nicht mehr modern und teurer. Darunter litten die auf Flachs spezialisierten Bauern. Hingegen profitierte die Ostschweizer Textilindustrie, besonders die St. Galler Stickereibetriebe. Die St. Galler Spitzen waren vor dem Ersten Weltkrieg das wichtigste Exportgut der Schweiz. Anfang der 1920er Jahre änderte sich die Mode, Spitzen waren nicht mehr gefragt, sondern funktionale Kleidung. Die Weltwirtschaftskrise 1929 führte zu einem drastischen Rückgang der Nachfrage nach Spitzen und somit zu Entlassungen, verbunden mit Auswanderungen.

Während des Zweiten Weltkriegs wurde vermehrt Flachs angebaut. Kobelt: „Die Verknappung an Textilien während der Kriegszeit führte dazu, dass sich bis 1943 10’910 Betriebe dem Anbau von Flachs zuwandten. Die Anbaufläche betrug in diesem Jahr 225 ha. Nach 1945 setzte erneut ein rascher Rückgang ein.“

Die Textilindustrie in der Ostschweiz hingegen profitierte von der Hochkonjunktur nach dem Zweiten Weltkrieg. Automation verhalf zu einem vorübergehenden Aufschwung. Ab Mitte der 1950er Jahre wurden vermehrt auch billige GastarbeiterInnen aus Italien und Spanien beschäftigt. Aber schon bald kam trotzdem für die meisten Betriebe das Ende. Textilien und Kleider wurden immer mehr in Billiglohnländern produziert, wo es auch geringere oder keine Umweltauflagen gibt. Viele Gewässer werden heute noch durch ungeklärte Abwässer von Textilfabriken massiv verschmutzt.

In der Schweiz wehrte sich noch Anfang der 1970er Jahre ein Textilunternehmen mit Hilfe weiterer CEOs aus anderen Branchen vehement gegen neue Abwasservorschriften. Doch das Amt in St. Gallen blieb hart. Der zuständige Beamte schrieb den Herren am Schluss eines abschliessenden Briefes: „Ich habe zwei Ordner mit Zuschriften zu ihrem Fall. Einer mit positiven. Dieser ist voll. Der andere Ordner mit negativen ist fast leer. Ich lege jetzt Ihren Brief in den fast leeren Ordner ab.“ Somit war der Fall erledigt, die verlangten Gewässerschutzmassnahmen mussten erfüllt werden.

Nicht ganz vergessen darf man, dass auch die Schweizer Textilindustrie vom Kolonialismus profitiert hatte. Eindrücklich geschildert wird die Geschichte der Baumwolle im Buch King Cotton von Sven Beckert. Eine Geschichte des globalen Kapitalismus, erschienen bei C.H. Beck.

Zum Unesco Welttag des Audiovisuellen Kulturerbes vom 20.10.21

Auch dieses Jahr präsentiert das Lichtspiel zum Welttag des Audiovisuellen Kulturerbes Schätze aus seinem Archiv, die im Verlauf der letzten 12 Monate eingelangt sind und gesichert werden konnten. Dieses Mal begeben wir uns in die Ostschweiz, genauer nach Flawil, denn dort machte um 1905 das Wanderkino von Alexander Dahlmann-Fasold Station und filmte die Menschen, die die damalige Weberei Ottiker verlassen. Die Nachfahren der Familien Habisreutinger-Ottiker und Schiess haben die Restaurierungen finanziert. In den Filmen aus den 1920er Jahren dokumentieren die damaligen Besitzer die Fabrik und das Familienleben. Dank der umsichtigen Aufbewahrung können wir die Filme heute in aller Pracht sehen.

Parallel zu unserer analogen Filmvorführung finden Sie ab 20.10.2021 zusätzliche Informationen in unserer Rubrik „Kinogeschichten“.

Die Vorführung wird eingeführt durch Urs Schärli vom Ortsmuseum in Flawil und musikalisch live begleitet von Wieslaw Pipczynski.

Wir präsentieren das Programm im Saal und strahlen es auch als Live-Stream aus

Liebe Leserinnen und Leser, blicken Sie zurück in eine andere Zeit, in die Blütezeit der Schweizer Textilindustrie!

Ortsmuseum Flawil

Wieslaw Pipczynski

18.10.21 HOME

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