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UNO-Ziele für nachhaltige Entwicklung: Die Schweiz im Schneckentempo

2. Juni 2022
UNO Agenda 2030, 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung

UNO Agenda 2030, 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung

Halbzeit bei der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung

2015 haben die UNO-Mitgliedsstaaten die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung verabschiedet. Wie sieht der Stand der Umsetzung in der Schweiz bei Halbzeit aus? Ist eine Pause angesagt oder braucht es mehr Tempo in der verbleibenden Zeit? In einer kleinen Interviewserie gehen Fachleute des Centre for Development and Environment (CDE) der Universität Bern diesen Fragen nach und beleuchten einige der Diskussionspunkte aus wissenschaftlicher Sicht.

Der Bundesrat hat Anfang Mai 2022 seinen zweiten Länderbericht zur Umsetzung der UNO-Ziele für nachhaltige Entwicklung publiziert. Das erste Interview führt Gaby Allheilig mit Christoph Bader, CDE-Wissenschaftler und Ökonom. Er hat den Bericht wissenschaftlich begleitet und sagt: «Er spricht zwar vieles an, zieht aber nicht den logischen Schluss, dass wir radikal etwas ändern müssen.»

Heidi hat Teile des Interviews herausgepickt, welche die Landwirtschaft betreffen:

Christoph Bader: „Man sagt nur, ob der Trend stimmt oder nicht, zeigt aber nicht auf, ob die Verbesserungen auch rasch genug bzw. in ausreichendem Mass stattfinden, damit wir die Ziele innert gebotener Frist erreichen. Wenn wir das Klimaziel des Bundes von netto Null Treibhausgasemissionen bis 2050 erreichen wollen, so muss der Trend sich auf dieses Ziel beziehen. Der Bericht aber verbucht die knapp 6 Prozent Treibhausgas-Reduktion in der Landwirtschaft, die wir in den letzten 20 Jahren erreicht haben, als positiv. Dabei ist völlig klar: Wenn wir in diesem Tempo weiterfahren, sind wir bis 2050 nirgends.“

Gaby Allheilig: „Können Sie diese Reportingpraxis noch an einem anderen Umweltziel festmachen?“

Christoph Bader: „Der Bundesrat hat sich zum Beispiel seit den 1990er Jahren wiederholt verschiedene Ziele zur Reduktion der Stickstoffemissionen gesetzt. Im Jahr 2000 belief sich die Stickstoffbilanz der Schweizer Landwirtschaft auf 100’000 Tonnen. Heute stehen wir bei rund 90’000 Tonnen. Wir sind also auch hier noch nirgends. Doch der Länderbericht ordnet das als «richtig unterwegs» ein. Das ist einfach ungenügend.“

Der aktuelle Länderbericht ist lediglich ein Bericht. Christoph Bader: „Die heissen Eisen hätte man letztes Jahr in der Strategie Nachhaltige Entwicklung 2030 anpacken müssen. Darin zeigt der Bund auf, welche Schwerpunkte er für die Umsetzung der Agenda 2030 setzen will. Heisse Eisen wurden da aber keine angefasst, obwohl sie von vielen – auch von uns – in der Vernehmlassung angesprochen worden waren. Dass praktisch nichts von all den Vorschlägen in die Strategie einfloss, ist nicht dem Länderbericht anzulasten.“

Lesen Sie das ganze Interview hier: «Wenn wir in diesem Tempo weiterfahren, sind wir bis 2050 nirgends». Centre for Development and Environment (CDE) der Universität Bern 31.5.22

Der Online-Länderbericht der Schweiz 2022

17 Ziele für nachhaltige Entwicklung

Do you know all 17 SDGs? United Nations, Department of Economic and Social Affairs Sustainable Development

2.6.22 HOME

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In Entwicklungsländern werde viel Ackerland ineffizient bewirtschaftet oder läge brach …

8. April 2022

Am Beispiel von Laos zeigt eine Doktorarbeit am Centre for Development and Environment (CDE), Universität Bern, auf, dass die Landwirtschaftspolitik zahlreicher Entwicklungsländer mit Landdeals fehlgeleitet wird. Sie bringen mehr Geld, aber nicht mehr Wohlstand. Die meisten Landdeals, kommt der Wissenschaftler zum Schluss, hätten die Situation der lokalen Bevölkerung prekärer gemacht.

„In Entwicklungsländern werde viel Ackerland ineffizient bewirtschaftet oder läge brach: Seit die Weltbank dieses Narrativ 2008 salonfähig gemacht hat, prägt es die Landwirtschaftspolitik zahlreicher Entwicklungsländer. Gleichzeitig hat es privaten Investoren die Türen für Landakquisitionen geöffnet.

Ein Land, das stark auf das Modell gesetzt hat, ist Laos. Der Staat in Südostasien hat einen Wirtschaftsboom hingelegt, die Armut in ländlichen Gebieten reduziert und dort eine beträchtliche Anzahl Jobs geschaffen.

Ein laotischer Forscher hat in seiner Doktorarbeit am CDE die Daten unter die Lupe genommen – mit ernüchterndem Ergebnis.“

Lesen Sie den schön dokumentierten Bericht hier: Landdeals: mehr Geld, aber nicht mehr Wohlstand. Centre for Development and Environment (CDE), Universität Bern, 7.4.22. Redaktion und Produktion Gaby Allheilig

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Für unsere Zukunft: Solidarökonomie und ökologischer Landbau

21. Februar 2022
Folie aus einem Vortrag von Bettina Scharrer, Universität Bern, CDE

Folie aus dem Vortrag von Bettina Scharrer, Projektleiterin, CDE, Universität Bern, Schlusstagung Projekt «Die Bedeutung der Solidarökonomie für die Entwicklung des ökologischen Landbaus in Europa früher und heute»

In einem Projekt des schweizerischen Kompetenzzentrums für Nachhaltige Entwicklung (CDE) der Universität Bern wurde «Die Bedeutung der Solidarökonomie für die Entwicklung des ökologischen Landbaus in Europa früher und heute» thematisiert. Untersucht wurde die Verbindung zwischen Biolandbau und Solidarökonomie als progressives Modell, um es so der systematischen Förderung zugänglich zu machen. Das Projekt wurde von der Stiftung Merkator Schweiz mit 555‘000 Franken unterstützt. Es dauerte von 2016 bis 2020.

Der ökologische Landbau gilt als Alternative für die notwendige Ökologisierung der nicht nachhaltigen Ernährungssysteme. Doch die reale Bedeutung des Ökolandbaus liege noch weit hinter seinen Potenzialen zurück. Die Verbindung von Solidarökonomie mit Biolandbau sei eine mögliche Strategie, um dies zu ändern.

Um dieses Ziel zu erreichen, wurde eine transnationale Netzwerkplattform gebildet, an der Akteure im Bereich Solidarökonomie und Biolandbau aus Praxis, Politik und Forschung aus fünf europäischen Ländern teilnahmen.

Prinzipien der Solidarökonomie

Solidarökonomie ist ein Konzept, welches innerhalb des bestehenden kapitalistischen Systems alternative ökonomische Strukturen und Praktiken aufzubauen sucht. Die vordergründigen Ziele der Solidarökonomie bei der Reproduktion von Gütern und Bereitstellung von Dienstleistungen gelten nicht der grösstmöglichsten Gewinnmaximierung und Kapitalakkumulation, sondern der Umsetzung einer sozialökologisch verträglichen, bedürfnisorientierten nachhaltigen Entwicklung für das Gemeinwohl.

Produzenten und Konsumenten, welche solidarökonomischer Konzepte in der Landwirtschaft umsetzen, wollen dadurch wieder mehr Mitbestimmung und Einfluss auf die Produktions- und Konsumprozesse im Ernährungssektor gewinnen und den gesamten Sektor nachhaltiger gestalten.

Neue Formen der Solidarökonomie in der Landwirtschaft

Solidarökonomische landwirtschaftliche Initiativen, welche besonders in den letzten zwei Jahrzehnten entstanden sind, wie z.B. die «regionale Vertragslandwirtschaft» in der Schweiz, die «solidarischen Landwirtschaft» in Deutschland, die «Associations pour le maintien d’une agriculture paysanne» in Frankreich oder viele Foodcoops, streben eine Demokratisierung der Lebensmittelversorgung an. Die Beteiligten solcher solidarökonomischen Initiativen wollen die Produktion, Verarbeitung und den Vertrieb von Nahrungsmitteln selbstbestimmt regeln und nicht durch immer grösser werdende Nahrungsmittelkonzerne und staatliche Vorgaben bestimmen lassen.

Voraussetzung für die Verwirklichung dieses Zieles ist die Herstellung eines auf Vertrauen basierenden partnerschaftlichen Verhältnis zwischen Produzenten und Konsumenten und somit die Bereitschaft aller Beteiligten, die der landwirtschaftlichen Produktion innewohnenden Risiken und Kosten gemeinsam zu tragen.

Umgesetzt wird dies u.a., indem die jährlich budgetierten Gesamtbetriebs- und Produktionskosten die direkte Bezugsbasis für die Preisbildung der produzierten Nahrungsmittel darstellen. Weiter haben die Konsumenten Verständnis für die Saisonabhängigkeit und Heterogenität der landwirtschaftlichen Produkte und akzeptieren natürliche Reproduktionsschwankungen, welche sich auch in den wöchentlichen Liefermengen – und Zusammensetzungen bei gleichbleibender Kostenbeteiligung niederschlagen können.

Regionale Wirtschaftskreisläufe und standortgrechte Produktion

Solidarökonomische Landwirtschaft produziert lokal, will regionale Wirtschaftskreisläufe ankurbeln und verfolgt das Ziel, die Ernährungssouveränität für die Beteiligten der Initiativen, aber auch für die Region zurückzugewinnen. Zu ihren Prinzipien gehören weiter eine standortgerechte ökologische Produktion, welche auf einer nachhaltigen, die Biodiversität fördernden Nutzung von Boden, Pflanzen und Tieren basiert.

Abschlusstagung Projekt

Am 17.September 2021 fand die Abschlusstagung des Forschungsprojekts «Solidarökonomie zur Förderung des ökologischen Landbaus in Europa» statt. Als Highlight der Tagung wurde die Vorpremière des projektbasierten Films «Solidarökonomie – eine andere Wirtschaftsform für ein nachhaltiges Ernährungssystem» gezeigt, der demnächst für die Öffentlichkeit zugänglich sein wird.

Nachfolgend drei Folien aus dem Referat der Projektleiterin Bettina Scharrer, CDE, Universität Bern. Folie aus dem Vortrag von Bettina Scharrer, Universität Bern

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Folie aus dem Vortrag von Bettina Scharrer, Universität Bern

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Folie aus dem Vortrag von Bettina Scharrer, Universität Bern

Folie aus dem Vortrag von Bettina Scharrer, CDE, Universität Bern

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«Wir lagern viele Probleme unseres Ernährungssystems aus»

27. Mai 2021
«Es ist wichtig, nicht nur über die landwirtschaftliche Produktion zu sprechen»: Theresa Tribaldos. Foto: CDE

«Es ist wichtig, nicht nur über die landwirtschaftliche Produktion zu sprechen»: Theresa Tribaldos. Foto: CDE

Interview von Gaby Allheilig mit der Wissenschaftlerin Theresa Tribaldos vom Centre for Development and Environment (CDE):

„Aktuell debattiert die Schweiz darüber, wie ihre Landwirtschaft produzieren soll. Finnland geht einen anderen Weg und ist daran, sein ganzes Ernährungssystem – samt internationalen Auswirkungen – klimatauglich zu machen. Lässt sich dieser Ansatz auf die Schweiz übertragen? Was bräuchte es dafür? CDE-Wissenschaftlerin Theresa Tribaldos über die Notwendigkeit, über den eigenen Tellerrand zu blicken und auch die Frage der Gerechtigkeit zu stellen.

Theresa Tribaldos, Sie forschen zusammen mit finnischen und brasilianischen WissenschaftlerInnen zur Frage, wie wir zu gerechten Ernährungssystemen kommen. Was fällt Ihnen aus dieser Sicht bei der Debatte um die Schweizer Agrarpolitik und den beiden anstehenden Volksinitiativen auf?

In erster Linie fällt mir in der jetzigen Debatte auf, dass die Landwirtschaft losgelöst von Verarbeitung, Handel, Vertrieb und Konsum diskutiert wird. Dabei hängt das alles eng zusammen bzw. voneinander ab. Die Frage, ob wir den Einsatz von synthetischen Pestiziden herunterfahren wollen, stellt sich meines Erachtens so gar nicht – wir müssen. Aber zu glauben, dass die Probleme gelöst sind, wenn die Bauern ohne synthetische Pestizide produzieren, und sonst alles weiter so läuft wie bisher, ist fern der Realität.“

Heidi empfiehlt Ihnen, das ganze Interview zu lesen. Hier die wichtigen Punkte:

«Die Initiativen bringen ein sehr wichtiges Thema aufs Tapet»

«Im Agro-Food-Bereich hat eine enorme Machtkonzentration stattgefunden»

«Die Probleme, die mit der Agrarindustrie verbunden sind, betreffen nicht nur den Konsum von tierischen Produkten»

«Nur schon wegen der Klimaerwärmung müssen wir die Ernährungssysteme stark umgestalten»

«Wir müssen uns fragen, wie wir vom Futtermittel-Soja wegkommen»

… Die Finnen haben ein grosses Interesse daran, etwas gegen die Klimaerwärmung zu unternehmen. Ein wichtiger Baustein davon ist die Veränderung des Ernährungssystems. Finnland will dabei auch Gerechtigkeitsfragen berücksichtigen.

«Finnland schaut nicht nur die eigene Produktion an, sondern blickt vermehrt auch auf globale Wertschöpfungsketten»

«In der Schweiz herrscht oft noch ein sektorielles Denken vor»

Link zum vollständigen Interview: «Wir lagern viele Probleme unseres Ernährungssystems aus». Interview Gaby Allheilig, Centre for Development and Environment (CDE), Universität Bern, 25.5.21

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«Die Schweiz hätte jetzt die Chance, eine Ernährungspolitik zu verfassen»

19. Mai 2021

«Es reicht nicht, so zu tun, als könnte man einfach ein paar Stellschrauben anpassen»: Johanna Jacobi. Foto: CDE

«Es reicht nicht, so zu tun, als könnte man einfach ein paar Stellschrauben anpassen»: Johanna Jacobi. Foto: CDE

Agrarinitiativen: Gibt es Alternativen zur Agrarindustrie?

Weltweit produzieren rund 500 Millionen Kleinbäuerinnen und -bauern Nahrung – oft agrarökologisch. Gleichzeitig tragen heute aber nur noch rund 80 Sorten massgeblich zur Welternährung bei, die in der Regel in Monokulturen angebaut werden. Diese Agrarindustrie bedingt den Einsatz von Kunstdünger und Pestiziden. Doch was würde passieren, wenn man darauf verzichtet?

Lesen Sie das Interview mit der Wissenschaftlerin Johanna Jacobi des Centre for Development and Environement (CDE) der Universität Bern über zukunftsfähige Alternativen und den nötigen Umbau zu einem nachhaltigen Ernährungssystem.

Grafik FAO 2020, bearbeitet.

Klicken Sie auf das Bild für höhere Auflösung. Grafik FAO 2020, bearbeitet.

«Die Schweiz hätte jetzt die Chance, eine Ernährungspolitik zu verfassen». Johanna Jacobi, Centre for Development and Environement (CDE), 19.5.21

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Fleischkonsum: Sprache und Wirklichkeit

15. März 2021

Das schweizerische Kompetenzzentrum für Nachhaltige Entwicklung (CDE), Universität Bern, hat untersucht wie sich „Fleisch“ in der Sprache auf unseren Fleischkonsum auswirkt.

Als Folge der Pandemie erreichten Fleischprodukte im Jahr 2020 einen neuen Umsatzrekord von über fünf Milliarden Franken, vermeldete das Bundesamt für Landwirtschaft. Dass so viel Fleisch verzehrt wird, habe jedoch nicht nur mit Covid-19 und günstigen Fleischpreisen zu tun. Der Fleischkonsum sei tief in unserer Sprache verankert. Manche Ausdrücke und Wendungen fördern das Fleischessen oder verdecken die Probleme um den Fleischkonsum. Zu diesem Schluss kommt Hugo Caviola, assoziierter Wissenschaftler in einer Studie am CDE.

Gaby Allheilig serviert uns in einer schön bebilderten und leicht verständlichen Präsentation Wörter, die auf Nutztieren und Fleisch basieren, nennt Alternativen. Sie erklärt Zusammenhänge und zeigt Probleme rund um die Fleischproduktion und den -konsum auf, z.B. „Mit seinem Landanspruch, aber auch durch den Ausstoss von Methan und Lachgas, trägt der Fleischkonsum in der westlichen Ernährungsweise wesentlich zur Schädigung des Weltklimas bei. Auch Böden, Biodiversität und Wasserressourcen leiden unter der intensiven Tierhaltung.“ Ergänzt werden Text und Fotos mit Illustrationen von Julia Weiss.

Oft verwenden wir „Fleischwörter“ wohl mehr oder weniger bewusst. Dass die „Fleischsprache“ uns trotzdem beeinflusst, leuchtet ein, das lehrt uns das PR-Wissen.

Das Projekt «Sprachkompass Ernährung»

Der «Sprachkompass Ernährung» ist eine Orientierungshilfe die aufzeigt, wie Sprache unsere Wahrnehmung von Ernährung prägt und unser Denken und Handeln anleitet – und welche sprachlichen Ausdrucksformen einen massvollen (suffizienten) Umgang mit Ernährung behindern bzw. welche ihn fördern können. Das Projekt basiert auf dem Konzept der Suffizienz, einem Verständnis von Wohlstand und Lebensqualität, das andere Werte als Konsum in den Vordergrund rückt. Es wird von der Stiftung Mercator Schweiz unterstützt.

Sprachkompass Ernährung

Die Macht der Sprache. Video 28:19. Bayrischer Rundfunk vom 9.9.20

15.3.21 HOME

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Unabhängige Stimme zum Palmölanbau in Indonesien

28. Januar 2021

Prof. Heinzpeter Znoj, Direktor Institut für Sozialanthropologie, Universität Bern.

Prof. Heinzpeter Znoj, Direktor Institut für Sozialanthropologie, Universität Bern.

Eigentlich müsste sich Heidi ja um sauberes Wasser für die Frösche kümmern, doch es schreiben und reden aktuell so viele Leute über Palmöl, die weder von Indonesien, noch von Palmöl eine Ahnung haben. Es interessiert sie einzig allfällige bevorstehende Gewinne durch das Freihandelsabkommen, über das wir am 7. März 2021 abstimmen.

Zum Glück melden sich auch Leute zu Wort, welche kompetent sind und wirklich etwas zu sagen haben, etwa Heinzpeter Znoj, Direktor des Instituts für Sozialanthropologie an der Universität Bern und Präsident des CDE-Boards (Centre for Development and Environment). In einem Interview von Gaby Allheilig im Rahmen der CDE-Reihe äussert sich Znoj in klaren Worten zu Palmöl und dem Abkommen, hat er doch jahrelang in und zu Indonesien geforscht – unter anderem zu Korruption. Er sagt: «Die jüngste Entwicklung von Indonesiens Palmölwirtschaft geht genau in die entgegengesetzte Richtung der Ziele des Abkommens.»

Heidi hat aus dem Interview die Kernsätze herausgepickt.

Die Tricks der Plantagenindustrie erinnern an den Wilden Westen

  • Das Militär hat immer mitverdient
  • Ich halte die Standards für einen typischen Fall von ‘Greenwashing’
  • Palmölkonzerne machen Indigene abhängig, damit diese ihr Land abtreten
  • Die absehbare Überproduktion wird die Kleinbauern verarmen lassen
  • Für Kleinbauern ist die Zertifizierung zu teuer
  • Mit höheren Zöllen für Palmöl könnte die Schweiz ein Zeichen setzen
  • Internationale Investoren müssten auf die Einhaltung von Umweltstandards und Menschenrechten pochen
  • Die indonesische Oligarchie hat sich masslos bereichert

Znoj: „Die Palmöl-Problematik wird viel zu sektoriell erforscht. Sie muss ganzheitlich und interdisziplinär untersucht werden. Wir müssen die sozialen und politischen Auswirkungen der Palmöllieferkette auf allen Ebenen und Skalen erforschen; wir müssen auch ihre historischen Wurzeln und Pfadabhängigkeiten verstehen, um Aussagen darüber machen zu können, wo man ansetzen muss, damit sie einer nachhaltigen Wirtschaft weichen kann. Wir müssen uns fragen: Was ist passiert, dass es so weit kommen konnte?“

Lesen Sie das ganze Interview: «Die Tricks der Plantagenindustrie erinnern an den Wilden Westen». Heinzpeter Znoj, Interview CDE-Reihe, Universität Bern

Palmöl und die Bedrohung des Weltklimas. Heinzpeter Znoj, NZZ vom

Heidis 48 Artikel zu Palmöl

28.1.21 HOME

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Pestizide und Krebs: Eigentlich nichts Neues!

17. September 2020

Auszug aus der Agroscope Fungizidliste für Helikoptersprühflüge. Sicherheitsabstand von 60 m zu Gewässern un Wohnzonen (ausser Leimay und Talendo 30 m zu Wohnzonen. A3. LISTE DES FONGICIDES HOMOLOGUES AVEC UNE DISTANCE DE SECURITE DE 60m DES EAUX DE SURFACE ET DES HABITATIONS (sauf Leimay et Talendo 30m des habitations). Bemerkung: Die Wasserlebewesen sind also besser vor Leimay und Talendo geschützt als die Menschen! Wieso?

Auszug aus der Agroscope Fungizidliste für Helikoptersprühflüge. Sicherheitsabstand von 60 m zu Gewässern un Wohnzonen (ausser Leimay und Talendo 30 m zu Wohnzonen. A3. LISTE DES FONGICIDES HOMOLOGUES AVEC UNE DISTANCE DE SECURITE DE 60m DES EAUX DE SURFACE ET DES HABITATIONS (sauf Leimay et Talendo 30m des habitations). Bemerkung: Die Wasserlebewesen sind also besser vor Leimay und Talendo geschützt als die Menschen! Wieso?

Ein Aufschrei geht durch den Blätterwald: Erhöhtes Krebsrisiko für Kinder nördlich von Zürich und im Seeland! Wer – wie Heidi – regelmässig das Pflanzenschutzmittelverzeichnis des Bundesamts für Landwirtschaft konsultiert, weiss, dass zahlreiche Pestizide im Verdacht stehen, Mensch und Tier massiv zu schädigen und trotzdem sind sie zugelassen!

  • H351 Kann vermutlich Krebs erzeugen.
  • H361fd Kann vermutlich die Fruchtbarkeit beeinträchtigen. Kann vermutlich das Kind im Mutterleib schädigen.
  • H410 Sehr giftig für Wasserorganismen mit langfristiger Wirkung.

Solche Pestizide dürfen sogar aus dem Helikopter versprüht werden, wie etwa das Fungizid Leimay von Stähler Suisse SA mit den oben aufgezählten Eigenschaften. Nicht nur darf es mit grossem Abdriftrisiko aus der Luft appliziert werden, sondern sogar mit reduzierter Distanz zu Wohnzonen von nur 30 statt 60 Meter. Selber schuld, wer so nahe am Rebberg wohnt, gerade zu Fuss oder mit Velo unterwegs ist, wenn gespritzt wird, oder die Kinder im nahen Spielplatz spielen lässt!

Allgemein gibt es keinen vorgeschriebenen Pufferstreifen zu Wohnzonen, Spielplätzen, Schul- und Sportarealen; es gibt nur für Helikoptersprühflüge Einschränkungen und allenfalls in Einzelfällen für einzelne Pestizide auf der Etikette der Kanister. Was läuft da alles falsch?

Heidi meint: Die Zulassungsstelle für Pestizide arbeitet einseitig für Industrie und Landwirtschaft. Die Politik nickt, die Landwirtschaft profitiert zwar, ist gleichzeitig aber auch betroffen.

Geographie von Krebserkrankungen bei Kindern in der Schweiz untersucht, Medienmitteilung Universität Bern vom 14.5.20

Bayesian spatial modelling of childhood cancer incidence in Switzerland using exact point data: a nationwide study during 1985–2015. International Journal of Health Geographics, 17.4.20

Hirntumore bei Kindern: Pestizide stark verdächtigt. Fausta Borsani, OhneGift vom 14.9.20

Hirntumor bei Kindern: Pestizide im Verdacht. Daniel Mennig, Ktipp vom 15.9.20

Erhöhtes Krebsrisiko für Kinder nördlich von Zürich und im Seeland. Swissinfo.ch vom 14.5.20

Helikoptersprühflüge: Zum Beispiel das Fungizid Leimay. Heidis Mist vom 12.1.18

Heidis 10 Artikel über Helikoptersprühflüge

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4 Milchviehausstellungen: 23% der untersuchten Schaukühe mit Euterödem

24. Oktober 2017

Übervolle Euter an Viehschauen? "Einzelfälle", hiess es bisher. Forschungsresultate zeigen, dass dem nicht so ist.

Übervolle Euter an Viehschauen? „Einzelfälle“, hiess es bisher. Forschungsresultate zeigen, dass dem nicht so ist.

Adrian Steiner, Leiter Nutztierklinik der Universität Bern, und sein Team untersuchten 2017 Schaukühe an vier Milchviehausstellungen: Swiss Expo,  Tier & Technik, Bruna und Swiss Red Night. Bei 72 der 321 untersuchten Kühe, d.h. 23 Prozent, wiesen sie Euterödeme nach.

Die beiden Studien haben gezeigt, dass die Untersuchung auf Euterödem per Ultraschall ein verlässliches Instrument zum Nachweis von überladenen Eutern ist. Denn je stärker das Euterödem ausgeprägt ist, desto grösser ist auch die Beeinträchtigung des Wohlbefindens der Kuh zu werten.

Zudem wurden bei 16 Prozent der untersuchten Kühe Entzündungshemmer im Blut nachgewiesen. Bei 86 Prozent der Kühe waren die Zitzen gemäss Angaben der Tierhalter mit Kollodium verklebt. Dies verhindert, dass während der Präsentation im Ring Milch aus den Zitzen tropft. Das ist erlaubt.

Heidi hat diese Meldung von einem Leser erhalten. Er schrieb: „Schrecklich solche Kühe und erstaunlich, dass die Bauernzeitung das bringt.“

Studie zur Euterfüllung bei Ausstellungskühen, Medienmitteilung der Universität Bern vom 23.10.17

Ausführlicher Bericht in der Bauernzeitung vom 23.10.17: 72 von 321 untersuchten Schaukühen mit Euterödem

Studie zur Euterfüllung, Pressemitteilung Arbeitsgemeinschaft Schweizerischer Rinderzüchter ASR vom 23.10.17

Kühe leiden an Viehschauen für «Schönheitsideale», SRF Kassensturz vom 26.4.16

24.10.17 HOME

Vom Wert einer guten Gesetzgebung

7. Mai 2014

Beim Lesen der NZZ vom 8.2.13 war Heidi der Artikel Qualität der Gesetzgebung im Sinkflug von Alain Griffel, Staats- und Verwaltungsrechts-Professor an der Universität Zürich, aufgefallen, denn das unsorgfältige Hauruck-Schreiben von Gesetzen stört auch sie. Das Echo war gross. Ein Buch mit dem Titel Vom Wert einer guten Gesetzgebung ist entstanden. René Zeller hat es in der NZZ vom 22.4.14 unter dem Titel Die Aktivisten von Bundesbern vorgestellt. „Gesetzesflut, stetige Beschleunigung der Gesetzgebungsmaschinerie, kaum noch zu bewältigende Vernehmlassungen: Mit diesen Themen befassen sich Medien und Politik immer wieder. Doch über die Qualität der Gesetzgebung findet merkwürdigerweise keine Diskussion statt. Dass sie sich in einer markanten Abwärtsbewegung befindet, bleibt in der öffentlichen Wahrnehmung weitgehend unbemerkt.“, heisst es im Klappentext.

Leider hat sich keiner der 16 Autoren mit der Landwirtschaftsgesetzgebung befasst oder etwa mit den für die Landwirtschaft relevanten Vorschriften für das Festlegen und Bewirtschaften des Gewässerraums. Doch darüber wird Heidi noch berichten. Trotzdem ist das Buch aufschlussreich und wegweisend.

„Rechtsetzung ist schlecht, wenn man sie nicht versteht, wenn man sie nicht kennt, wenn man sie nicht findet…“ schreibt Martin Wyss, Professor an der Universität Bern, stellvertretender Fachbereichsleiter beim Bundesamt für Justiz und Präsident der Schweizerische Gesellschaft für Gesetzgebung, und weiter: „Bis heute hat noch kein Gesetz mit seiner puren Existenz in der Rechtsordnung irgendetwas gefördert … es sind stets die Vollzugsmassnahmen der zuständigen Organe, welche die gesetzlichen Absichten erfüllen und verwirklichen, nicht der Erlass selber…“ Es gibt noch viel zu tun!

Zum Beispiel Pufferstreifen. In ihrem Artikel Vielfalt der Gesetze und Weisungen hat Heidi darauf hingewiesen wie schwierig es ist, Informationen zu finden und kritisiert, dass das Merkblatt Pufferstreifen – richtig messen und bewirtschaften bei Agridea für Fr. 5.- gekauft werden müsse, obwohl es Bestandteil der Direktzahlungsverordnung ist. Seit dem 1.1.14 verweist auch die Chemikalien-Risikoreduktions-Verordnung auf dieses Merkblatt (Anhang 2.5 Pflanzenschutzmittel 1.1 e; Anhang 2.6 Dünger 3.3.1). Gesetze, welche nur mit Verweis auf eine Publikation veröffentlicht werden, können beim zuständigen Bundesamt eingesehen werden. Zwar fällt das Agridea-Merkblatt nicht unter diese Kategorie, aber aufgrund des Öffentlichkeitsprinzips müssten das Bundesamt für Landwirtschaft und das Bundesamt für Umwelt diese Vorschriften eigentlich gratis abgeben, meint Heidi. Was, wenn wirklich alle Bauern das wissen möchten!

Nachtrag: Martina Rösch von Agridea meldet in einem Kommentar, dass das Merkblatt jetzt gratis heruntergeladen werden kann. Hier die Adresse: Pufferstreifen richtig messen und bewirtschaften

7.5.14 HOME


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