Ein Blick auf das für Zuckerrüben neu bewilligte Insektizid Movento SC

Kürbisblüte mit zwei Bestäubern.

Kürbisblüte mit zwei Bestäubern.

Das Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) hat die Insektizide Movento SC (Wirkstoff Spirotetramat) sowie die ebenfalls für Bienen schädlichen Neonicotinoide (Wirkstoff Acetamiprid) Gazelle SG, Basudin SG, Barritus Rex und Oryx Pro befristet für den Anbau von Zuckerrüben zugelassen. Gemäss Allgemeinverfügung über die Bewilligung eines Pflanzenschutzmittels in besonderen Fällen vom 12.11.20 wird Movento SC bis zum 30.9.21 bewilligt, (W-6742, 100 g/l Spirotetramat). Für den beschränkten Einsatz gelten folgende Auflagen:

Anwendungsgebiet: Feldbau/Zuckerrüben

Schadorganismus: Blattläuse (Röhrenläuse)

Anwendung: Aufwandmenge: 0.45 l/ha, Wartefrist: 90 Tage

Auflagen für den Einsatz

  1. Maximal 2 Behandlungen pro Kultur.
  2. Ansetzen der Spritzbrühe: Schutzhandschuhe + Schutzanzug + Schutzbrille oder Visier tragen.
    Ausbringen der Spritzbrühe: Schutzhandschuhe + Schutzanzug + Kopfbedeckung tragen. Technische Schutzvorrichtungen während des Ausbringens (z.B. geschlossene Traktorkabine) können die vorgeschriebene persönliche Schutzausrüstung ersetzen, wenn gewährleistet ist, dass sie einen vergleichbaren oder höheren Schutz bieten.
  3. Nachfolgearbeiten in behandelten Kulturen: Schutzhandschuhe + Arbeitskleidung (mindestens langärmliges Hemd + lange Hose) tragen.

Das BLW verschweigt einen Teil der schädlichen Wirkung des toxischen Insektizids

Wer im Pflanzenschutzmittelverzeichnis des BLW Movento SC nachschlägt, findet u.a. folgende Eigenschaften: Kann vermutlich die Fruchtbarkeit beeinträchtigen oder das Kind im Mutterleib schädigen und ist sehr giftig für Wasserorganismen mit langfristiger Wirkung. Es kann allergische Hautreaktionen verursachen.

Das Deutsche Datenblatt über Movento SC enthält mehr Auflagen als der Eintrag dieses Produkts im Pflanzenschutzmittelverzeichnis des BLW. Das sind u.a. die folgenden:

  • Das Einatmen von Staub/Rauch/Gas/Nebel/Dampf/Aerosol soll vermieden werden.
  • NB6611: Das Mittel wird als bienengefährlich eingestuft (B1). Es darf nicht auf blühende oder von Bienen beflogene Pflanzen ausgebracht werden; dies gilt auch für Unkräuter. Bienenschutzverordnung vom 22. Juli 1992, BGBl. I S. 1410, beachten.
  • NN3001: Das Mittel wird als schädigend für Populationen relevanter Nutzinsekten eingestuft.
  • NN3002: Das Mittel wird als schädigend für Populationen relevanter Raubmilben und Spinnen eingestuft.
  • NW262: Das Mittel ist giftig für Algen.
  • NW264: Das Mittel ist giftig für Fische und Fischnährtiere.
  • SF245-02: Es ist sicherzustellen, dass behandelte Flächen/Kulturen erst nach dem Abtrocknen des Pflanzenschutzmittelbelages wieder betreten werden.

Nach der Behandlung müsste also am Feldrand eine Warntafel angebracht werden, damit Kinder, Hunde und Spaziergänger (Wildtiere!) das Feld nicht betreten.

Movento SC für zahlreiche Kulturen bewilligt

Das Pestizid wird von den Pflanzen aufgenommen und in den Leitbündeln in beiden Richtungen transportiert. Movento SC ist in der Schweiz bereits für folgende Kulturen und gegen mehrere Schädlinge bewilligt.

Kulturen: Erdbeere, Birne, Kernobst, Kirsche, Steinobst, Gewächshaus Aubergine, Gewächshaus Paprika, Gewächshaus Tomaten, Baby-Leaf (Chenopodiaceae), Bohnen mit Hülsen, Freiland Chicorée, Cima di Rapa, Kresse, Gurken, Kürbisse mit geniessbarer Schale, Freiland Knoblauch, Freiland Schalotten, Freiland Zwiebeln, Kohlarten (Jungpflanzen), Freiland Kohlarten, Melonen, Rucola, Salate (Asteraceae), Freiland Salate (Asteraceae), Spinat, Hopfen, Kartoffel, Bäume und Sträucher (ausserhalb Forst), Blumenkulturen und Grünpflanzen.

Schadorganismen: Blattläuse (Röhrenläuse), Erdbeermilbe, Weisse Fliegen (Mottenschildläuse), Birnblattsauger, Austernschildläuse, Gemeine Kommaschildlaus, Blutlaus, Grüne Apfelblattlaus, Grüne Zitrusblattlaus, Mehlige Apfelblattlaus, Mehlige Birnblattlaus, Kirschenfliege, Rostmilben, Salatwurzellaus, Thripse, Teilwirkung Kohldrehherzgallmücke.

Auflagen: Je nach Kultur und Schadorganismus sind sie sehr unterschiedlich. Zwiebeln, Knoblauch und Schalotten dürfen alle 7 bis 14 Tage und bis viermal behandelt werden, Kresse zweimal. Die Wartefrist beträgt bei beiden 2 Wochen. Für Gurken ist z.B. lediglich eine Wartefrist von 3 Tagen vorgeschrieben.

EU-Zulassung 2013

Movento SC wurde in der EU erst 2013 zugelassen. Man hat also noch keine grosse Ahnung wie sich das Insektizid in der Praxis langfristig auf Boden, Wasser, Nichtziel-Organismen und Gesundheit auswirkt. Auch die Abdriftgefahr dürfte noch wenig erforscht sein.

Heidi meint: „Den Teufel mit dem Belzebub austreiben ist keine nachhaltige Lösung. Grundsätzliche Überlegungen sind nötig. Was ist in einem Jahr?

Heidi hat als gewöhnliche Konsumentin keine Einsicht in die Zulassungsunterlagen beim BLW; diese sind erstaunlicherweise geheim, obwohl sie ihre Gesundheit und jene ihrer Umwelt betreffen. Sie hat daher folgende Fragen: „Auf welcher wissenschaftlichen Basis stehen die sehr unterschiedichen Anforderungen: Wartefrist für Zuckerrüben das Dreissigfache von Gurken? Erlaubte Behandlungshäufigkeit von Zwiebeln das Vierfache von Hopfen? Ist das einfach so, weil der Anbau dies angeblich erfordert? Bei den Zuckerrüben macht sich die lange Wartefrist gut, ist positiv für die Kommunikation, aber wahrscheinlich ist eine Behandlung in den letzten drei Anbaumonaten gar nicht mehr nötig. Beim Obst beträgt die Wartefrist drei Wochen, bei allen Gemüsen und den Melonen beträgt die längste Wartefrist nur gerade zwei Wochen. Wie lange ist die Abbaufrist?

Wie kommt es, dass ein solch giftiges Insektizid überhaupt bewilligt wurde?“

16.11.20 HOME

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