Posts Tagged ‘Zuckerrüben’

Werden wir Wasser und Lebensmittel haben?

30. Juli 2023
Häufig sind verschiedene Insekten gleichzeitig in Heidis Kürbisblüten.

Häufig sind verschiedene Insekten gleichzeitig in Heidis Kürbisblüten.

Heidi hat auf der Homepage der Zürich Versicherung einen Beitrag gefunden über die Auswirkungen der biologischen Vielfalt auf die Ernährungssicherheit: How does biodiversity impact food security?

„Unsere landwirtschaftlichen Methoden beschleunigen den Verlust der biologischen Vielfalt. Aber die Nahrungsmittelproduktion wird als eine der ersten darunter leiden, wenn die Situation unkontrolliert weitergeht. Hier untersuchen wir die Beziehung zwischen biologischer Vielfalt und globaler Ernährungssicherheit…

…Aber wir können uns beim Schutz der biologischen Vielfalt unseres Planeten nicht nur auf unsere Regierungen verlassen. Wir alle müssen uns der Rolle stellen, die wir beim Verlust der biologischen Vielfalt spielen, angefangen bei den Lebensmitteln auf unseren Tellern…“

Initiative für eine sichere Ernährung

Somit ist Heidi bei der Initiative für eine sichere Ernährung gelandet – endlich! Haben Sie, lieber Leser, liebe Leserin diese schon unterschrieben? Wenn nicht, dann machen Sie das bald! Hier finden Sie den Unterschrieftenbogen zum Downloaden. Sammeln Sie Unterschriften! Auf dieser Seite können Sie auch Flyer bestellen. Wollen Sie mithelfen? Hier finden Sie Informationen dazu.

Wie die InitiantInnen richtig schreiben, ist unsere Versorgung mit Lebensmitteln zu 50% vom Ausland abhängig und bei fehlenden Importen nicht gesichert: „Daher soll der Bund einen Netto-Selbstversorgungsgrad von mindestens 70% anstreben und dafür insbesondere die Land- und Ernährungswirtschaft vermehrt auf die Produktion und den Konsum von pflanzlichen Lebensmitteln ausrichten. Dabei wird keine Ernährungsform ausgeschlossen.

Zudem braucht es die Sicherung von genügend sauberem Trinkwasser – unserem Lebensmittel Nr. 1. Bund und Kantone wissen heute nicht, wieviel Wasser die Schweiz verbraucht und zur Verfügung hat. Für eine nachhaltige Lebensmittelproduktion sollen die Biodiversität, Bodenfruchtbarkeit und mehr samenfestes Saat- und Pflanzgut sichergestellt werden.

Die Biodiversität sorgt für hohe Erträge und kann Pestizide und Kunstdünger ersetzen. Zum Schutz der Umwelt, des Klimas, der Biodiversität und der Wasserqualität dürfen die in den Umweltzielen der Landwirtschaft festgelegten Höchstwerte für Dünger und Stickstoff nicht mehr überschritten werden.“

Tierhaltung und ökologischer Fussabdruck

Die Forderungen der Initiative sind moderat und deren Umsetzung nicht wirklich ein Problem, wenn der Wille da ist. Mit einer grösseren Reduktion des Fleischkonsum könnte z.B. der Selbstversorgungsgrad bedeutend höher als 70% sein!

Der Agrarwissenschaftler Stefan Mann von Agroscope, Urenkel von Thomas Mann, geht in seinem Buch Postletale Landwirtschaft bezüglich pflanzlicher Ernährung wesentlich weiter. Er vergleicht die Sklavenhaltung mit der Tierhaltung. Die Sklavenhaltung sei primär aus ethischen Bedenken offiziell abgeschafft worden… Die Debatte zur Abschaffung der Tierproduktion, auch eine Frage der Ethik, habe heute noch nicht wirklich begonnen, sodass wir uns in diesem Prozess etwa dort befänden, wo die Sklavenhaltung vor 250 Jahren war.

Mann schreibt etwa: „Einer der Unterschied ist, dass die Sklavenhaltung kaum nenneswerte ökologisch Implikationen hatte. Während die Reduktion der Tierhaltung eigentlich die einzige systemische Strategie ist, um den ökologischen Fussabdruck nennenswert zu verringern…“

Das dritte Kapitel „Warum die postletale Transformation alternativlos ist“ leitet Mann mit folgenden Sätzen ein: „Unter Ernährungswissenschaftlern besteht ein breiter Konsens darüber, dass unsere Gesellschaft bei geringerem Fleischkonsum gesünder wäre. Die meisten häufigen Krankheiten, von Darmkrebs bis zu Brustkrebs, von Schlaganfällen bis zu Typ-2-Diabetes korrelieren klar mit der Menge an Fleisch, die von den Konsumenten gegessen wird. Doch deswegen wird sich wahrscheinlich nicht viel ändern. So, wie auch Zuckerrohr und Zuckerrüben weiter angebaut werden, auch wenn weniger Zucker in der Ernährung ebenfalls zu einer gesünderen Bevölkerung führen würde. Die Entscheidung zwischen Gesundheit und Genuss fällt oft zugunsten des Genusses aus. Und es sprich nicht viel dafür, dass dies bald fundamental anders ist.“

Können wir Ernährungskrisen vermeiden?

Beim Betrachten der Welt wie sie heute funktioniert, mit den bestehenden und sich anbahnenden Krisen, ist es zwingend notwendig, alles zu unternehmen, um uns und unsere Mitmenschen zu schützen. Besonders wichtig ist sauberes Wasser – sonst verdursten wir – und gesunde Lebensmittel – sonst verhungern wir; beide in genügender Menge. Die Ernährung muss ja nicht zwingend ganz fleischfrei sein, aber die Reduktion muss gross sein, denn der Konsum ist heute enorm und wird durch Aktionen angeheizt. Bei den Süssgetränke, Süssigkeiten, Snacks usw. läuft es genauso.

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, diese lebensnotwendigen Güter sicherzustellen bzw. für die Zukunft zu planen. Damit dies funktioniert müssen wir auf verschiedenen Ebenen handeln: Volksinitiativen unterschreiben oder lancieren, Lobby-Arbeit auf kantonaler und Gemeindeebene (Einzelinitiativen), Wissen verbreiten usw. Und wir müssen jene Volksvertreter wählen, die unsere Anliegen ernsthaft vertreten und gewillit sind unsere Lebensgrundlagen zu schützen.

30.7.23 HOME

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Mit dem Teufel den Belzebub austreiben: Notzulassung Movento SC, Insektizid für Zuckerrüben

31. Mai 2021
Kürbisblüte mit zwei Bestäubern.

Kürbisblüte mit zwei Bestäubern.

Diesen Artikel hat Heidi am 16.11.20 bereits veröffentlicht. Er wird aber laufend gelesen. Daher hat sie ihn jetzt kopiert und, da wichtig, stellt sie ihn erneut in den Vordergrund.

Movento SC von Bayer wurde in Notzulassung gegen Blattläuse in Zuckerrüben bewilligt. Es ist ein ebenfalls stark Bienen-toxisches Insektizid. Da es noch nicht so „alt“ ist, kennt man seine schädlichen Wirkungen noch nicht so gut. Trotzdem haben die Bauern reklamiert, denn sie wollten „ihr“ Gaucho wieder bewilligt haben, ein Neonicotinoid mit dem Wirkstoff Imidacloprid. Man glaubt es kaum! Absurd – oder nicht?

Das Problem war schon lange bekannt, man hätte daher mit anderen Züchtungen und der Anpassung des Anbausystems einiges erreichen können. Und – brauchen wir wirklich teuren umwelt- und gesundheitsschädlichen Inlandzucker, wo doch Zucker auf dem Weltmarkt billig zu haben ist? Die Bauern meinen JA, denn der Flächenbeitrag durch den Bund ist hoch und die Kantone Freiburg, Waadt und Genf zahlen zusätzlich. Nachhaltig? Umwelt ist „nur Beilage“.

Kopie Artikel vom 16.11.20

Das Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) hat die Insektizide Movento SC (Wirkstoff Spirotetramat) sowie die ebenfalls für Bienen schädlichen Neonicotinoide (Wirkstoff Acetamiprid) Gazelle SG, Basudin SG, Barritus Rex und Oryx Pro befristet für den Anbau von Zuckerrüben zugelassen. Gemäss Allgemeinverfügung über die Bewilligung eines Pflanzenschutzmittels in besonderen Fällen vom 12.11.20 wird Movento SC bis zum 30.9.21 bewilligt, (W-6742, 100 g/l Spirotetramat). Für den beschränkten Einsatz gelten folgende Auflagen:

Anwendungsgebiet: Feldbau/Zuckerrüben

Schadorganismus: Blattläuse (Röhrenläuse)

Anwendung: Aufwandmenge: 0.45 l/ha, Wartefrist: 90 Tage

Auflagen für den Einsatz

  1. Maximal 2 Behandlungen pro Kultur.
  2. Ansetzen der Spritzbrühe: Schutzhandschuhe + Schutzanzug + Schutzbrille oder Visier tragen.
    Ausbringen der Spritzbrühe: Schutzhandschuhe + Schutzanzug + Kopfbedeckung tragen. Technische Schutzvorrichtungen während des Ausbringens (z.B. geschlossene Traktorkabine) können die vorgeschriebene persönliche Schutzausrüstung ersetzen, wenn gewährleistet ist, dass sie einen vergleichbaren oder höheren Schutz bieten.
  3. Nachfolgearbeiten in behandelten Kulturen: Schutzhandschuhe + Arbeitskleidung (mindestens langärmliges Hemd + lange Hose) tragen.

Das BLW verschweigt einen Teil der schädlichen Wirkung des toxischen Insektizids

Wer im Pflanzenschutzmittelverzeichnis des BLW Movento SC nachschlägt, findet u.a. folgende Eigenschaften: Kann vermutlich die Fruchtbarkeit beeinträchtigen oder das Kind im Mutterleib schädigen und ist sehr giftig für Wasserorganismen mit langfristiger Wirkung. Es kann allergische Hautreaktionen verursachen.

Das Deutsche Datenblatt über Movento SC enthält mehr Auflagen als der Eintrag dieses Produkts im Pflanzenschutzmittelverzeichnis des BLW. Das sind u.a. die folgenden:

  • Das Einatmen von Staub/Rauch/Gas/Nebel/Dampf/Aerosol soll vermieden werden.
  • NB6611: Das Mittel wird als bienengefährlich eingestuft (B1). Es darf nicht auf blühende oder von Bienen beflogene Pflanzen ausgebracht werden; dies gilt auch für Unkräuter. Bienenschutzverordnung vom 22. Juli 1992, BGBl. I S. 1410, beachten.
  • NN3001: Das Mittel wird als schädigend für Populationen relevanter Nutzinsekten eingestuft.
  • NN3002: Das Mittel wird als schädigend für Populationen relevanter Raubmilben und Spinnen eingestuft.
  • NW262: Das Mittel ist giftig für Algen.
  • NW264: Das Mittel ist giftig für Fische und Fischnährtiere.
  • SF245-02: Es ist sicherzustellen, dass behandelte Flächen/Kulturen erst nach dem Abtrocknen des Pflanzenschutzmittelbelages wieder betreten werden.

Nach der Behandlung müsste also am Feldrand eine Warntafel angebracht werden, damit Kinder, Hunde und Spaziergänger (Wildtiere!) das Feld nicht betreten.

Movento SC für zahlreiche Kulturen bewilligt

Das Pestizid wird von den Pflanzen aufgenommen und in den Leitbündeln in beiden Richtungen transportiert. Movento SC ist in der Schweiz bereits für folgende Kulturen und gegen mehrere Schädlinge bewilligt.

Kulturen: Erdbeere, Birne, Kernobst, Kirsche, Steinobst, Gewächshaus Aubergine, Gewächshaus Paprika, Gewächshaus Tomaten, Baby-Leaf (Chenopodiaceae), Bohnen mit Hülsen, Freiland Chicorée, Cima di Rapa, Kresse, Gurken, Kürbisse mit geniessbarer Schale, Freiland Knoblauch, Freiland Schalotten, Freiland Zwiebeln, Kohlarten (Jungpflanzen), Freiland Kohlarten, Melonen, Rucola, Salate (Asteraceae), Freiland Salate (Asteraceae), Spinat, Hopfen, Kartoffel, Bäume und Sträucher (ausserhalb Forst), Blumenkulturen und Grünpflanzen.

Schadorganismen: Blattläuse (Röhrenläuse), Erdbeermilbe, Weisse Fliegen (Mottenschildläuse), Birnblattsauger, Austernschildläuse, Gemeine Kommaschildlaus, Blutlaus, Grüne Apfelblattlaus, Grüne Zitrusblattlaus, Mehlige Apfelblattlaus, Mehlige Birnblattlaus, Kirschenfliege, Rostmilben, Salatwurzellaus, Thripse, Teilwirkung Kohldrehherzgallmücke.

Auflagen: Je nach Kultur und Schadorganismus sind sie sehr unterschiedlich. Zwiebeln, Knoblauch und Schalotten dürfen alle 7 bis 14 Tage und bis viermal behandelt werden, Kresse zweimal. Die Wartefrist beträgt bei beiden 2 Wochen. Für Gurken ist z.B. lediglich eine Wartefrist von 3 Tagen vorgeschrieben.

EU-Zulassung 2013

Movento SC wurde in der EU erst 2013 zugelassen. Man hat also noch keine grosse Ahnung wie sich das Insektizid in der Praxis langfristig auf Boden, Wasser, Nichtziel-Organismen und Gesundheit auswirkt. Auch die Abdriftgefahr dürfte noch wenig erforscht sein.

Heidi meint: „Den Teufel mit dem Belzebub austreiben ist keine nachhaltige Lösung. Grundsätzliche Überlegungen sind nötig. Was ist in einem Jahr?

Heidi hat als gewöhnliche Konsumentin keine Einsicht in die Zulassungsunterlagen beim BLW; diese sind erstaunlicherweise geheim, obwohl sie ihre Gesundheit und jene ihrer Umwelt betreffen. Sie hat daher folgende Fragen: „Auf welcher wissenschaftlichen Basis stehen die sehr unterschiedichen Anforderungen: Wartefrist für Zuckerrüben das Dreissigfache von Gurken? Erlaubte Behandlungshäufigkeit von Zwiebeln das Vierfache von Hopfen? Ist das einfach so, weil der Anbau dies angeblich erfordert? Bei den Zuckerrüben macht sich die lange Wartefrist gut, ist positiv für die Kommunikation, aber wahrscheinlich ist eine Behandlung in den letzten drei Anbaumonaten gar nicht mehr nötig. Beim Obst beträgt die Wartefrist drei Wochen, bei allen Gemüsen und den Melonen beträgt die längste Wartefrist nur gerade zwei Wochen. Wie lange ist die Abbaufrist?

Wie kommt es, dass ein solch giftiges Insektizid überhaupt bewilligt wurde?“

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Pestizide: Die Forschung hinkt hinterher …

18. Mai 2021
Copyright: Mitchel et al. 2017. Science

Folie aus einem Vortrag von Johann G. Zaller in Zürich, organisiert durch die Bio-Stiftung Schweiz.

Viele Pestizide wurden bewilligt, deren Toxizität aber erst viel später erkannte, denn die Bewilligungsdossiers sind geheim. Zuerst vergeht viel Zeit. Es wird geforscht, meist mit Steuergeldern. Wenn dann Schäden sichtbar werden, dann wird geredet, debattiert, gestritten … Massnahmen werden in der Regel erst nach langem Zögern ergriffen. Die Forschung und erst recht das Handeln hinkt also immer hinterher.

Ein typisches Beispiel sind die Neonicotinoide. Diese Wirkstoffe schaden den Menschen. Ein Gutachten der EU-Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) ist zum Schluss gekommen, dass sich die Neonicotinoide Acetamiprid und Imidacloprid schädlich auf die Entwicklung des Nervensystems bei Säuglingen und Kleinkindern auswirken könnten. Die Neonicotinoide sind zudem schädlich für Vögel, besonders betroffen sind aber die Bestäuber.

Obwohl die Bienen für die Landwirtschaft von zentraler Bedeutung sind, haben sich die Bauern vehement gegen ein Verbot gewehrt. Die Neonicotionoide wurden erst kürzlich sogar in der Schweiz im Freiland verboten, nicht aber in Gewächshäusern. Erst gerade wollten unsere Bauern für den Einsatz in Zuckerrübenfeldern das Mittel Gaucho mit dem Wirkstoff Imidacloprid in „Notzulassung“ für das Freiland zurückgewinnen. Das Bundesamt für Landwirtschaft gab aber nicht nach, bewilligte ein Ersatzprodukt. Die Bauern waren verärgert.

Fazit: Zuerst viele Tote und Schäden, erst nach viel Druck wird gehandelt! Wo bleibt der Respekt vor der Natur? Darf man noch sagen: „Mutter, gib deinem Kind Honig!“

A worldwide survey of neonicotinoids in honey. E.A.D. Mitchell et al., Science 06 Oct 2017, Vol. 358, Issue 6359, pp. pp. 09-111 DOI: 10.1126/science.aan3684 

Schweizer Verband der Zuckerrübenpflanzer fordert Notzulassung für Gaucho. Bauernzeitung vom 17.9.20

Meilenstein für den Insektenschutz / EuGH bestätigt das Verbot von Neonicotinoiden zum Schutz von Bienen. Finanznachrichten vom 6.5.21

Johann G. Zaller Unser täglich Gift und Daily Poison

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Ein Blick auf das für Zuckerrüben neu bewilligte Insektizid Movento SC

16. November 2020

Kürbisblüte mit zwei Bestäubern.

Kürbisblüte mit zwei Bestäubern.

Das Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) hat die Insektizide Movento SC (Wirkstoff Spirotetramat) sowie die ebenfalls für Bienen schädlichen Neonicotinoide (Wirkstoff Acetamiprid) Gazelle SG, Basudin SG, Barritus Rex und Oryx Pro befristet für den Anbau von Zuckerrüben zugelassen. Gemäss Allgemeinverfügung über die Bewilligung eines Pflanzenschutzmittels in besonderen Fällen vom 12.11.20 wird Movento SC bis zum 30.9.21 bewilligt, (W-6742, 100 g/l Spirotetramat). Für den beschränkten Einsatz gelten folgende Auflagen:

Anwendungsgebiet: Feldbau/Zuckerrüben

Schadorganismus: Blattläuse (Röhrenläuse)

Anwendung: Aufwandmenge: 0.45 l/ha, Wartefrist: 90 Tage

Auflagen für den Einsatz

  1. Maximal 2 Behandlungen pro Kultur.
  2. Ansetzen der Spritzbrühe: Schutzhandschuhe + Schutzanzug + Schutzbrille oder Visier tragen.
    Ausbringen der Spritzbrühe: Schutzhandschuhe + Schutzanzug + Kopfbedeckung tragen. Technische Schutzvorrichtungen während des Ausbringens (z.B. geschlossene Traktorkabine) können die vorgeschriebene persönliche Schutzausrüstung ersetzen, wenn gewährleistet ist, dass sie einen vergleichbaren oder höheren Schutz bieten.
  3. Nachfolgearbeiten in behandelten Kulturen: Schutzhandschuhe + Arbeitskleidung (mindestens langärmliges Hemd + lange Hose) tragen.

Das BLW verschweigt einen Teil der schädlichen Wirkung des toxischen Insektizids

Wer im Pflanzenschutzmittelverzeichnis des BLW Movento SC nachschlägt, findet u.a. folgende Eigenschaften: Kann vermutlich die Fruchtbarkeit beeinträchtigen oder das Kind im Mutterleib schädigen und ist sehr giftig für Wasserorganismen mit langfristiger Wirkung. Es kann allergische Hautreaktionen verursachen.

Das Deutsche Datenblatt über Movento SC enthält mehr Auflagen als der Eintrag dieses Produkts im Pflanzenschutzmittelverzeichnis des BLW. Das sind u.a. die folgenden:

  • Das Einatmen von Staub/Rauch/Gas/Nebel/Dampf/Aerosol soll vermieden werden.
  • NB6611: Das Mittel wird als bienengefährlich eingestuft (B1). Es darf nicht auf blühende oder von Bienen beflogene Pflanzen ausgebracht werden; dies gilt auch für Unkräuter. Bienenschutzverordnung vom 22. Juli 1992, BGBl. I S. 1410, beachten.
  • NN3001: Das Mittel wird als schädigend für Populationen relevanter Nutzinsekten eingestuft.
  • NN3002: Das Mittel wird als schädigend für Populationen relevanter Raubmilben und Spinnen eingestuft.
  • NW262: Das Mittel ist giftig für Algen.
  • NW264: Das Mittel ist giftig für Fische und Fischnährtiere.
  • SF245-02: Es ist sicherzustellen, dass behandelte Flächen/Kulturen erst nach dem Abtrocknen des Pflanzenschutzmittelbelages wieder betreten werden.

Nach der Behandlung müsste also am Feldrand eine Warntafel angebracht werden, damit Kinder, Hunde und Spaziergänger (Wildtiere!) das Feld nicht betreten.

Movento SC für zahlreiche Kulturen bewilligt

Das Pestizid wird von den Pflanzen aufgenommen und in den Leitbündeln in beiden Richtungen transportiert. Movento SC ist in der Schweiz bereits für folgende Kulturen und gegen mehrere Schädlinge bewilligt.

Kulturen: Erdbeere, Birne, Kernobst, Kirsche, Steinobst, Gewächshaus Aubergine, Gewächshaus Paprika, Gewächshaus Tomaten, Baby-Leaf (Chenopodiaceae), Bohnen mit Hülsen, Freiland Chicorée, Cima di Rapa, Kresse, Gurken, Kürbisse mit geniessbarer Schale, Freiland Knoblauch, Freiland Schalotten, Freiland Zwiebeln, Kohlarten (Jungpflanzen), Freiland Kohlarten, Melonen, Rucola, Salate (Asteraceae), Freiland Salate (Asteraceae), Spinat, Hopfen, Kartoffel, Bäume und Sträucher (ausserhalb Forst), Blumenkulturen und Grünpflanzen.

Schadorganismen: Blattläuse (Röhrenläuse), Erdbeermilbe, Weisse Fliegen (Mottenschildläuse), Birnblattsauger, Austernschildläuse, Gemeine Kommaschildlaus, Blutlaus, Grüne Apfelblattlaus, Grüne Zitrusblattlaus, Mehlige Apfelblattlaus, Mehlige Birnblattlaus, Kirschenfliege, Rostmilben, Salatwurzellaus, Thripse, Teilwirkung Kohldrehherzgallmücke.

Auflagen: Je nach Kultur und Schadorganismus sind sie sehr unterschiedlich. Zwiebeln, Knoblauch und Schalotten dürfen alle 7 bis 14 Tage und bis viermal behandelt werden, Kresse zweimal. Die Wartefrist beträgt bei beiden 2 Wochen. Für Gurken ist z.B. lediglich eine Wartefrist von 3 Tagen vorgeschrieben.

EU-Zulassung 2013

Movento SC wurde in der EU erst 2013 zugelassen. Man hat also noch keine grosse Ahnung wie sich das Insektizid in der Praxis langfristig auf Boden, Wasser, Nichtziel-Organismen und Gesundheit auswirkt. Auch die Abdriftgefahr dürfte noch wenig erforscht sein.

Heidi meint: „Den Teufel mit dem Belzebub austreiben ist keine nachhaltige Lösung. Grundsätzliche Überlegungen sind nötig. Was ist in einem Jahr?

Heidi hat als gewöhnliche Konsumentin keine Einsicht in die Zulassungsunterlagen beim BLW; diese sind erstaunlicherweise geheim, obwohl sie ihre Gesundheit und jene ihrer Umwelt betreffen. Sie hat daher folgende Fragen: „Auf welcher wissenschaftlichen Basis stehen die sehr unterschiedichen Anforderungen: Wartefrist für Zuckerrüben das Dreissigfache von Gurken? Erlaubte Behandlungshäufigkeit von Zwiebeln das Vierfache von Hopfen? Ist das einfach so, weil der Anbau dies angeblich erfordert? Bei den Zuckerrüben macht sich die lange Wartefrist gut, ist positiv für die Kommunikation, aber wahrscheinlich ist eine Behandlung in den letzten drei Anbaumonaten gar nicht mehr nötig. Beim Obst beträgt die Wartefrist drei Wochen, bei allen Gemüsen und den Melonen beträgt die längste Wartefrist nur gerade zwei Wochen. Wie lange ist die Abbaufrist?

Wie kommt es, dass ein solch giftiges Insektizid überhaupt bewilligt wurde?“

16.11.20 HOME

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Das Bundesamt für Landwirtschaft hält alle zum Narren!

15. November 2020

Gefahrenkennzeichnung von Movento SC gemäss Pflanzenschutzmittelverzeichnis des Bundesamts für Landwirtschaft, Stand 15.11.20.

Gefahrenkennzeichnung von Movento SC gemäss Pflanzenschutzmittelverzeichnis des Bundesamts für Landwirtschaft, Stand 15.11.20.

Medienmitteilung vom 15.11.20 der InitiantInnen der Petition Verbot der bienentötenden Neonicotinoide: kein Zurück mehr!

Das Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) hat am Donnerstag mit seinem Entscheid über die erlaubten Behandlungsmethoden für Zuckerrüben Bestürzung ausgelöst. Eine Imkerin, ein Landwirt und ein Arzt hatten sich mit Händen und Füssen gewehrt, indem sie unter anderem eine Petition gegen die von den Rübenbauern verlangte Wiedereinführung des Gauchos lancierten. Sie haben ihren Fall gewonnen, aber das BLW hat die Schweizer Bevölkerung getäuscht, indem es diskret den Einsatz von zwei weiteren synthetischen Pestiziden zugelassen hat, die auf das Nerven- und Fortpflanzungssystem wirken und Bienen und die menschliche Gesundheit ernsthaft schädigen.

Obwohl das BLW die von der Zuckerlobby geforderte Wiederzulassung von Gaucho ablehnt, registriert es zwei synthetische Pestizide für Rübenpflanzen, die bereits im Kartoffelanbau zulässig sind. Es handelt sich dabei um das neurotoxische Pestizid Gazelle SG und das reproduktionstoxische Pestizid Movento SC.

„Zu allem Überfluss behaupten die Rübenbauern nun, dass diese äusserst schädlichen Pestizide für ihre Kulturen weniger geeignet sind und dass sie ihre Rüben mit höheren Mengen dieser Stoffe werden behandeln müssen als bisher“, beklagt Ernst Frischknecht, ein Pionier des Biolandbaus. „Mit ihrem gemeinsamen Entscheid lassen Bundesrat und BLW den Schweizerischen Bauernverband (SBV) und seine Verbündeten in der Agrochemie wissen, dass sie weiterhin bereit sind, deren überholte Vision der Landwirtschaft zu verteidigen. Mit seinem Versuch, die Interessen dieser Lobbys zu wahren, hat das BLW nun Unmut bei Bauern, Imkern, medizinischen Fachleuten, Forschern und Umweltschutzorganisationen ausgelöst. Was für ein Schlamassel!“

Das synthetische Pestizid Gazelle SG wird als gefährlich für Bienen eingestuft, weil es das Nervensystem angreift. Mehrere Studien haben auch seine Toxizität für Marienkäfer und natürliche Fressfeinde der Blattläuse nachgewiesen. Was das zweite für Zuckerrüben zugelassene Pestizid Movento SC betrifft, so wird es ebenfalls als bienentoxisch eingestuft mit Auswirkungen auf die Entwicklung der Brut und die Vitalität der Bienenvölker. Mehrere Veröffentlichungen bezeugen ausserdem die Gefährlichkeit dieses Produkts für die Bodenfauna und insbesondere für Regenwürmer.

Der Bundesrat versucht sich in Kompromissen und kompromittiert damit die Gesundheit der Schweizer Bevölkerung

„Unsere Petition gegen die Wiedereinführung dieses bienentötenden Pestizids, die vor einem Monat lanciert wurde, hat bisher fast 15’000 Unterschriften gesammelt. Die Schweizer wollen offensichtlich keine Gifte, die derart toxisch für Bienen, Bodenorganismen, Wirbellose und die menschliche Gesundheit sind“, sagt Sonia Burri Schmassmann, scheidende Präsidentin von Apisuisse und der Société d’apiculture Romande und erinnert an eine wichtige Tatsache: „80% der Kulturpflanzen benötigen Insekten zur Bestäubung. Es ist von entscheidender Bedeutung, die biologische Vielfalt intakt zu erhalten und unsere Ökosysteme durch ein endgültiges Verbot synthetischer Pestizide zu schützen“.

„Der Bundesrat hat versucht, einen Kompromiss zu finden, aber er kompromittiert mit diesem Entscheid die Gesundheit der Schweizer Bevölkerung. In der Agrarpolitik sind wir von den Zielen, die sich die Schweiz gesetzt hat, noch weit entfernt“, sagt Jérôme Tschudi, Arzt aus Biel. „In sieben Monaten werden wir, die Bevölkerung, die Möglichkeit haben, die Initiative ‚Für eine Schweiz ohne synthetische Pestizide‘ anzunehmen, die die einzige wirkliche Lösung für ein Problem darstellt, mit dem uns die Agrochemie-Lobby seit Jahrzehnten konfrontiert. In der Zwischenzeit ist es dringend erforderlich, dass sich unsere Behörden mit den Dossiers dieser beiden besonders problematischen Pestizide befassen und die Forschung vorantreiben, um Alternativen zu finden“.

Dieser Rückwärtsschritt ist für die Petitionäre sehr besorgniserregend. Sie stellen fest, dass die verschiedenen nationalen Pläne zum Bienenschutz, zur Artenvielfalt und zur Reduktion von Pestiziden, die in den letzten Jahren von den Bundeskammern verabschiedet wurden, nicht eingehalten werden. Es ist dringend, dass wir den Worten Taten folgen lassen. Da das BLW und der Bundesrat dazu nicht in der Lage sind, wird am 13. Juni 2021 das Volk entscheiden.

Sonia Burri Schmassmann, Imkerin, ehemalige Präsidentin des Imker-Dachverbandes apisuisse und Mitglied des Komitees des Westschweizer Imker-Vereins SAR

Jérôme Tschudi, Arzt

Ernst Frischknecht, Pionier des Biolandbaus und ehemaliger Präsident von Bio Suisse, Tann

Entscheid des BLW, auf den wir uns beziehen

Notzulassung für Bekämpfung der Virösen Vergilbung bei Zuckerrüben

Petition
Französisch: Interdiction des néonicotinoïdes tueurs d’abeilles : pas de retour en arrière ! (10’385 Unterschriften)

Deutsch: Verbot der bienentötenden Neonicotinoide: kein Zurück mehr! (4’381 Unterschriften)

Italienisch: Divieto dei neonicotinoidi tossici per le api: non si torni indietro! (72 Unterschriften)

Frühere Medienmitteilungen
12.10.2020 Lancierung der Petition
02.11.2020 Schon 12’000 Unterschriften erreicht

Heidi meint: „Erstaunlich ist, dass so toxische Pestizide wie Movento SC und Gazelle SG überhaupt zugelassen sind und dies zudem für zahlreiche Kulturen und Schadorganismen, nicht nur für Kartoffeln, z.B. Movento SC für Spinat, Erdbeeren, Kohl, Rucola, Kirschen usw., um nur ein paar wenige zu nennen. Viele der zugelassenen Pestizide sind zudem sehr giftig für Wasserorganismen mit langfristiger Wirkung.“

Im Moment finden Sie diese Pestizide hier. Achtung: Das kann sich aber bei der nächsten Änderung des Pflanzenschutzmittelverzeichnisses ändern.

Movento SC

Gazelle SG

Gaucho ist immer noch zugelassen für Salate (Asteraceae).

Gefahrenkennzeichnung von Gazelle SG gemäss Pflanzenschutzmittelverzeichnis des Bundesamts für Landwirtschaft, Stand 15.11.20.

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100-jährige Kinderärztin kämpft gegen Neonicotinoide

24. Oktober 2020

Colette Brull-Ulmann war während des Zweiten Weltkriegs Widerstandskämpferin. Sie erhielt die Auszeichnungen Croix de guerre 1939-1945 und am französischen Nationalfeiertag 2019 Ordre national de la Légion d’honneur.

Im Alter von 100 Jahren appelliert die ehemalige Kinderärztin, die sich dem Kampf zur Rettung der Artenvielfalt verschrieben hat, an die gewählten Amtsträger, Widerstand zu leisten. Sie bittet die Senatoren, sich gegen die Wiederzulassung von Neonicotinoiden auszusprechen, über die am 27. Oktober abgestimmt werden soll.

Frankreich wäre mit einer Notfallzulassung nicht allein, bereits haben elf Länder in der EU die Insektizide per Notfallzulassung wieder erlaubt. In der Schweiz ist der Druck für eine Wiederzulassung gross. Das Bundesamt für Landwirtschaft wird noch diesen Monat entscheiden. Werden die Bauern „spritzen“ bzw. beizen können, was sie lieben, ohne Rücksicht auf Natur-Verluste?

In diesem Video spricht Colette Brull-Ulmann klare Worte zuhanden der Entscheidungsträger.

Vision Landwirtschaft schreibt: „Die Viruskrankheit, die dieses Jahr in der Westschweiz viele Zuckerrübenfelder befallen hat, ist seit Jahrzehnten bekannt. Die Branche hat bisher blind der Agrochemie vertraut und ein hochgiftiges Pestizid dagegen eingesetzt. Trotz Gesprächen, die beispielsweise Vision Landwirtschaft mit den Produzenten führte, konnten sich ihre Vertreter nicht vorstellen, dass das Pestizid bald verboten werden könnte und dass die Agrochemie nicht rechtzeitig einen neuen Giftstoff auf den Markt bringen wird, wie das seit Jahrzehnten immer der Fall war. Genau das ist nun eingetreten. Nun ertönt der Hilfeschrei nach einer Notfallzulassung. Dies ist kein Weg in die Zukunft.“

Retour des néonicotinoïdes: l’appel à la résistance de Colette Brull-Ulmann. Pollinis, 23.10.20.

Zuckerrüben: Pestizide am Anschlag. Vision Landwirtschaft vom 2.10.20

Neonicotinoide: Französische Rübenanbauer erhalten Notfallzulassung. agrarheute vom 13.10.20

«Wir schützen, was wir lieben». Aufklärungskampagne des Schweizer Bauernverbands

Die Bauern haben Angst … 0-Parzellen. Heidis Mist vom 20.1.19

Die Bauern haben Angst … Wir schützen, was wir lieben. Heidis Mist vom 25.1.19

Die Bauern haben Angst … Wir schützen, was wir lieben (2). Heidis Mist vom

Die Bauern haben Angst … Wir schützen, was wir lieben (3). Heidis Mist vom 9.6.20

25.2.19

24.10.20 HOME

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