Leserbrief zu „Nur ein kleiner Grasfrosch“

Liebe Heidi

Schön wär’s ja, wenn deine Nachricht stimmte!

Die Kategorie „nicht gefährdet“ (LC) bedeutet nur, dass diese Art im Moment der Kartierung noch über eine für die Arterhaltung genügend grosse Population und Vernetzung verfügt. Die Einordnung sagt aber wenig darüber aus, welche Tendenz die Populationen aufweisen. Eine grosse Schwäche der Roten Listen besteht eben darin, dass sie hauptsächlich auf Art-Präsenzen basieren und die Populationsentwicklung nicht berücksichtigen. Zudem kann eine Art noch recht lange auf niedrigstem Niveau existieren und dann durch ein Einzelereignis (z.B. Trockenheit, Hochwasser, Auslöschung einer grossen Population) plötzlich ganz verschwinden.

Und hier liegt der Hase im Pfeffer: Auch die Grasfroschbestände befinden sich in stetiger Abnahme und die Isolation der Populationen voneinander nimmt zu. Pellet & Schmidt, 2015, haben zwischen 2011-2014 sogar in Naturschutzgebieten von nationaler Bedeutung eine Abnahme von 26 Prozent festgestellt. Ursachen gibt es viele: Zerstörung der Lebensräume, Zerschneidung der Landschaft, Tötung beim Laichzug, Klimaerwärmung und neue Krankheiten (v.a. Pilzkrankheiten). Auch die Publikation des BAFU stellt 2023 fest, dass „Dank der vielen Massnahmen zum Schutz der Amphibien durch viele Akteure konnte der Rückgang der Bestände bei den meisten Arten gebremst werden. Dennoch sind viele Amphibien immer noch stark von diesen Schutz- und Förderungsmassnahmen abhängig. Diese müssen also beibehalten, ja gar intensiviert werden, da es trotz einem verminderten Rückgang immer weniger Populationen gibt.“

Der Ausdruck „der Rückgang konnte gebremst werden“ ist wieder so ein typischer Euphemismus des BAFU: Der Rückgang geht also weiter und das kann für Populationen am Rande der Existenz dann trotzdem schnell das Aus bedeuten. Und von einer Intensivierung der Schutzmassnahmen ist nun leider gar nichts zu spüren, sondern das Gegenteil, wie man ja deinen Berichten über die Tollheiten im Parlament entnehmen kann.

Eine nüchterne Beurteilung muss also zu einem anderen Ergebnis kommen: Nach 150 Jahren der Trockenlegung von Feuchtgebieten, der Eindolung und Verbauung unserer Bäche, der Intensivierung der land- und forstwirtschaftlichen Nutzung und der Landschaftszerschneidung plus Luftverschmutzung und Klimaerwärmung sind auch die Grasfroschbestände auf kleine Reste geschrumpft. Und auch, wenn sie relativ noch zu den häufigsten Amphibien zählen, ist der Bestand in der Schweiz bedroht und die Art dürfte – nach einer Dauer von gut 10’000 Jahren – in der Schweiz bis zum Jahre 2100 ausgestorben sein.

Bei den Massnahmen bin ich voll dabei, allerdings werden sie hinten und vorne nicht ausreichen. Zusätzlich müssen Mikromeliorationen, Pestizid- und Kunstdüngereinsatz flächendeckend eingestellt, Vernetzungskorridore und Wiedervernässung von ehemaligen Feuchtgebieten durchgeführt, Strassen rückgebaut, die Klimaerwärmung rückgängig gemacht und der Stickoxid-Ausstoss massiv verringert werden. Eine Herkulesaufgabe!

Viele Grüsse aus dem gerade mit sehr Grasfrosch-freundlichem Wetter beglückten ZüriOberland, Uwe

Nur ein kleiner Grasfrosch. Heidis Mist 14.6.24

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15.6.24 HOME

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