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Toxisches Chlorpyrifos: Neuer Anforderungswert löst das Problem nicht

13. Februar 2018

Super – könnte man meinen – endlich ein viel niedriger Anforderungswert für Chlorpyrifos in Oberflächengewässern! Doch soll man ein Pestizid explizit in der Gewässerschutzverordnung (GSchV) verankern, das in der Umwelt und somit auch in unserem Essen nun wirklich nichts zu suchen hat?

USA vor der Ära Trump wollte Verbot

Das amerikanische Umweltamt (EPA) verbot das Insektizid Chlorpyrifos vor 17 Jahren für den Gebrauch im Haus. Aufgrund einer Neubewertung für die Anwendung in der Landwirtschaft im Jahre 2015 empfahl das EPA ein allgemeines Verbot für dieses neurotoxische Mittel, das u.a. die Entwicklung des Gehirns von Kindern im Mutterleib schädigt. Doch soweit sollte es nicht kommen, denn Präsident Trump setzte den industriefreundlichen Scott Pruitt als EPA-Chef ein.

Die Gefahr für den Menschen ist aber nicht die einzige. Das EPA untersuchte auch die ökologischen Risiken und erstellte eine Liste der von Chlorpyrifos geschädigten Pflanzen, Vögel, Fische, Säugetiere und andere nicht Zielorganismen. Die Liste ist lang. Sie umfasst 1’778 Arten.

Aufnahme in die Stockholm Konvention?

Chlorpyrifos ist langlebig, reichert sich in Lebewesen an und die Abdriftgefahr ist hoch. Es ist daher nicht erstaunlich, dass es sogar in der Arktis vorkommt. Die Europäische Lebensmittelagentur EFSA bewertete Chlorpyrofos 2012 neu mit dem Fazit: erheblich giftiger als ursprünglich angenommen. Die EFSA forderte daher eine strengere internationale Regulierung und die Aufnahme in die Stockholm Konvention. Das Stockholmer Übereinkommen über persistente organische Schadstoffe ist eine Übereinkunft über völkerrechtlich bindende Verbots- und Beschränkungsmassnahmen für bestimmte langlebige organische Schadstoffe.

In der Schweiz für viele Kulturen bewilligt

Kartoffeln, Erdbeeren, Himbeeren, Reben, Karotten, Radies, Zwiebeln usw. dürfen mit Chlorpyrifos behandelt werden. Für die meisten Kulturen gilt ein Abstand zu Gewässern von 50 m. Wieso für Raps nur ein solcher von 20 m gefordert wird, das leuchtet Heidi nicht ein. Weil die Bauern das so wollen? Zudem: „Reduktion der Distanz aufgrund von Drift und Ausnahmen gemäss den Weisungen des BLW.“

Nicht nur für Gewässerorganismen ist das Insektizid gefährlich, sondern auch für Bienen. „Darf nicht mit blühenden oder Honigtau aufweisenden Pflanzen (z.B. Kulturen, Einsaaten, Unkräutern, Nachbarkulturen, Hecken) in Kontakt kommen.“ Wie soll dies in der Praxis realisiert werden, wo doch die Abdriftgefahr so hoch ist und daher ein Abstand zu Gewässern von 50 m eingehalten werden muss?

Chlorpyrifos-Granulat ist für sehr viele Kulturen gegen Bodenschädlinge zugelassen Unter „Auflagen und Bermerkungen heisst es: „Im Hausgarten: Beim Ausbringen des Mittels und in den folgenden 48 Stunden bei erneutem Kontakt mit den behandelten Kulturen mindestens Schutzhandschuhe, langärmliges Hemd und lange Hose tragen.“ Wie sieht das wohl in der Praxis aus? Und halten sich Haus- und Wildtiere daran?

BAFU schlägt neuen Anforderungswert vor

Bis zum 13.3.18 läuft die Vernehmlassung der Gewässerschutzverordnung mit den neuen Anforderungswerten für Oberflächengewässer, welche das Bundesamt für Umwelt (BAFU) vorschlägt. Chlorpyrifos gehört zu den wenigen Pestiziden, bei denen der Anforderungswert nicht erhöht, sondern gesenkt wird, und zwar von 0,1 µg/l auf 0,0044 µg/l bzw. 0,00046 µg/l für chronische Belastung. Auch hier sehr genaue Werte, welche wissenschaftliche Präzision vortäuschen.

Chlorpyrifos verbieten!

Was soll ein so giftiges Pestizid in der Umwelt und auf unseren Lebensmitteln? Heidi meint: „Man muss es verbieten!“

 

Verordnung des UVEK über die Änderung von Anhang 2 Ziffer 11 Absatz 3 der Gewässerschutzverordnung (GSchV)

What We Know About Chlorpyrifos, The Pesticide The EPA Thinks Is Bad But Won’t Ban, Emily Willingham, Forbes, 31.3.17

Wann werden wir endlich lernen? (2)

3. Dezember 2014
Quelle BAFU. Nicht nur der Wert der verkauften Chemikalien steigt, sondern auch die Vielfalt.

Quelle BAFU. Nicht nur der Wert der verkauften Chemikalien steigt, sondern auch die Vielfalt.

Immer mehr Chemikalien aller Art gelangen in die Umwelt. Während die Wirkung einzelner Pestizide relativ gut untersucht ist, weiss man von den meisten Stoffen nicht, ob sie harmlos oder schädlich sind. Die amerikanische Umweltschutzbehörde EPA (United States Environmental Protection Agency) will dem Abhilfe schaffen mit dem Projekt Tox21. Mit Roboter-Technik sollen Tausende von Chemikalien auf ihre potentielle Toxizität untersucht werden. Das EPA will eine kostengünstige Methode entwickeln, die es erlaubt, jene Chemikalien zu eruieren, welche auf Giftigkeit untersucht werden müssen.

Die Weltgesundheitsorganisation WHO schätzt, dass jährlich fünf Millionen Menschen an den Folgen der Aufnahme von Chemikalien, denen sie ausgesetzt sind, sterben (New Scientist 2997 vom 29.11.14).

Endokrine Disruptoren

Besonders bedenklich sind die hormonell wirksamen Stoffe (Endokrine Disruptoren), welche aus den verschiedensten Quellen in die Umwelt gelangen (Haushalt, Pestizide, Industrie…). Die Kosten der Untätigkeit ist der Titel einer Studie der nordischen EU-Regierungen über die Gesundheitskosten, welche Endokrine Disruptoren verursachen, indem sie die männliche Fortpflanzungsorgane schädigen: Krebs, Unfruchtbarkeit oder Hodendystopie.

Je nach Annahme, wie hoch der Anteil der Schäden an den Gesamtkosten dieser Rubrik ist (2, 20 oder 40%), entstehen hochgerechnet auf die EU Kosten von jährlich 60 bis 1’184 Millionen Euro. In diesen Zahlen sind längst nicht alle durch Endokrine Disruptoren verursachte Krankheiten enthalten, hinzu kommen weitere Beeinträchtigungen wie die Schädigung von Wasserlebewesen, Wild- und Nutztieren. Quelle: The Cost of Inaction, Zusammenfassung und Herunterladen der ausführlichen Studie.

Gemäss der WHO und dem Umweltprogramm der Vereinigten Nationen UNEP kennt man bis zu 800 Stoffe, deren endokrine Wirkung nachgewiesen ist oder vermutet wird, nur wenige wurden bisher untersucht (Wikipedia). Der Handlungsbedarf ist gross.

Globaler Megatrend Zunehmende Schadstoffbelastung

Auf der Suche nach Informationen zum Thema ist Heidi auf folgende Seite des Bundesamts für Umwelt gestossen Globaler Megatrend Zunehmende Schadstoffbelastung. Eine Animation zeigt, wie sich ausgewählte Faktoren, die zum Megatrend beitragen, seit 1900 verändert haben. Lange geschieht kaum etwas, dann plötzlich nehmen die Messwerte rasant zu und erreichen in den meisten Fällen 2013 einen Höchststand (Ende der Animation). Die Animation verdeutlicht, dass es ganz unterschiedliche Phänomene sind, die sich verstärken und zusammen einen globalen Megatrend ausmachen.

Stickstoffüberschüsse

Aus der Liste der vielen detaillierten Daten zu den globalen Megatrends hat Heidi die Stickstoffüberschüsse aus der Landwirtschaft ausgewählt. Stickstoff in unterschiedlicher Form kann gesundheitsschädigend sei; diese Kosten hat wohl noch niemand berechnet. Auch die Schweiz muss sich gewaltig anstrengen, damit die Verluste abnehmen, siehe auch Stickstoff in Landwirtschaft und Umwelt: Eine Herausforderung, Medieninformation Bundesamt für Landwirtschaft vom 11.1.11.

Wann werden wir endlich lernen? Heidis Mist vom 25.6.13

Segen und Fluch des Düngers, Heidis Mist vom 24.5.13

3.12.14 HOME


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