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Mit Phosphor verschmutzte Seen, z.B. Zugersee

25. September 2022

Am 19.7.21 berichtete Heidi über die verschmutzten Flüsse in Grossbritannien Es stinkt: Landwirtschaft und Abwasser verschmutzen ALLE Flüsse in Grossbritannien. Heute früh eine Meldung in The Guardian: Chicken farm giant linked to River Wye decline was sued over water blight in US. Der Hühnerfarm-Riese Cargill, der mit der Abnahme der Qualität des Flusses Wye in Verbindung gebracht wird, wurde in den USA wegen Wasserverschmutzung verklagt, und zwar wegen des gleichen Verschmutzungsproblems, mit dem er jetzt im Vereinigten Königreich in Verbindung gebracht wird. Es wird behauptet, dass grosse Mengen an Dung von Hühnerfarmen in den Fluss Wye gespült werden und das Wasser mit einem übermässigen Phosphatgehalt verseuchen. Phosphor fördert das Wachstum von Algenblüten.

Das erinnert Heidi an die verschmutzten Seen in der Innerschweiz, die seit Jahrzehnten mit Phosphor überdüngt sind wegen der hohen Tierbestände: Schweine und Rindvieh. Sie werden zum Teil ebenso lange auf Kosten der Steuerzahlenden belüftet, was keine wirklich nachhaltige Massnahme ist.

Zugersee: Jahrzehntelanger Bauernwiderstand gegen die Sanierung

SRF berichtete am 14.9.22: Hohe Phosphorbelastung Zu viel Gülle im Zugersee – Kanton nimmt Bauern in die Pflicht. Der Titel tönt zwar zielorientiert, aber die Geschichte ist lange, lange lange… viel zu lange! Weiter heisst es: „Der Zugersee ist überdüngt. Das ist schlecht für den See und tödlich für die Fische. Jetzt greift der Kanton Zug durch. Von den grossen Schweizer Seen ist der Zugersee der nährstoffreichste…  Das Problem ist schon lange bekannt, doch griffige Lösungen fehlten. Bis jetzt: Vor Kurzem hat der Kanton Zug mitgeteilt, was zu tun ist. Bauern, die ihre Felder rund um den Zugersee haben, erhalten strengere Vorschriften, wie viel Gülle sie ausbringen dürfen.“ Die Bauern reagieren genervt. „… Auch mit den neuen Regeln für die Bauern dauert es noch lange, bis der Zugersee wieder gesund ist. «Das ist ein Generationenprojekt», so Michael Vogel vom Amt für Umwelt. Als Zeithorizont nennt er das Jahr 2070.“

Es gab griffige Lösungen!!!!

Heidi weiss, dass die folgende Aussage nicht stimmt: „doch griffige Lösungen fehlten“.

  • Der Zuströmbereich hätte seit 1999 bezeichnet werden müssen.
  • 2016 lag ein Sanierungskonzept vor, an dem eine Mitarbeiterin des Amts für Umwelt ein ganzes Jahr gearbeitet hatte.
  • Flugs wurde das Konzept von Bauernseite gekippt.
  • 2016 hatte der Kanton einen Zuströmbereich bezeichnet; dieser wurde kurz darauf aufgehoben, auf Druck der politisch mächtigen Bauernschaft.
  • Danach wurde dem Zuger Bauernverband der AUFTRAG erteilt, ein (schmerzloses) Projekt (ausserhalb des Bundesrechts) zu erarbeiten.
  • Weitere fünf Jahre vergingen bis man im Kanton Zug erkannte, dass ein solches Projekt nicht möglich ist.
  • Auch merkte man im Kanton Zug, dass der Kanton längst hätte dafür sorgen müssen, die notwendigen Massnahmen zur Sanierung des Zugersees zu ergreifen gemäss Art. 47 der Gewässerschutzverordnung, der da lautet:
    Art. 47 Vorgehen bei verunreinigten Gewässern
    1
     Stellt die Behörde fest, dass ein Gewässer die Anforderungen an die Wasserqualität nach Anhang 2 nicht erfüllt oder dass die besondere Nutzung des Gewässers nicht gewährleistet ist, so:
    a. ermittelt und bewertet sie die Art und das Ausmass der Verunreinigung;
    b. ermittelt sie die Ursachen der Verunreinigung;
    c. beurteilt sie die Wirksamkeit der möglichen Massnahmen;d. sorgt sie dafür, dass gestützt auf die entsprechenden Vorschriften die erfor­derlichen Massnahmen getroffen werden.
    2 Sind mehrere Quellen an der Verunreinigung beteiligt, so sind die bei den Verur­sachern erforderlichen Massnahmen aufeinander abzustimmen.
  • Seit 2008 hätte die Düngungs-Einschränkung nach Direktzahlungsverordnung (DZV) umgesetzt werden müssen, wenn der Kanton nicht auf Amtsverweigerung gemacht hätte. Die Bauern hätten also – wenn es rechtmässig zugegangen wäre – seit 15 Jahren die P-Düngung gemäss DZV-Vorschrift auf 80% einschränken müssen. Sie haben somit vom Kanton 15 Jahre lang ein Geschenk erhalten, das dem Ökologischen Leistungsnachweis (ÖLN) widerspricht. Und weil das Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) im Kanton Luzern bis heute seine eigene DZV, Anhang 1 Ziffer 2.1.6 nicht korrekt anwendet, gilt die Düngungseinschränkung bis 2026 nur auf 90% und nicht auf 80%. Erst ab 2026 will das BLW die DZV gemäss dem effektiven Wortlaut anwenden. Also noch einmal ein Zusatzgeschenk.
  • Und wenn Anhang 2.6 Ziffer 3.1 Absatz 1 Buchstabe a der Chemikalien-Risiko-Reduktions-Verordnung (ChemRRV) effektiv umsetzen würde (Berücksichtigung der im Boden vorhandenen Nährstoffe bei der Düngung), dann müsste auf mit P überversorgten Böden sogar die P-Düngung auf Null gesenkt werden. Also noch ein Zusatzgeschenk an die Verursacher von überdüngten Böden bzw. Seen.
  • Stattdessen durften die Bauern im Einzugsgebiet des Zugersees während 25 Jahren (seit Einführung der DZV) ganz offiziell selbst auf überversorgten Böden jedes Jahr bis zu 110% des P-Bedarfs düngen gemäss dem erlaubten 10%-Fehlerbereich, der selbstverständlich nur gegen oben gilt. Jahr für Jahr Fortsetzung der Überdüngung während 25 Jahren erlaubt, so dass offiziell mit „ökologischem Leistungsnachweis“ seit 1997 die P-Überversorgung dieser Böden um bis zu 250% eines jährlichen P-Bedarfs weiter ansteigen durfte. Geschenk über Geschenk… von den Behörden.

Nach 25 Jahren Nicht-Vollzug des Umweltrechts …

… finden die Bauern die Massnahmen eine Zumutung. Dies obwohl das Umweltrecht jetzt nur teilweise zum Vollzug kommt. Was sagen wir betroffene Steuerzahlende dazu?


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